7. In der Grafschaft Bruma ⏳
Die Gastgeber fingen an Essen zuzubereiten und den Tisch zu decken, währen Lenny und Sly einfach warten sollten, schließlich sollten sie ausruhen. Gemeinsam schlugen sie sich die Bäuche voll, denn das Essen schmeckte wunderbar. Als sie dann fertig waren, wurden sie in ein Zimmer geleitet, in dem einige Betten standen, wo es sich die beiden gemütlich machen konnten. Also zog Sly sich bis auf die Unterhose aus, denn es war lange her, dass seine Kleidung gewaschen wurde.
Das übernahm die Assistentin auf Anweisung von dem Professor. So stand Sly wieder nur leicht bekleidet vor Lenny, da sich der Tiefling noch im Raum umsah. Lenny Mildred Barkers hatte keine besonderen Vorgaben, was Geschlechter, Persönlichkeiten oder das Aussehen anging. Ob männlich, weiblich oder irgendwas dazwischen war ihm völlig egal. Auch er selbst ließ sich nie ganz in eine Kategorie einteilen. Dennoch waren seine Gedanken gerade nur bei ihm selbst und diesem Zauberturm. Das ungute Gefühl in seinem Inneren breitete sich immer mehr aus.
Ohne Sly an zu sehen saß er, noch immer in voller Montur bekleidet, auf seinem Bett und sprach seine Gedanken aus: "Es wäre besser wir gehen jetzt schon los... Aber gut, die Pause hilft uns vielleicht. Lass uns nicht lange hierbleiben. Ruh dich aus, wenn du willst, aber ich bleibe hier sitzen. Dieser Professor ist mir etwas zu gastfreundlich und zuvorkommend."
"Selbst wenn er irgendwas vorhat, im Schlaf kann man mich nicht töten. Schließlich bin ich immer in der Wildnis." Der Tiefling legte sich in das warme, weiche Bett. "Wir können ja auch abwechselnd schlafen, ich vier Stunden und du dann auch."
Stundenlang döste Lenny immer wieder ein, hatte aber kein einziges Mal richtig geschlafen. Von ihrem Zimmer aus konnte man nicht nach draußen sehen doch er wusste, dass der Schneesturm vorübergezogen war und die Nacht einbrach. Er beobachtete ein paar der Zauberer und stellte sich auf das Teleportations-Feld zurück in das Zimmer. Sly schlief noch immer, denn es war mit Sicherheit das erste Mal seit langem, dass er in einem richtigen Bett geschlafen hatte. *So viel zu: Im Schlaf könnte man mich nicht töten* Dachte er, Mehrunes Klinge hatte er ihm ja auch schon einmal abnehmen können. Der Elf ging langsam auf ihn zu und grinste. Ein guter Illusions-Zauber konnte einem alles vorgaukeln. Leise zauberte er ihm eine bestimmte Situation in seinen Kopf. Ob Traum oder Realität war nicht zu unterscheiden. Sly glaubte der Professor sei zurückgekommen und griff nach seiner Schwachstelle. Als er brüllend aufwachte war alles was er sehen konnte Lenny der vor ihm stand und lächelte.
"Guten Abend." Begann er. "Wir sind jetzt schon einen halben Tag hier. Wir sollten wirklich los."
Unsicher sah Sly sich um, doch ein Professor war nicht in Sicht. Schnell wischte er sich die Stirn und schwang die Füße aus dem Bett. Aus Sicherheit Griff der Tiefling nach seinem Dämonenschwanz und schob ihn unter die Decke hinter sich.
Dann sah er zu Lenny. "Willst du denn nicht schlafen? Oder hast du schon?"
"Ich habe schon." Log er hauptsächlich und deutete auf die rundliche Zimmerwand. "Der Sturm ist nun fast vollkommen vorbei. Besser wird das Wetter nicht und da wir uns ausgeruht haben, könnten wir nun im Schutz der Nacht nach Bruma gelangen. Die Landschaft ist zwar kalt und bergig, der weiße Schnee macht es aber wesentlich einfacher in der Nacht zu sehen."
"Gut, dann brauche ich nur noch meine Kleidung." Bemerkte der Rothaarige und stand auf.
Da sie hier nirgendwo im Raum lag, musste Sly wahrscheinlich raus und den Professor fragen. Doch als er den Raum verließ, fiel ihm ein, dass er nicht durch die Teleportations-Felder kam und sah deswegen nochmal zu Lenny.
