Kapitel 11
Das laute Kreischen seines Weckers ließ Manuel aus einem unerholsamen Schlaf schrecken. Er brauchte ein paar Momente, bis er realisierte, dass er in seinem Wohnzimmer statt in seinem Schlafzimmer war und auf seiner Couch, statt in seinem Bett lag.
Das Kreischen wurde noch lauter, der Wecker dachte offensichtlich nicht einmal daran leise zu sein. Manuel schlug die Decke zurück, sprang fahrig auf und hastete zu seiner Schlafzimmertür.
Hektisch zog er den Schlüssel aus seiner Hosentasche, schloss die Tür auf und stolperte in den dunklen Raum. Schlagartig wurde ihm von dem Geruch schlecht, doch er kämpfte sich bis zu dem Wecker und machte ihn aus. Patrick schlief anscheinend noch, zumindest lag er regungslos in dem Bett.
Manuel widerstand dem Drang, das Fenster aufzumachen um zu Lüften sondern ging wieder aus dem Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich, schloss sie aber nicht ab und ging zurück zu dem Sofa, auf dem sonst Patrick schlief.
Heute musste er zwar wieder arbeiten, aber er hatte einen Spätdienst und konnte noch etwas länger schlafen. Und vielleicht erbarmte Patrick sich ja und kochte tatsächlich noch Kaffee, um sich zu entschuldigen.
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"Manu?" Der Angesprochene öffnete blinzelnd die Augen und brummte leise. Das helle Licht der Sonne brannte in seinen müden Augen. "Was ist los?" Wollte er wissen. Sein Rücken peotestierte, doch Manuel drehte sich trotzdem um.
Patrick roch immer noch nach Alkohol. Er lallte auch noch.
"Warum schläfst du auf dem Sofa?" Offensichtlich hatte Patrick keinen Kaffee gekocht. Nun gut, er hatte offensichtlich auch noch gut Restalkohol. Es war ihm verziehen. Was Manuel ihm nicht verzeihen konnte, war die Flasche in seiner Hand.
Manuel seufzte leise und stand langsam auf. "Es ist nicht mal zehn. War es wirklich nötig, jetzt schon was zu Trinken?" Fragte er gereizt und strich sich die Haare aus der Stirn.
Von Patrick kam keine Antwort. Manuel biss sich auf die Unterlippe und trat von ihm weg. "Gut." Zischte er und blinzelte die Tränen zurück. "Geh dich duschen." Der andere gehorchte zum Glück ohne zu protestieren und verschwand Richtung Bad.
Manuel ging in die Küche und machte die Kaffeemaschine an. Welch ein lieblicher Klang am Morgen. Trotzdem fühlte er sich beschissen, als er sich hinsetzte.
So konnte es nicht weitergehen. Er wollte, dass Patrick hier war. Erst recht jetzt, da sie in mitten einem Wirrwarr aus Gefühlen waren. Aber Patrick konnte nicht hier bleiben. Er schadete ihnen beiden damit.
Manuel wusste nicht, was er machen sollte. Er biss sich auf die Unterlippe und stützte das Gesicht in die Hände. Er hatte keine Lust, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Aber nichts tun ging auch nicht.
"Manu?" Patrick kam mit nassen Haaren in die Küche. Er schien nicht im Geringesten bedrückt. Offensichtlich ging die ganze Situation an ihm vorbei.
"Was?" Brummte Manuel und war einen Blick zu der nun stillen Kaffeemaschine. Obwohl sie offensichtlich fertig war, machte Patrick keine Anstalt, aufzustehen und ihm den Kaffee zu bringen. Manuel erhob sich deswegen seinerseits und holte sich sein Lebenselexier.
Patrick schwieg weiterhin, saß einfach nur da und starrte mir leeren Augen ins Nichts. Manuel hielt das nicht aus.
"Ich mache einen Spaziergang." Sagte er und stellte die Tasse wieder ab, obwohl er kaum einen Schluck getrunken hatte. Patrick folgte ihm aus der Küche ins Schlafzimmer. Obwohl Manuel sich unwohl fühlte, schickte er Patrick nicht weg, als er sich etwas Frisches anzog.
