Kapitel 2
Scarlett P.O.V.
Erschrocken sah ich zu unserem Vater auf. Ich meine, es ist nicht so, dass ich mit dieser Antwort nicht gerechnet hätte, aber deine Träume vor deinen Augen zerplatzen zu sehen, das tat irgendwie weh. Sauer spannte ich meinen Kiefer an und verzog meine Hände zu Fäusten. "Wieso? Das ist so unfair! Jasper durfte auch letztes Jahr einen Austausch machen. Also warum wir nicht?" Rief ich erbost. Vater verlor nun seinen Augenkontakt zu seiner ältesten Tochter und sah mich an. "Ihr seid Mädchen. Das ist was anderes, junge Dame. Und schon gar nicht sprichst du in diesem Ton mit mir!" Trotzig stampfte ich mit meinem Fuß auf. "Ach. Immer wenn dir irgendetwas nicht passt, was Yaka und ich gerne machen würden, bringst du dieses Argument. Hallo! Wir sind im 21. Jahrhundert. Frauen dürfen so etwas seit neuestem." Am Ende meines Monologs sah ich, wie Ruby ihre Hand gegen ihr Gesicht schlug und ich konnte, als ich Vater das nächste mal in die Augen sah, beinahe die Rauchschwaden sehen, die aus seinem Gehirn vor Wut abgelassen wurden.
"Frauen dürfen sich auch kleiden wie Prostituierte. Macht ihr es trotzdem? Nein! Weil es gefährlich und degradierend ist. Als meine Tochter hast du auf mich zu hören, " seine Stimme wurde mit jeder Sekunde nicht nur lauter sondern auch höher. Wenn das so weiter ging, würde er bald wie eine Maus quieken. Dieser Gedanke lies mich irgendwie grinsen. "Was grinst du so? Hörst du mir nicht zu? Ihr könnt es vergessen. Ich lasse euch doch nicht alleine für ein Jahr nach Japan!" Sauer trat ich einen Schritt nach vorne. "Dann nenne mir ein Argument, was es verbieten würde ohne dabei auf mein Geschlecht einzugehen, sondern auf mich als Person." Versuchte ich das ganze irgendwie rationaler anzugehen. "Du kannst dich nicht verteidigen. Was ist, wenn du angegriffen wirst und niemand da ist, der dir helfen kann?" Ich verdrehte die Augen. "Verdreh nicht die Augen Scarlett, ich meine es todernst." Ich schnaubte. "Das du das todernst meinst, ist mir schon bewusst. Außerdem ist das nicht mal ein richtiges Argument. Wir werden in Gastfamilien sein und angegriffen kann man auch hier werden." "In Gastfamilien? Ist ja noch schlimmer. Was ist, wenn da Jungs mit dabei sind. Die könnten sonst was machen." Innerlich schrie ich laut auf. "Verdammt nochmal! Vater. Yaka," "Nenne sie zum Henker nicht Yaka und geflucht wird hier auch nicht. Du hast dich auszudrücken wie eine Lady."
Zittrig schloss ich die Augen und zerknüllte mit meinen Händen den Stoff meines Kleides. Wie eine Lady, hm? Mit von Tränen glitzrigen Augen sah ich zu ihm hoch. " Dad?" Fragte ich leise. "Das ist schon lange ein Traum von YAKA und mir und du fluchst doch selbst." Dann wandte ich mich von ihm ab um durch das Wohnzimmer hindurch in mein Zimmer zu gehen. Das wollte ich mir nicht mehr länger geben. "SCHÖN HIER GEBLIEBEN! HABE ICH GESAGT, DASS DU GEHEN DARFST?" Donnerte Vater nun und ließ mich mitten im Gang stehen bleiben. Oh shit. Jetzt hatte ich es vermasselt. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Jasper und Stany in die Küche traten.
Überrascht von mir selbst fuhr ich erneut wütend herum. "DU HAST DOCH SCHON ALLES GESAGT, WAS DU HERÜBERBRINGEN WOLLTEST! WARUM SOLL ICH ALSO NOCH HIERBLEIBEN, WENN ICH GANZ GENAU WEIß, DASS DU BEI DEINEM NEIN BLEIBST?" Schrie ich nun. Meine Wangen zierten nun heiße Tränen. "Okay. Weißt du was, du hast Recht." Meinte Vater plötzlich eisig ruhig. Ich schluckte. Die Ader an seinem Hals pochte sichtbar und die Kälte in seinem Blick ließ mich zusammensacken. "Ihr beide wusstet von Anfang an, dass ich es nicht erlauben würde. Dennoch habt ihr euch über meinen Kopf hinweg dazu entschieden, diesen sinnlosen Kurs zu machen. Ihr hättet uns allen also von Anfang an diese ganze Diskussion ersparen können. Und wenn du zu kindisch bist, um wie ein Erwachsener zu diskutieren, die ihr ja anscheinend schon sein wollt, dann kann ich gar nicht anders als es euch zu verbieten. Auf dein Zimmer. Sofort. Ich will dich heute nicht mehr sehen." Ich verzog meine Hände zu Fäusten, drehte mich auf dem Absatz um, sah ihn nochmal wütend an und rannte dann laut trampelnd die Treppe hoch. In meinem Zimmer angekommen, schmiss ich die Tür zu.