"Würdest du mitkommen? Sonst komme ich nie beim Professor an." Sly stand halbnackt im Türrahmen.
Zwei Zauberer liefen am Zimmer vorbei und betrachteten Sly.
Lenny grinste nur und nickte. "Natürlich großer Kerl. Du hast sogar schon einen Zauber und eine Zauberin mit deinem Körper um den Verstand gebracht. Gehen wir deine Sachen holen bevor noch mehr diesem Fluch erliegen."
Kaum verließen Lenny und Sly das Zimmer, lief ihnen die Assistentin des Professors mit den Sachen in der Hand in die Arme. Sie blieb erschrocken stehen, machte keinen Mucks und betrachtete Sly. Im schmalen Gang war gerade so viel Platz für alle drei.
Sly sah Lenny an und verstand nicht wirklich. "Was meinst du mit, um den Verstand gebracht? Ist irgendwas komisch an mir?"
Man merkte, dass der Tiefling sonst immer alleine war, da er gewisse zwischenmenschliche Dinge nicht verstand. Während er auf die Antwort des Elfen wartete, nahm er der Assistentin seine Kleidung aus den Händen und schlüpfte in seine Hose.
"Ihr seid ein attraktiver Mann... Ihr beide..." Sagte die Assistentin in leisem Ton und schwieg danach wieder. Lenny war verwirrt und nickte.
"Ja, ich finde mich selbst eher durchschnittlich, aber sie hat Recht. Ist ja logisch, dass dich jeder anschaut, wenn du nichts anhast." Eigentlich dachte Lenny, dass sie nicht sprechen konnte, aber anscheinend lag er falsch.
"Der Professor hat mir das hier für Euch mitgegeben. Es ist ein spezielles Amulett, welches mithilfe von Magie zum Leuchten gebracht werden kann. Damit könnt Ihr Kontakt zu uns aufnehmen." Die Assistentin wirkte sehr verschlossen, aber nicht aufgrund von Schüchternheit, eher als war das ihre Verhaltens Etikette als Helferin des großen Professors. "Wenn Ihr aus der Haupthalle tretet, führt eine Straße nach Osten. Etwas den Berg hinunter führt eine andere Straße nach Westen in Richtung Bruma."
Sly hatte inzwischen auch sein Hemd angezogen und hörte der Frau aufmerksam zu. "Okay, danke, wir machen uns fertig und werden dann aufbrechen."
Dann stapfte der Tiefling zurück zum Zimmer, wo er auf Lenny wartete, der wieder einmal langsamer lief. Doch bei diesem Magischen Turm war das auch nicht verwunderlich, irgendwie sah hier alles spannend aus. Nur war Sly nicht groß an so etwas interessiert, er wollte lieber wieder in den Kampf. Also nahm er all seine Ausrüstung hoch und hielt sie Lenny hin.
Die Waldelfin blieb im Gang stehen und schaute zu wie Lenny seinen Begleiter ohne etwas zu sagen verstand und die Sachen mithilfe seines Zaubers verschwinden liest. Ein eingespieltes und süßes Team waren die zwei, dachte sie und hielt sich Fingerspitzen vor den Mund um ihr Lachen zu verbergen. Die Assistentin des Professors durfte nur in Ausnahmen sprechen. Ihr Meister bläute ihr immer wieder ein, dass die Kraft der Gedanken stärker war als jedes unnötig gesprochene Wort.
Sie machte sich ihre Gedanken zu allem und gerade lagen sie nur bei denen beiden. Sie fand Lenny allein schon süß, aber noch viel besser fand sie das sich subtil anbahnende Pärchen aus ihm und seinem gut gebauten Tieflings Kameraden.
"Wir sind bereit und verlassen Frostcrag Spire. Richtet Eurem Professor aus, dass wir uns auf den Weg nach Himmelsrand machen." Sagte Lenny und quetschte sich mit Sly an dem seltsam grinsenden Elfen Mädchen vorbei.
"Stimmt etwas nicht?" Fragte Sly, doch sie schüttelte nur freundlich ihren Kopf und signalisierte, dass alles okay war.
Die zwei gingen eine schmale, sich schlängelnde Treppe hinunter um die Haupthalle zu erreichen. Die Assistentin hoffte, sie sah die beiden irgendwann wieder und stellte sich vor wie das dann war. Stumm kichernd blieb sie im Gang zurück. Sly öffnete die große Tür vom Eingang und sofort kam ihm ein kalter Wind entgegen, sodass er seinen Mantel mit den Rippen schloss.
