7. Kapitel✔
Ganze 2 Wochen waren vergangen und alles war beim Alten geblieben. Pierce saß immer noch auf dem Platz neben mir und hatte jeden Tag den gleichen Gesichtsausdruck. Verschlossen. Abweisend. Kalt. Emotionslos. Einschüchternd. Warnend.
Gerade wartete ich wieder auf Alec, jedoch saß ich nun bestimmt schon eine Viertelstunde auf diesem blöden Stein, der neben dem Schuleingang lag. Unsere Schule war relativ groß, sodass ich die ersten drei Monate immer zu spät zum Unterricht erschienen war, da ich die Räume nie gefunden hatte. Die Schule hatte acht Stockwerke und war im Inneren eigentlich wirklich schön eingerichtet. So gut wie eine Schule eben ausgestattet sein konnte.
Ich schaute zu der großen Eingangstür, die mich regelrecht verspottete. Jedes Mal, wenn die Tür geöffnet wurde, kamen Schüler heraus, aber keine Spur von Alec. Er wollte einfach nicht auftauchen.
Ich nippte an meinem Kaffee. Angerufen hatte ich ihn auch schon, doch er ging weder ran noch schrieb er mir, dass es später wird. Ich vertrieb mir meine Zeit, indem ich mir meine Hand mit meinem weißen Kugelschreiber voll malte. Wenn dies mein Vater wüsste, würde er ausrasten. Er würde mir persönlich die Hände schrubben, bis sie blutig wären. Ich wollte nicht weiter denken. Gedanken verloren zeichnete ich mit dem Kugelschreiber weiter auf meiner Haut. Ich drückte immer fester auf bis sich die blaue Tinte des Stiftes mit meinem Blut vermischte. Der kleine Schmerz, den ich bei dem Aufreißen meiner Haut empfand, befriedigte mich nicht im Geringsten. Ich drehte den Kugelschreiber um. Er war an der einen Stelle abgebrochen und so ritzte ich die empfindliche Haut meiner Hand weiter auf.
Schließlich erwischte ich mich dabei, wie ich über das Gesagte von Sky und Summer nachdachte. Was sollte an diesem Jungen so gefährlich sein, dass niemand mit ihm redete? Es hatte den Anschein, als würden sich manche Leute nicht einmal in seine Nähe wagen. Wenn er über die Flure schritt, war es fast so, als würden alle vor ihm zurückweichen. Niemand und damit meinte ich wirklich NIEMAND stand ihm im Weg herum. Und wenn, dann reichte ein einziger Blick von ihm und auch er machte den Weg frei. Ich verstand es einfach nicht, was konnte einen Menschen so abschreckend auf andere wirken lassen? Ja gut seine Aura und sein ganzes Auftreten, konnte einen schon einschüchtern, aber... Andererseits machte es auch nicht den Anschein, dass er mit irgendwem etwas zu tun haben wollte.
•••••
Pov. Pierce
Ich wusste, dass ich Abigail eigentlich an meinen Boss, Liam, hätte ausliefern sollen.
Ich beobachtete dieses Mädchen schon länger, aber ich hatte es nicht über mich gebracht und deshalb meinen "Job" gekündigt.
Sie war etwas Besonderes, sie hatte so eine ganz bestimmte Aura, die sie umgab und alle Typen aus ihrer Klasse anscheinend anzog. Soweit ich jedoch wusste, hatte sie keinen festen Freund.
Doch ich hatte das Gefühl, dass niemand sie wirklich kannte. Die Leute sahen in ihr nur das taffe Mädchen, welches niemandem zu nah kommen wollte, jedoch jedem ein Lächeln schenkte.
Aber niemand wusste, dass es nur fake war, nicht mal ihre Freunde. Niemand bemerkte, wie das Mädchen, mit dem kastanienbraunen Haar, im Unterricht aus dem Fenster schaute. Sie schaute zum Himmel empor und beobachtete die vorbei ziehenden Wolken. Manchmal, wenn Vögel an ihr vorbei flogen, umspielte ein kleines, wunderschönes Lächeln ihre Lippen. Wenn es regnete verfolgte sie mit ihren Augen die Regentropfen, wie sie an den Fensterscheiben entlang liefen. Sie verfolgte ihren Weg, bis diese als vollständige Tropfen von der Glasscheibe hinunterflossen. Abby träumte dabei vor sich hin und bemerkte meistens gar nicht, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Außerdem zeichnete sie jede Stunde ein Bild, doch dieses zerriss sie, sobald sie das Gefühl hatte beobachtet zu werden. Niemand dachte über ihre Bilder weiter nach, wenn jemand sie doch sah. Sie sahen einfach nur eine Zeichnung, doch für sie war diese soviel mehr als das. Ich glaubte in jedem ihrer bewundernswerten und auch zugleich erschreckenden Bildern öffnet sie ihr Herz ein Stück mehr und ließ ihren Gefühlen freien Lauf. Sie schüttete dem Papier ihr Herz aus. Auf jedem ihrer Bilder konnte man die Verzweiflung, Wut und Traurigkeit sehen, die in ihrem Inneren lauerte und drohte, sie aufzufressen. Diese Emotionen kannte ich selbst nur zu gut. Jedes ihrer Bilder erzählte eine Geschichte. Doch nicht mal ich bekam sie heraus, denn es war eine Geschichte, die sie keinem erzählen wollte, sondern für sich behielt. Sie war stark, das wusste ich, genauso wie ihr Zwillingsbruder. Ich hatte das Gefühl, sie hatten schon viel erlebt und schleppten eine große Lasst mit sich herum.
