1. Kapitel
Um mich herum toste der Sturm. Meine Leute schrien durcheinander und brüllten Befehle. Panisch versuchten sie, dass Segel einzuholen. Erfolglos. Kaltes Wasser spritze mir ins Gesicht und hinterließ einen salzigen Geschmack auf meinen Lippen. Der Wind zerrte an meinen Haaren und meine Kleidung war vollständig durchnässt. Als ich mich umblickte, sah ich eine weitere, riesige Welle auf uns zu rasen. Sie erfasste unser Schiff und trug uns fort. Ich konnte nichts tun, als mich festzuklammern und zu hoffen. Wir wurden umhergeschleudert, bis ich völlig die Orientierung verlor.
Als ich zu mir kam, schmeckte ich Sand. Und Salz. Ich hob den Kopf und blinzelte in die Sonne. Meine Muskeln waren steif vor Kälte und ich konnte mich nur langsam aufrappeln. Ich sah mich um. Die Wellen hatten mich an einen kleinen, sandigen Strand gespült. Um mich herum lagen einige Teile meines ehemalig stolzen Schiffs. Von meiner Mannschaft fehlte jede Spur. Ich klopfte mir den Sand von der klitschnassen Kleidung. Immerhin war mein Schwert, welches an meinem Rücken hing, unbeschadet mit angespült worden.
Nachdem ich halbwegs von Sand und Algen befreit war, stapfte ich eher ziellos den Strand entlang, auf der Suche, nach einem vertrauten Gesicht. Vergebens. Sie waren wahrscheinlich in den Fluten ertrunken. Ich seufzte schwer. Es waren alles gute Männer und Frauen gewesen. Starke Krieger und loyale Freunde. Ich warf einen letzten Blick aufs Meer und wandte mich schließlich um. Nachdem ich über die Dünen gestapft war, fand ich mich an einer Art Weg wieder. Ratlos, welche Richtung ich einschlagen sollte, sah ich umher, als der Wind plötzlich Stimmen herbeitrug. In einiger Entfernung konnte ich einige Gestalten ausmachen, die immer näher kamen. Da ich nicht wusste wo ich war und zudem keine Ahnung hatte, wer diese Personen waren, lief ich mit zwei großen Schritten über die Straße. Dort begann ein Wald, der selbst für mich gute Deckung bot. Ich verbarg mich hinter einigen Bäumen und Sträuchern, versuchte durch die Zweige zu spähen und zu hören, was die Näherkommenden sagten. Nach kurzer Zeit waren sie besser zu erkennen. An der Spitze der kleinen Gruppe lief ein laut lachender, pockennarbiger Kerl. Er war eindeutig ein Mensch mittleren Alters, trug schmierige, braune Kleidung und abgewetzte Stiefel. Seine rotbraunen Haare waren verfilzt und ebenso schmutzig wie seine gesamte Erscheinung. Hinter ihm lief ein Zwerg mit dichten, schwarzen Locken und einer großen Narbe im Gesicht. Er führte einen Esel, der einen kleinen Karren zog. Auf den, mit einer Plane abgedeckten, Waren lag ein junger Halbelf. Sein strohblondes Haar stand in alle Richtungen ab, er hatte einen Grashalm zwischen die Zähne geklemmt und sonnte sich grinsend das sommersprossige Gesicht. Als ich näher hinsah, erkannte ich, dass alle drei Waffen bei sich trugen. Während dem Mensch und dem Halbelf jeweils mehrere Messer im Gürtel steckten, hatte der Zwerg eine Axt auf dem Rücken. Meine Instinkte sagten mir, dass es sich bei diesen Gestalten nicht um gewöhnliche Händler handeln konnte. Alles an ihrem schmierigen Aussehen schrie das Wort "Schmuggler". Ich sammelte meine Gedanken und wägte alle Optionen ab. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand oder wie ich wieder nach Hause kommen sollte und obwohl ich nicht wusste, wie stark die drei tatsächlich waren, sollten sie für eine Barbarenprinzessin von den Mondscheininseln kein großes Problem darstellen. Es konnte nicht besonders schwer sein, wenigstens einen von ihnen zum Reden zu bringen, um hier wegzukommen.
