21 | adhara
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a d h a r a
april 2030
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„Ich werde dich immer lieben. Sollte ich irgendwann nicht mehr hier sein, dann musst du nur zu den Sternen schauen, um meine Liebe spüren zu können."
Noah stocherte in seinen Frühstücksflocken herum, als wären sie eine grausame Matheaufgabe. Seine Stirn war in Falten gelegt, eine ein wenig größer als die andere, während er mit leerem Blick in die Schüssel starrte.
„Du magst Schokopops doch", meinte Charlotte aufmunternd.
„Mag ich ja auch", murmelte der Lockenkopf. „Eigentlich schon."
„Aber?", fragte seine Mutter besorgt, wobei sie eigentlich bereits wusste, worum es wirklich ging.
In dieser Hinsicht kam Noah haargenau nach seinem Vater, auch wenn sie es ihm gewünscht hätte, dass es nicht so wäre. Auch ihr Sternenjunge hatte vor seinen ersten Auftreten und allen wichtigen Veranstaltungen keinen Bissen heruntergekriegt, während sein Magen Tango getanzt hatte.
„Ich habe einfach keinen Hunger", entgegnete Noah und schob zur Verdeutlichung seine Schüssel so weit von sich weg, dass sie beinahe über den Tischrand rutschte.
Charlotte fing sie im letzten Augenblick auf und verhinderte, dass ihre Küche in eine Milchrutsche verwandelt wurde.
„Mir ist schlecht, Mummy."
„Ich weiß", meinte sie mit mitleidig, während sie ihm sanft durch die Locken strich. Sie waren mittlerweile bereits viel zu lang, aber Noah hasste Friseurtermine mehr als ihren Zahnarzt, weswegen sie ihn stets bestechen musste, damit er überhaupt den Laden betrat. Momentan jedoch begann sie wieder regelmäßig zu arbeiten und hatte einfach keinen Nerv für eine Auseinandersetzung mit ihrem Sprössling, weswegen sie seine Haare einfach wachsen ließ.
„So richtig, richtig schlecht", stöhnte Noah frustriert.
„Musst du dich übergeben?", fragte Charlotte ihn hastig und war bereits auf dem Weg auf der Suche nach einer Schüssel, als er den Kopf schüttelte.
„Nein, ich glaub nicht."
Stirnrunzelnd sah sie ihren Sohn an. „Bist du dir sicher?"
„Ja, ich glaube schon", murmelte er und sackte dann auf dem Stuhl zusammen. „Mir ist einfach nur nicht so gut."
„Das ist total normal, Großer. Deinem Dad ging es auch oft so."
Zum ersten Mal an diesem Morgen sah Noah ihr direkt in die Augen. „Wirklich?"
„Wirklich", bestätigte das Mädchen mit den Sternenaugen, während ein kleines Lächeln ihre Mundwinkel umspielte. „Dein Dad hat mir vor so vielen Auftritten erzählt, dass ihm schlecht war."
Das war die Untertreibung des Jahres, denn manchmal hatte Harry solche Panik gehabt, dass er sich stundenlang über der Toilette übergeben hatte. Aber das erzählte Charlotte ihrem Sohn lieber nicht, weil sie nicht wollte, dass er noch mehr Panik bekam.
„Aber Daddy hat es dann trotzdem geschafft?", fragte Noah, während sein Blick zu der Gitarre herüberblitzte, die bereits seit gestern Abend ordentlich an die Wand im Flur gelegt war, damit er sie bloß nicht vergas.
„Dein Dad hat es immer geschafft", sagte Charlotte mit Stolz in der Stimme. „Du wirst es auch schaffen."
„Okay", meinte Noah mit leiser Stimme und sprang vom Stuhl. „Aber vielleicht sollte ich doch nochmal üben."
Mit sanften Fingern öffnete er den Gitarrenkasten und zog das Instrument heraus, das eigentlich nicht in die Hände eines Neunjährigen gehörte. Aber es war Harrys Lieblingsgitarre gewesen und Charlotte wusste, dass er sich gewünscht hätte, dass Noah sie bekam. Also war ihr Sohn wahrscheinlich der einzige Neunjährige, der auf mehreren tausend Pfund herumklimperte und seine erste Schritte in der Musik machte.
