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a c r u x
april 2025
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„Alle Bühnen der Welt können mich nie so glücklich machen wie du es kannst, Lottie."
„Und ich brauche keine einzige Bühne der Welt, solange ich dich habe."
Eine einsame Kerze brannte auf dem bereits angeschlagenen Schokoladenkuchen, der mit Liebe zubereitet worden war. Die Schokoladenglasur glänzte an einigen Ecken viel zu dick, an anderen fehlte sie gänzlich und das Innere war ein wenig zu trocken geraten, dennoch hätte sich Charlotte keinen besseren Kuchen wünschen können.
Die rotgoldene Flamme ließ die Schokoladenglasur glitzern, während die Kerze erfolgreich der Dunkelheit des hereinbrechenden Abends trotzte. Doch die einzelne, einsame Kerze war nicht genug, natürlich nicht, denn alleine schaffte man so viel weniger, egal wie sehr man auch für seine Ziele kämpfte.
Also brachte Charlotte Styles seufzend das Deckenlicht zum Leuchten, bevor sie sich wieder auf den Stuhl am Esstisch fallen ließ. Früher einmal war dies Harrys Platz gewesen und auch wenn er ihn schon seit so vielen Jahren nicht mehr genutzt hatte, fühlte es sich dennoch merkwürdig an, dort zu sitzen. Das Mädchen mit den Sternenaugen rutschte einen Augenblick unsicher über das ebene Holz, debattierend ob sie nicht dennoch wieder auf ihren eigenen Stuhl wechseln sollte, doch letztendlich hatte sie gar keine richtige Wahl. Letztendlich war die Wahl schon gefallen, seitdem sie den Umschlag leicht knisternd aus der Kiste im Wohnzimmer gezogen hatte.
Es fühlte sich richtig an, den Brief genau an diesem Ort zu öffnen, begannen Geburtstage bei den Styles doch immer morgens in der Küche, mit hellleuchtenden Kerzen, liebevoll gebackenen Kuchen und sorgfältig ausgesuchten Geschenken.
Unzählige Erinnerungen an Geburtstage mit ihrem Sternenjungen hatte Charlotte gesammelt und wenn sie die Augen schloss, dann konnte sie sich vorstellen, wie Harry ihr mit seiner dunklen Stimme euphorisch Happy Birthday sang. Er hatte es geliebt, voller Überzeugung den Song zum Besten zu geben und es waren diese Augenblicke, die Charlotte immer in ihrem Herzen behalten würde.
Doch Harry war nicht mehr und ihr Geburtstag bereits wieder erloschen, erobert von dem folgenden Tag, der wieder Realität und Resignation mit sich brachte.
Sie hatte sich den Brief des Sternenjungen für den Tag nach ihrem Geburtstag gespart, um einen Grund zu haben, sich auch in dieser neuen Realität weitere vierundzwanzig Stunden ein wenig einfacher aus dem Bett quälen zu können.
Charlottes Knochen fühlten sich schwer an, als sie sich zur Seite streckte, um sich zu versichern, dass sich ihr Sohn immer noch im Wohnzimmer aufhielt. Noah Styles robbte auf seinem Spielteppich mit der aufgedruckten Stadt, während er seine geliebten Spielzeugautos über die Fasern schob.
Mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen sah das Mädchen mit den Sternenaugen ihm einen Augenblick lang zu, bevor sie den Rücken durchstreckte und mit zittrigen Fingern den Umschlag öffnete, auf dem Harry ihren Namen in Schönschrift angebracht hatte. Egal wie viele Briefe sie nun bereits von ihm gelesen, egal wie viele Worte des Sternenjungen sie bereits aufnehmen durfte, jeder neue Brief fühlte sich an wie das allererste Abenteuer voller Risiko und Glück.
Auch heute pochte ihr Herz unwahrscheinlich laut, als würde es spüren, wie besonders dieser Moment war. Es schlug immer noch, selbst nach all den Jahren voller Schmerz und ohne ihren Sternenjungen und es würde auch heute keine Ausnahme machen, kämpfte es doch mit jeder Stunde, jeder Sekunde und der ganzen Welt. Es kämpfte, schrie und gewann. Denn Charlotte Styles verlor keine Schlacht, nicht heute und auch nicht morgen.
Das dicke Briefpapier knisterte unter ihren Fingerspitzen, als sie es auseinanderfaltete, wie eine ganz eigene Melodie, die ein Lied sang von Liebe und Verlust, von Freundschaft und Trauer. Aber vor allem eine Geschichte des Erinnerns erzählte.