Als sie noch etwa zehn Meter von mir entfernt waren, trat ich aus dem Gebüsch auf den Weg. Die Gruppe hielt verdutzt an und nach wenigen Augenblicken kam der pockennarbige Kerl langsam auf mich zu. "Seid gegrüßt!", sagte er und blickte zu mir hoch. "Dürfte ich fragen, was Ihr so ganz allein hier draußen tut?" Er musterte mich und seine Augen blieben einen kurzen Moment nervös am Zweihänder auf meinem Rücken hängen. "Ich suche den Weg in die nächste Stadt", erwiderte ich und senkte zum Gruß kurz den Kopf, "und hatte gehofft, ihr könntet mir dabei behilflich sein." Der Mensch schürzte abfällig die Lippen und grinste schließlich dreckig. "Ich denke wir müssen passen. Unsere", er machte eine kurze Pause, "Prinzipien verbieten es uns, irgendwelchen dahergelaufenen Fremden jegliche Informationen zuteil werden zu lassen. Stimmt's Jungs?" Er lachte dreckig und blickte die anderen beiden an, die in sein Lachen mit einstimmten. "Das ist aber schade", erwiderte ich mit gespieltem Bedauern und trat einen bedrohlichen Schritt näher. Der schmierige Kerl, sich seiner Sache nun weitaus weniger sicher, zog blitzschnell ein Messer. Das hatte ich kommen sehen und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, sodass seine Nase knirschend brach. Er heulte auf und ich nutze die allgemeine Verwirrung, um ihm die Hände auf den Rücken zu ziehen, sein Messer zu schnappen und es ihm an die Kehle zu halten. Der Zwerg hatte seine Hand bereits Griff seiner Axt und der Halbelf war im Begriff, eines seiner Messer zu werfen. Beide besannen sich, nach einem drohenden Blick meinerseits und einem verzweifelten Wimmern des Pockennarbigen, allerdings eines Besseren. "Was wollt Ihr von uns?!", blaffte der Zwerg und sah mich wütend, aber auch angespannt, an. "Wie gesagt", antwortete ich ruhig, "ich suche den Weg in die nächste Stadt. Und Ihr werdet mir zeigen, wo ich hin muss oder Euer Begleiter hier", ich drückte das Messer noch etwas weiter an die Kehle des Mannes, dem daraufhin ein ängstliches Quietschen entfuhr, "überlebt unsere kleine Begegnung nicht." Der Zwerg wechselte einen Blick mit dem Halbelf, der missmutig nickte. Schließlich grummelte er: "Nun gut, folgt uns. Wir sind sowieso auf dem Weg ins Schwarzviertel." Ich grinste zufrieden und entließ den Mensch aus meinem Griff. Dieser stürzte daraufhin schwer atmend zu seinen Freunden zurück und sah mich mit einem Die-hat-sie-doch-nicht-mehr-alle-Blick an.
Ich bedeutete den Herren vor zu gehen. Diese kleine Aktion war zwar ziemlich problemlos verlaufen, aber ich wollte dennoch nicht das Risiko eingehen, von hinten abgestochen zu werden. Also lief ich neben dem Karren her, wobei der junge Halbelf mich nicht aus den Augen ließ. "Da wir gerade sowieso dabei sind, wo bin ich hier eigentlich?", brach ich das Schweigen. Der Zwerg drehte sich verwirrt zu mir um. "Was meint Ihr mit "hier"?", fragte er. "Naja", ich machte eine ausholende Handbewegung, "wo bin ich? Welches Land ist das?" Der Zwerg schaute weiterhin verwundert drein. "Wie jetzt? Ihr wisst nicht in was für einem LAND Ihr seid? Das hier sind die Dracheninseln, was habt Ihr denn gedacht?" Ich nickte. Die Dracheninseln. Also war ich wenigstens am geplanten Ziel meiner Reise angekommen. "Ihr seid nicht von hier, nicht war?", fragte der Zwerg. "Blitzmerker", murmelte der Pockennarbige halblaut vor sich hin, "keine Ahnung wo die herkommt, aber hier schlägt man anderen Leuten nicht direkt den Schädel ein." "Kommt Ihr von den Mondscheininseln?", ließ sich der Halbelf vernehmen. Ich sah ihn skeptisch an. "Das hast du wie genau erraten?" Der Junge blinzelte ein paar mal. "Nun ja, also, ich, äh", druckste er herum, "Ich kenne einen Barbaren