Es war nicht so, dass das Mädchen mit den Sternenaugen oder sonst irgendwer Noah dazu gedrängt hatte, das Instrument lernen zu wollen. Er hatte es von sich aus beschlossen, nachdem er einige von Harrys Videos auf der Bühne gesehen hatte, von damals, als er noch über den Sternen schwebte, vor seinem großen Fall in den Abgrund. Charlotte hatte nicht einmal etwas von Noahs Intention gewusst, bis sie ihn irgendwann mit Louis auf dem Sofa der Tomlinsons über einer Gitarre gebeugt gesehen hatte, einen konzentrierten Ausdruck in den Augen, während er an den Lippen seines Patenonkels hing. Seitdem übte Noah verbissen in jeder freien Sekunde, der Gitarre wunderschöne Töne zu entlocken.
„Adam hat gefragt, ob er gleich auch zu deinem Auftritt kommen darf. Ist das okay für dich, Noah?"
„Ja sicher", meinte der Kleine, während er immer wieder die gleiche Melodie auf seinem Instrument zupfte. „Ich mag Adam total."
Überrascht sah Charlotte ihn an, denn bisher hatte Noah noch nicht allzu viele Worte zu der neuen Ergänzung in ihrem Freundeskreis verloren. Adam war gut mit Kindern, doch wenn sie sich sahen, dann meistens, wenn Noah in der Schule war. „Wirklich?"
„Ja klar. Magst du Adam nicht, Mummy?"
„Doch, ich mag ihn auch", erwiderte sie.
„Dann kann er ja mitkommen", beschloss Noah.
Lächelnd strich das Mädchen mit den Sternenaugen ihrem Sohn durch die Haare und schickte Adam dann eine Nachricht, dass Noah ihm die offizielle Erlaubnis erteilt hatte, ebenfalls kommen zu dürfen. Es war nicht so, dass sie befürchtet hätte, dass ihr Sohn Adam hasste, aber er war sehr wählerisch wenn es darum ging, wer ihn in seinen schwachen Momenten erleben durfte.
Charlotte befürchtete, dass das zum Teil an ihrem schlechten Vorbild lag. Doch sie konnte nichts daran ändern, dass sie sich meistens nur in Gegenwart von Louis wirklich schwach zu sein erlaubte, denn ansonsten hätte sie die ersten Monate, nachdem ihr Sternenjunge in den Himmel geflogen war, nie überlebt. Ihr war nichts anderes übrig geblieben, als stark zu sein und die Fassade davon war irgendwann in echte Stärke übergegangen.
Manchmal merkte man erst in den allerschlimmsten Momenten, wie viel Kraft man wirklich hatte. Und Charlotte Styles hatte Unglaubliches geleistet, seitdem sie keine Wahl mehr hatte.
„Wir sollten so langsam mal los", meinte das Mädchen mit den Sternenaugen, nachdem sie einen Blick auf die Wanduhr über der Küchenzeile geworfen hatte. Sie hing bereits seit Ewigkeiten dort und tickte unerschrocken durch die Ewigkeit. Jedes Mal, wenn Charlotte kurz vor dem Zusammenbruch gewesen war, hatte sie sich in die Küche gesetzt und die Augen geschlossen, bis das stetige Ticken der Uhr sie wieder ein wenig beruhigt hatte.
Auch heute tat sie es noch manchmal, wenn sie zur Ruhe kommen wollte. Denn Ruhe war eindeutig eines der Dinge in ihrem Leben, die viel zu kurz kamen. Kein Wunder, denn Willow, Aubrey und Noah hatten ein Talent dafür, es auf die beste Art und Weise durcheinanderzuwirbeln.
