Teil 1
"Noa Mitchall" Mein Name wurde nun schon zum siebten Mal in Folge genannt. Ein Schüler, dessen Namen ich nicht kannte, machte einen weiteren Strich hinter meinem Namen, der in unordentlichen Buchstaben auf dem Whiteboard prangte.
Ich konnte nicht anders, als aufgeregt mit einer lockeren Haarsträhne zu spielen. Meinen Mitstreitern ging es ähnlich.
Wir saßen in der vordersten Reihe des Versammlungsraumes und warteten gespannt auf die Ergebnisse. Es herrschte ein Kopf an Kopf Rennen zwischen mir und Grace Stephens.
Die hübsche Rothaarige warf mir einen drohenden Blick zu. Es waren noch drei Wahlzettel übrig. "Noa Mitchall", ertönte die gelangweilte Stimme des Helfers erneut.
Die letzten zwei Zettel wurden vorgelesen. Die letzten beiden Striche auf das Board gemalt. Beide hinter meinem Namen. Ich unterdrückte einen Triumpfschrei. Aus dem Augenwinkel konnte ich den anklagenden Blick von Grace sehen.
"Noa Mitchall, kommen Sie nach vorne?", bat der Rektor freundlich. Es war ein kleiner rundlicher Mann, mit weißem Haar. Ohne zu zögern ging ich die wenigen Schritte nach vorne und stellte mich neben ihn. "Es freut mich sehr Sie zu unserer neuen Schülersprecherin ernennen zu dürfen.", sagte der Mann herzlich. "Ich bin sicher das Amt ist bei Ihnen in guten Händen."
"Vielen Dank. Und vielen Dank für euer Vertrauen." Ich richtete meinen Blick zuerst auf den Rektor, dann auf die Schüler, die in dem Raum saßen. Die Menge klatschte Beifall. Ein paar Jungs aus der hintersten Reihe pfiffen anerkennend.
Ich konnte nicht anders als zu strahlen. Nach meiner Ankunft auf dieser Schule hatte ich eine Zeit lang gebraucht, so viel Respekt und Anerkennung zu bekommen.
Erst war ich einfach die Neue. Von den anderen Mädchen wurde ich gemieden. Dafür wollten umso mehr Jungs mit mir befreundet sein. Irgendwann gelang es mir trotzdem, Freundinnen zu finden und seitdem hatte ich mit dem Anschluss auf dieser Schule kein Problem mehr.
Die Versammlung war vorbei. Ich ging fröhlich durch die Tür in Richtung Aula. Dort wurde ich jubelnd von meinen Freunden empfangen.
"Unsere neue Schülersprecherin!"
"Du hast es geschafft Noa"
"Wir freuen uns alle so für dich."
Jacob, ein großer Junge mit schwarzen, kurz geschorenen Haaren kam zu mir und umarmte mich. Er war seit ich hier auf der Schule war einer meiner besten Freunde. "Bin stolz auf dich man", flüsterte er mir ins Ohr. Dankend lächelte ich ihn an.
"Wir müssen das feiern. Party bei mir heute Abend.", warf ein stämmiges, afroamerinkanisches Mädchen ein und grinste. Louisa gehörte zu einem der ersten Mädchen, die mich in ihrer Clique aufnahmen.
"Geil. Wer kommt alles?", fragte Jacob an Louisa gerichtet. "Na alle.", gluckste Louisa vergnügt und stubste mich in die Seite. "Das wär echt nicht nötig gewesen.", meinte ich zu meiner Freundin, lächelte aber und freute mich.
Nach der Schule erledigte ich meine Hausaufgaben und lernte noch ein wenig für die nächste Klausur in Geographie. In dem Augenblick vibrierte mein Handy. Eine Nachricht von Jacob.
J: Soll ich dich zur Party mitnehmen?😊
Ich dachte kurz darüber nach und tippte dann eine Antwort.
N: Nicht nötig. Ich werd mit dem Rad fahren.😊
Ich wusste, dass Jacob meine Nachricht schon gelesen hatte, als sich die Häkchen blau färbten. Aber er ging dann offline und schrieb nichts mehr. Das war jedoch nicht ungewöhnlich für ihn.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, das es Zeit wurde, sich fertig zu machen. Schnell duschte ich und fönte dann meine pechschwarzen Haare. Sie waren lang und von Natur aus gewellt.