Ich stieg in mein Auto ein und fuhr nach Hause. Irgendjemand war dafür verantwortlich, dass ihre wunderschönen, blauen Augen so leer wirkten und ihren Glanz verloren hatten. Insgeheim nahm ich mir vor, sie wieder zum strahlen zu bringen. Doch so wie ich mich ihr gegenüber verhielt, war das noch ein weiter Weg. Wahrscheinlich hasste sie mich inzwischen. Ich konnte es ihr nicht einttmal verübeln.
Ich parkte mein Auto am Straßenrand und sah Brayden's Auto in unserer Einfahrt stehen.
Schlagartig breitete sich Wut in mir aus und füllte jede meiner Zellen mit Adrenalin.
Mit Wucht schlug ich die Autotür zu. Ich ging die drei Treppenstufen, die zu unserer Haustür führten empor und schloss sie auf.
So wie ich das Haus betrat, vernahm ich das Schluchzen meiner Schwester. Ich hörte, wie sie sich gegenseitig anschrien.
Geräuschvoll schlug ich die Tür hinter mir zu. Mein Puls beschleunigte sich. Reflexartig spannte sich mein gesamter Körper an. Die Stimmen verstummten. Ich ging in die Küche und dort saßen sie. Mila befand sich vollkommen aufgelöst auf ihrem Stuhl und ihr gegenüber Brayden.
Brayden, der, der unsere Familie zerstört hatte. Brayden, der, der unsere Schwester getötet hatte.
Ich hasste ihn abgrundtief.
Meine Nerven waren zum zerreißen gespannt und ich musste mich zusammenreißen nicht sofort auszurasten.
"Verschwinde!", sagte ich bedrohlich und mit einer Warnung in der Stimme, die er nicht überhören konnte. Ich hatte die Hände zu Fäusten geballt. Er sah mich, mit vor Schreck geweiteten Augen, an.
"Ich-", fing er an, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen.
"Hast du mich nicht verstanden?! Du. Sollst. Verschwinden! Sofort!", sagte ich noch lauter und schlug mit der Faust auf den Tisch.
Brayden erhob sich schließlich von seinem Stuhl und ging zur Tür. Ich lief dicht hinter ihm her und öffnete ihm diese.
"I-ich... Entschuldigung. Es tut mir-."
Ich schubste ihn Wortlos vor die Tür, schloss sie vor seiner Nase, lehnte meinen Kopf an die kalte Tür und atmete einmal tief durch.
Nach so einem Fehler konnte man nicht einfach sagen, "es tut mir leid" und danach denken, es wäre alles wieder in Ordnung. Der Typ brauchte sich nicht bei mir zu entschuldigen, er sollte uns gefälligst in Frieden lassen. Er sollte sich nie wieder in unsere Nähe trauen.
Brayden hatte unsere Schwester getötet und uns damit gebrochen. Er war der Grund dafür, dass wir heute so waren, wie wir waren.
Bei dem Gedanken an meine Schwester bekam ich einen Stich in mein Herz. Es war, als würde sich das Loch in meinem Herzen, was sie hinterlassen hatte, wieder einmal vergrößern. Ich hatte Brayden lange nicht gesehen gehabt und darüber war ich sehr froh gewesen. Sie fehlte uns allen schrecklich. Vor allem meinen Eltern, Mila und ich litten schrecklich an ihrem Tod. Wir waren nicht mehr wie früher. Wir waren eine leere, vertrocknete Hülle. Sie war unser kleiner Engel gewesen, bis zu diesem einen Tag, der alles zerstört hatte. Auch ich war zu einem gewissen Teil an ihrem Tod schuld. Ich hätte es besser wissen müssen. Es war so unfair. Das ganze Leben war ungerecht. Sie war gerade einmal 18 gewesen. Louann war eine wahre Schönheit gewesen, sowohl von innen als auch von außen. Doch genau das sollte ihr zum Verhängnis werden. Sie war immer positiv gewesen. Egal wo wir gewesen waren, sie hatte immer gute Laune verbreitet. Bis zu diesem einen Tag, der alles verändern sollte...
Ich löste mich von der Tür, Tränen standen mir in den Augen. Doch irgendwann würde ich sie wieder sehen, irgendwann würde ich sie wieder in die Arme schließen können. Wie Sarah Connor in ihrem Song "Flugzeug aus Papier" sang.
Ich ging zu Mila in die Küche. Meine Schwester saß mit den Händen vor ihrem Gesicht da und weinte. Ich nahm sie einfach in den Arm. Sie krallte sich in meinem T-Shirt fest und schließlich beweinten wir zusammen das Schicksal unserer Schwester. Sie hatte es nicht verdient.
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