„Komm schon, Großer. Sonst kommen wir zu spät", mahnte Charlotte und half ihm dabei, seine Gitarre wieder zu verstauen, bevor sie sie ins Auto trugen. Dabei kam sie sich furchtbar erwachsen vor, denn noch vor zehn Jahren war sie selbst es gewesen, die es mit der Pünktlichkeit nie genau nahm. Doch nun galt es, ein gutes Beispiel für Noah zu setzen.
„Willow hat mir ein Plakat gemalt", erzählte der Kleine mit begeisterter Stimme, als sie losfuhren. „So ein richtig richtiges. Wie die Mädchen bei Onkel Lous Konzerten immer dabei haben."
Charlotte grinste. „Das ist wirklich cool von Willow. Was hat sie denn drauf geschrieben?"
„Keine Ahnung", murmelte Noah nachdenklich. „Sie sagt, dass es eine Überraschung ist. Ben aus unserer Klasse hat gesagt, dass Willow drauf geschrieben hat, dass sie mich liebt. Darauf hat Willow ihm gegen das Schienbein getreten."
„Das macht man aber wirklich nicht", mahnte Charlotte und konnte sich nur schwer das Lachen verkneifen. Damit Noah ihre Belustigung nicht bemerkte, sah sie schnell aus dem Fenster, froh darüber, dass sie gerade an einer der wenigen Ampeln in ihrer Kleinstadt hielten. Verglichen mit London floss hier der Verkehr nämlich ansonsten wirklich stetig, woran sie und ihr Sternenjunge sich erst einmal hatten gewöhnen müssen, als sie nach seiner Diagnose hierher gezogen waren.
Mittlerweile liebte Charlotte ihr neues Zuhause, war es doch der Ort, an dem Noah aufwuchs.
„Ben hatte es aber verdient. Er ist ein Arschloch", meinte Noah protestierend. Er würde die Welt niederbrennen, um Willow zu verteidigen.
„Das war wirklich nicht nett von ihm", stimmte das Mädchen mit den Sternenaugen ihm zu. „Aber trotzdem wir man nicht handgreiflich. Gewalt ist nie die Lösung, okay?"
„Okay", murmelte Noah kleinlaut. „Weiß ich ja."
Charlotte setzte den Blinker und bog dann in die Straße ab, die zu der Primary School führte, wo heute der Talentwettbewerb von den Schülern abgehalten wurde. Wobei es sich um keinen eigentlichen Wettkampf handelte mit Gewinnern und Verlierern, sondern nur um eine Möglichkeit für die Kinder, ihre Talente zu präsentieren. Noahs beste Freundin hatte angemeldet, weil er sich selbst nicht getraut hatte, es aber insgeheim wirklich gewollt hatte.
„Was glaubst du denn, was Willow auf das Plakat geschrieben hat?", fragte das Mädchen mit den Sternenaugen.
„Weiß ich nicht. Eigentlich ist es mir auch egal. Hauptsache da ist ein Plakat. Aber ein gemalter Superman wäre schon cool."
Während Noah Talent für die Musik besaß, war dieses gänzlich an Willow vorbeigegangen. Dafür konnte sie aber wirklich wunderbar Zeichnen für ihr Alter und Charlotte liebte es, ihre Kunstwerke überall bei ihnen im Haus aufzuhängen. Zu jedem Geburtstag bekam sie ein selbstgemaltes Bild von Willow geschenkt, die jedes Mal einen Ehrenplatz bei den Styles kriegten.
„Wer tritt denn sonst noch auf?", fragte Charlotte ihren Sohn, während sie über die Straßen rollten.
Der Kleine begann zu erzählen, wurde jedoch mit jedem Meter schweigsamer, bis er die letzten Minuten stumm auf seinem Sitz saß und nicht einmal aufsah, als der Wagen schließlich auf dem Parkplatz der Schule hielt.
Noahs Unterlippe bebte verdächtig. „Mummy?"
„Was ist, Großer?"
„Vielleicht ist das doch keine gute Idee", murmelte er so leise, dass Charlotte ihn kaum verstehen konnte.
Sie beugte sich in seine Richtung, bis ihre Augen auf der Höhe mit den seinen war. Der Sternenhimmel traf auf die grüne Unendlichkeit.
