2. was vorher geschah✔
Wir durchquerten den, in Mondlicht getauchten Raum und gingen an das Fenster. Alec öffnete es leise und schaute nach unten. Es würde keines Falls eine bequeme Landung werden, denn unter uns wucherten Rosensträucher. Jedoch gab es keinen anderen Ausweg für uns.
"Du springst zuerst und ich gebe dir Rückendeckung.", sagte mein Zwillingsbruder zu mir. Ich wollte ihn eigentlich nicht zurücklassen, jedoch musste ja irgendwer den Anfang machen. Zudem war Alec schneller als ich.
"Du musst, sobald du unten bist sofort losrennen, hast du verstanden? Ich springe nach dir. Wir müssen uns beeilen.", flüsterte er.
"Ok.", wisperte ich.
Ich kletterte auf das Fensterbrett. Sobald ich eine gewisse Grenze überschreiten würde, würde der Alarm ausgelöst werden. Ich schaute nach unten auf die Rosensträucher, die 2 m unter mir lagen.
"Du musst springen Abby, verstehst du, wir haben nicht viel Zeit.", hörte ich Alec noch einmal eindringlich auf mich einreden.
Augen zu und durch sagte ich mir. Wie immer. Ich setzte mich auf den Rand des Fensters, gab mir einen Schubs und flog. Es fühlte sich an, als wäre ich schon frei. Es kribbelte in meinem Bauch und ich lächelte unwirklich. Ich hatte mir immer gewünscht so, wie Vögel, frei zu sein, zu fliegen und dort hingehen zu können, wo immer ich auch wollte. Alles fühlte sich so leicht an. Bis ich auf den Boden aufkam.
Die Alarmanlage schrillte laut. Schnell stand ich auf, meine Handflächen waren von Dornen bedeckt. Ich merkte, wie die Dornen an meinen Sachen rissen. Sie gruben sich in meine Haut und es war fast so als würden sie mich festhalten wollen. Doch würde und konnte ich nicht zulassen. Ich kämpfte mich durch die Dornen, wie ich es immer gemacht hatte, damit ich irgendwann einen kleinen Lichtblick bekommen würde. Sobald ich die Hecke zurück gelassen hatte, schaute ich mich um. Alec befand sich dicht hinter mir. Adrenalin durchflutete meinen Körper und ließen die Schmerzen nebensächlich werden. Das hohe Gras peitschte gegen meine Beine und mein blondes Haar wehte mir ins Gesicht. Mein ganzer Körper kribbelte. Mein Herz pumpte das Blut durch meine Adern und meine Lungen füllten sich bei jedem Atemzug gierig mit Sauerstoff. Die Allarmanlage hörte ich nur noch leise summen. Ich sah meinen Vater am Fenster stehen.
"Ich werde euch wieder finden. Das verspreche ich euch!", brüllte er so laut, dass ich es hören konnte.
Wir hatten das Feld überquert. Der kleine schwarze Skoda tauchte vor uns auf.
"Schnell!", schrie Ann aus dem Fenster. Wir setzten uns in das Auto und sie düste los.
Immer wieder schaute sie in den Rückspiegel.
"Alles wird gut. Uns verfolgt niemand.", sagte sie zu uns und stieß einen tiefen Seufzer aus. Jedoch hatte ich eher das Gefühl, dass sie sich selbst damit beruhigen wollte, denn sie flüsterte es immer wieder vor sich hin.
Und irgendwann hatte sie mich damit angesteckt. Ehrlich gesagt hätten unsere Verfolger auch wirklich gut sein müssen, denn sie fuhr kreuz und quer, sodass ich schon lang nicht mehr durchblickte, wo wir uns befanden. Ann nahm so viele Abzweigungen, wie es nur ging.
"Also Leute, neben euch liegt ein Sack. In dem ist alles drin, was ihr braucht. Essen, Trinken, Wechselsachen, Arztzeug, neue Handys und Ausweise. Eure Tickets für den Zug habe ich an die Seite gesteckt. Steigt so oft, wie ihr könnt um, damit ihr eure Spuren verwischt. Ich habe auf den Ausweisen nur euren Nachnamen ändern lassen. Ich hatte Angst, dass ihr euch mal versprechen könntet und dann euren alten Vornamen sagt, denn den braucht man häufiger als den Nachnamen und am Ende noch alles auffliegt. Für mich sieht der Ausweis echt aus, aber ihr solltet ihn dennoch nicht zu oft verwenden. Seid vorsichtig mit den Handys, wenn euch irgendeine fremde Nummer anschreibt, zerstört ihr es. Ich schreibe euch gar nicht und ihr mir auch nicht, sonst könnte alles auffliegen und auch ich würde nicht verschont bleiben. Geld habe ich auch dazu getan. 500 € müssten für 5 Wochen reichen, wenn ihr sparsam seid."
