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Scarlett
Mehrere Minuten braucht es, damit das Gesagte an mein Ohr gelingt.
Aber Jahre wird es dauern, um es zu verdauen.
Wie kann das sein?
Ich habe die vielen Babyfotos aus dem Krankenhaus gesehen.
Meine glückliche Mutter und meinen glücklichen Vater.
Nichts ließ mich jemals vermuten, dass ein dunkles Geheimnis dahintersteckt.
"Das kann nicht sein", flüstere ich.
Mein jegliches Zeitgefühl löst sich in Luft auf.
Natürlich habe ich viel erlebt, mich hat viel geschockt, aber noch nie ein so derartig böses Geheimnis.
Ava nickt und beginnt erneut zu weinen. Dicke Tränen nässen ihre zierlichen Wangen ohne die so vertrauten Sommersprossen von meinem Vater und mir.
Doch mir will keine einzige Träne entwischen.
Meine Augen sind trocken. Mehr oder weniger habe ich sogar das Gefühl, dass es mein Herz ist, das so bitterlich weint.
Weitere Momente verfliegen, während ich fassungslos auf dem Bett meiner Schwester sitze -so gut ich das noch behaupten kann-, alles hinterfrage, was man mir bis jetzt erzählt hat.
Ava unterdessen kämpft immer wieder mit heftigen Schluchzanfällen, doch in meiner Starre ist es mir nicht möglich, ihr zu helfen.
Als ich mich einigermaßen meiner Stimme und meinem Bewusstsein mächtig fühle, befreie ich mich aus der klammernden, Halt suchenden Umarmung von Ava und sage mit zittriger Stimme:
"Erklär es mir."
Schnell wischt sich diese die Tränen von den Augen, sieht dann in meine.
Schmerz, Trauer und Frust übertragen sich bei einem so intensiven Blick, dass ich am liebsten zurückschrecken würde.
Noch gibt es etwas, was uns verbindet. Vielleicht sogar mehr?
Was ist mit meiner oder vielleicht sogar noch unserer Mutter?
Schnell beschließe ich, den Gedanken abzuhaken und hinter mir zu lassen.
Was uns beide verbindet, ist jahrelanges Miteinander und Zuneigung, die so tief in unsere Herzen geschrieben steht, dass sie nichts auf der Welt trennen kann.
"Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll." Tief seufzend holt sie Luft, setzt sich an den äußersten Rand der Bettkante.
Dann verschränkt sie die zittrigen, kleinen Hände miteinander und nach einem aufmunternden -wenn auch weniger positivem- Lächeln von meiner Seite fährt sie fort.
"Ich entstand damals aus einer längeren Affäre zwischen unserer Mutter und... deinem Onkel."
Tränen sammeln sich erneut in ihren Augen und kullern über ihre Wangen, während sie beschämt und frustriert den Kopf senkt.
"Wäre ich nicht entstanden, wäre die Affäre nie aufgeflogen und dein Dad hätte uns nie verlassen. Jetzt ist mein wahrer Zeuger hier und so wie es aussieht, will Mom mich wirklich noch mehr quälen, in dem sie mit ihm ihr Leben verbringt."
Das ist der Moment, in dem ich alles verstehe.
Aber auch der Moment, in dem mein Herz erneut in tausend Stücke zerbricht.
Gestern noch mit Brandon zusammengekommen und herumgealbert, sitze ich heute weinend auf dem Bett meiner Halbschwester und komme mit meiner Lebensgeschichte denen aus den vielen Filmen überraschend nah.
Vom Onkel betrogen.
Von der Mutter belogen.
Vom Vater verlassen.
Von der Fassung schon längst verlassen.
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Dieser Reim war völlig ungeplant😂
Im Ernst.
Heute nur ein sehr kurzes Kapitel, da ich natürlich auch nicht alles in einem Kapitel ausplaudern will;-)
So an alle, die bei meiner letzten Umfrage noch mit ja antworten konnten: Wer hat das wohl vermutet?🙋🏼♀️
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