Von Spatzen und Hirschen.
Float - The Neighbourhood
Masha
Die letzten zwei Wochen vergingen zäh wie Kaugummi.
Jeden Tag bei den gemeinsamen Essen habe ich mich Artems Nähe aufs Neue ausgesetzt. Allerdings spreche ich kaum bis gar nicht mit ihm.
Mittlerweile denke ich, es fällt ihm langsam auf, dass ich ihm aus dem Weg gehe.
Das ist, ein Glück, nicht wirklich schwer in dieser überdimensional großen Festung.
Die Nachmittagssonne steht bereits recht tief am Himmel als ich durch den immer noch eingeschneiten Garten spaziere.
Dieses großflächige Naturparadies macht den Anschein unendlicher Leichtigkeit, wären da nicht zwei Haken:
Ich konnte während meines Aufenthalts feststellen, dass das Gelände eingezäunt und kameraüberwacht ist.
Höchstwahrscheinlich mit einer direkten Schnittstelle in Artems Kommandozentrale, wie ich sein Büro mittlerweile liebevoll nenne.
Es kam mir die letzten Tage so vor, als hätte er seine Männer geradezu verdreifacht.
Überall patrouillieren sie hoch bewaffnet in ihren schwarzen Anzügen.
Vor dem Haus, im Garten, vor unserer Zimmertür, vor Artems Büro, vor dem Speisesaal:
Einfach überall.
Mein Handy habe ich immer noch nicht wieder.
Wie auch?
Ich spreche ja kaum mit seinem neuen Besitzer.
Zumindest haben wir in den letzten Wochen nicht noch einmal versucht, uns gegenseitig umzubringen.
Oder noch schlimmer: Uns noch einmal näher zu kommen.
Meine Nackenhaare stellen sich auf, als ich an unser letztes Gespräch am See denke. Ich habe mich ihm zu verwundbar gezeigt.
Das letzte Mal, als ich mir dachte, ich müsse einen besseren Menschen aus ihm machen, hat er mich geschlagen und betäubt.
Dazu darf ich es nicht noch einmal kommen lassen, soviel steht fest.
Wenn ich nicht gerade draußen bin, bleibe ich in der Bibliothek, die auf dem entgegengesetzten Flügel zu Artems Büro liegt.
Ich hätte gerne mehr Zeit mit Darija verbracht, doch meine kleine Schwester hat sich beunruhigend oft zurückgezogen.
Sie verbringt immer mehr Zeit mit Artur, der ihr allerdings gut zu tun scheint.
Ich habe die beiden vor einigen Tagen beim Schachspielen gesehen. Sie hatte sich vorher nie für das Spiel interessiert.
Es ist schön, dass sie eine neue Leidenschaft gefunden hat.
Gerade steuere ich in Gedanken versunken die Bank an, die auf der anderen Seite des zugefrorenen Sees liegt, auf der ich viel Zeit verbringe, da schallt leise die Stimme von Artems Neffen gedämpft durch die Luft.
Ich bleibe stehen und zögere. Dabei erkenne ich in der Ferne zwischen den Bäumen zwei Silhouetten.
Es ist eigentlich nicht meine Art, aber auch ich lehne mich an eine der großen Eichen am Wegesrand und kann es mir nicht verkneifen, kurz zu lauschen, hier gibt es immerhin sonst recht wenig zu tun und es würde mich schon interessiert, wie Artur es schafft, meine Schwester zu unterhalten.
"... wirst nicht alleine sein, solange ich hier bin, Spätzchen", säuselt Artur und ich merke, wie mir schlecht wird.
Spätzchen, echt jetzt?
"Mhm", murmelt Darija nur leise.
Das ist nicht gut.
"Nicht, pscht. Stoß nicht die letzten Menschen in deinem Leben weg, die noch für dich da sind", murmelt er.
Was soll das denn heißen?
Sie hat viele Menschen, die für sie da sind.
Ich würde sie niemals im Stich lassen. Nicht nach allem, was passiert ist.
"Tue ich doch gar nicht", murrt Darija zurück. Gut so. Nicht von diesem Artem-Sprössling unterkriegen lassen.
Vielleicht war ich doch ein wenig naiv zu glauben, er wäre anders.
"Na also, was sagen wir?", ich luge um den Baum, nur um zu sehen, wie dieser Junge, der mir immer ganz nett vorkam, seine Hand einnehmend um Darijas Nacken legt und ihr tief in die Augen blickt.
Daraufhin senkt sie ihren Kopf.
Meine kleine Schwester bereitet mir Sorgen. Sie war immer so quirlig und ungezähmt.