Dann schaute er kurz zu Lenny und lief los, den Elfen in seinem Rücken, damit er etwas vom Wind geschützt war. Schnee lag noch Zentimeterdick am Boden, doch sie konnten einigermaßen gut durchkommen. Die schweren Schritte von Sly erleichterten es dem Waldelfen, zu laufen. Sie folgten der Anweisung der Assistentin und kamen ganz gut voran, auch wenn die Luft zum gefrieren Kalt war.
Die Lage des Zaubererturms war etwas merkwürdig und auch der Aufgang dahin. Lenny kannte das Bauwerk nur von außen und wusste nicht, dass man sogar einzelne Treppen hinauf steigen musste um ihn zu erreichen. Hinab war es um einiges nerviger, dachte Lenny, als Sly und er vor einer Weggabelung standen. Als er in den Himmel blickte, fiel ihm zwischen Wolken und Nordlichtern dasselbe Phänomen wie von vor einigen Tagen auf. Der Nachthimmel schien kaputt, wie geteilt, als ob sie sich den Himmel und die Sterne mit einem anderen Ort teilen mussten. Nachdem er in die Ferne schaute, entdeckte er Bruma und deutete in die Richtung.
"Ob der Professor weiß, wieso die Sterne in letzter Zeit so seltsam aussehen?" Fragte Lenny und ging hinter Sly her, den Berg Pfad nach Bruma hinab.
"Wenn wir ihn wiedertreffen, kannst du ihn gerne fragen. Mir persönlich ist das völlig egal." Sagte Sly und lief auf die Stadt zu.
Der Schnee lag hier nicht mehr so dick, sodass das Laufen besser war. Auch die Kälte war nicht mehr so erdrückend, da der Wind nachließ. Die zwei befanden sich auf der windstillen Bergseite. Der Weg führte in ein kleines grünes Tal. Ein Tal voller Birken, einem See und Flussläufen. Dies war der südliche Fuß des Jerall Gebirges und gehörte zur Grafschaft Bruma und grenzte an die Ländereien von Chorrol im Westen, Cheydinhal im Osten und dem Kaiserlichen Herzland, dem Gebiet um die Kaiserstadt im Süden an.
Bei klarem Wetter war die Hauptstadt, der Weißgold Turm gut sichtbar. Sly und Lenny kamen zusammen relativ schnell an die Schneegrenze hinunter und ließen die Kälte hinter sich. Die ersten Birken erschienen um den Pfad herum und der schnellste Weg zur Straße nach Himmelsrand nach Norden, führte ein Stück in den Süden zurück. Diesen Weg liefen sie zusammen entlang und kamen Bruma immer näher. Die Kälte betäubte Sly's Ohren, es fühlte sich an, als würden sie absterben.
"Wie lange hält dann diese vermaledeite Kälte an ..?" Fragte der Tiefling und zog den Mantel enger.
"Na ja..." Begann Lenny. "Wir sind im Bezirk Bruma... Also der Grafschaft Bruma. Wir sind zwar jetzt im Wald und nicht mehr auf dem Gebirge an sich, aber das Tal hier liegt wesentlich höher, als das ganze Gebiet um die Kaiserstadt herum oder beim Niben See. Wir sind so zu sagen schon im Norden, es trennen uns nur noch ein paar Meilen zum Gebirgspass nach Himmelsrand."
Sie kamen an einer Höhle vorbei und liefen einen langen Pfad südöstlich entlang. Ein Fuchs kreuzte ihren Weg und Pflanzen und vereinzelte Blumen spikten den Wegesrand. Es wirkte alles so friedlich und wenn sie weiter in den Süden gingen, kämen sie an den Rand des höher gelegenen Bruma Tals, von dem aus sich das ganze Herzland erstreckte und man von der Kaiserstadt bis nach Bravil blicken konnte, viele, viele Meilen Land. Lenny wusste es allerdings viel besser und war sich darüber im Klaren, dass es hier oben gefährlich war, auch wenn kein Schnee lag. Sie waren nur wenige Meilen von der Schneefallgrenze weg und hier gab es Oger und noch schlimmere und viel größere Minotauren. In einiger Zeit müsste eine alte Elfen Ruine auftauchen, dachte er und lief relativ still neben dem noch immer frierenden Sly her.