„Es ist deine Entscheidung, Großer. Was auch immer du tun willst, unterstütze ich", meinte sie mit sanfter Stimme. „Aber du kriegst das wirklich hin."
Noah bis sich auf die Unterlippe. „Glaubst du?"
„Hast du vergessen, wer dein Dad ist?" Ein trauriges Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Wenn Harry das hinbekommen hat, dann kriegst du das auch hin, Großer."
„Aber Daddy hatte auch viel Talent", flüsterte der Kleine.
Vorsichtig legte sie eine Hand an seine Wange. „Das hast du auch, Noah Styles. Mindestens genauso viel wie dein Vater. Wahrscheinlich sogar noch mehr."
„Das sagst du jetzt nur so."
„Tue ich nicht", entgegnete Charlotte vollkommen überzeugt und meinte jedes Wort, das sich über ihre Lippen in die Freiheit schwang. „Ich habe deinen Dad in deinem Alter singen gehört und du bist besser als er damals. Außerdem schaffst du es sogar, gleichzeitig Gitarre zu spielen, Großer. Dein Dad hätte nicht mal gewusst, was er mit der Gitarre machen sollte und nur wahllos irgendwelche Saiten gezupft."
Das Mädchen mit den Sternenaugen stupste Noah aufmunternd an, bis sich ein kleines Lächeln auf seine Lippen legte.
„Du kriegst das hin, wenn du willst", versprach sie ihm. „Und wenn du doch nicht willst, dann drehen wir jetzt um und fahren wieder nach Hause. Das ist auch total okay."
„Aber es warten doch bereits alle auf mich", gab Noah zu bedenken.
Charlotte zuckte mit den Achseln. „Das ist egal."
Einen Augenblick war es still in dem Wagen, der seine besten Zeiten bereits hinter sich gelassen hatte. Doch er kämpfte sich immer noch Tag für Tag durch das Leben, noch nicht bereit, aufzugeben. Dann nickte Noah.
„Ich glaube, ich will es zumindest probieren."
„Ich bin stolz auf dich, Großer", lächelte Charlotte.
„Gehen wir dann jetzt rein, Mummy?"
Das Mädchen mit den Sternenaugen fing an zu grinsen. „Wir könnten direkt reingehen. Oder..."
„Oder?" Noah hüpfte ungeduldig auf seinem Sitz herum. „Jetzt sag schon!"
„Oder wir lesen erst den Brief, den dein Daddy dir für den heutigen Tag geschrieben hat."
Ihre Worte brachten die Augen des Kleinen zum Strahlen. „Es gibt einen Brief von Daddy?"
„Ja, den gibt es", meinte Charlotte und zog triumphierend einen Briefumschlag aus ihrer Handtasche.
Noah Styles setzte seinen Hundeblick auf. „Können wir den Brief lesen?Jetzt? Bitte!"
„Ja klar."
Einige Sekunde war es still im Auto, die Ruhe nur durch das leicht knisternde Briefpapier unterbrochen, als das Mädchen mit den Sternenaugen es vorsichtig aus dem Umschlag zog.
„Willst du den Brief alleine lesen? Oder soll ich ihn vorlesen?", fragte sie Noah, als sie den Zettel mit Harrys Handschrift schließlich vor sich hatten.
Charlotte brannte darauf, Harrys Worte lesen zu dürfen, aber dieser Brief gehörte ihrem Sohn und sie würde es akzeptieren, wenn dieser ihn alleine lesen wollte.
Doch Noah nickte seiner Mutter zu. „Vorlesen bitte."
„Also gut." Sie räusperte sich und dann flogen die ersten Worte über ihre Lippen.
Allerallerallerliebster Noah,
Wenn deine Mum dir diesen Brief gegeben hat, wirst du heute das erste Mal auftreten und ich könnte nicht stolzer auf dich sein.
