He tried to change me
He tried to change me
Said I'm embarrassing my country
How could I do this to my family
Do I wanna grow up being lonely
He'd say
"We've worked for our money, we put you in school
Is this how you repay us? Do you think this is cool?
My son, stop kissing boys in the street
My son, stop kissing boys in the street"
- Greg Holden, Boys in the Street
Meine College-Zeit war eigentlich ziemlich cool. Ich ging richtig in der Arbeit auf, fand auch eine Menge neuer Freunde. Und einen tollen Freund. Nic war wirklich toll, auch wenn es leider nur ein Jahr hielt. Waren die Semester noch so herrlich, so waren die Urlaubswochen schrecklich. Ich versuchte möglichst viele Jobs und Praktika zu bekommen, sodass ich kaum zu Hause war. Doch wenn ich zu Hause war, war es einfach nur Schrecklich. Entweder erhielt ich Stille, eine Predigt darüber was für eine Enttäuschung ich war oder eine Tracht Prügel. Wenigstens Letzteres setzte aus, sobald Micha zu Hause war. So wie in meinen ersten Weihnachtsferien.
Ich hatte mich beinahe ein wenig gefreut nach Hause zu kommen, denn ich würde meinen Bruder endlich wiedersehen. Er hatte seine Ausbildung an der Akademie abgeschlossen und würde nach Weihnachten die Marine-Rekrutenschule besuchen. Wir hatten uns seit acht Monaten nicht mehr gesehen, und dennoch hatte er mir immer geschrieben oder ab und zu angerufen. Ich stieg gerade aus dem Bus aus als ich den grünen Wagen entdeckte, Micha war da. Und er stand sogar noch beim Auto. Es war so schön ihn wieder zu sehen, wir fielen uns direkt in die Augen. «Na Kleiner, wie geht's dir?», fragte er als wir uns wieder voneinander gelöst hatten und ich musste lächeln. «Du weisst schon, dass ich inzwischen grösser bin als du oder?», fragte ich und Micha nahm mir meinen Koffer ab. «Dafür bin ich Doppelt so breit wie du. Und jetzt lass uns reingehen, Mam hat Truthahn gekocht», meinte er dann doch ich hielt ihn zurück bevor wir die Tür erreichten. «Ist Dad da?», fragte ich mit etwas ungutem Gefühl und bereitete mich schon innerlich auf die Standpauke vor. «Ja ist er. Keine Sorge das wird schon. Er schien vorhin ziemlich gut gelaunt», war seine Antwort und ich schloss meine Augen. «Das liegt wohl daran, dass du zu Hause bist», murmelte ich und folgte ihm rein. Tatsächlich schien die Tatsache, dass Micha zu Hause war ihn unglaublich aufzuheitern. Es gab keine miese Bemerkung gegen mich, kein Geschreie, keine Schläge. Ich war einfach nur Luft für ihn. Aber Luft war so viel besser als alles andere.
Leider reiste Micha schon eine Woche bevor meine Schule wieder losging ab. Ich begleitete ihn noch zum Auto raus. «Du schaffst das, ich weiss, dass du das kannst. Und laut Mam bist du echt gut. Die Unis werden sich um dich reisen», das waren seine Abschiedsworte. Und es waren die Worte an die ich dachte, als ich wieder ins Haus kam und sofort die Stimme meines Vaters vernahm: «Ach der Versager ist wieder da. Elijah komm sofort ins Wohnzimmer!» Ich trat in das Zimmer, meine Finger waren in meinem Pulli vergraben. Und dann begann die Schimpftriade von vorne. «Deine Mutter sagt, dass du ein A- hattest. Wieso kein A+? Sogar im College versagst du! Du bist so eine Enttäuschung, wir arbeiten Tag und Nacht um deine Schule zu bezahlen und so revanchierst du dich?!», kam es mir entgegen und ich murmelte: «Ihr bezahlt gar nichts.» - «Was hast du da gesagt?!», schellte es sofort und er kam mir näher. Er war inzwischen kleiner als ich aber das machte ihn nicht weniger furchteinflössend. «Ich habe ein Stipendium, ihr bezahlt nichts», wiederholte ich und kurz darauf knallte mein Kopf auf die Seite, weil mein Vater mir eine Ohrfeige verpasst hatte. «Du wagst es auch noch frech zu werden?! Du bist eine solche Enttäuschung! Leute wie du verpesten unser Land. Du bist eine Schande! Und du trägst auch noch unseren Familiennahmen! Niemand wie du hat es verdient überhaupt noch einen Namen zu tragen. Du hast Schande über uns gebracht. Über deine Mutter, über mich, über deinen Bruder. Du bist schuld daran, wenn sie ihn in der Akademie hochnehmen. Du Schwuchtel!» Ich hatte mich inzwischen auf die Couch niedergelassen und liess es einfach über mich ergehen. Ich wollte einfach nur noch weg hier. So kam es, dass ich mich die Woche darauf, kaum kam ich von der Arbeit nach Hause, in meinem Zimmer einschloss und für das kommende Semester lernte. Ich wollte unbedingt ein Stipendium bekommen. Ich wollte weg von hier. Einfach nur weg. Doch das konnte ich nicht. Es galt noch 5 Tage auszuhalten.
