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P R O L O G


Clark Larson

Siegessicher streckte ich meine imaginäre Faust wie Rocky Balboa in die Luft, als der Richter das Urteil verkündet hatte. Wie ich schon zu sagen pflegte: Ich, Clark Larson, hatte den Jackpot geknackt.

Die Immobilien wurden meinem Mandanten zugewiesen? Jackpot!

Bei der Vermögensaufteilung wird es darauf hinauslaufen, dass mein Mandant nur 30% des Geldes an seine Ex-Frau überträgt? Jackpot!

Simmons Ryan hatte erneut den Prozess verloren? Absoluter Jackpot!

Ich straffte meine Schultern und warf einen Blick in den Spiegel. Meine Mundwinkel hoben sich an und ich war wirklich kurz davor, ein lautes „Amen" in die Welt hinauszuschreien. Nach einem erbitterten Kampf um die Immobilien und Anteile meines Mandanten, hatte ich den Richter durch mein selbstsicheres Auftreten auf meine Seite ziehen können. Jetzt erhielt mein Mandant Evan Peters seine Immobilien, die ihm mehr als zustanden, und seine Ex-Frau wird dafür mit leeren Händen dastehen.

Immerhin hatte Peters sie von seinem Geld bezahlt und war auch als Besitzer im Grundbuch der Immobilien eingetragen. Selbst bei dem Grundbucheintrag hätte keiner die Chance, jemals einen Teil der Immobilien zurückzubekommen. Es sei denn, das Paar blieb verheiratet. Aber nachdem diese Ziege, Megan Peters, jetzt nur noch Megan Hollows, den Entschluss gefasst hatte, mit dem Kassierer aus dem Grocery Store durchzubrennen, konnte sie die Traumimmobilie in Rio de Janeiro komplett vergessen. Evan Peters hatte den Prozess gewonnen. Nein: Ich hatte den Prozess gewonnen.

Zufrieden drehte ich den Wasserhahn auf, spritzte mir das kalte Wasser ins Gesicht und genoss jeden Tropfen, der auf meine Haut kam. Es war wie eine Abkühlung, die ich nach diesem unangefochtenen Kampf bitter nötig hatte. Ich hatte mir im wahrsten Sinne des Wortes das Hemd nass geschwitzt. Kein Wunder, wenn alle Fenstern und Türen verschlossen waren und wir an einem heißen Tag den Prozess durchführen mussten. Ohne weiteres richtete ich meinen Anzug und zwinkerte meinem Spiegelbild zu. Wir haben es wieder geschafft.

All die Schwere fiel mir von den Schultern, endlich einen Prozess gegen Simmons gewonnen zu haben. Sein Gesicht sprach Bände, als ich zielsicher aus dem Gebäude heraustrat und seinem tobsüchtigen Blick begegnete. Simmons Ryan stand an der Wand des Gebäudes angelehnt und schob die Sonnenbrille nach unten. Nur damit ich diesen verbitterten Ausdruck, den er mir schenkte, deutlich zu spüren bekam. Wenn sie alle nur wüssten, dass mich solche Einschüchterungstaktiken nicht kleinkriegten, sondern es mir sowas vom am Allerwertesten vorbeiging.

Jetzt mal wirklich: Wozu sollte ich mich von solch einem Dreckskerl einschüchtern lassen, der niemals hätte das Jurastudium antreten sollen? Jemand, der die Inkompetenz in Person war? Ich war immer noch der Ansicht, dass Ryan in einer Imbissbude besser aufgehoben wäre. Vielleicht würde er dort mehr Erfolg haben, seine Geschichten zum Besten zu geben, anstatt sich noch weiter in das Aus eines Scheidungsanwalts zu reiten. Seine Mandantin hingegen war völlig am Boden zerstört gewesen, nachdem der Richter ihrem Ex-Mann die Immobilien zusprach. Trotz, dass die naive Ziege sich bei Simmons ausheulte, empfand ich keine Spur von Mitleid. Wer nun mal der Meinung war, trotz guter Ehe mit einem Typen aus der Unterschicht in den Whirlpool zu steigen, hatte sowieso nicht mehr alle Latten am Zaun. Da grenzte es an kein Wunder, dass das Karma zurückschlagen würde.

Der eingebildete Simmons tröstete auf seine markante Art seine Mandantin über die Situation hinweg, bevor seine Blicke mich wie Pfeile durchbohrten. Ja, er bestand wirklich so sehr darauf, mich am Boden sehen zu wollen. Nur würde keiner seiner Blicke mich wie Pfeile treffen.

»Du bist ein Arsch, Larson!«, fauchte er in meine Richtung.

Ich ignorierte die Tatsache, dass er wirklich mit weiteren Beleidigungen um sich warf. Stattdessen richtete ich den Blick nach vorn und fischte mein Handy heraus. Ohne weiteres setzte ich mir meine Sonnenbrille auf und wartete in aller Ruhe auf meinen Chauffeur Phoenix, der mich seit zwei Jahren durch die Gegend kutschierte. Vor Jahren hatte ich mir ein eigenes Taxi zugelegt. Denn wofür benötigte ich einen Wagen, außer selbst in blödsinnigen Rushhours zu stehen und dann müsste ich auch noch selbst fahren. Ich wusste nicht einmal, ob ich je wieder so ein Auto bedienen könnte. Und wenn ich mir schon ein eigenes Taxi leisten konnte, wozu noch länger warten? Denn ich konnte es mir leisten, einen privaten Chauffeur zu haben, der mich von A nach B fuhr.