Sie war die, die am lautesten lachte und am bittersten weinte.
Eine pure Ladung Emotionen.
Sie war traumatisiert nach dem Angriff, das habe ich verstanden.
Doch nach und nach wird mir klar, weshalb sie sich mehr und mehr in ihr Schneckenhaus verkriecht.
So, wie Artur sie gerade bedrängt, würde ich mich auch nicht nach noch mehr Gesellschaft sehnen.
Es enttäuscht mich allerdings schon, dass sie mir nichts von ihnen erzählt hat.
Das ist gar nicht ihre Art.
"Die Familie ist alles. Wir bleiben loyal." Woher hat sie das denn? Er ist ja wohl kaum ihre Familie.
"Siehst du, Spätzchen. Und wer gehört jetzt zu deiner Familie?", ich erkenne, wie Darija stockt und zu ihm hoch sieht.
"Ihr", haucht sie so leise, dass ich es kaum hören kann. Oder ich frage mich ganz einfach, ob ich das richtig gehört habe.
"Und wieso?", hakt er nach.
Ja, Darija. Wieso?
"Weil ihr uns gerettet und aufgenommen habt, wie eure eigene Familie", fährt sie fort.
Denkt sie wirklich, wir wären ihnen irgendetwas schuldig?
Sie wäre ihnen irgendetwas schuldig?
Gut, das reicht mir jetzt.
Was Artem mit mir macht, ist eine Sache.
Aber das hier geht zu weit.
Ich hätte mir denken können, dass hier alle nicht mehr ganz sauber ticken, wenn sie den ganzen Tag untereinander eingesperrt sind wie Psychopathen in einem Irrenhaus ohne Beaufsichtigung.
Ich trete hinter dem Baum heraus und stiefle so laut wie ich kann, ohne, dass es zu gewollt aussieht, den Weg entlang auf diese verstörende Szene zu.
Mir entgeht nicht, wie sich Darija nervös räuspert.
"Und das ist die Stelle, an dem ich ihn gesehen habe. Ein riesiger Hirsch, du glaubst nicht, wie groß er war. Ich hatte wirklich gehofft, wir würden ihn noch einmal sehen. Na ja. Ist dir kalt? Wollen wir wieder rein?", spricht Artur diesmal deutlich lauter.
Ein Hirsch, wirklich? Eine bessere Ablenkung fällt dir nicht ein, kleiner Irrer?
Beide drehen sich um und unsere Blicke treffen sich.
Ich mustere Artur eindringlich. Dieser Mini-Psychopath lächelt mich an, als könne ihn kein Wässerchen trügen und Darijas leeren Augen starren ausdruckslos in meine Richtung.
"Oh, Masha, hi! Genießt du die Nachmittagssonne?", säuselt Artur.
Dieser kleine Hund.
Dieser Artem-Abklatsch in klein.
Denkt er, ich wäre taub und blind?
Aber ich lasse mir nichts anmerken.
Das regle ich auf meine Weise.
"Nein, ich bin auf der Suche nach Darija", entgegne ich streng und blicke zu meiner Schwester, die mich stirnrunzelnd ansieht.
"Wolltest du nicht lernen?", wir haben uns darauf geeinigt, dass sie weiterhin beschult wird. Artem hat in Windeseile einen Privatlehrer engagiert.
Er heißt Yuri, ist tätowiert, hat eine Narbe im Gesicht und spricht nicht viel, aber er hat ein Diplom in Mathematik und Englisch.
Besser als nichts.
Jedenfalls habe ich Darija auf frischer Tat ertappt und ihre erröteten Wangen verraten sie.
"Ich hab's vergessen", murmelt sie und blickt zu Artur.
Wieso tut sie das?
Sie braucht ja wohl kaum seine Erlabnis.
"Geh ruhig, ich komm gleich nach", entscheidet er für Darija und ich glaube, eine kleine, pochende Ader an meiner Schläfe platzt gleich vor Wut.
Ich balle die Hände in meinen Jackentaschen zu Fäusten und hebe eine Braue.
"Nein, sie geht mit mir. Wer weiß, womit sie ansonsten auf dem Weg so abgelenkt wird", erkläre ich und Artur scheint tatsächlich kurz etwas erwidern zu wollen, entschließt sich aber dagegen. Vielleicht ist er doch nicht so dumm.
Er nickt stumm und Darija reiht sich neben mir ein.
Als wir uns auf den Rückweg machen, kann ich es mir nicht verkneifen, meine Schwester immer wieder im Augenwinkel zu beobachten.