Blaue Sternenaugen wagten es nach sechs Atemzügen endlich, die geschriebenen Worte aufzunehmen und verwandelten die Realität in eine andere, bessere Zeit.
Allerliebste Lottie,
Aus Gründen, die ich bis heute nicht verstanden habe und wahrscheinlich auch nie verstehen werde, hast du immer schon solche Angst vor deinem einunddreißigsten Geburtstag gehabt. Andere Leute fürchten sich vor runden Geburtstagen, aber du? Du bist davon überzeugt, dass der einunddreißigste der allerschlimmste überhaupt ist, weil man dann plötzlich Erwachsen sein muss. Total merkwürdig und unlogisch, wenn du mich fragst, Lottie.
Aber du bist immer schon diejenige gewesen, die selbst meine kleinsten Ängste (davor Glühlampen zu wechseln, ich hoffe, du erinnerst dich auch noch nach all den Jahren daran) ernst genommen hat und nun tue ich dir denselben Gefallen. Deswegen habe ich davon abgesehen, dir einen Brief zum dreißigsten zu schreiben und verfasse nun stattdessen einen zu deinem 31. Geburtstag. Sieh es also einfach als Kompromiss, okay? Daran sind wir beide ohnehin schon immer gut gewesen.
Charlotte lächelte leicht, eines ihrer ganz besonderen Lächeln, die immer schon ihrem Sternenjungen gehört hatten. Dieses Lächeln anders und wahnsinnig einzigartig, brachte es ihre Augen doch noch ein wenig mehr zum Funkeln, einfach weil Harry heller strahlte als alle Sterne des Universums. Ein Teil seiner Magie würde sich immer in ihren Augen wiederfinden lassen.
Während sie lächelte, wagte sie es, all die schönen Erinnerungen zu bekämpfen und zum ersten Mal seit langem empfand sie keine Trauer, wenn sie an Harry zurückdachte. Nicht einmal einen Tropfen Resignation oder eine einzelne Träne, sondern einfach nur Liebe und Glück.
Sie erinnerte sich daran, wie sie vor Lachen auf dem Stuhl zusammengebrochen war, als Harry ihr mit ernstem Gesichtsausdruck erzählte, dass sie wohl einen Elektriker kommen lassen mussten, weil er es nicht schaffen würde, die Glühbirne im Badezimmer auszuwechseln. Charlotte hatte ihn angestarrt, damals, in diesem ganz anderen Leben und dennoch in der gleichen Welt, in der sie sich auch heute noch befand. Sie hatte die Augen aufgerissen gehabt, ungläubig, als ihr Sternenjunge erzählte, dass er keine Glühbirnen anfassen könne, weil er sie gruselig fand.
Er bezeichnete die Leuchtkörper als Monster dieser Welt, wussten sie damals beide doch noch nicht, dass das wahre Monster des Universums das Leben selbst war.
„Du bist immer schon ein solcher Idiot gewesen, aber du warst immer mein Idiot, Hazza", flüsterte Charlotte und hoffte, dass er sie hören konnte. Dort oben am Sternenhimmel, der langsam immer heller strahlte und alle Ewigkeit existieren würde.
Alles Gute zum 31. Geburtstag, Lottie. Ich weiß, dass du auch diesen wahrscheinlich nicht groß feiern wirst, denn das ist nicht deine Art. Aber genieße ihn bitte wenigstens, für mich, für Noah und all die Menschen, die dich lieben. Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Dein Geburtstag ist etwas Wunderschönes, denn er zeigt, dass du ein weiteres Jahr am Leben geblieben bist. Also genieße bitte jeden einzelnen Tag, jede Stunde, jeden noch so kleinen Augenblick. Genieße all die Wunder dieser Welt.
Charlotte schluckte, als ihr bewusst wurde, was Harry ihr hiermit eigentlich sagen wollte. Er hatte es nicht in Worte gefasst, doch das musste er auch nicht, verstand sie ihn doch meistens besser als sich selbst. Ihr Sternenjunge bat sie, zu leben, denn er konnte es nicht mehr.
Sie hätten es sich beide so sehr gewünscht, diesen Tag gemeinsam verbringen zu dürfen, doch manchmal wollte das Leben nicht so. Also hatten sie im Laufe der Monate, in denen es Harry immer schlechter ging, das erste Mal verstanden, dass man jede Stunde so nehmen musste, wie sie kam und die besonderen umso mehr zu genießen.