Erschöpft sank ich an der braunen Holztür hinunter und legte meinen Kopf auf die Knie. Diese umschloss ich mit meinen Armen. Ich war es so leid. Ständig wurde uns jegliches verboten, weil wir Mädchen waren. Wir wollten Abends rausgehen? Nein, ihr seid Mädchen zu gefährlich. Ich hatte mich verliebt und wollte mich mit dem Typen treffen? Nein, du hast dich wie eine Dame zu benehmen und ohne Jasper sowieso nicht. Sauer schrie ich auf und schlug mit meinen Händen auf den Boden. Ich hasste es. Dieses einzwängende Leben. Ein paar Mal tief durchatmend rappelte ich mich auf. "Beruhig dich. Bring dich einfach auf andere Gedanken." Murmelte ich und begann in meinem Zimmer, was zum Glück, relativ klein war auf und ab zu laufen. Um mich abzulenken, sah ich mich in meinem Zimmer um.
An einer der grünen Wände hing mein hellbraunes Bücherregal, mit all meinen Klassikern wie vom Winde verweht bis Dracula. Direkt darunter befand sich mein Schreibtisch auf welchem mein aufgeschlagenes Mathebuch lag zusammen mit meinem Heft und mich qualvoll an die schweren kaum lösbaren Hausaufgaben erinnerte. An meinem Fenster, welches auf einen Wald zeigte, stand mein Cello zusammen mit dem Notenständer auf welchem Noten von Saint- Saens lagen. Mein Bett gegenüber war mit einer grünen Bettdecke bezogen und immer noch nicht gemacht. Das sollte ich vielleicht tuen, bevor Vater doch noch hier herein kam. Rechts von der Tür stand ein weiteres Regal mit einer Musikanlage, einem weiteren Bücherregal und meinem Schrank. Seufzend schleppte ich mich nach kurzer Überlegung über meinen violetten Teppich zu meinem Bett und begann damit es zu machen. In dem Moment klopfte es an der Tür. "Ja?" Fragte ich grummelig und noch immer halb schniefend. Kurz darauf wurde die Klinke herunter gedrückt und der blasse Kopf von Jasper sah in mein Zimmer. Resigniert wandte ich mich von ihm ab. Was jetzt kam, konnte ich mir vorstellen.
Jasper setzte sich auf mein frisch gemachtes Bett. Genervt sah ich ihn an. "Das habe ich gerade gemacht du Genie." Mein fünf Jahre älterer Bruder hob nur abwehrend seine Hände und meinte: "Nur weil Vater dir gerade mal etwas nicht erlaubt hat, musst du deine schlechte Laune nicht an mir herauslassen. Denk doch mal rational darüber nach. Du bist eine Frau. Da sind ganz viele Männer, die etwas von dir wollen könnten und wir sind nicht da, um dich oder auch Ruby zu beschützen." Traurig sah ich auf den Boden. Das war so klar gewesen. Versteht mich nicht falsch. Ich liebte meine Familie und hell, ich liebte meinen Bruder wie Scrat aus Ice Age seine Eichel, aber diese Einstellung, war eine Vaters und Jaspers schlimmster Eigenschaften.
"Weißt du was Jasper? Geh einfach raus. Du hast doch keine Ahnung." Mein Bruder stand auf und kam nun langsam auf mich zu. "Glaub mir, ich habe eine Ahnung. Schließlich habe ich mein Leben damit verbracht, euch, meine Mädchen zu beschützen. Ich kenne euch." Beruhigend wollte er mir einen Arm auf die Schulter legen, doch ich wich ihm aus. "Nein, du weißt eben nicht wie sich das anfühlt, weil du nämlich so ziemlich alles was du machen willst machen darfst. Als du zu Vater gesagt hast, dass du mit deinen Kumpels feiern gehen willst, hat Vater gefragt, wann soll ich dich abholen. Als du gesagt hast, du möchtest den Führerschein machen, hat Vater gefragt, wollen wir zusammen fahren? Als du gesagt hast, du willst ins Ausland, weißt du was Vater da gefragt hat? In welches Land willst du? Und weißt du was? Ich finde es verdammt unfair, dass Ru und ich nicht mal alleine durch die Stadt laufen dürfen oder entscheiden dürfen, dass wir gerne Hosen tragen würden. Das ist verdammt unfair. Und jetzt raus."
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