Diese Situation war so merkwürdig, dass ich nicht weiß, wie ich jetzt mit ihr darüber reden soll. Also schweige ich erst einmal.
Sie ist immer noch traumatisiert und hat in meiner Anwesenheit in den letzten Tagen kaum ein Wort rausbekommen.
Jetzt weiß ich auch wieso.
Dieses Wiesel kontrolliert sie auf irgendeine Art und wenn er nur halb so gut darin ist, wie sein Onkel, bin ich mehr als nur besorgt.
Sobald ich mir sicher bin, dass sie auf unser Zimmer geht, begleitet von einem der Männer, die Artem am Hauseingang abgestellt hat, steuere ich sofort auf den Ostflügel zu.
"Ist Artem da?", gehe ich seinen Schoßhund, Nika, im Vorbeigehen an, der mir entgegenkommt. Der etwas kleinere, aber durchaus muskulöse, bullige Mann hebt etwas verwirrt seine Augenbrauen und hebt seine Hände.
"Sicher, Frau Viktorova." Er nickt mir zu.
"Soll ich Sie Anmelden?", fragt er noch aber ich winke genervt ab.
"Nicht nötig", mit den Worten gehe ich an ihm vorbei.
Es geht ihn gar nichts an, was ich mit meinem zukünftigen Mann zu besprechen habe, wenn ich es muss.
"Frau Viktorova, das ist keine gute Idee, ich sollte Sie in jedem Fall anmelden." Nika kommt mir nach und stellt sich mir kurz vor der Treppe zu Artems Büro in den Weg. Ich sehe verwirrt zu ihm auf:
"Was soll das denn heißen? Lass mich durch." Er stellt sich mir erneut in den Weg und räuspert sich.
"Herr Sokolov ist momentan in Gesellschaft", informiert er mich. In Gesellschaft?
War ja klar, dass es keine zwei Wochen dauert, bis er sich eine andere sucht.
Ich schüttle meine Gedanken ab, die kurz vor meinem inneren Auge aufflackern.
Er, mit einer anderen Frau.
Was interessiert es mich?
Soll er doch.
Das interessiert mich überhaupt nicht.
Soll er doch gottverdammt noch einmal tun, was er will. Im Gegensatz zu seinem manipulativen Mini-Klon.
"Das ist mir egal", fauche ich also und schiebe mich wendig an Nika vorbei, um die Treppen, hoch in die Kommandozentrale zu nehmen. Außerdem traut er sich nicht, mich anzufassen.
Ich erklimme dabei zwei Stufen auf einmal und hämmere schlussendlich an die große, massive Holztür.
"Artem!", rufe ich dabei, doch es tut sich nichts.
Also klopfe ich noch einmal, diesmal ohne Unterbrechung dagegen.
Als sich immer noch nichts rührt, entscheide ich mich einfach, die Tür aufzureißen.
Zu meiner Verwunderung steht Artem alleine vor seinem Kamin.
Dabei ist sein Blick irgendwie unruhig auf mich gerichtet.
"Hol sie aus dem Wandschrank, das interessiert mich sowieso nicht", spucke ich ihm entgegen und knalle die Tür hinter mir zu, wahrscheinlich genau vor Nikas Nase.
"Was?", fragt er verwirrt.
Ich winke ab. Heute wollen mich wirklich alle Sokolov-Männer für dumm verkaufen.
Ich will gar nicht wissen, wie seine Brüder getickt haben, wenn sein Neffe schon mit achtzehn so krank ist.
"Ach, vergiss es." Ich durchquere den Raum. Artem kommt nun auf mich zu, sodass wir uns in der Mitte treffen.
"Masha, fühlst du dich nicht gut?" Seine Stimme klingt weiterhin verwirrt, gepaart mit einer Tonlage, die ich nicht deuten kann.
Als er seine Hand nach mir ausstreckt, fällt mir auf, dass einer seiner Hemdärmel hochgekrempelt ist.
Ich weiche zurück und mache eine abschlagende Geste.
"Lass mich, fass mich jetzt nicht an, nein. Ich fühle mich nicht gut, Artem. Hast du deinen Neffen auf meine Schwester angesetzt?", ich habe wirklich keine Lust, um den heißen Brei herum zu reden. Das hat in letzter Zeit auch nicht viel bewirkt.
"Was? Masha, beruhig dich bitte erstmal. Komm, setz dich." Er versucht mich mit einem ausgestreckten Arm gen Couch zu lotsen, aber auch aus dieser Geste winde ich mich, sodass ich mit dem Rücken gegen seinen Schreibtisch stehe.
"Verkauf mich nicht für dumm!"