Und genau das wollte ihr Sternenjunge nun, er wollte, dass sie ihr Leben bis aufs Äußerste lebte, die kleinen Augenblicke sammelte und in Marmeladengläser schloss, um an ihnen riechen zu können, wenn sie den Sinn hinter allem verlor.
„Es ist nicht so einfach, Hazza", murmelte Charlotte und fühlte sich einen Moment lang verloren auf der Welt. Noch einsamer als ohnehin schon in ihren dunkelsten Stunden, während sie seinen Wunsch verarbeitete. „Es ist nichts mehr einfach, seitdem du gegangen bist und mich hier zurückgelassen hast."
Die Glühbirne über ihr flackerte leicht, als wüsste sie, welche Kämpfe das Mädchen mit den Sternenaugen in dieser und jeder weiteren Sekunde ihres Lebens stetig ausfocht. Einen Augenblick lang, einen kleinen, winzigen Moment lang, war die Küche im Hause der Styles in Dunkelheit getaucht, ohne Chance auf ein Funkeln und erloschen in der Welt.
Dann jedoch leuchtete die Glühbirne erneut und erinnerte Charlotte daran, dass es noch so viele Träume gab, für die es sich zu leben lohnte. Allen voran für ihr Wunder, das sich gerade mit verschwitzten Locken auf dem Spielteppich drehte, um ein Feuerwehrauto unter dem Sofa hervorziehen zu können.
„Es ist nicht einfach, aber ich werde es schaffen. Irgendwie." Sie wusste nicht, ob die Worte überhaupt noch an ihren Sternenjungen gerichtet waren oder an ihr eigenes Herz, doch eigentlich war es auch ganz egal, denn es blieb ihr ohnehin nichts anderes übrig, als sich immerfort an dieses Mantra zu klammern.
So hatte sie irgendwie die Tage nach Harrys Tod überstanden und jede weitere Stunde Einsamkeit, seitdem er sie verlassen, seitdem er zu den Sternen geflogen war.
Und so würde sie auch weiterhin überleben, mit der Einsamkeit und fortwährenden Liebe in ihrem Herzen.
Erinnerst du dich eigentlich noch an den allerersten deiner Geburtstage, den wir zusammen gefeiert haben?
Ich weiß bloß noch, dass wir Topfschlagen gespielt haben und dass deine Mutter dich irgendwann gebeten hat, doch auch etwas mit den anderen Gästen und nicht nur mit mir zu machen. Du hast bloß den Kopf geschüttelt, meine Hand in deine genommen und mich weggezogen. Mit funkelnden Augen gesagt, dass ich nun einmal dein bester Freund bin und die anderen Gäste sich ja auch einen besten Freund suchen könnten. Deine Mum hat damals leicht verzweifelt gelacht und uns unseren eigenen Weg finden lassen.
Seit diesem allerersten haben wir jeden weiteren unserer Geburtstage gemeinsam gefeiert und es gibt niemanden auf dieser Welt, den ich in diesen besonderen Momenten lieber an meiner Seite gehabt hätte.
Es gab diesen besonderen Tag, in den ich mit voller Wucht in deine Geburtstagstorte geflogen bin und du Tränen gelacht hast, während ich vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre (Ich schätze, wir hätten damals bereits ahnen sollen, dass ich auf unserer Hochzeit das gleiche Drama noch einmal abziehe. Denn eine Peinlichkeit ist anscheinend nicht genug).
Dann erinnere ich mich auch noch an den Geburtstag, in dem wir es uns zur Aufgabe gemacht haben, einen Käfer zu sezieren, um ihm dann dem doofen Bernie in den Kuchen zu drücken, bis meine Mum uns schockiert ins Haus geholt hat und uns einen Vortrag darüber gehalten hat, dass das überhaupt nicht okay war (btw, ich bin immer noch davon überzeugt, dass Bernie das total verdient hat, weil deine Zöpfe garantiert nicht aussahen wie zwei Schlangen, sondern wunderschön).
Nie vergessen werde ich sicherlich auch deinen Geburtstag, an dem ich ein Konzert hatte und danach einfach unerlaubt zum Flughafen geflüchtet bin. Ich habe einen ganzen Monat zwei Securitytypen hinterhergehetzt bekommen, aber ich habe die Flucht kein bisschen bereut, weil ich dich zumindest an deinem Geburtstag sehen und küssen und lieben durfte. Du bist all das wert gewesen, Lottie, du bist alles wert.
