-четыре-
Nachdem Piotr gegangen war, hatten auch wir uns auf den Weg gemacht. Da ich jedoch mit dem Motorrad zu der Verhandlung und auch zum Hotel gefahren war, musste ich mit dir im Schlepptau noch einmal zu der Villa. Deine Arme lagen während der Fahrt locker um meinen Bauch und deinen im Helm verpackten Kopf hattest du an meinem Rücken gelegt.
Ein mulmiges Gefühl begleitete mich die gesamte Fahrt über, denn du warst verrückt genug, uns beide bei solch einer Gelegenheit zu gefährden. Zudem warst du allmählich am Ende deiner Kräfte, weshalb ich immer wieder einen Arm von dir festhielt, damit du nicht während der Fahrt einfach vom Motorrad kippst.
An der Villa glaubte ich, du würdest einfach zwischen den Büschen versuchen abzuhauen. Daher entschied ich, dich wohl oder übel hinter mir herzuschleifen. Im Innern stieg mir unmittelbar der beißende Geruch von Bleichmitteln in die Nase, obwohl es bereits einige Tage her war, dass die Villa eine Grundreinigung bekommen hatte.
Oben in meinem Zimmer war das Blut von Artjom noch immer auf dem Boden, weshalb ich dich anwies erst einmal auf der Couch Platz zu nehmen. Auf dem Tisch standen die leeren Wodkaflaschen und die einen oder anderen Drogen waren ebenso noch zu finden.
Diese Idioten hielten es nicht einmal für nötig, ihren Scheiß wegzuräumen!
Ich ging eilig in das angrenzende Ankleidezimmer, nahm eine schwarze Reisetasche und verstaute in dieser einige Klamotten, ehe ich noch zwei Waffen mitnahm.
"Was genau, hast du jetzt vor?", hattest du mich gefragt, als ich mit der Tasche zurück ins Zimmer trat.
"Wieso, wolltest du hier bleiben? Ich bin mir sicher, im Keller wäre noch Platz für dich", antwortete ich unbedacht. Du bist unmittelbar zurückgezuckt und hast mich erneut mit einem völlig seltsamen Blick angestarrt. Ironie war also auch kein Begriff, der dir bekannt vorkam.
"Komm einfach", sagte ich genervt und ging voraus. Gemeinsam verließen wir das Zimmer und gingen die Treppen wieder nach unten, als Nikolaj mich plötzlich ansprach.
"Kirill, schön dich zu sehen." Die Freude war nicht meinerseits, aber das wusste er auch ohne, dass ich ihn antwortete.
"Wie ich sehe, hast du eines der Mädchen erworben", sagte er, mit dem Blick auf dich gerichtet.
"Nein, das habe ich eher Jascha zu verdanken", erwiderte ich. "Sie hat Sky mit einer Waffe bedroht. Du weißt, wie er ist, wenn es um sie geht."
Mit dem Finger kreiste ich vor meiner Schläfe, um so zu signalisieren, dass Yonathan definitiv einige Schrauben locker hatte, zumindest was den Blondchen betraf.
"Das weiß bereits die gesamte Bruderschaft. Ist mein Sohn schon abgereist?"
"Ja und so schnell wirst du ihn nicht wiedersehen. Ich werde auch vorläufig von hier weg", informierte ich ihn mit einem Nicken auf dich.
"Im Club bist du aber noch?"
"Ja, die Geschäfte laufen normal weiter, aber ich muss mich erst einmal um den Geist kümmern", sagte ich und ignorierte dabei, dass du mich trotz der russischen Sprache verstanden hattest.
Nikolaj nickte nur ein letztes Mal verständnisvoll, ehe er mir auf die Schulter klopfte und zurück zu seinem Büro ging. Ich hatte nie etwas gegen ihn. Er war zwar der Boss, aber alle grausamen Dinge gingen immer von Artjom aus, weshalb ich Nikolaj gegenüber lediglich Gleichgültigkeit empfand.
Wir verließen die Villa und ich stieg in meinen mattschwarzen BMW, um dann darauf zu warten, bis du es auch endlich geschafft hattest, einzusteigen. Aus dem Augenwinkel sah ich dein Zittern, denn draußen waren weitaus mehr, als nur einstellige Minusgrade, weshalb ich den Motor startete und die Heizung höher stellte.
Die Fahrt würde definitiv länger dauern und wenn du nicht schon vorher an Wasser- und Vitaminmangel verreckst, wollte ich nicht, dass du auch noch erfrieren musstest. Gott, ich erkannte mich bereits nach nur wenigen Stunden kaum wieder!
Während ich durch die tiefschwarze Pampa fuhr, die ausschließlich aus einer schmalen Straße umgeben von Wald und Schnee bestand, sahst du die gesamte Zeit aus dem Fenster. Ich hätte auch einfach anhalten und dich aussetzen können. Dann wäre ich einige Probleme losgeworden, aber irgendetwas hinderte mich daran, dich im russischen Outback erfrieren zu lassen. Wobei die Vorstellung mich auch zum Schmunzeln brachte.
"Wo fährst du mich hin?", fragtest du mit schwacher Stimme. Auch dein Zittern wirkte mittlerweile erschöpft und deine Haut war sogar noch blasser geworden.