von den Mondscheininseln. Der trägt auch solche Armreifen." Er deutete auf meinen Arm, an dem besagte Armreifen hingen. Ich hob in einer Mischung aus Verwunderung und Anerkennung die Augenbrauen. Das Kerlchen hatte Grips. Und damit schien er in dieser Bande auch der einzige zu sein. Aber seine Anmerkung, dass er einen Barbaren aus meiner Heimat kannte freute mich am meisten. Das war wahrscheinlich der einfachste Weg, wieder nach Hause zu kommen, vorausgesetzt, ich konnte den Kerl finden. "Ach, ist das so?", meinte ich und lächelte den Halbelf an, der sich nicht ganz sicher schien, ob das tatsächlich ein gute Zeichen war. "Und du weißt nicht zufällig, wo ich besagten Barbar finde, oder?" Er holte gerade unsicher Luft, um mir zu antworten, als der Pockennarbige sich laut räuspernd und mit einem verärgerten Kopfschütteln zu uns umwandte. Ich bedachte ihn mit einem drohenden Blick. "Lasst den Jungen gefälligst sagen, was er zu sagen hat!" Der Mensch starrte mich einen Augenblick aufgebracht an, drehte sich dann aber doch zähneknirschend wieder nach vorne. Ich sah den Halbelf an und nickte ihm aufmunternd zu. Dieser setzte erneut zum Sprechen an. "Naja, also, ich hab mal einen Barbaren kennengelernt. Der meinte, dass er von den Mondscheininseln kommt. Lebt in Steinburg, im Schwarzviertel.", nach einer kurzen Pause fügte er noch etwas leiser hinzu, "Da wollen wir ja sowieso hin."
Mit dieser Antwort konnte ich definitiv etwas anfangen. Ich grinste und fragte: "Und, weißt du auch, wo genau er wohnt? In diesem, Schwarzviertel? Was soll das eigentlich sein? Schwarzviertel? Klingt eigenartig." Der Junge schien nun auch sicherer zu werden, dass ich ihn nicht direkt umlegen würde. Er grinste schief und meinte: "Ja, ich weiß wo er wohnt. Ich kann Euch den Weg zu seinem Haus beschreiben, wenn wir da sind." Er machte wieder eine kurze Pause, diesmal, um sich bequemer hin zu setzen. "Das Schwarzviertel ist eines der Viertel der Stadt Steinburg. Das ist eine riesige Stadt, hier in der Nähe. Steinburg hat noch mehrere andere Viertel, aber das Schwarzviertel ist das einzige, das unterirdisch gelegen ist. Komische Gegend. Und ziemlich düster. Aber was soll man von einer unterirdischen Stadt auch erwarten. Steinburg selbst ist eher eine Festung. Und es ist unmöglich, sie einzunehmen, weil man von den Mauern alles überblicken kann. Aber wir..." Ein erneutes Räuspern des Pockennarbigen ließ den Halbelf verstummen. Er blickte etwas schuldbewusst drein, als hätte er mir gerade einige sehr wichtige Informationen gegeben. Ich hakte nicht weiter nach. Er hatte mir genug gesagt, sodass ich mir ein ungefähres Bild meiner Lage und meiner Chance, nach Hause zu kommen, machen konnte.
Nach einer Weile bogen wir auf einen versteckten Pfad in den Wald ab und gelangten von dort aus irgendwann in einen Tunnel. Da dieser Weg sehr unbenutzt aussah, war das wahrscheinlich ein geheimer Eingang für Schmuggler und andere Verbrecher in die Stadt. Na super. Ich hatte eigentlich nicht vor, direkt nach meiner Ankunft Probleme zu verursachen. Das einzige, was ich im Moment wollte, war wieder nach Hause zu verschwinden. Ursprünglich wollte ich mit meiner Mannschaft dieses Land erkunden und Städte und Dörfer plündern, so wie es bei uns üblich war, aber das war nun wohl nicht mehr möglich. Der Zwerg drückte mir, da es im Tunnel immer dunkler wurde, eine Laterne in die Hand. Allerdings nicht ohne mir vorher einen warnenden Blick zu zu werfen. Was genau der bedeuten sollte, konnte ich nicht sagen, aber ich war froh, dass ich eine Laterne hatte, im Gegensatz zu dem jungen Halbelfen. Dieser schien allerdings auch hier in der Dunkelheit bestens sehen zu können.
Eine halbe Ewigkeit später erreichten wir endlich einen Ausgang. Wir gelangten in eine dunkle Stadt, die aber laut des Halbelfen noch nicht das Schwarzviertel war. Die kleine Gruppe führte mich durch schmale, dunkle Gassen. Sie schienen sich bestens hier unten auszukennen, was mein Glück war, da ich mich hier unten höchst wahrscheinlich verlaufen hätte. Das beeindruckendste an der Stadt, war ein gigantischer Lavastrom, den wir mehrmals sahen. Wir wanderten so lange durch die Gassen, dass ich beinahe befürchtete, die Schmugglerbande habe sich selbst verirrt, aber schließlich landeten wir wieder in Geheimgängen, die in den unterirdischen Teil der Stadt Steinburg führten. Das Schwarzviertel.
"So. Da sind wir.", grummelte der Zwerg in seinen Bart. "Ab hier müsst Ihr alleine klarkommen." Ich nickte. Ich war nicht besonders erpicht darauf, länger als nötig mit diesen zwielichtigen Gestalten umher zu wandern. Dem Zwerg schien es mit meiner Person ähnlich zu ergehen. Der Halbelf schnalzte mit der Zunge. "Naja. Das war's dann wohl. Ich sag Euch noch, wo Ihr hin müsst." Er erklärte mir den genauen Weg zum Haus des Barbaren und grinste. "Und falls Ihr Euch doch mal verlaufen solltet, versucht einfach, zurück zur Ringstraße zu finden. Das ist die Hauptstraße vom Schwarzviertel. Die einzige Straße, auf der Ihr wahrscheinlich wieder raus findet. Und nebenbei auch die einzige die beleuchtet ist. Also behaltet Ihr die Laterne am besten." Für diesen letzten Satz erntete der Junge böse Blicke und eine drohende Geste von den anderen beiden. Er zog den Kopf ein. "Was denn?! Wir haben doch genug." Leiser fügte er hinzu: "Und sonst kriegt ihr beide am Ende doch sowieso wahrscheinlich nur wieder einen auf die Schnauze." Er sah mich schief an und war sich wohl selbst nicht so ganz sicher, ob er für diesen Kommentar ebenfalls meine Faust zu schmecken bekam. Ich schmunzelte nur, nickte zum Abschied und verschwand auf dem mir beschriebenen Weg.
Sooooo. Da hätten wir das erste Kapitel der Geschichte. Yay! Ich muss dazu sagen, dass das hier tatsächlich nur die "Vorgeschichte" meines Charakters ist. Ich bin nämlich als Quereinsteiger in die Gruppe gekommen und brauchte deswegen einen plausiblen Grund, wie ich da hingekommen bin, wo die anderen waren. Ich habe mir diesen ersten Teil also jetzt gerade größtenteils selbst ausgedacht. Das Grundgerüst (also Sturm, Schiffbruch, Mannschaft weg, Schmuggler usw.") kommt zwar von meiner Leiterin, aber die Details, also die Umgebung und Personen und sowas hab ich selbst dazu erfunden, da das Kapitel ansonsten maximal 100 Wörter gehabt hätte. Und das ist dann doch etwas wenig. Vor allem, wenn man so gar nicht in der Geschichte drin ist. Es kann allerdings sein, dass ich dieses Kapitel im Laufe des Rollenspiels nochmal überarbeiten muss. Ich glaube zwar nicht, dass ich die Schmuggler jemals wiedersehen werde, aber im Moment sieht es so aus, als würden wir auf dem gleichen Weg wie ich rein gekommen bin, die Stadt wieder verlassen. Und ich würde dann wenigstens die größten Unstimmigkeiten ändern. Aber jetzt genug davon!
Wie hat euch das Kapitel gefallen? Und was haltet ihr allgemein von der Idee? Schreibt mir gerne Bewertungen und Kritik, ich freue mich über jeden Kommentar (solange es nicht beleidigend etc. wird xD).
Bis dann!
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