Je älter wir wurden, desto kleiner wurden deine Partys und desto größer feierte ich. Doch eigentlich war es auch ganz egal, ob wir mit deinen Freunden einen gemütlichen Filmabend machten oder gemeinsam mit meinen das Wohnzimmer zerstörten, weil wieder einmal irgendjemand unbedingt auf die Couch kotzen musste. Es war eigentlich nicht wichtig, wo wir uns befanden, solange wir zusammen waren.
Genug über Geburtstage, denn die kennst du bereits alle und wahrscheinlich hast du Wichtigeres zu tun, als meine Worte lesen zu müssen. Stattdessen kommen wir lieber zu dem Teil, den du garantiert als kitschigen Liebesbrief abtun wirst. Wahrscheinlich ist es das auch, aber jedes Wort ist deswegen nicht weniger wahr, Lottie. Also verdrehe bitte nicht allzu oft die Augen und lass mich einmal in meinem Leben einen wirklichen Liebesbrief schreiben, ohne dass du mir sagst, dass ich das nicht soll. Versprich es mir, bitte.
Ein leichtes Lachen stahl sich aus Charlottes Kehle, vollkommen selbstlos und voller Liebe, während es durch die Küche schwebte, bevor es letztendlich in der Unendlichkeit verglühte, bloß ein weiterer Augenblick vergessenen Glücks.
„Versprochen, Hazza", wisperte das Mädchen mit den Sternenaugen und sah kurz aus dem Fenster hinaus in das Wunder der Nacht, das durch tausend Himmelsgestirne erleuchtet wurde. Auf irgendeinem dort wohnte nun die Liebe ihres Lebens und sie hoffte so sehr, dass er wusste, wie sehr sie ihn vermisste.
Charlotte Styles hatte für Liebesbriefe nie viel übrig gehabt, aber heute, heute in diesem Augenblick, da hätte sie tausend Liebesbriefe von ihrem Sternenjungen lesen können und jedes einzelne Wort hätte sein Weg direkt in ihr Herz gefunden.
Denn manchmal, in besonderen Augenblicken, da explodierte das Universum und man verstand es auf eine andere Weise. Charlottes Explosion war still und leise geschehen, während Harry das letzte Mal Atem holte, um dann für immer zu schweigen. Und seitdem hätte sie alles gegeben, um auch nur ein einziges Wort von ihm erhalten zu können. Seitdem liebte sie selbst kitschige Briefe und ließ die Tränen frei über ihre Wangen laufen.
Also bitte noch einmal Lachen, ein letztes Mal für mich und dann wird gefälligst gelesen, ohne dass du auch nur schmunzelst, Lottie.
Bereit?
Wirklich bereit?
Bereit, bereit?
(Okay, ich höre auf, bevor du den Brief einfach verbrennst).
Ich wusste immer, dass du etwas Besonderes bist. Deine Augen haben mich schon immer an den wunderschönsten Sternenhimmel erinnert, so funkelnd hell und voller Leben. Das darfst du nicht verlieren, bitte. Also lächele, Lottie. Du bringst die ganze Welt zum Leuchten und es wäre viel zu schade, wenn dein Licht verglühen würde.
Aber das wirst du schon nicht, denn du bist schon immer das sturste und überzeugendste Mädchen, das ich kennenlernen durfte. So voller Überzeugung, egal ob du dein Lieblingsessen verteidigen oder mich zu deinem Sternenjungen machen wolltest. Ich habe nie wirklich eine Wahl gehabt, oder? Sobald du beschlossen hast, dass ich dein Sternenjunge war, blieb mir gar nichts anderes übrig. Aber ich hätte mir nie etwas anderes lieber gewünscht.
Welche Ironie der Name Sternenjunge nun doch ist, nicht wahr? Der Spitzname meiner Kindheit, den du mir gegeben hast, passte so wunderbar, während ich die Bühnen der Welt eroberte. Und dann plötzlich bekam er eine so völlig andere, so tragisch passende Bedeutung, erinnerte er doch an unsere Lieblingsgeschichte. An die Story über den Mann im Mond, der in unseren unschuldigen Kinderaugen so dringend einen Partner brauchte.