"Da ist mir ja sogar ein Kerker lieber..." Fluchte Sly vor sich hin. "Können wir nicht Mal in eine Höhle gehen, wenn wir noch eine sehen? Mit unserer Feuermagie können wir uns etwas aufwärmen, ich hab das Gefühl, meine Zehen fallen ab..."
Sly rieb sich die Ohren, damit sie wenigstens etwas wärmer wurden. Wie es wohl bei Lenny's Ohren war? Sie waren schließlich länger.
"Bald müsste eine Ruine kommen, Anga. Da könnten wir rein, aber eventuell ist sie von Banditen oder Goblins besetzt. Ayleiden Ruinen sind sehr beliebte Orte bei diesen beiden Volksgruppen." Bei dem Wort Volksgruppen grinste Lenny und formte Anführungszeichen in der Luft. Er lachte über seinen Witz, Banditen und Goblins auf dieselbe Stufe zu setzen am meisten und blieb still. Wolfsgeheul war zu hören, doch wo es her kam war unklar.
"Na ich will doch hoffen, dass da ein armes Wesen drin ist, was meine wartende Kampfkraft zu spüren bekommt. Kämpfe halten warm und lassen mich in meinen Blutrausch verfallen, dann ist mir wärmer." Grinste Sly und lief in die Richtung, die Lenny gedeutet hatte.
Aufgrund des fehlenden Schnees war es um einiges schwerer zu sehen. Lenny war sich allerdings sicher noch immer auf dem richtigen Weg zu sein. Ein Tier war in der Nähe, verschwand aber recht schnell wieder. Verzweifelt blickte die Elfe in den Himmel und wunderte sich. Über den Wolken waren gar keine Sterne mehr zu sehen. Mittlerweile war er sich gar nicht mehr sicher ob sie wirklich auf dem Pfad waren der zur Elfen Ruine führte.
Doch dann erkannte Sly eine Silhouette in der dunklen Nacht und deutete mit seinem Finger darauf. "Ist sie das?"
Lenny sah genauer hin, aber das konnte nicht Anga sein. Die Silhouette mutete mehr nach einem Gebäude an. "Ich bin mir nicht sicher. Ist das nicht ein Haus?" Fragte er und ging neugierig weiter. Tatsächlich waren die beiden seit einigen Minuten mehr in den Nordwesten gelaufen statt südlich. Die Elfen Ruine war auf ähnlicher Höhe doch weiter im Süden. Was sich vor ihnen befand war ein einsamer Wachturm bei dem sich Lenny gar nicht sicher war ob der hier stehen sollte. Von weitem war das Rauschen eines Wasserfalls zu hören. Jenseits des Flusses musste die Straße sein, die sie erreichen mussten.
"Mir egal was es ist, lass uns rein gehen..." Sly's Lippen färbten sich wieder lila und er zitterte.
Ohne auf eine Antwort zu warten, stapfte er schon darauf zu. Sein Körper war echt nicht für Kälte gemacht, eher könnte man ihn in Magma werfen und er würde es überleben. Unter dem Mantel rieb der Rothaarige seine Oberarme und versuchte sich aufzuwärmen. Während Sly sich den Turm ansah, wollte Lenny noch ein Stück weiter zum Fluss gehen um zu sehen, ob es eine Brücke hinübergab. Der Wasserfall war in der Nähe doch er wollte nicht alleine gehen und kehrte deshalb wieder zum Turm um.
Ob der wohl verlassen war? Dachte er und heftete sich an Sly ran. Als sich sein Kamerad ihm wieder anschloss, ging Sly an die Tür vom Turm heran. Mit beiden Armen drückte er die schweren Türen auf und dahinter begrüßte sie eine Eingangshalle. Nachdem der Tiefling drinnen war, rubbelte er seine Hände aneinander und setzte sich auf den Boden.
"Ich hasse Kälte... Ich hasse Kälte einfach so sehr..." Grummelte Sly vor sich her.
"Vielleicht hätten wir doch erst am Morgen los gehen sollen." Stieß Lenny vor und setzte sich dazu. "Zumindest sind wir schonmal an dem Fluss. Ich weiß nur nicht ob es eine Brücke in der Nähe gibt."
"Du hast ja so gehetzt, ich hätte noch weiterschlafen können! Weißt du wie lange es her ist, dass ich in einem richtigen Bett gelegen habe?!" Regte Sly sich auf, war aber nicht wirklich wütend.
Lenny sah weg und schämte sich ein bisschen dafür. Ihm waren dieser Professor und seine Sippe suspekt geworden und er hatte nicht schlafen können.