"Masha, ich weiß wirklich nicht, wovon du sprichst", beteuert er ruhig und bleibt vor mir stehen, wobei er seufzend seine Hände in den Taschen seiner Anzughose versenkt.
Der Blick, den er mir dabei schenkt, pendelt zwischen Zweifel und Sorge.
Ich betrachte ihn genauer.
Alles an ihm wirkt absolut makellos, wie immer natürlich.
Nur sein rechter Hemdärmel ist hochgekrempelt und lässt den Anschein erwecken, als hätte er gerade irgendetwas getan.
Vielleicht an etwas gearbeitet.
Vielleicht an einer Frau.
Ich sehe mich noch einmal um.
"Nika meinte, du wärst in Gesellschaft. Ihr lügt mir hier alle etwas vor und ich soll dir glauben, dass du von nichts wüsstest?", ich runzle die Stirn.
"Stimmt, aber Camila ist gerade weg, Masha. Was ist mit Artur, hm?", erklärt er sich in besänftigender Tonlage und nickt mir auffordernd zu.
Camila, ah ja.
Seine Schwägerin.
Die, die Zakhar so schnell um den Finger gewickelt hat.
Tut sie das ach bei ihm?
Sie hat beim Essen nicht ein Wort mit ihm gewechselt.
An keinem einzelnen Tag. Die beiden scheinen sich nicht wirklich gern zu haben.
Aber wer weiß das schon?
Andererseits sollte ich von einer Frau, die es gerade einmal wenige Meter ohne Rollstuhl schafft zu laufen, nicht so denken.
"Ich habe gerade deinen kleinen, schmierigen Neffen mit Darija im Wald erwischt, wie er ihr Worte in den Mund gelegt hat. Er hat sie Spätzchen genannt, Artem. Er hat irgendetwas davon gequatscht, sie wäre jetzt seine Familie. Wenn er nicht die Finger von meiner Schwester lässt, dann schwöre ich dir, ist ganz schnell Ende mit diesem Frieden zwischen uns beiden. In welcher Phase der Pubertät dein Neffe gerade auch immer steckt, meine Schwester lässt er damit gefälligst in Frieden. Sie ist sechzehn!", ich rede mich völlig und Rage und Artem hebt beschwichtigend die Hände.
Dabei sehe ich genau, wie einer seiner Mundwinkel hoch zuckt.
Wieso lacht er ständig an den unpassendsten Momenten?
Was stimmt mit ihm nicht?
Das ist alles andere als witzig.
Aber was soll ich erwarten bei jemandem, der einen Neffen wie Artur ausbrütet?
"Masha, bitte. Beruhig dich. Ich kann wirklich viel für dich tun. Ich könnte dir sicherlich jetzt einen Auftragskiller nach Argentinien aus diesem Büro aus anheuern. Aber die Hormone von zwei Teenagern, die habe nicht einmal ich im Griff. Aber eins kann ich dir versichern: Von Artur geht keine Gefahr aus." Er kommt lauernd auf mich zu, als wolle er mich gleich packen und fesseln, damit ich nicht um mich schlage, also hebe ich eine Hand, damit zumindest etwas zwischen uns ist.
"Du wirst mit ihm sprechen. Du bist der Patriarch deiner Familie und hast mir versprochen, dass du auf Darija aufpasst. Du hast es versprochen. Vergiss das nicht. Oder muss ich mir merken, dass deine Worte nichts wert sind?", er legt den Kopf etwas zur Seite und nickt beinahe anerkennend.
"Ich spreche mit ihm. Ja?" Ich werde das Gefühl nicht los, dass er mich damit lediglich beschwichtigen will und mich von vorne bis hinten belügt.
Außerdem glaubt er mir nicht.
"Du wirst dafür sorgen, dass er sich von ihr fernhält, meinst du."
Ich verschränke die Arme.
Er denkt doch nicht wirklich, dass ich mich mit einem Gespräch zwischen den beiden zufrieden geben werde.
Er seufzt und gibt seine Annäherungsversuche auf, indem er einen Schritt zurücktritt.
Gut so.
Stattdessen geht er um mich herum und lässt sich in seinen Bürostuhl sinken. Ich drehe mich um und lehne mich mit der Hüfte an seinen Schreibtisch, während er sich tief in seinem Stuhl zurückgelehnt und mich mustert.
Ich hasse es, wie er dort sitzt.
Als würde ihm die ganze Welt gehören.
Als würden wir ihm gehören.
"Gut, ich werde sehen, was ich tun kann", meint er schließlich.
Er wird sehen, was er tun kann, äffe ich ihn in Gedanken nach.
