Bete, du Hund.
Artem
15 Minuten zuvor
"Denkst du, ich knicke so schnell ein? Denkst du ernsthaft, ich würde dich nach einem Ultimatum bitten, würde ich nicht ahnen, was hier läuft?"
Masha wendet ihren Blick, den sie bisher trotzig auf das Fenster gerichtet hat nun in meine Richtung.
Ich hebe eine Braue, ziehe an meiner Zigarette und warte ab, was sie mir zu sagen hat.
Ihr leises Keuchen, als ich ihren zerbrechlichen, zarten Hals in meinen Händen hielt klang wie das, einer Nymphe.
Süchtig nach mehr.
Und ich bin mehr als bereit, ihr mehr zu geben.
Aber jetzt darf ich sie nicht vom Haken lassen.
"Du musst wirklich zu oft enttäuscht worden sein, wenn du denkst, weil du mich anfasst und das ein bisschen fester, als es andere Frauen gewohnt sind, würde ich mich dir klanglos und ohne weiter nachzufragen unterwerfen?", wirft sie mir entgegen und ich schlucke mir ein Schmunzeln runter.
Nein, das würde sie nicht.
Sie findet mich zu interessant.
Ist doch so, oder, Prinzesschen?
Wütend öffnet sie die Tür, zieht ihren Pelzmantel enger um ihren kleinen, schönen Körper und steigt dann aus.
Ich lasse sie.
Sie hat genug abgekriegt, fürs erste.
Gerade will ich die Zigarette im kristallenen Aschenbecher der Mittelkonsole ausdrücken und sie begleiten, da klingelt mein Handy.
Ich habe es im Nicht Stören Modus.
Nur wenige Nummern habe ich davon ausgeschlossen, unter anderem die von meiner rechten Hand.
"Nika, was gibts?", frage ich und beobachte in der Zeit, wie Masha auf der Hälfte des Weges anhält und auf mich wartet.
Gutes Mädchen.
"Kriegst du das Mädchen nach St. Petersburg?", fragt er und klingt hektisch.
Im Hintergrund höre ich Reifen quietschen.
Ach, verfickte Scheiße.
Kaum habe ich eine ruhige Minute und diesen kleinen, widerspenstigen Hasen etwas im Zaum, schon muss ich mich mit dem nächsten Dreck abärgern.
"Wieso?", frage ich gereizt.
Wut, diese unaufhörliche Wut die mich aufzufressen droht, steigt meine Adern hoch.
Ich ziehe noch einmal fest an dem Rest meiner beinahe abgebrannten Zigarette.
"Es gab einen Angriff auf das Apartment von Damjan", teilt er mir stumpf mit.
Meine Hand beginnt zu zittern, Glut bröckelt von der Zigarette und hinterlässt ein Zischen auf den schwarzen Ledersitzen des Autos.
Was war das?
Ich habe mich verhört.
Ich muss mich verhört haben.
Mein Bruder lebt dort.
Was ist mit meiner Schwägerin?
Welche verfluchten Bastarde haben das gewagt?
Jetzt gibt es Krieg.
Jetzt gibt es Tote.
Nein, ich werde sie foltern und dann auf dem Stadtplatz richten lassen. Ich werde diese Welt abfackeln, wenn Damjan...
"Artem, bist du noch da?", fragt er.
"Was ist mit Damjan?", er soll mir verdammt noch mal sagen, was mit ihm ist. Was ist mit meinem Bruder?
Meine Hand hat sich währenddessen in den Ledersitz gebohrt, sodass er unter mir knarzt.
"Scheiße, Nika was ist mit Damjan?!", schreie ich.
"Komm erstmal zum Flughafen." Angstschweiß bildet sich auf meiner Stirn. Ich muss zu ihm. Ich muss sofort zu Damjan.
"Lebt er?", höre ich mich hauchen, als wäre es nicht ich, der spricht.
Er sagt nichts.
Wieso sagt er nichts?
Wieso sagt mein bester Freund verdammt noch mal nichts, was mich beruhigt?!
"Artem, du musst jetzt zum Flughafen kommen", höre ich ihn wie durch Watte sagen.
Mein Blick schweift zu Masha.
Scheiße.
"Was ist mit ihrer Schwester?", erkundige ich mich noch.
Wenn ihr etwas zustößt, kann ich Masha vergessen.
Das Mädchen ist ohnehin schon aufgewühlt genug, wirkt instabil und unsicher wie ein Hund der etwas zu oft geschlagen wurde. Unausgeglichen, manchmal unvorhersehbar.
"Sie ist bei mir", erklärt er.
Wenigstens etwas.
Du musst jetzt bei klarem Verstand bleiben, Artem.
"Ich bin gleich da", informiere ich ihn rasch.
Nika legt auf.
Ohrenbetäubende Stille flutet das Auto.
Dann reiße ich die Tür auf.
Ich muss Masha hier wegschaffen, ich muss zum Flughafen, ich muss zu Damjan.
20 Minuten später
Nein, ich hatte gerade keinen Nerv auf Mashas Sperenzchen.
Ja, ich habe immer einige praktische Utensilien in allen meinen Autos.