"Tut mir leid..." Sagte er und legte den Kopf auf seinen Knien auf.
Wegen Cicero wollte er eigentlich nach Himmelsrand und nun waren sie auf einer viel zu komplizierten Mission. Kompliziert fand er nicht den Auftrag, sondern eher wie sie ihn erledigen sollten. Bei der Grenzwache wären Verbündete, dachte er, wie sollte das ablaufen? Er wurde aus der bevorstehenden Aktion nicht schlau. Der Tiefling rutschte etwas näher an den Elfen heran, da er etwas zu zittern schien. Dann hielt Sly seine Hand zwischen beide und ließ eine kleine Flamme auflodern, die Wärme spendete.
"Naja ist ja jetzt eh zu spät. Machen wir das Beste draus." Sagte der Rothaarige und wärmte auch seine andere Hand.
Irgendwie wurde Lenny jetzt klar wie unausgeglichen und hektisch er war. Seine gesamte Lebenssituation wurde ihm erst nach und nach klar. Er hatte niemanden mehr. Bis auf Sly war er komplett allein. Cicero war noch weit weg und er war eher die spezielle Art von Gesellschaft, niemand mit dem man tiefgründige Gespräche führen konnte.
Mit Sly konnte man das bestimmt auch nicht, dachte er doch fing an zu sprechen: "Als ich dir die Klinge gestohlen habe. Kurz davor überlegte ich noch einfach abzuhauen. Du hättest es nicht Mal bemerkt, wenn ich gewollt hätte, aber irgendwie wollte ich nicht ohne dich in den Kampf ziehen. Ich bin eine schlechte Person, weißt du? Ich weiß nicht Mal weshalb du dich mit mir abgibst, weshalb du mich nicht schon lange verjagt oder getötet hast." Er seufzte tief und lang.
Stirnrunzelnd sah Sly den Elfen an. "Was meinst du damit? Ich frage mich eher, wieso du bei mir bleibst. Sonst haben mich auch immer alle verscheucht, verraten oder versucht zu töten."
Da Lenny sich nicht an dem Feuer aufwärmte, hielt der Tiefling ihm die Flamme näher. Die Finger des Elfen sahen auch schon ganz eingefroren aus, sodass Sly die kleinen Hände mit einer ergriff. Schließlich war seine freie Hand vom Feuer gewärmt.
Überrascht schaute Lenny den Tiefling an. "Ich bin und bleibe eine schlechte Person. Ich wollte dich von Anfang an hintergehen und dir Mehrunes Klinge abnehmen. Ich hätte dich zusammen mit meinen Brüdern und Schwestern von der Bruderschaft getötet und hätte ohne Reue weitergelebt und die Klinge geführt. Dass ich dich zur Hilfe brauchte, lag nur daran, dass ich wusste... Dass ich glaubte meine Familie war in Gefahr. Es war aus einem Impuls der Angst heraus, sonst nichts." Er zog seine Hände wieder zu sich und entfernte sich ein kleines Stück.
"Aber was soll denn daran falsch sein?" Der Tiefling sah Lenny an. "Menschen, Elfen, Tieflinge, Kahjiit, Agornier, Orks... Alle sind doch nur aus Gier und Egoismus geschaffen. Ich kenne niemanden, der einfach gibt, alle sind schlecht, also ist es doch wieder richtig, oder nicht? Die Welt generell ist verdorben, also ist es doch nur verständlich, selber verdorben zu sein. Sonst überlebst du in dieser Welt nicht lange."
Philosophisch erklärte Sly seine Ansicht auf dieses Leben. Ihm war noch nie etwas wirklich Gutes geschehen, also konnte er nicht daran glauben. Für ihn war es der einzige Weg, einfach weiter zu machen und sein Ziel zu erreichen. Auch wenn sich sein Plan nun verschob, da er Lenny getroffen hatte. Aber das war gut so und Sly machte das Beste daraus. Auch wenn der Elf ihn am Anfang hintergehen wollte, hatte er es doch nicht gemacht, also worauf sollte er böse sein? Sly hatte schon viel schlimmeres für weniger getan. Gerade der Rothaarige hatte nicht das Recht, jemanden zu verurteilen.
"..." Lenny wusste nicht was er dazu sagen sollte, er hatte vollkommen Recht und er selbst verstand gar nicht weshalb er so viel Verständnis aufbrachte.