Ich weiß nicht, wofür du auf der Bühne stehen wirst und ich weiß nicht, vor wie vielen Leuten du etwas vormachen musst. Aber eigentlich ist das auch egal, denn es fühlt sich wahrscheinlich immer gleich an, egal ob man zehn oder zehntausend Zuschauer hat. Zumindest ist es bei mir immer so gewesen und die kleinen Auftritte sind manchmal nur noch schlimmer für meine Nerven gewesen.
Vielleicht bist du ja ganz cool und hast überhaupt keine Angst. Wirklich, das wünsche ich dir. Bei mir ist das irgendwie nie so gewesen. Falls du also Panik hast, dann ist das vollkommen okay.
„Siehst du, ich habe dir doch gesagt, dass dein Daddy auch immer etwas Angst hat vor seinen Auftritten", meinte Charlotte.
„Habe ich dir ja auch geglaubt." Noah streckte ihr grinsend die Zunge heraus. „Zumindest halb."
Augenverdrehend hob das Mädchen mit den Sternenaugen den Brief wieder an und las weiter.
Ich habe meinen ersten Auftritt gehabt, als ich acht Jahre alt war. Wir haben damals in der Schule ein Theaterstück gehabt und ich hatte mich für eine der Hauptrollen beworben. Unsere Lehrerein hatte uns gefragt, wer den Start spielen wollte und ich wollte es so unbedingt, dass ich in die Höhe gehüpft bin und wie wild mit den Armen gefuchtelt habe. Dabei habe ich deiner Mum übrigens gegen das Schienbein getreten und sie hat zur Strafe die restliche Stunde nicht mehr mit mir geredet (Das war gemein, Lottie. Wirklich gemein. Wirklich, wirklich, wirklich gemein.)
Noah kicherte und Charlotte war froh, dass die Sorgenfalten endlich endgültig aus seinen Gesichtszügen verschwunden waren. Es war wunderbar, dass Harry es schaffte, seinen Sohn zum Lachen zu bringen. Sie wusste, dass ihr Sternenjunge das am liebsten ganz persönlich gemacht hätte, von Angesicht zu Angesicht. Er hätte Noah die Zunge herausgestreckt oder mit den Ohren gewackelt oder sich einen Flaschendeckel auf die Nase gesetzt. Und er hätte Erfolg gehabt, denn Harry Styles hatte immer schon ein Händchen für Kinder gehabt, selbst als er selbst noch keines hatte.
Doch diese Option war ihnen allen vergönnt gewesen, weswegen Charlotte es liebte, dass ihnen zumindest die Worte des Sternenjungens blieben, die für Belustigung sorgen konnten.
Ich habe ich damals also für die Rolle des Stars beworben und sie dann auch gekriegt. Darauf bin ich total stolz gewesen, Noah, und habe es jedem erzählt, der es hören wollte. Und auch jedem, der es nicht hören wollte. Doch leider ist all das nicht ganz so gelaufen, wie ich gedacht hatte.
Ich wette, deine Mum hat jetzt bereits ein amüsiertes Lächeln im Gesicht und ich möchte, dass sie genau weiß, dass ich das nicht witzig finde. Wirklich nicht.
Die Rolle des Stars gehörte also mir, aber während ich dachte, dass ich eine berühmte Person spielen durfte –
„So wie Onkel Lou eine berühmte Person ist?", unterbrach Noah seine Mutter.
Sie strich ihm durch die Locken. „Genau. So wie Lou eine berühmte Person ist."
„Aber berühmt sein ist nicht immer toll", sagte der Kleine stirnrunzelnd. „Das hat Lou zumindest gesagt. Wieso wollte Daddy denn berühmt sein?"
„Berühmt sein kann wundervoll sein", meinte Lottie. „Besonders dann, wenn man seinen Traum leben darf. Louis meinte damit bloß, dass daran nicht immer alles toll ist. Es ist ein wenig wie beim Eis essen. Die ersten fünf Kugeln schmecken wundervoll, aber irgendwann möchte man kein weiteres Eis. Verstehst du, was ich meine?"
Noah nickte verständnisvoll und stupste seine Mutter dann an, damit sie weiterlas.
Die Rolle des Stars gehörte also mir, aber während ich dachte, dass ich eine berühmte Person spielen durfte, meinte unsere Lehrerin einen wirklichen Stern.
