꧁20꧂
Den restlichen Abend verbrachten wir im Pitt's. Es war schön, die Zeit mit den beiden zu verbringen. Dan erzählte uns von seinen schlimmsten Dates, womit er uns alle zum Lachen brachte. Ich dachte schon alles gehört zu haben, doch die Geschichten, die uns Dan an diesem Abend erzählt hat, übertrafen meine gesamte Vorstellungskraft haushoch. Er ist ein guter Freund und ich bin froh zu wissen, dass Henry ihn an seiner Seite hat. All das Unbehagen und die Nervosität ist aus Henrys Körper verschwunden, als wären sie nie da gewesen.
Wenn ich diesen Henry, mit dem aus meiner Ersten Stunde im Literaturkurs vergleiche, kommen sie mir wie Zwei komplett verschiedene Menschen vor.
Ich habe Dan und Henry überredet, nächste Woche Freitag mit mir auf eine Party zu gehen. Dan war sofort dabei, doch Henry mussten wir Fünf Minuten lang mit überzeugenden Worten überreden. Letztendlich haben wir seine Meinung umgestimmt und er wird uns begleiten.
Am Sonntag fahren Henry und Ich zusammen zum Flughafen und fliegen nach Woodhill zu meinen Eltern. Den Kuss haben wir mit keinem Wort erwähnt. Entweder gibt es nichts zu besprechen oder Henry ist genauso verwirrt wie ich und versucht keine große Sache daraus zu machen. Aber es ist eine große Sache, zumindest für mich.
Den letzten Tag des Wochenendes verbringe ich damit, Mrs. Hilten einen Wochenbericht zu schreiben. Ich erwähne das Footballspiel, den Abend während der Party und bringe ein paar Treffen im Lomo mit ein. Die verrückte Idee von meiner Mutter, Henry mit nach Hause zu bringen, erwähne ich bloß mit einem kleinen Satz am Rande. Später am Abend würden Peter und Ella vorbeikommen, um einen Filmmarathon mit Eiscreme und Pizza zu veranstalten.
Sobald ich die E-Mail abgeschickt habe, springe ich unter die Dusche und verstecke anschließend meine dunklen Augenringe unter einer dünnen Schicht Make up. Ich schlüpfe in meine Jogginghose und in ein weißes kurzes Top mit leichter Spitze. Mein Blick schweift automatisch zu Henrys Hoodie, den er mir ausgeliehen hat. Vor Aufregung wegen der gestrigen Busfahrt, hat er ihn auf meinem Stuhl liegen gelassen. Ohne lange nachzudenken, greife ich nach dem kuscheligen Stoff und streife ihn über meinen Kopf. Ein angenehmer Geruch steigt mit in die Nase. Es ist eine Mischung aus Aftershave, Waschmittel und den für Henry typischen, nach Jasmin duftenden Geruch.
Eigentlich sollte ich gar nicht erst an seinem Pulli riechen, geschweige denn ihn tragen, aber ich fühle mich... besser.
Seit der Nacht von Freitag auf Samstag hat sich etwas zwischen uns verändert. Ich kann aber nicht sagen was es genau ist. Als er mir von den Schlafproblemen erzählt hat, drohte mein Herz zu zerspringen. Die Tatsache, dass Henry in dieser Nacht durchgeschlafen hat, macht mich immer noch sprachlos. Es war schön in den Armen eines anderen einzuschlafen. In seinen Armen.
Ich stehe starr in der Badezimmertür, bis mich das Vibrieren meines Handys in die Realität zurück holt. Ich laufe zum Bett und schnappe mir das Handy vom Beistelltisch.
Henry: Ich habe das Ticket gebucht. Im Nachhinein war es eine dumme Idee.
Ich: Noch kannst du hier in Princeton bleiben.
Henry: Ich meine nicht den Geburtstag. Es sind all die Menschen, nah aneinander in einem engen Flugzeug.