Nein, ich habe sie nicht getötet, sie schläft noch höchstens eine viertel Stunde und bis dahin sollte sie dringend in meinem Jet sitzen.
Alle in meinem Umfeld sind jetzt in Gefahr und ich darf sie nicht verlieren. Meine Ressourcen scheinen immer weiter abzunehmen.
Ab jetzt macht diese Frau keinen Schritt mehr alleine.
Als wir am Flughafen halten, hebe ich sie aus dem Wagen.
Nika kommt mir bereits entgegen.
Er sieht aufgewühlt aus.
Seine schwarzen Haare sind wirr, seine Augen müde, an seinem weißen Hemd klebt etwas Blut.
Mashas Körper schmiegt sich an meinen.
Kurz blicke ich zu ihr runter.
Sie wirkt so schön.
Blass wie Schneewittchen und friedlich wie Dornröschen.
"Blyat, hast du sie umgebracht?", schreit Nika aufgelöst.
Ich schüttle den Kopf.
Tz, tz, tz.
Traut er mir das wirklich zu?
Ich muss wirklich der größte Bastard des Landes sein.
"Nein, Nika. Ich habe sie ruhiggestellt", erkläre ich augenverdrehend und mit den Worten drücke ich ihm die schlafende Masha in seine Arme, versuche mich schnell von ihrer angenehmen Wärme zu lösen.
Ich muss mich jetzt fokussieren.
Mein Jet, der im Hintergrund auf der Landebahn steht, ist bereits startbereit.
Mittlerweile ist es spät geworden und die paar Schneeflocken haben sich in einen ausgewachsenen Schneesturm entwickelt.
Als wir das Flugzeug betreten, höre ich einen ohrenbetäubenden Schrei: "Masha, oh mein Gott du Wichser, was hast du mit ihr gemacht?", schreit Mashas kleine Schwester, die auf mich zugestürmt kommt.
Auch ihr Haar ist zerzaust, wild durcheinander, verfilzt.
Sie hat eine dicke Decke um ihre Schultern gezogen und blinzelt mich unter Tränen an.
"Psht", murmle ich und lege eine Hand auf ihren Rücken doch sie zuckt zurück.
Ich kann es ihr nicht verübeln, ich bin einfach kein guter Mensch.
Ich bin ein Monster, da hat sie Recht.
Doch ich bin rational und das brauchen die beiden jetzt.
"Ganz ruhig, sie schläft nur, Darija. Setz dich, Nika, leg sie zu ihrer Schwester", weise ich beide an.
Nika macht aus schierer Gewohnheit, was ich sage, aber die schluchzende, kleine Darija nickt nur widerwillig, gehorcht aber.
Ein bisschen Anleitung in dieser Stresssituation für das arme Kind.
Manchmal hätte ich mir sowas auch gewünscht, als ich in ihrem Alter war.
Ich beobachte, wie Nika Masha auf Darijas Schoß bettet und ihr ebenfalls eine Decke holt, als der Jet langsam startet.
Ich setze mich etwas weiter entfernt, um Masha nicht zu wecken, in eine der Lounges.
Mir gegenüber nimmt Nika platz, der schwer seufzt und seinen Kopf in den Nacken legt. Ich kann mir vorstellen, dass das alles nicht leicht war.
Aber trotzdem würde ich gerne einmal wissen, weshalb er mich nicht früher angerufen hat.
Was war das für ein Anschlag?
Eine Stewardess bringt uns beide einen Whiskey und es vergeht ein weiterer Moment, bis ich ihn frage:
"Wie geht es ihm?", Nikas Blick verdunkelt sich. Das bedeutet nichts Gutes und er weiß, dass er nun aufpassen muss, was er sagt. Ansonsten zerlege ich diesen ganzen verfickten Blechkasten.
"Er wurde mit dem Helikopter abgeholt und direkt in unser Krankenhaus nach St. Petersburg gebracht." Er zögert.
"Wie schlimm ist es?", knurre ich, ohne ihn anzusehen.
"Er hat viel Blut verloren", ich schlucke. Was soll das heißen, er hat viel Blut verloren?
Ich ziehe mein Handy.
"Artem, der Arzt ist jetzt im OP." Wieso weiß dieser Kerl immer, was in mir vorgeht?
Ich sperre es wieder und blicke hoch.
"Wie ist es passiert?", versuche ich mich abzulenken.
"Ich weiß es nicht, ich war nicht dort. Camila hat mich angerufen." Meine Schwägerin, diese kleine Nutte.
Ich hasse sie.
Steckt sie dahinter?
"Lebt sie?"
Nika nickt.
Na ja, egal.
"Alle waren im Gebäude, bis auf dir, Masha und noch jemand." Ich hebe eine Braue und weiß es, bevor Nika es aussprechen muss.
Ich werde diesen kleinen Hurensohn töten.
Wenn ich dich in die Hände bekomme, Zakhar Romanov, dann bete zu Gott, dass ich gute Laune habe. Ansonsten wirst du leiden.
Den Rest deine erbärmlichen Lebens.
Leiden, bis du mich anflehen wirst, es zu Ende zu bringen.
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