Danach bedeckte ich meine sonnengebräunte Haut noch mit etwas Makeup. Prüfend sah ich in den Spiegel. Zufrieden mit dem Ergebnis huschte ich nur mit einem Handtuch bekleidet in mein Zimmer und zog mich an. Ich entschied mich für ein hellgelbes Sommerkleid und eine blaue Jeansjacke.
Dann machte ich mich auf den Weg. Louisa wohnte nur ein paar Blocks entfernt. Ihrer Famile gehörte das große Haus am Ende der Straße. Schon von außen war laute Musik zu hören.
Diese Party war nur für mich. Aufgeregt atmete ich mehrmals ein und aus, bevor ich ums Haus herum in den Garten lief. Es herrschte eine Bombenstimmung. Überall standen Jugendliche in kleinen Grüppchen zusammen, redeten, lachten, oder tanzten.
Als mich ein Junge aus einer niedrigeren Jahrgangsstufe bemerkte, grunzte er verzückt und brüllte laut: "NOA IST DA!!" Ich gab mir Mühe, über seinen Eifer nicht laut loszuprusten.
Angestrengt biss ich mir auf die Unterlippe, als sich alle zu mir umdrehten. Die Schüler applaudierten und jubelten, dann widmeten sie sich wieder der Party.
Ein paar von meinen Freunden kamen und hießen mich willkommen. Dave bot mir grinsend seinen Arm an und ich hängte mich bei ihm ein. Dave war sehr groß und hatte breite Schultern. Er hatte blonde schulterlange Haare, die er an diesem Abend zu einem losen Dutt zusammen gebunden hatte. Wir schlenderten Richtung Terrasse, zur Bar um uns was zum Trinken zu holen. Ich ließ mir von den jungen Barkeeper einen Piña Colada mixen, während Dave nur ein Bier bestellte.
Mit unseren Getränken setzten wir uns unter den großen Apfelbaum in Louisas Garten. "Wie gehts dir so?", fragte mich Dave und sah mich dabei aufmerksam an. Ich musste lächeln. "Ehrlich gesagt kann ich es nicht so ganz fassen.", gab ich zu. "Dass du gewählt wurdest?"
"Das auch." Ich trank einen Schluck vom meinem Cocktail. Sofort schmeckte ich den Alkohol auf meiner Zunge. Mehr als dieses Glas würde ich nicht trinken, beschloss ich still.
"Was denn noch?", wollte Dave wissen. Er hatte sich neben mir mit dem Rücken an den breiten Baumstamm gelehnt und beobachtete die Party.
"Dass das hier alles meinetwegen ist..." Ich warf ihm einen Blick von der Seite zu. Er trug kaum merkliche Bartstoppeln auf dem Kinn. Aus der Entfernung wären sie mir gar nicht aufgefallen.
"Du hast es verdient Noa." Er stieß mir freundschaftlich den Ellenbogen in die Seite und lächelte mich dann an. Ich erwiderte sein Lächeln.
Wir tranken noch zuende und gesellten uns dann wieder zu unseren Freunden. Ich wusste, dass schon seit längerem das Gerücht dem Umlauf machte, dass es zwischen Dave und mir knisterte. Für mich war Dave allerdings nur ein guter Freund. Nur manchmal war ich mir nicht sicher, ob es ihm genauso ging, oder ob da mehr hinter seiner Freundlichkeit steckte.
Ich hatte den Gedanken kaum zuende gedacht, als ich seinen Blick wieder auf mir ruhen spürte. Diesmal tat ich aber so, als hätte ich nichts bemerkt.
Ich gönnte mir am späten Abend dann doch noch einen zweiten Cocktail. Allerdings spürte ich, wie der Alkohol mir schnell in den Kopf stieg. Deswegen schlich ich mich kurz darauf unbemerkt davon und fuhr mit dem Rad nach Hause.
Müde lag ich im Bett, als mein Handy auf dem Nachttisch vibrierte.
D: Hey wieso bist du gegangen?
N: Bin sehr müde., antwortete ich.
Dave war gerade online und schrieb nun wieder.
D: Achso😶 war schön mit dir
N: Fand ich auch😊
Gerade als ich mein Handy weglegen wollte, weil ich schlafen wollte blinkte nochmal eine Whatsapp Nachricht auf.
D: Schlaf gut❤
Solche Nachrichten verunsicherten mich. Ich wusste nicht so recht was ich davon halten sollte. Schließlich tippte ich eine Antwort - ohne Herz - und schaltete das Handy dann aus.
Es dauerte nicht lang bis ich müde vom Tag und vom Alkohol einschlief.
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