Ich: Kopf hoch. Wenn du einen vollen, nach Schweiß stinkenden Bus überstanden hast, überstehst du den Flug mit Links.
Henry: Das hoffe ich.
Ich: Also bleibt alles beim Alten, was Sonntag angeht?
Henry: Ja.
Ich: Super.
Ich: Mir ist aufgefallen, dass du kein Profilbild hast, Sunnyboy.
Henry: Und?
Ich: Nichts und. Es ist nicht ästhetisch.
Henry: Ästhetisch? So ein Schwachsinn :D
Ich: Das ist kein Schwachsinn. Los!
Henry: Du bist echt herrisch, weißt du das?
Ich: Ja!
Henry: Ich habe einfach kein Foto, das ich benutzen könnte.
Ich: Pff. Dann nehme ein Foto von Mr. Green.
Henry: Ich habe ihn echt lieb, aber es reicht, wenn ich ihn als Hintergrund habe.
Ich: Dann nimm einfach das letzte Bild aus deiner Galerie. Hauptsache dieses Graue Männchen neben deinem Namen verschwindet.
Henry: Sicher?
Ich: Sicher!
Eine Zeit lang passiert nichts. Ich dachte schon, dass Henry mich einfach ignoriert, doch dann ploppt ein Bild neben seinem Namen auf. Ein mir sehr bekanntes Bild. Ich hätte mir erschließen können, dass das letzte Bild in seiner Galerie, eines von unseren Selfies ist. Es ist eines der Fotos, auf denen wir eine Grimasse schneiden und uns gegenseitig anschauen. Sofort verläuft sich ein Lächeln in mein Gesicht.
Ich habe Henry mit Absicht das letzte Bild von uns nicht geschickt. Es war ein spontanes Bild. Er hat mich mit verträumten, liebevollen und intensiven Augen beobachtet. Es ist ein intimes Bild, auch wenn er mich einfach nur anguckt. Es soll nur für uns sein.
Ich: Hübsches Bild, Sunnyboy.
Henry: Mhh
Ich: Sehen wir uns am Dienstag im Lomo? Selbe zeit wie immer?
Henry: Machen wir. Bye.
Ich: Bye
Ich lege mein Handy beiseite und renne die Treppe meiner Studentenverbindung herunter. Im Wohnzimmer steht ein Drucker, für den jeder Geld gesparrt und beiseitegelegt hat. Meine restlichen Fotos der Fotowand habe ich auch selber ausgedruckt. Ich scrolle durch meine Galerie und entscheide mich Für Zwei Selfies von mir und Henry, die ich anschließend ausdrucke. Eines der beiden hänge ich an meine Wand und das andere, auf dem er mich so intim ansieht, lege ich in meinen Nachtschrank.
Gegen Neun Uhr klopft es an meiner Zimmertür. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es sich nur um Peter und Ella handeln kann. Sobald ich die Tür öffne, schließt mich Ella in den Arm und reicht mir einen Karamell Macchiato.
„Lee. Wie gehts dir?", fragt sie mich euphorisch und stürmt an mir vorbei zum Sofa. Peet klopft mir auf die Schulter und drückt einen Kuss auf meinen Scheitel.
„Bei mir ist alles bestens. Ich fliege am Sonntag nach Hause."
Peet geht auf meinen Minikühlschrank zu und holt 3 Becher Ben&Jerrys aus dem Gefrierfach. „Weswegen?"
„Mom wird am Sonntag Fünfzig und möchte den Anlass groß feiern." Ich setze mich zwischen die beiden auf die Couch und wir teilen uns eine kuschelige Decke.
Peet wendet sich mir zu und legt den Kopf schief. „Alleine Fliegen ist langweilig. Du musst dir also unbedingt meine neuen Tracks runterladen."
„Klar, mache nachher sofort aber ehrlich gesagt fliege ich garnicht alleine nach Woodhill." Jetzt werde ich von Links und Rechts angestarrt. Die Verwirrung steht ihnen regelrecht in das Gesicht geschrieben.