Sie holte kurz Luft und sprach schließlich weiter.
"Ihr solltet dort sofort Arbeit suchen, um euch eine Wohnung zu beschaffen oder zumindest irgendeine Unterkunft. In die Schule könnt ihr nur gehen, wenn ihr euch ganz sicher seid, dass euch niemand erkennen wird. Ich habe Haarfärbemittel hineingesteckt. Ich hoffe Kastanienbraun ist ok, ich denke damit stechen eure blauen Augen noch etwas mehr heraus. Außerdem empfehle ich dir, Abby, dich zu schminken, so dürfte dich wirklich niemand erkennen. Haltet euch an das, was ich gesagt habe, sonst geht es mit Sicherheit schief. Wenn ihr euch für einen Ort entscheidet, solltet ihr euch nicht zu oft draußen zeigen. Es wäre jedoch noch besser, wenn ihr immer in Bewegung bleiben würdet, also alle 6 Monate den Ort wechselt. Aber das wird schwierig werden, wenn ihr also an einem Ort bleibt, müsst ihr noch achtsammer sein. Vertraut keinem, denn Rowan könnte überall seine Kontakte haben. Auch Erik wird alles daran setzten euch zu finden, um ihn zu beeindrucken. Habt ihr verstanden?", redete sie eindringlich auf uns ein.
"Ja.", sagten wir. Ich schaute auf meinen Ausweis.
Abigail Campbell
Nicht schlecht.
Ich schaute zurück auf den riesen großen schwarzen Beutel. Niemals hätte ich gedacht, dass mein Leben einmal von einem Sack abhängen würde.
Nach drei Stunden Fahrt hielt sie ein paar Meter vor einem Bahnhof an.
"Danke für alles, Ann, wirklich. Wir wollten dich da eigentlich echt nicht mit hineinziehen. Sobald wir das Geld haben, werden wir es dir zurück zahlen." Ich schaute sie dankbar an.
"Alles ist gut, ich hätte euch das sowieso nicht alleine durchziehen lassen.", protestierte sie.
Sie zog uns in eine Dreierumarmung.
"Wir werden dich vermissen.", sagte Alec mit rauer Stimme,"Danke für alles."
Bevor es zu emotional werden konnte, lösten wir uns voneinander. Ann stieg ins Auto.
"Tschüss Leute, macht das Beste draus, bis jetzt seid ihr die Gewinner."
Traurig lächelte sie uns an. Dann ließ sie den Motor aufheulen und fuhr los.
Wir schauten ihr hinterher bis die kleinen roten Lichter hinter einer Kurve verschwanden. Ab jetzt waren wir auf uns allein gestellt.
"Wir schaffen das.", sagte ich zu Alec.
"Genau, wir schaffen das.", er lächelte mich aufmunternd an und drückte meine Hand. Neben uns befand sich Mc Donalds. Dort würden wir uns die blonden Haare färben und vielleicht auch etwas abschneiden. Ich hatte mir vorgenommen einen Pony zu schneiden. Bei Alec war ich mir noch nicht sicher, aber ich wollte ihm grundsätzlich die Haare kürzer schneiden. Diese reichten ihm bis zur Schulter und waren schon total verwildert.
Also machten wir uns auf den Weg.
Das große gelbe M strahlte uns an. Zusammen betraten wir das Gebäude. Wohlige Wärme und der Geruch von essen schlugen mir entgegen.
Mit einem Knurren machte auch mein Magen auf sich aufmerksam. Doch wie sagte man so schön? Erst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Alec und ich gingen auf die Frauentoilette und schlossen uns ein. Nachdem ich Alec einen Kurzhaarschnitt verpasst hatte und er dabei war sich die Haare zu färben, fing auch ich an, meine Haare zu schneiden, wobei mir Alec half.
Als wir uns im Spiegel ansahen stellten wir erleichtert fest, dass uns die neuen Frisuren schon ziemlich verändert hatten.
Eine Stunde später fanden wir uns in einer U-Bahn wieder, wir fuhren bis zur Endhaltestelle, ehe wir wieder umstiegen. Ich war total kaputt, doch an Schlaf war nicht zu denken. Nach mehreren Stunden verließen wir die U-Bahnstation. Es war schon Morgen und wir würden uns ein Lager für die nächsten Tage, vielleicht auch Wochen suchen müssen.
Es lag eine harte Zeit vor uns, doch schlimmer, als zu Hause konnte es nicht werden.
Hier das 2. Kapitel.
Schreibt mal, wie euch die Geschichte bis jetzt gefällt.😉
Bis bald💗
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