Er kann doch sonst alles so gut.
Unzufriedener könnte ich mit der Antwort nicht sein.
Ich beiße meine Zähne aufeinander, aber sehe ein, dass ich so nicht weiter komme.
"Und wenn deine Worte nichts bringen?", hake ich weiter nach.
Er lächelt nur müde.
"Dann werde ich mit dir sprechen und wir überlegen weiter, Masha", schlägt er vor und zuckt locker mit den Schultern.
Das lässt mich etwas stutzen.
Wir überlegen dann weiter? Das glaubt er ja wohl selbst nicht.
Er sieht nicht nur so aus, als würde er dieses Gespräch gerade beinahe genießen, er klingt auch, als hätte er Spaß daran. Er findet das hier lustig.
"Weißt du, es ist schön, endlich mal wieder mit dir reden zu können", fährt er fort. Ein entsetztes Prusten und ein Kopfschütteln später fasse ich mich wieder und spucke ihm entgegen: "Ach, das findest du also schön, ja? Dein Neffe manipuliert meine Schwester. Kümmere dich darum, ansonsten überlege ich mir, nächstes Mal einen ganzen Monat nicht mehr mit dir zu reden."
Er verdreht die Augen und verschränkt seine Hände, die eher wirken wie Pranken, vor seinem Schoß.
"Was bekomme ich dafür, wenn ich mich darum kümmere, dass mein kleiner, unbeholfener Neffe deine Schwester nicht mehr anschmachtet?", fragt er grinsend.
Wie dreist ist dieser Mann eigentlich?
"Ich sagte dir gerade, was dir erspart bleibt. Außerdem hast du versprochen, auf Darija aufzupassen, vergiss das nicht. Denkst du, ich bilde mir das ein?" Ein lauerndes Grinsen bildet sich auf seinen Lippen ab.
"Wir wissen beide, dass du wie eine Furie zurück in meinen Büro kommst und mich anschreist, sollte ich nichts unternehmen, auch, wenn ich denke, dass du vielleicht ein bisschen übertreibst."
Verdammt, ich hasse ihn.
Er hat sich von diesem Wiesel wirklich hinters Licht führen lassen.
Vor unserer kleinen Begegnung heute, hatte ich auch nur Gutes von Artur gedacht. Na gut - vielleicht nicht nur Gutes, aber sicherlich nicht, dass er ein so ausgeklügelter Manipulator ist.
Nach einer langen Pause und einem unterdrückten Wutausbruch später antworte ich mit etwas gepresster Stimme:
"Was willst du, Artem?"
Auf diese Worte scheint er förmlich gewartet zu haben. Er lehnt sich vor und verschränkt nun seine Hände, seine Ellenbogen auf dem Schreibtisch gelehnt.
Die goldene Rolex an seinem Handgelenk funkelt im Schein des Monitors, dessen Bildschirmschoner angesprungen ist.
"Oh, Masha, ich will mehr, als du mir gerade geben könntest. Aber vorerst würde es mir reichen, wenn du den Ring tragen würdest, den ich dir gegeben habe."
Ich schlucke.
Das ist das Allerletzte, was ich will.
Diesen Ring wie sein Brandmal den ganzen Tag an mir sehen zu müssen, die Vorstellung, immer wieder an ihn zu denken, wenn ich meine Hand hebe, die Demütigung etwas zu tragen, was so klar das Sokolov Siegel trägt.
Ich spüre seine Kontrolle, die er so subtil immer weiter auf mich ausübt, wie unsichtbare Fesseln um meine Hände.
Und dieser Ring ist das sichtbare Symbol dafür.
Eine Handschelle, besetzt mit Diamanten.
"Du willst doch, dass ich das regle, oder nicht?", hakt er nun nach und ich stoße mich vom Tisch ab, wobei ich geschlagen die Arme hebe.
"Gut! Ich trage deinen Ring, aber regle das", resigniere ich frustriert.
Mit einer unschlagbaren Arroganz lehnt er sich wieder zurück und verschränkt seine Arme hinter dem Kopf: "Ich bin froh, dass wir uns so schnell einigen konnten, Masha. Kann ich noch etwas für dich tun?"
Ich pruste, schüttle den Kopf und murmle:
"Du hast genug getan." Dabei wende ich mich von ihm ab.
"Für dich alles, Prinzessin", säuselt er mir hinterher und ich schlage die massive Tür mit etwas mehr Wucht als beabsichtigt hinter mir zu, während mir klar wird, dass er mich mit jedem Gespräch tiefer in seine Fänge schließt.
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