Ich schätze, dieser werde ich bald als Sternenjunge sein. Ich werde von oben über euch wachen, doch während der Mondmann allen beim Schlafen zusieht, werde ich nur Augen für dich und Noah haben. Ich werde hier oben sein und doch jede Sekunde bei euch, bitte vergisst das niemals.
Ich weiß, dass ich dir versprochen habe, dass ich dich niemals verlassen würde. Dass ich dein Leben lang an deiner Seite bleiben werde. Aber ich kann es nicht ändern. Und du weißt gar nicht wie sauer ich darüber bin. Du weißt gar nicht, wie sehr ich mir wünschte, dass es anders wäre, Lottie.
Stattdessen kann ich bloß jede Sekunde mit dir genießen, die mir geschenkt wird und ich glaube, dass das vielleicht alleine schon ausreicht. Denn alleine meine Endlichkeit mit dir ist mehr wert als jede Unendlichkeit mit jemand anderem.
Du hast mir mehr Liebe und Glück gegeben, als andere ihr ganzes Leben lang bekommen und dafür bin ich dir so unendlich dankbar. Ich liebe dich, Lottie. Mehr als ich jemals für möglich gehalten hätte.
Und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich dich irgendwie immer schon geliebt.
Mit sieben Jahren, als du mir das Kaugummi in die Haare geschmiert hast, woraufhin der Friseur mir fast eine Glatze geschoren hat.
Mit zehn Jahren, als wir beschlossen haben von Zuhause wegzulaufen und die Welt zu erobern.
Und mit siebzehn Jahren, als du endlich wirklich in meinen Armen lagst und ich endlich das Gefühl hatte, angekommen sein.
Ich liebe es, wie du mich zum Lachen bringst und meine Tränen trocknest und ich liebe dich dafür, dass du immer die richtigen Worte findest, wenn ich nicht weiter weiß. Ich liebe dich dafür, dass du bei mir geblieben bist, selbst in den schweren Zeiten, dass du mich erträgst und nicht wegrennst, selbst dann nicht, als es nur noch bergab gehen konnte.
Und ich liebe dich dafür, dass du mir eine eigene Familie geben wirst, egal wie kurz unsere gemeinsame Zeit zu dritt auch sein wird. Für mich wird es sich anfühlen wie eine glückliche Ewigkeit. Pinky Promise, Lottie.
„Mummy?" Noahs helle Stimme zeriss die Stille auf brutalste Weise, so ohne Warnung, dass Charlotte kurz zusammenzuckte, bevor sich ein Lächeln auf ihre Lippen legte.
„Was ist los, Großer?", fragte sie, während sie zu dem Lockenschopf heruntersah, der sich auf Zehenspitzen stellte und sich ein Stück von dem Schokoladenkuchen klaute.
Seine Finger waren schokoladenverschmiert, während er Charlotte neugierig ansah. „Was machst du da?"
Das Briefpapier knisterte in den Händen des Sternenmädchens, als sie dieses vorsichtig auf dem Küchentisch ablegte, außer Reichweite des Schokoladenkuchens und all der Krümel, die Noah bereits gezaubert hatte.
„Ich lese einen Brief von deinem Dad", erzählte sie Noah lächelnd und strich ihm sanft eine Locke aus der Stirn, die sich auf widerspenstige Weise andauernd aus seiner Frisur stahl. „Er hat mir einen zum Geburtstag geschrieben."
„Aber dein Geburstag war gestern, Mummy."
„Ja", bestätigte Charlotte und stahl sich selbst ein Stück Kuchen, das bereits verdammt trocken war, aber dennoch noch schmeckte. „Aber manchmal sind Geschenke so besonders, dass man sie sich für einen besonderen Moment aufbewahrt, Großer."
Zögerlich sah Noah sie aus den großen, grünen Augen an. „Also ist das Geschenk von Daddy dein Schönstes?"
„Nein, mein zweitschönstes. Das Beste war deine selbstgemalte Karte und der Kuchen, den du mir zusammen mit Tante Ellie gebacken hast", versicherte sie ihm, während sie ihn hochhob und auf ihren Schoß setzte.
Charlotte meinte jedes einzelne Wort, denn egal wie viel ihr Harry auch bedeutete, sie würde nie jemanden so sehr lieben wie ihren Sohn und sein Geschenk, das mit solcher Mühe gemalt wurde, hatte ihr gestern Tränen in die Augen gezaubert.