"Wohin gehst du?" Lallte Patrick. Manuel zuckte unbestimmt mit den Schultern, obwohl er das mittlerweile wusste. Es gab nur eine Person, die ihm jetzt helfen konnte.
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"Manuel?" Die bildhübsche Frau hatte die Tür nur einen Spalt breit geöffnet und runzelte die Stirn, während sie ihn lange ansah. Manuel nickte bestätigend. "Dich habe ich ja schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Was machst du hier? Komm doch rein."
Manuel folgte ihr in den so vertrauten Hausflur und sah sich neugierig um. Es hatte sich nicht viel verändert, seit er vor Jahren zum letzten Mal hier gewesen war.
"Ich brauche deine Hilfe." Erklärte er leise. "Hast du Zeit?" Sie nickte und führte ihn bis in die Küche. "Trinkst du deinen Kaffee immer noch schwarz?" Fragte sie und beantwortete die Frage damit indirekt. Manuel nickte und setzte sich hin.
Sie schob ihm eine Tasse zu und setzte sich ihm gegenüber. Manuel sah zu, wie sie in ihrem Müsli rührte
"Also, was ist passiert?" Manuel atmete tief ein und aus. Es war eigentlich nicht fair, das hier hinter Patricks Rücken zu tun, aber er fühlte sich nicht, als hätte er eine andere Wahl.
"Patrick ist bei mir eingezogen." Die Frau lächelte milde. "Wie geht es ihm?" Manuel zuckte mit den Schultern und sah auf seine Hände, bevor er einen Schluck Kaffee nahm.
"Er hat erzählt, dass ihr Streit hattet." Sagte er statt einer Antwort. Sie nickte und aß weiter. "Kannst du mir erzählen, worum es ging?" Kurz bezweifelte er, dass sie das würde, doch sie nickte schnell und begann zu reden.
"Er trinkt zu viel. Deswegen haben wir uns gestritten. Er ist gefeuert worden, weil er wiederholt betrunken zur Arbeit gekommen ist und konnte sich deswegen seine Wohnung nicht mehr leisten. Dann ist er bei mir eingezogen, aber ich konnte mit der Situation nicht umgehen."
Manuel hörte ihr aufmerksam zu.
"Ich wollte, dass er sich einen neuen Job sucht. Oder zumindest eine Ausbildungsstelle oder einen neuen Studienplatz. Er hat gesagt, das würde er. Aber stattdessen hat er immer mehr getrunken."
"Als er bei mir eingezogen ist, war das zuerst großartig." Erklärte Manuel, als sie verstummt war. "Er hat mir morgens Kaffee ans Bett gebracht und Abends frisch gekocht."
Sie nickte, der Blick aus ihren braunen Augen war weich und verständnisvoll.
"Dann hat er sich betrunken." Redete Manuel mit belegter Stimme weiter. "Wir haben uns gestritten und er ist handgreiflich geworden. Nichts schlimmes, es war auch meine Schuld und er hat sich auch dafür entschuldigt und er hat versprochen, dass er es nicht wieder machen würde, aber wenn das nicht so wäre, dann wäre ich nicht hier."
Sie lächelte mitleidig und nickte sanft.
"Er hat wieder getrunken. Er wollte mich abholen und ist nicht gekommen. Ich bin nach Hause gelaufen und er hatte nichts gekocht, weil er betrunken war. Wir haben gestritten und heute morgen hat er sich direkt wieder betrunken."
"Und wie kann ich dir jetzt helfen?" Sie trank ebenfalls etwas von ihren Kaffee, während Manuel heftig schluckte. "Ich brauche deine Hilfe. Ich weiß nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll. Was kann ich machen?"
Es war viel zu lange still, bevor sie sagte, was er insgeheim befürchtet hatte.
"Du kannst nichts machen, Manuel. Es tut mir Leid, das so sagen zu müssen, aber du kannst nichts machen. Patrick ist Erwachsen. Er trifft seine eigenen Entscheidungen. Und weder du noch ich noch sonst wer kann ihm helfen. So grausam das klingt und so schlimm das ist, du solltest ihn vor die Tür setzen."
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