Er musste wohl wirklich schon seit Jahrzehnten niemanden mehr gehabt haben, der sich nur annähernd wie ein Freund verhalten hatte. Hatte er überhaupt jemals Freunde? Lenny war sich nicht sicher, ob er fragen sollte und blieb einfach still.
Der Tiefling sah die Sprachlosigkeit in dem Gesicht des Elfens. "Habe ich dich jetzt mit meinen dunklen Gedanken vergrault?"
Langsam wurde die Flamme in seiner Hand kleiner, da er diese Magische Kraft nicht allzu lange aufrecht halten konnte.
Die Elfe schüttelte den Kopf. "Nein. Im Gegenteil. Du hast irgendwie Recht und was du gesagt hast hat mir... Es hat mir vor Augen geführt wie dämlich es eigentlich ist, sich wegen so etwas so sehr runter zu machen."
"Also wenn du mich fragst..." Fing Sly an. "Das Leben ist bedeutungslos, bis man ihm einen Sinn gibt und etwas verändert. Und genau deswegen habe ich meine Reise begonnen, du doch auch, hab ich Recht?" Dann grinste der Tiefling den Elfen aufrichtig an.
"Ja." Sagte Lenny und erwiderte das Grinsen. "Wie ich schon sagte, möchte ich jemand von Bedeutung werden, etwas großes vollbringen..." Ihm fiel auf, dass Sly es besser ausgedrückt hatte, als er es gerade sagen wollte. "Ich will der Bedeutungslosigkeit meines Lebens einen Sinn geben. Weshalb kann ich ein Schwert durch lebenswichtige Organe überleben, wenn andere dabei sterben würden? Und heute... Hier und jetzt spüre ich die Verletzung nicht einmal mehr."
"Na dann! Ich denke, wir können uns doch eine Weile dabei helfen. Schließlich haben wir schon einige Kämpfe zusammen bezwungen. Lass uns die Welt, nach unseren Vorstellungen verändern!" Der Rothaarige hielt Lenny eine Hand zum Einschlagen hin.
"Ein paar Kämpfe, ja." Korrigierte er und schlug ein. "Denken wir an zukünftige Schlachten und Kämpfe."
Nachdem beide ihre Hände lösten, bemerkte Sly, dass ihn kaum noch kalt war. Seine Flamme hatte aufgehört zu brennen, also konnten sie auch genauso gut weiter gehen. Der Tiefling stand auf und reichte Lenny wieder seine Hand, da er letzte Mal gesehen hatte, wie schwer das Bücken und so weiter in dem Harnisch war. Also wollte Sly ihm hochhelfen. Lenny ließ sich aufhelfen und blieb einen kleinen Moment stehen um durchzuatmen. Ohne eine leuchtende Flamme war es stockfinster in dem verlassenen Turm.
Wahrscheinlich war das Gemäuer ein alter Turm der Bruma Wache. Außer Spinnenweben an der Decke war hier allerdings nichts mehr. Der Elf blieb einen ganzen Moment ruhig stehen und hörte zu, wie sich das Rauschen des Wasserfalls, in der Nähe, sich hier drinnen wie ein leises Dröhnen anhörte.
"Wir sind auf der Ostseite des Flusses. Die sogenannte Silberstraße liegt auf der anderen Seite. Wir müssen nach einer Brücke Ausschau halten." Erklärte er.
Die Zwei verließen das Bauwerk und liefen gemeinsam dem Rauschen und Plätschern entgegen. Lenny machte eine winzig kleine Flamme, in seiner Hand, um die Nacht wenigstens etwas zu erleuchten. Immer noch war der Himmel finster, doch je mehr Zeit verging, desto mehr veränderte sich der Nachthimmel wieder. Am Fluss angekommen, kehrte das Mondlicht zurück. Die Zwei Monde waren wieder zu sehen und die Wolkendecke brach auf.
Das Licht schimmerte auf dem Flusslauf und zeigte keinen einfachen Weg um hinüber zu kommen. "Wir können das Ufer entlang nach Süden, in ein paar Meilen müsste Anga die Ruine kommen, da kann man über den Fluss."
Der Tiefling folgte sofort und nickte dabei. "Gut, denn bei dieser Temperatur, werde ich ganz sicher nicht schwimmen gehen..."
Die Kälte war nicht mehr so schlimm wie zuvor, dennoch begann Sly wieder seine Arme warm zu rubbeln und stapfte dem Elfen hinterher.
