Spielt beim Springen in Lake Placid

PoV Andi:
Immer und immer wieder ließ ich mir Halvors Worte durch den Kopf gehen. Sie bedeuteten mir so viel und von ihm gleich nochmal mehr. Aber hätte er das zu jedem gesagt? Oder liegt ihm vielleicht doch was an mir?

„Andi, ich hör dich denken. Was ist denn los? Worüber grübelst du? Es war doch alles perfekt oder nicht?", holte Stephan mich aus meinen Gedanken. „Ja schon, es liegt auch nicht am Sport, also nicht hauptsächlich." Ich hab es noch nicht mal geschafft ihm zu erzählen, dass ich schwul bin, wie soll ich ihm dann erzählen, warum ich mir über Halvors Worte den Kopf zerbreche? „Woran dann? Soll ich dir alles aus der Nase ziehen? Oder glaubst du, grübeln bringt dich weiter als mit mir zu reden?" Stephan ließ einfach nicht locker, aber das tut er ja bekanntermaßen nie. Ich musste gut überlegen, wie ich ihm das jetzt möglichst schonend beibringen konnte.

„Stephan, ich erzähl dir das jetzt, weil ich dir vertraue. Bitte enttäusch mich nicht und noch viel wichtiger, bitte verurteil mich nicht und bitte lass mich ausreden. Du weißt so viel über mich, aber ich hatte meine Gründe, dir das bis jetzt nicht zu erzählen. Versteh mich nicht falsch, ich vertraue dir wirklich, sonst würde ich es dir jetzt immer noch nicht erzählen, aber es ist schwer, verdammt schwer. Ich weiß mittlerweile, dass an mir nichts falsch ist, nur anders. Ich dachte immer, Beziehungen sind einfach nicht so mein Ding, aber dann hatte ich meine erste Beziehung und hab gemerkt, dass das Problem nicht die Beziehung ist, sondern dass ich ganz einfach nichts mit Frauen anfangen kann. Also schon, aber halt als Kumpel und mehr nicht. Stephan, ich steh auf Männer und vor allem einer geht mir nicht mehr aus dem Kopf und bringt mich in letzter Zeit verdammt oft zum Grübeln." Ich sah, dass es in seinem Kopf ratterte und vermutlich war es für ihn gerade auch nicht einfacher als für mich. „Andi, wow, das ist wirklich ein riesengroßes Vertrauen, das du mir da entgegenbringst. Danke, dass du's mir erzählt hast. Ich will jetzt nicht sagen, dass es mich nicht überrascht, aber ich hab schon auch mal drüber nachgedacht, warum du nie von einer Frau in deinem Leben oder zumindest mal von einem Date erzählst. Ich kann dir garantieren, du hast meine vollste Unterstützung und wenn du reden willst, jederzeit. Ich bin für dich da." Ich hätte nie gedacht, dass Stephan es so gut aufnimmt.

„Darf ich fragen, wer dich so viel zum Grübeln bringt?", unsicher fragend schaute Stephan mich an. War ich bereit, ihm noch mehr von mir zu erzählen? „Du musst es mir wirklich nicht erzählen", deutete er mein Schweigen richtig. „Vielleicht hilft es mir ja, wenn ich endlich drüber reden kann. Es ist jemand aus dem Springerzirkus, was es natürlich nicht einfacher macht...", startete ich meinen Erklärungsversuch. „Oh, ich glaub, dann kann ich mir nach heute denken, wer es ist. Halvor oder?" Überrascht nickend schaute ich Stephan an. War ich so offensichtlich? Hoffentlich hatte er einfach nur eins und eins zusammengezählt nach Halvors Post. „Das klingt jetzt vielleicht dämlich, aber er ist mir erst so richtig aufgefallen, bzw nicht seine Existenz, sondern halt er als Typ, ne, irgendwie macht's das jetzt auch nicht besser. Egal. Auf jeden Fall ist er mir erst so richtig aufgefallen wie ich nicht mehr so viel hier dabei war, also Kreuzbandriss und so. Es geht also schon ein bisschen." „Ich glaube, ich weiß auch so, was du meinst. Irgendwie macht es doch auch Sinn, weil du halt dann viel mehr Zeit hattest, dich auf andere Springer zu konzentrieren, weil du nicht selber springen musstest." Kurz überlegte Stephan bevor er weiterredete: „Willst du's ihm sagen? Irgendwann?" „Wenn ich wenigstens wüsste, ob ich auch nur den Hauch einer Chance hätte, dann schon. Aber ich weiß ja nicht mal, ob er auch schwul ist." Und es ist auch verdammt schwierig sowas herauszufinden...

„Du Stephan, ich glaub, ich muss mal an die frische Luft und das hier alles verarbeiten. Hätte mir heute jemand gesagt, dass ich bei dir geoutet bin und du von Halvor weißt, ich glaub, ich hätte der Person 'nen Vogel gezeigt." „Ja klar, kann ich mir vorstellen. Verlauf dich nicht." „Richtig witzig Stephan, das ist ein einziges Mal passiert. Warum müsst ihr mich immer damit aufziehen?" Lustig war's im Nachhinein allerdings schon, als ich verzweifelt bei Karl angerufen hatte, weil ich einfach nicht mehr wusste, welchen Weg ich zurück zum Hotel nehmen muss.

Und wie der Zufall es so will, musste auch Halvor zur gleichen Zeit dringend alleine an die frische Luft...

Hier ist Teil 2 meiner kleinen OS-Reihe zu Andi und Halvor in Lake Placid, ich hoffe, euch gefällt's☺️

Eure Franzi_Fangirl <3