Es war viel schlimmer als ich erwartet hatte. Viel, viel schlimmer. Egal wie sehr meine Mutter auf meinen Vater einredete, er hörte nicht damit auf. Entweder ich war Luft oder ich war eine Schande. Oder ich war sein persönlicher Boxsack um seine Wut raus zu lassen. Ich hatte es in Mam's Augen gesehen. Sie hatte manchmal richtig Angst vor ihm. Doch das Schlimmste war, dass ich es ab einem gewissen Punkt nicht mehr schaffte seine Worte auszusperren. Sie trafen mich. Vor allem das was er darüber sagte, dass ich Schande über meinen Bruder brachte und dass ich seine Chancen befördert zu werden schmälerte. Ich wollte doch niemals meinen Bruder verletzen. Doch das schien ich zu tun. Es war der Freitag bevor ich fahren würde als ich ein Gespräch von meinen Eltern belauschte. Anscheinend war mein Bruder in eine Rauferei verwickelt gewesen, weil jemand seinen Bruder, sprich mich, beleidigt hatte, und war dafür sanktioniert worden. Da war es, der Beweis. Ich zerstörte nur Leben. Das Ganze machte mich richtig fertig, ich konnte die Nacht nicht schlafen. Und auch die Nächste nicht. Es half nicht, dass mein Vater schon wieder über mich herzog als ich mich auf den Weg zurück machte. Mehrere Stunden Flug, mehrere Stunden Zeit um darüber nachzudenken. Schliesslich sass ich in meinem Zimmer und wusste einfach nicht mehr was ich tun sollte. Es schien einfach keinen Weg mehr zu geben. Ich wollte doch nur meinen Vater stolz machen. Ich wollte doch einfach in Ruhe gelassen werden. Ruhe... «Oh sweet innocent death, so silent and so sound», wer hatte das schon wieder gesagt? Es fiel mir nicht ein. Aber es ergab so viel Sinn in diesem Moment. So viel, dass ich mir einfach die nächste Schere schnappte und in den Bauch rammte.
Ich hätte diesen Abend wohl nicht überlebt, wenn meine beste Freundin nicht ins Zimmer gekommen wäre um mich wieder willkommen zu heissen. Sie rief einen Krankenwagen. Und rettete mir somit das Leben.
Ich wurde mir erst im Nachhinein bewusst, dass das was ich da getan hatte grössere Auswirkungen hatte als ich dachte. Es hatte vor allem Auswirkungen auf meine Familie. Meine Mutter hatte einen Nervenzusammenbruch. Und mein Vater hasste mich daran nur noch mehr. «Sich selbst umzubringen ist so was von feige», dass waren seine einzigen Worte zu diesem Abend. Aber mein Bruder hingegen war echt betroffen. Er verbrachte drei Tage und zwei Nächte bei mir im Krankenhaus und redete viel mit mir. Er gab mir wieder Kraft, baute mich wieder auf. Als ich das Krankenhaus endlich verlassen konnte, fühlte ich mich beinahe wie neu geboren. Dank Micha konnte ich endlich einfach alles was mein Vater sagte aussperren. Jedenfalls die meiste Zeit. Manchmal, in den Nächten holte es mich alles ein und ich lag nächtelang wach. Dennoch, dank meinem tollen Bruder und meinen hervorragenden Freunden, schaffte ich es immer wieder weiter zu machen. So erreichte ich es sogar ein Stipendium für die NYU zu bekommen. Und dort habe ich letzten Sommer angefangen englische Literatur und Geschichte zu studieren.
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