Der Marsch durch den Wald schien sich ewig zu ziehen. Auf der anderen Seite des Flusses war ein Feuer zu sehen. Lenny und Sly kamen an einem Felsvorsprung vorbei unter dem eine Gruppe von Biestern ihren Unterschlupf fand. Drei Oger standen an ihrem Lagerfeuer und bemerkten die Wanderer auf der anderen Seite. Neutral aber mit dem Blick auf sie gerichtet, wärmten sich die drei Monster weiter auf. Lenny wunderte sich, dass diese Kreaturen beim Anblick von potenzieller Beute so ruhig bleiben.
Vielleicht schätzte er Oger auch einfach nur falsch ein. Der Weg über den Fluss war nicht weit von hier und im Mondlicht waren die ersten Überbleibsel der einstigen Elfenstadt Anga zu sehen. Seit etlichen Jahrhunderten zerstörte weiße Steinsäulen und Blöcke. Einzelne Blätter der Birken fielen herunter und wehten umher. Die Ruine war nur noch ein kleines, wie ein halbes Rondell gebauter Platz mit einem Eingang zur eigentlichen Stadt unter der Erde.
"Die Brücke müsste ganz in der Nähe sein. Oder willst du da rein?" Fragte Lenny und schaute sich die hellen Steine im Boden und vor ihnen an. Wie dieser Ort wohl ausgesehen hatte, als diese Elfen noch in Cyrodiil gelebt hatten?
"Ne, lass uns weiter, wird eh nur zerfallen sein." Antwortete Sly und lief weiter.
Die Brücke war wirklich ziemlich nahe, sodass sie die schnell erreichten. Auch der Stein hier war rissig und sah Recht alt aus. Es waren wohl dieselben wie bei der Ruine. Deswegen testete Sly, ob er sein Gewicht halten würde und trat zuerst nur mit einem Fuß auf die Holzbretter. Doch da sie keine Anstalten machten, zusammen zu brechen, lief der Rothaarige einfach hinüber. Der Fluss war nicht tief, aber schnell. Auch Lenny schaffte es auf die andere Seite und das erste was er machte war in die Richtung der Oger zu gucken, aber es blieb still.
Zusammen gingen sie den Weg weiter und gelangten nach wenigen Minuten zur Straße hinauf. Seit Cheydinhal war es die erste mit Steinen befestigte Straße, was aber auch die größere Nähe an Zivilisation und mögliche Begegnungen mit Fremden bedeutete. Bruma war immer noch weit weg auf einem Berg. Hier war immer noch hauptsächlich Wildnis, aber die Straße nach Himmelsrand hatten sie erreicht. In unmittelbarer Nähe lag eine kleine Siedlung, doch die befand sich nicht auf dem Weg. Sly und Lenny mussten nach Norden und das taten sie auch.
"Es sind noch viele Meilen, aber wir sind bald nicht mehr in Cyrodiil. Ich war die letzten Jahre nur noch hier und weiß schon fast gar nicht mehr wie es außerhalb ist. Ich war ja schon in Himmelsrand wie ich es erzählt hatte, aber das ist jetzt auch schon eine Zeit her." Erzählte Lenny und versuchte auf gleicher Höhe wie sein Kamerad zu laufen.
"Auch bei mir ist es eine Weile her. Ich bin aber auch nur auf der Durchreise gewesen, also habe ich mir nicht alles angesehen. Die Menschen hatte ich ja eh gemieden und lieber in den Wäldern campiert." Erzählte Sly und zuckte mit den Schultern.
Es war um einiges einfacher, auf dieser Straße zu laufen, weshalb der Tiefling etwas langsamer wurde, damit es Lenny einfacher hatte. Schließlich lagen sie gut in der Zeit, es wäre also nicht dramatisch, etwas gemütlicher zu spazieren. Gelegentlich kreuzte ein Fuchs ihren Weg und ab und zu hörte man ein kleines Rudel von Wölfen durch die Nacht heulen. Die Straße begann bergauf zu gehen und sie befanden sich kurz darauf wieder auf der Höhe des Wasserfalls. Nadelbäume lösten die zahlreichen Birken ab und weit voraus lag wieder einmal das Jerall Gebirge.