Zwei Strichmännchen hatte er gezeichnet, ein kleines und ein großes, Hand in Hand, die gemeinsam zu dem Mond heraufwinkten. Daneben hatte er in kritzeliger Schrift seinen Namen verewigt und den Geburtstagsglückwunsch hatte Louis netterweise für seinen Patensohn aufs Papier gezaubert. Die Karte hatte sich seit gestern einen Ehrenplatz am Kühlschrank der Styles erobert.
„Mummy?", wisperte Noah, so leise, dass sie sich anstrengen musste, ihn verstehen zu können. „Wann kommt Daddy wieder?"
Charlotte unterdrückte ein Seufzen und sah ihn an, in der immerwährenden Hoffnung, dass ihr Sohn die Trauer in ihren Augen noch nicht sehen konnte. „Daddy ist im Sternenhimmel. Das weißt du doch."
Noah nickte langsam, denn diese Worte waren nicht neu für ihn. „Aber wann kommt er von den Sternen wieder zu uns?"
„Er kann nicht zu uns kommen, Großer", flüsterte Charlotte. „Auch wenn er das bestimmt mehr will als alles andere."
„Können wir ihn dann mal besuchen, Mummy?"
Die Hoffnung in Noahs Worten bohrte tausend Nadeln in ihr Herz, feuerte tausend Kugeln in ihre Fasern, abgelöst durch einen Revolver, dessen Abzug sie immer wieder selbst zog.
„Irgendwann werden wir das, Großer. Wenn du sehr viel älter bist."
Noah sah sie stirnrunzelnd an. „Wie lange ist Irgendwann?"
„Eine ganz lange Zeit", versuchte Charlotte ihm begreiflich zu machen. „Irgendwann dauert noch sehr lange."
Grüne Augen blitzten, rote Lippen blieben zusammengepresst, während der Lockenschopf ihre Worte verarbeitete. Schließlich nickte er, erst langsam und dann voller Euphorie, was Charlotte so sehr an Harry erinnerte, dass sie Tränen aus ihren Augen blinzeln musste. Es war erstaunlich wie ähnlich Noah seinem Vater war, hatten sie sich doch eigentlich nie kennengelernt.
„Dann male ich Daddy jetzt ein Bild. Das kann er sich dann aufhängen, wenn wir ihn in den Sternen besuchen", meinte der Kleine und sprang zurück auf den Fußboden. „Irgendwann dann."
„Mach das, Großer", flüsterte Charlotte mit tränenbehangener Stimme und sah ihrem Wirbelwind hinterher, der unerschrocken zurück ins Wohnzimmer düste.
Mit stockendem Arten und zittrigen Fingern brauchte sie drei Versuche, bis sich das Briefpapier wieder eine Heimat zwischen ihren Handflächen suchte.
Erinnerst du dich daran, wie oft ich dich damit aufgezogen habe, wie stur du doch bist? Damit, dass du nicht verlieren kannst, mit aller Kraft kämpfst, bis du die Schlacht gewinnst? Gerade bin ich so unendlich froh darüber, denn es beruhigt mich, dass du auch den Kampf mit dem Leben aufnehmen wirst. Du wirst dich nicht von deiner Trauer überwältigen lassen und dich zurückkämpfen, auch wenn ich nicht mehr an deiner Seite sein und dir helfen kann. Das weiß ich einfach. Und deswegen liebe ich dich, Lottie.
Leb für mich weiter, für uns beide, und für Noah. Aber tue es vor allem für dich selbst, denn du hast alles Glück der Welt verdient.
Es ist mir eine Ehre, dich lieben zu dürfen, Mädchen mit den Sternenaugen.
Mit aller Liebe des Universums,
Dein Sternenjunge (und Ehemann und bester Freund und alles, was ich sonst noch für dich sein soll. Ich werde es sein, denn für dich tue ich alles)
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Ihr Lieben,
Schon wieder Freitag, ich kann es selbst kaum glauben.
Dieses Kapitel hier habe ich unheimlich gerne geschrieben, ich weiß gar nicht, warum genau, aber irgendwie mag ich es wirklich.
Noah wird älter, Lottie wird älter und irgendwie ist ihr Sternenjunge doch immer dabei.
Da wir uns vor Weihnachten nicht mehr lesen werden: Frohe Weihnachten euch allen (falls ihr feiert)! Ich hoffe, dass ihr alle zumindest ein paar freie Tage haben werdet.
Bis zum nächsten Mal.
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