"Zu einem Freund", antwortete ich. Ich spürte gleich darauf deinen Blick auf mir, denn du dachtest vermutlich, ich würde dich zu einem Ort bringen, an dem wir allein wären. Aber da muss ich dich leider enttäuschen, kleiner Geist. Ich bin nicht so lebensmüde!
Nach einer weiteren halben Stunde Fahrt kam ich endlich auf den Plattenweg durch den Wald, der zu dem Haus von dem besagten Freund führte. Ich kannte ihn bereits einige Jahre und vertraute ihm. Er war keiner von der Bratva, allerdings war er nicht weniger brutal und herzlos. Sein Geld verdiente er damit Leute aufzuspüren und zu verhören, wobei dies meist eine eher blutige Angelegenheit war. Wahrscheinlich verstanden wir uns aus diesem Grund auch so gut.
Anfangs war ich nur einer seiner Auftraggeber, jedoch ließ ich ihn den Spaß nicht allein erledigen und so wurden wir, während wir folterten, zu Freunden. Klingt doch wie aus einem Bilderbuch!
Wenige Meter von dem Haus entfernt, erkannte ich schon das schummrige Licht auf der Veranda. Du hattest dich, um mehr erkennen zu können, neugierig nach vorn gelehnt. Vor uns erstreckte sich ein riesiges, altes Haus. Es war fast ausschließlich bewachsen mit Efeu und wirkte dadurch umso gruseliger. Der vermoderte alte Brunnen vor dem Gebäude trug ebenso wenig zu einem wohnlich wirkenden Haus bei. Es gab einen Ost- und einen Westflügel und beides erstreckte sich auf zwei Etagen. Natürlich war das Haus auch unterkellert, denn seine Arbeit erledigte er immer hier. Warum sonst sollte jemand so weit von der Zivilisation entfernt leben?
Ich schaute flüchtig zu dir herüber und sah das Leuchten in deinen Augen, als du das Anwesen voller Neugier mustertest. "Es ist atemberaubend."
Warum wusste ich, dass dir dieser Ort gefallen würde?
Mit einem kaum merklichen Kopfschütteln parkte ich das Auto direkt neben den Van von meinem langjährigen Freund. Ich griff nach meiner Tasche auf der Rücksitzbank und stieg aus, um unmittelbar auf die Veranda zuzugehen. Deine leisen Schritte signalisierten mir, dass du mir auch gefolgt bist. Ohne mich auf irgendeiner Weise anzumelden, betrat ich das Haus. Seit meinem letzten Besuch hatte sich nichts verändert.
Direkt vor mir befand sich der riesige Eingangsbereich mit der breiten Treppe in der Mitte, die sich oben zu beiden Seite aufteilte. Über uns befand sich ein uralter Kronleuchter, bei dem ich schon immer Sorge hatte, dass dieser mir eines Tages auf den Kopf fallen würde.
Eine Tür öffnete sich und du hattest dich vor Schreck an meinen Rücken gekrallt.
"Kirill", begrüßte mich der Hochgewachsene mit den schwarzen Haaren und einem breiten Grinsen auf den Lippen, ehe sein Blick auf dich fiel. "Du sagtest zwar, dass du Besuch mitbringst, aber dass du mir eine halbe Leiche anschleppst, damit hatte ich nicht gerechnet, sonst hätte ich im Garten schon einmal ein Loch gebuddelt."
Ich spürte, wie deine Muskeln sich anspannten bei den harten Worten von meinem Freund, allerdings hatte er auch recht. So wirklich anwesend sahst du nicht aus.
"Nikita sei nicht so unfreundlich", lachte ich. "Das ist Emily."
"Ach, das Mädchen, das nicht alle Tassen im Schrank hat."
"Habe ich nie gesagt", entgegnete ich so unschuldig, wie es mir möglich war.
"Stimmt. Du sagtest, sie wäre vollkommen neben der Spur und eine grundlegende Gefahr für sich selbst und der allgemeinen Menschheit, weshalb du sie an den Arsch der Welt bringen willst, um sicherzugehen, dass so eine gestörte und emotional verkrüppelte Psychopathin nicht frei herumläuft."
Mit hochgezogenen Augenbrauen hatte ich Nikita angeblickt. Das waren eventuell meine Worte, als ich ihn angerufen hatte, aber er musste es dir nicht so deutlich unter die Nase reiben. Jedoch hattest du daraufhin nur gelacht.
"Wäre vermutlich besser", meintest du grinsend und gingst auf Nikita zu, um unmittelbar vor ihm stehenzubleiben und zu ihm nach oben zu schauen. "Allerdings wirst du mit mir unter einem Dach sein, also solltest lieber du dich in Sicherheit bringen."
"Ja, ich verstehe es allmählich", sagte Nikita an mich gewandt. "Ich gehe mal alle Messer aus der Küche entfernen. Und am besten auch sämtliche Waffen!"
Ich konnte mir ein Auflachen nicht verkneifen und zog dich am Arm zu der Treppe, damit wir unser zukünftiges gemeinsames Zimmer beziehen konnten und ich dich, falls notwendig, anbinden und mit Essen und Trinken vollstopfen konnte.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro