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Aus dem Duschkopf prasselt warmes Wasser auf mich ein und zieht nasse Bahnen über meinen Körper. Ich schrubbe mich von Kopf bis Fuß, als würde imaginärer Schmutz an mir kleben. Der Duft vom Pfirsichshampoo steigt mir in die Nase und erinnert mich an Mom. Ich nehme bereits seit Zwanzig Minuten das kleine Badezimmer in Anspruch und grüble über heute Abend nach. Warum bin ich so aufgeregt? Kino und Restaurant. Nichts Besonderes. Henry hat es nichtmal ein Date gennant, also ist es auch keines. Es ist eine Verabredung unter Freunden, als Zeichen seiner Dankbarkeit. Genau. In Zwei Stunden holt mich Henry vor der Tür ab. Zwei Stunden bleiben mir noch übrig, um mich verrückt zu machen.
„Ayleen, beeile dich. Wir wollen auch noch duschen und du hast Besuch bekommen. Er wartet in deinem Zimmer", murmelt Flora durch die massiver Badezimmertür hindurch. Er? Das kann doch garnicht sein.
„Wer wartet in meinem Zimmer?", frage ich panisch. Ich stelle den Wasserstrahl aus und greife nach einem Handtuch für meine Haare und ein Zweites für meinen Körper.
„Peter. Hast du jemand anderes erwartet?"
Ich atme erleichtert aus. Zum Glück ist Henry noch nicht da, aber was möchte Peter von mir? Am liebsten hätte ich meinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Er ist mein bester Freund und besucht mich, weil er wie gesagt mein Bester Freund ist. Im Handtuch umwickelt renne ich die Stufen hinauf und öffne meine Zimmertür.
Peter liegt mit angewinkelten Beinen auf meinem Bett, in der linken Hand hält er eine Cola Dose. „Hey Lee, schön dich zu sehen."
„Hi, was gibts?" Ich gehe zum Kleiderschrank und hole ein sommerliches, hellblaues Kleid aus der Schublade. Dieses Kleid habe ich zusammen mit Ella vor Drei Jahren gekauft, als das Erste Gehalt auf mein Konto gebucht wurde. Innerhalb Zwei Wochen war kein Cent mehr übrig und ich musste mir eine lange Predigt meiner Eltern anhören.
Das Kleid passt perfekt zum Anlass. Es ist nicht zu leger aber auch nicht zu freizeitlich. Henry will mir nicht verraten, in welches Restaurant wir nach dem Kino gehen. Er will es geheim halten und mich überraschen.
„Ich will mich einfach nach meiner besten Freundin erkundigen. Brauche ich einen Grund dich zu besuchen?"
„Nein, so meinte ich das nicht." Ich komme mir selber bescheuert vor. Peets Blick liegt auf meinem, im Handtuch eingewickelten, Körper und betrachtet mich anzüglich.
„Du bist zwar schwul, trotzdem will ich mich umziehen ohne dabei beobachtet zu werden. Also los, drehe dich um." Peet hebt geschlagen die Arme und dreht sich lachend mit dem Rücken von mir ab. „Gibt es was neues von dir und Matt?", frage ich, während ich in meine Unterwäsche schlüpfe. Auch wenn es sinnlos ist, achte ich peinlichst darauf, einen schönen, mit Spitze besetzten BH und Slip anzuziehen.
„Sozusagen. Ich war bei meinen Eltern."
Shit. Ich bin echt eine beschissene Freundin. Meine eigenen Probleme haben mich dermaßen eingenommen, dass ich vergessen habe, was Peet bevorstand. Sein Outing vor seinen Eltern. Ich bekomme sofort ein schlechtes Gewissen.
„Es tut mir so unendlich Leid. Ich hätte dir beistehen müssen.
„Du wusstest doch nichtmal, wann ich zu meinen Eltern fahre. Niemand wusste das."
Das ändert trotzdem nichts an den Tatsachen. Es ist immer besser, wenn man über seine Probleme mit anderen spricht.
„Warum hast du es niemandem erzählt?", frage ich.
Peter überlegt einige Sekunden. „Naja, ich wollte mir selber keinen Stress machen. Im Endeffekt haben meine Eltern das Outing super aufgenommen. Sie meinten sogar, etwas in dieser Richtung bereits geahnt zu haben, weil ich nach meiner Trennung Anzeichen gemacht habe. Frage mich nicht welche, Mom meinte sie genießt und schweigt."
Peets Mutter Karen kenne ich bloß flüchtig. Vor einigen Monaten war sie zusammen mit ihrem Ehemann zu besuch in Princeton. Sie haben mich und Ella auf eine Pizza eingeladen. Das Restaurant war schick und bestimmt nicht billig. Wenn man Perts Eltern persönlich kennengelernt hat, weiß man, dass sie die Homosexualität ihres Sohnes unterstützen und immer hinter ihm stehen werden.
„Das freut mich. Ich hätte auch nichts anderes von deinen Eltern erwartet."
Er hebt abweisend die Schultern und mustert mein Kleid. „Gehst du auf Ellas Party?"
Mein erster Reflex war zu lügen und ihm zuzustimmen, aber letztendlich finden sie eh heraus, dass ich nicht auf der Verbindungsparty war.
„Nein, ich gehe mit Henry ins Kino."
Peet setzt sich abrupt aufrecht hin und schaut mich entgeistert an.
„Wow. Habe ich etwas verpasst? Ich dachte du bist durch mit dem Deal."
„Bin ich auch." Warum kann ich nicht einfach laut aussprechen, was ich fühle? Denn meine Gefühle für diesen Jungen gehen weit über Freundschaft hinaus. Und das macht mir gewaltige Angst. Ich vermisse ihn, obwohl er in einer Stunde bei mir sein wird. Ist das nicht verrückt? Es schlägt mich ein bisschen nieder, nicht mit meiner Besten Freundin über meine Schwärmerei zu sprechen. Sie hat Vorurteile gegenüber Henry und ich möchte nicht mit anhören, wie sie schlecht über ihn herzieht. Bei Peet hingegen, bin ich mir sicher, auf moralische Unterstützung zu stoßen.
„Wir gehen zusammen aus. Es ist kein Date. Lediglich ein Art von ihm, mir zu danken."
„Lee, ich bin nicht blind. Im Literaturkurs könnt ihr nichtmal für zehn Sekunden die Augen voneinander lassen oder aufhören euch ausversehen zu berühren. Ich verstehe nur nicht, warum ihr nicht endlich klar Schiff macht."
„So leicht ist das nicht Peet." Mein Versuch ihn abzuwimmeln scheitert kläglich. Anstelle ist seine Neugier gewachsen.
„Was soll so schwer sein?"
„Es hört sich vielleicht dumm an, aber ich habe mir selber geschworen, mich nie wieder auf einen Mann einzulassen. Ich möchte mir die Schmerzen ersparen. Außerdem komme ich gut alleine klar."
Peter steht auf und stellt sich vor mich. Sein so typischer Duft, der mich an Strand erinnert, steigt mir in die Nase. „Nein Lee. Ich bin dein Bester Freund und möchte ehrlich sein. Jetzt magst du denken, ohne eine richtige Beziehung besser dran zu sein, aber glaube mir, das ist es nicht. Riskiere etwas, wenn es sich zum kämpfen lohnt und ich glaube, Henry ist es wert. Klar, du wurdest sehr verletzt und im stich gelassen aber lasse die Vangangenheit hinter dir und blicke nach vorne. Du wirst noch oft in deinem Leben auf deine vorlaute Schnauze fallen" Er zwinkert mir zu. „Aber darum geht es letztendlich doch. Hinfallen und stärker als zuvor wieder aufzustehen."
Er hat Recht. Mit meiner festen Umarmung ersticke ich Peet beinahe. „Danke. Du glaubst nicht, wie sehr ich diese Zuweisung gebraucht habe."
„Kein Ding. Wenn du reden möchtest, stehe ich dir Tag und Nacht zur Verfügung."
Es ist ein schönes Gefühl, wenn sich jemand um einen Sorgt. Seit längerem habe ich das Gefühl vermisst.
Jedoch bin Ich die Schuldige. Meine Mauer hat es niemandem überhaupt möglich gemacht, mir näher zu kommen. Es wird Zeit, die Mauern Stück für Stück fallen zu lassen, denn Peet hat recht. Ich habe mich lange genug in Selbstmitleid gesuhlt.
Peter löst sich sanft aus meinenArmen und schaut mich an.
„Das beste, was ich je getan habe war, nicht vor meiner Homosexualität davonzulaufen. Vor Monaten habe ich mir noch geschworen für immer alleine oder unglücklich mit einer Frau mein zukünftiges Leben zu verbringen, egal ob ich Liebe dabei empfinde. Es wäre der einfachere Weg gewesen aber auch der zerstörendere. Du solltest auch nicht immer den leichteren Weg gehen."
Sein Geständnis kommt völlig unerwartet aber trifft vollkommen das Ziel.
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