Ich durfte also in einem gelben Sternenkostüm stecken und als Stern durfte ich fast gar nichts sagen, sondern stand eigentlich fast stumm auf der Bühne herum.
Wehe, du lachst, Lottie. Noah? Du darfst natürlich lachen.
Natürlich lachte Charlotte Styles trotzdem, denn sie würde nie den angesäuerten Gesichtsausdruck ihres Sternenjungen vergessen, während er eine Stunde lang fast still auf der Bühne gestanden hatte. Es hatte sie damals wahnsinnig amüsiert und auch in all den Jahren danach, hatten sie beide die Geschichte immer mal wieder herausgeholt, wenn die Traurigkeit der Welt sie beide zu überwältigen drohte.
Denn gerade in den furchtbarsten Zeiten war es wichtig, sich an die schönen zu erinnern.
Noah amüsierte sich ebenfalls über die Geschichte von Harrys erstem Auftritt und während er sonst in so vielen Dingen seinem Vater glich, erinnerte sein Lachen tatsächlich an das seiner Mutter. Das zu wissen, machte Charlotte jedes Mal wieder glücklich, zeigte es doch, dass sie und ihr Sternenjunge wirklich gemeinsam etwas so wunderbares geschaffen hatten.
Auch wenn ich eigentlich nur stumm auf der Bühne stehen musste, bin ich so nervös gewesen, dass meine Mutter mich aus dem Haus und zu dem Auftritt hinziehen musste. Erst die Worte deiner Mum haben mich damals überzeugt, wirklich auf die Bühne zu gehen. Deine Mum ist immer so gut darin, mir einen kleinen Schubs zu geben und mich zu ermutigen, neue Dinge zu wagen. Ohne sie hätte ich nicht einmal halb so viel in meinem Leben erreicht. Sie hat Anteil an all meinem Erfolg und dafür werde ich ihr immer dankbar sein.
Auch bei meinem ersten Auftritt bei X Factor mit One Direction – das ist die Boyband deines Vaters gewesen, Noah, was du wahrscheinlich total uncool findest – ist deine Mum diejenige gewesen, die mich dazu gebracht hat, wirklich nach draußen zu gehen.
Ich bin so nervös gewesen, dass ich mich wirklich übergeben und geweigert habe, aus der Toilette zu kommen.
Ein trauriges Lächeln legte sich auf Charlottes Lippen, denn diese Erinnerung fühlte sich an wie aus einem anderen Leben. Damals war noch alles so einfach gewesen und sie dachten bereits, dass es furchtbar schwer gewesen war. Dabei stand Harry kurz davor, alle Bühnen der Welt zu erobern.
Damals waren sie einfach Lottie und Harry gewesen. Und danach änderte sich alles.
Erst zum Besseren.
Und dann zu dem absolut Furchtbarsten.
Aber ich habe es geschafft, Noah. Ich bin auf die Bühne gegangen, zusammen mit deinem Patenonkel Lou, deinen Onkeln Niall und Liam und Zayn (Ich weiß nicht, ob dir irgendwer mal von Zayn erzählt hat, aber er ist damals ebenfalls ein Teil unserer Band gewesen. Wenn du willst, kannst du deine Mum oder Onkel Lou mal nach der Geschichte fragen).
„Wenn Daddy hier Zayn schreibt, meint er dann den Zayn?", erkundigte sich Noah mit großen Augen.
„Ja", bestätigte Charlotte nickend. „Damit meint dein Dad den Zayn, der momentan alle Charts absahnt."
Bei dem Gedanken an den Jungen aus Bradford, den sie vor Jahren einmal gekannt hatte, zog sich ihr Magen schmerzhaft zusammen. Sie hatte ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, das letzte Mal auf der Beerdigung ihres Sternenjungens. Sie wusste, dass Zayn es nicht böse meinte. So war er nun einmal. Er kam, wenn es ihm passte und löste sich genauso schnell wieder in Luft auf.