Lenny blickte zu den Monden und grübelte nach. Es war eine weitere Nacht in der das seltsame Spektakel am Himmel plötzlich aufgehört hatte. Vor zwei Tagen war es dasselbe gewesen, dachte er. Die Waldelfe war sich nicht sicher ob es schon zwei Tage her war, dass sie gemeinsam im Wald campierten und dann nach Cheydinhal waren, aber das spielte auch keine Rolle. Er dachte an den Kometen mit rotem Schweif und wieder fragte er sich, ob der Professor etwas darüber wusste. Sein Misstrauen hatte ihm wohl den Kopf vernebelt, sodass er all seine wichtigen Fragen vergessen hatte.
Auch in gemütlicher Laufgeschwindigkeit, kamen die zwei Meile für Meile voran. Die Straße, die nach Bruma abführte, war nicht mehr weit und eine einsame Straßenlaterne war zu erkennen. Sie markierte die Abzweigung auf den Berg nach Bruma und hatte auch mehrere Wegweiser von denen einer für Himmelsrand stand.
Der Blick von Sly glitt über die Schilder und schlug daraufhin den Weg ein, der sie nach Himmelsrand führte. Während sie so schweigend liefen, sah auch der Tiefling zum Himmel, doch er machte sich weitaus weniger Gedanken zu diesem Phänomen. Stattdessen dachte er an sein Volk, seine Verwandten und Bekannten, die er alle hinter sich gelassen hatte. Ob noch jemand davon am Leben war?
Sly hatte irgendwann mal mitbekommen, dass Menschen sein Dorf angegriffen hatten. Nicht alle waren so stark und zäh wie der Rothaarige, sodass die Menschen es durchaus schaffen könnten, wenn sie zahlreich gewesen waren. Kopfschüttelnd wurde er diese Gedanken los, schließlich konnte er es jetzt auch nicht mehr ändern. Außerdem würde es für den Tiefling auch keinen Unterschied machen, da er eh nie wieder zurückkehren wollte. Nach einiger Zeit begann sich die Straße in das Gebirge hinauf zu schlängeln und wieder marschierten die beiden schnurstracks auf die Schneegrenze zu.
Kalte Winde pusteten die Straße hinab und beide versuchten die Kälte nicht unter ihre Mäntel zu lassen. Wieder war Wolfsgeheul zu hören und dieses Mal war das Rudel direkt vor ihnen. Kurz nach dem der Schnee wieder überall, auf der Straße, auf der Umgebung und den Bäumen, lag, trafen sie um eine Ecke herum auf ein kleines Rudel aus drei Wölfen. Sofort waren sie entdeckt und knurrten und bellten den Tiefling und seine Elfe an. Da ihre gesamte Ausrüstung von Lenny weggezaubert wurde, hatte Sly nur die Klinge griffbereit, doch das würde für diese kleinen Wölfe schon reichen.
Schnell zückte er Mehrunes Klinge und hielt sie aus seinem Mantel heraus nach vorne. Der Bärenpelz störte etwas und schränkte den Tiefling ein, doch irgendwie würde es schon funktionieren, außerdem war Sly nicht alleine. Plötzlich sprang einer der Wölfe auf Lenny zu, der noch damit beschäftigt war, sein Schwert herbeizuzaubern. Also handelte Sly ohne groß nachzudenken und ließ seinen Arm zwischen die Elfe und den springenden Wolf schnellen. Dadurch biss sich das Tier in seinem Unterarm fest und knurrte, doch der Rothaarige knurrte ebenfalls und stach mit dem Dolch in den Nacken des Wolfes, sodass sein Rückenmark durchtrennt wurde und sein Körper erschlaffte.
Sly wischte sich kurz den Speichel an seinem Mantel ab und ließ einen flüchtigen Blick zu Lenny wandern, bevor er wieder zu den Wölfen sah. Lenny hatte sein Schwert nun bereit und fokussierte einen der Wölfe an. Sly nahm sich den anderen und das Team bekämpfte die wilden Tiere mühelos. Ihren Weg gingen sie noch nicht lange gemeinsam, doch sie kämpften bereits wie ein langjähriges Team und ein kleines Wolfsrudel war kein Hindernis. Nicht lange hatte der Kampf gedauert und das Duo war wie erwartet als Sieger hervor gegangen. Cyrodiil würde nun für längere, unbestimmte Zeit hinter ihnen liegen und Himmelsrand, auch bekannt als Skyrim, da wo der Horizont lag, wo die Erde unter aller Lebens Füßen und die Berge den Himmel berührten, lag vor ihnen. Aufgeheitert vom Kampf gingen sie weiter den Weg hinauf und näherten sich der Grenze.
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