Ella findet zuerst ihre Sprache wieder. „Du tust was?"
„Ich fliege nicht alleine. Henry kommt mit."
Anstatt dass sich ihre Gesichter erhellen, scheinen sie noch verwirrter zu sein.
„Der Patient deiner Chefin?", fragt meine Beste Freundin. Die Bezeichnung gefällt mir nicht. Er ist mehr als nur ein Patient von Mrs. Hilten, doch das müssen sie nicht unbedingt erfahren. Schließlich geht es nur mich und Henry etwas an und wenn ich ihnen alle Details erzähle, werden sie über uns urteilen und Ella wird definitiv nicht locker lassen. Ella hat noch nie viel von Henry gehalten. Klar, sie ist meine Beste Freundin und ich liebe sie, aber wenn es um Jungs geht, sind wir komplett verschiedener Meinung. Wir gehen beide nichts Ernsteres ein, doch darüber hinaus sind wir total anders. Ihr geht es hauptsächlich um den Status, den sie durch das One-Night Stand ergattert und ist etwas oberflächlich. Mir ging es Hauptsächlich um den Spaß. Ging. Warum rede ich in der Vergangenheitsform? Egal, damit beschäftige ich mich nicht heute.
Ich kann auf solche Verhöre verzichten, also erzähle ich die Kurzfassung.
„Genau. Er ist echt nett." Eine Untertreibung. „Henry hat mich letzten Freitag von einem Kerl nach der Party abgeholt. Ich war komplett voll. Mom hat am nächsten Morgen per Skype angerufen und sie wurden sowas wie beste Freunde. Der Ausflug hilft außerdem bei unserem Projekt. Es werden viele Leute anwesend sein und wir Fliegen."
Ella guckt mich verwirrt und mit offenem Mund an. „Erstens: Am nächsten Morgen?! Zweitens: Ich dachte du solltest ihn auf dem Campus integrieren, nicht in deiner Familie."
„Er ist bei mir eingeschlafen. Das ist alles." Ihr Zweitens ignoriere ich absichtlich.
„Richte deiner Mutter die Besten Wünsche von mir aus", sagt Peet.
„Werde ich machen. Aber jetzt lass uns aufhören über meine Mom zu reden. Ich will jetzt einen Film schauen", versuche ich vom Thema abzulenken. Mit Erfolg.
„Auf welchen Film habt ihr Lust? Ich bin für Ein ganzes halbes Jahr." Ella hatte schon immer eine Vorliebe für Liebesfilme. Mit der Zeit hat sie mich immer mehr angesteckt. Schon bald guckte ich nicht nur Liebesfilme, sondern ich fand auch noch zu meiner großen Leidenschaft, dem Lesen.
Peet stöhnt genervt auf. „Wir haben erst letzte Woche den Film geschaut, den ihr wolltet. Heute bin ich dran."
Peter reißt mir die Fernbedienung aus der Hand und geht zum Genre Action und Abenteuer.
„Auf keinen Fall. Ich bin auch für Ein ganzes halbes Jahr."
„Nein. Ich hatte die letzten Tage echt Stress mit der Uni. Ihr könnt mir dann nicht auch noch das antun", rechtfertigt sich Peter und wedelt theatralisch mit seinen Händen herum.
Ella wirft mir einen verschwörerischen Blick zu und ich verstehe sofort. Peet ist auf den Fernseher konzentriert. Also kann er nicht ahnen, wie wir uns auf ihn stürzen und durchkitzeln.
Peet ist die kitzeligste Person, die ich kenne. Schon nach wenigen Sekunden gibt er nach und lässt uns das Programm bestimmen. Den restlichen Abend lachten und weinten wir, inmitten von Pizza und Ben&Jerrys. Diese Abende liebe ich. Wo ich einfach entspannen und ich selbst sein kann. Heute ist der Erste Tag, an dem ich mir etwas - jemand - weiteres neben mir wünsche. Henry.
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