Es hatte Jahre gegeben, in denen sich die Jungs gehasst hatten. Doch zum Ende hin hatte Harry den Kontakt gesucht und sie alle waren in Frieden auseinandergegangen.
„Erzählst du mir die Geschichte von Zayn und Daddy?", fragte Noah, eine ordentliche Portion Neugierde in seiner Stimme.
„Es ist nicht nur die Geschichte von Zayn und deinem Dad, sondern auch von Lou, Niall und Liam", erklärte Charlotte und nickte dann. „Aber ja, natürlich werde ich dir die Geschichte erzählen. Wobei das am besten Lou tun sollte."
Fragend sah der Kleine sie an. „Meinst du, er macht es gleich nach dem Konzert?"
Das Mädchen mit den Sternenaugen nickte zustimmend. „Das macht er sicherlich."
Egal wie aufgeregt ich vorher auch gewesen bin, ich bin tatsächlich auf die Bühne gegangen. Und jedes Mal wieder musste ich mich dazu überwinden, doch das war es wert. Immer wieder.
Auf der Bühne zu stehen ist ein so unglaubliches Gefühl, dass sich einfach nicht in Worte fassen lässt. Man muss es selbst erleben, um es begreifen zu können. Es ist eines der besten Dinge der Welt. Einzig die Liebe von deiner Mum ist noch schöner.
Ich wünschte, ich könnte heute bei dir sein. Und das werde ich auch irgendwie. Du musst nur daran glauben. Viel Erfolg, mein großer Kleiner.
Ich liebe dich mehr als alles andere auf dieser Welt,
Dein Daddy
Einen Augenblick war es still, während die letzten Worte in der Luft hingen und dann langsam zu den Sternen hinaufschwebten. Dann räupsperte sich Noah vernehmlich.
„Mummy? Glaubst du, dass ich auch irgendwann einmal ein richtiger Sänger werden kann? So wie Daddy und Onkel Lou?"
„Wenn du es dir wirklich wünschst, dann ist alles möglich."
Noah schüttelte den Kopf. „Das stimmt nicht, Mummy. Ich wünsche mir wirklich, dass Daddy zu uns zurückkommt, aber das ist nicht möglich."
Das Mädchen mit den Sternenaugen musste hastig blinzeln, damit er ihre Tränen nicht sehen konnte. Bitterlich brannten sie, als wären sie voller Feuer, dabei waren die Flammen in ihrem Inneren schon seit Jahren beinahe ausgelöscht. Einzig Noah erhielt sie noch am Leben.
„Dein Dad ist nie weggewesen, Großer", murmelte Charlotte leise, damit er ihre Verzweiflung nicht heraushören konnte. „Du musst nur in den Himmel schauen und dann siehst du ihn aus den Sternen auf uns herunterblicken. Er ist jede Sekunde bei dir und sorgt dafür, dass deine Träume wahr werden können."
Sie zog ihn in eine Umarmung und schenkte ihm ein Lächeln, das er erwiderte. Mit Lippen, die denen seines Vaters so ähnlich sahen. „Dein Dad ist unser Sternenjunge."
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Ihr Lieben,
Ich habe momentan irgendwie einen echten Lauf beim Schreiben der Geschichte und hoffe, diesen ausnutzen zu können, weswegen es wahrscheinlich hier bis zum Ende regelmäßig Updates geben wird. (So lange dauert es nämlich wirklich nicht mehr, bis ich von BITS Abschied nehmen muss).
Vielen, vielen Dank für die Votes und Kommentare zum letzten Kapitel! Ich muss aber auch ganz ehrlich sagen, dass ich ein wenig enttäuscht bin. Das bei so vielen Lesern letztendlich doch nur so wenige Voten und gerade zwei Leute kommentieren, lässt mich schon nachdenklich werden. Mache ich irgendwas falsch? Sollte ich irgendwas ändern? Dann sagt mir das doch bitte, denn nur mit Kritik kann ich wieder besser werden.
Ein umso größeres Dankeschön deswegen an die wenigen Leute, die mich hier unterstützen! <3
Bis zum nächsten Mal.
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