So kam es, dass ich damals diesem Taxifahrer begegnete, der ziemlich abgehetzt wirkte. Ich erinnerte mich gut daran, wie ich ihn einer Befragung unterzog und ihn testete. Eine halbe Stunde später, hatte er mich so von sich überzeugt, dass ich ihn ohne Wenn und Aber anheuerte. Es endete damit, dass die Taxifirma ihr Bestes gab, mich vor Gericht zerren zu wollen, weil ich aus ihrer Sicht einen von ihren Taxifahrern abgeworben hatte. Hätten die aber gewusst, dass ich dem Fahrer nur alle Fakten aufgezählt hatte und er von selbst das Ufer wechselte, dann wären sie nicht sämtliche von Unkosten und ihren alten Stammkunden, mich, losgeworden. Seitdem erwartete ich von Phoenix stets Flexibilität und Pünktlichkeit. In all den Jahren hatte Phoenix sich keinen Fehler erlaubt, außer dass er sich zwei Minuten verspätete und danach wirklich eine Predigt von mir zu hören bekam.

Unwillkürlich flogen meine Tasten über die Kontaktliste, übersprangen alle Namen, die mit W anfingen und blieben bei Phoenix Watson stehen. Sofort wählte ich seine Nummer. Es dauerte nicht lange, bis die Freisprechanlage durchging und mein Chauffeur meldete sich zu Wort.

»Hey Boss, wie ist's gelaufen?«

Ich ignorierte die Tatsache, dass Phoenix mir schon wieder mit Umgangssprache ankam. Dabei bezahlte ich doch keinen Chauffeur, der eine Inkompetenz in seinem Sprachgebrauch vorwies.

New Yorker, war das Erste, was mir in den Sinn kam. Sie waren dafür zu bekannt, umgangssprachlich und in ihrem New Yorker Slang zu reden.

Mir entwich ein leises Schnauben, bevor ich mich umdrehte und in die Sonne schaute, die mich trotz guter Sonnenbrille blendete. »Mr. Watson, wie oft soll ich Sie noch ermahnen, dass diese Umgangssprache bei mir nicht willkommen ist?«

Auch wenn es für andere als normal galt, empfand ich es respektlos.

Phoenix räusperte sich leise, wahrscheinlich kam er wieder ins Schwitzen. Das passierte jedes Mal, wann immer meine Tonlage schneidend war.

»Verzeihung Boss, wir New Yorker haben nun mal den einen oder anderen Slang und da fällt es mir schwer, mir diesen wieder abzugewöhnen und-«

»Und trotzdem bezahle ich Sie nur fürs Abholen.« Wutschnaubend starrte ich zum Gebäude. Noch bevor Phoenix sich eine Entschuldigung zurechtstammelte, presste ich die Lippen zusammen und stieß hektisch die Luft aus. »Der Ort lautet New York County Supreme Court. Sie finden mich vor den Treppen. Sollte es noch ein weiteres Mal vorkommen, dass Sie gegen meine Vorgaben verstoßen, können Sie von mir aus wieder den halben Tag in einem Taxi sitzen und gestresste Passanten von A nach B fahren. Ein letztes Mal lasse ich Ihnen das durchgehen, Mr. Watson.« Ich kappte die Leitung, bevor er antworten konnte.

Frustriert steckte ich das Handy in meine Anzugtasche und zwickte mir in den Nasenrücken. New Yorker! Manche von ihnen versuchten, jedem auf Augenhöhe zu begegnen, geschweige jedem ihre Coolness aufzuzwingen. Dort, wo ich herkam, hätten wir uns sowas nicht erlauben dürfen. Denn dort herrschten andere Sitten.

Es war eine bodenlose Frechheit, wie die Menschen mit dir umgingen. Selbst wenn man einen bescheidenen Ruf hatte, wurde man hier in jeglicher Hinsicht gedutzt. Kein Anreden mit dem Nachnamen, nein, hier galt jeder wie der andere. Ob in einer Bar oder in einem Restaurant. Die New Yorker brachten sich immer mit ihrem Gegenüber auf Augenhöhe. Egal ob Anzugträger oder normale Menschen, die sich sonst immer voneinander unterschieden.

Genau deswegen mied ich Bars und Restaurants. Es sei denn, mein Mandant verlegte seinen Gesprächstermin in ein Restaurant, wo wir alles Weitere besprachen. Ich erinnerte mich genau daran, wie mein damaliger Ex-Klient Mr. Wolters das Treffen eines Abends in einer dieser Bars vereinbarte und es in einem Desaster endete. Abgesehen davon, dass ich selbst von den Barkeepern frecherweise gedutzt wurde. Welcher Barkeeper erlaubte es sich einen Anzugträger zu dutzen? Richter durften auch nicht mit Vornamen angesprochen werden. Doch egal wo immer ich auch hinging, überall wirkten die New Yorker zu freundlich, zu cool und zu locker. Die einzigen Menschen, die mir das Du anbieten durften, waren Freunde, Familie und Bekannte. Nicht fremde Menschen, die sich mit mir auf dieselbe Stufe stellen wollten. Mr. Wolters hingegen hatte das Treffen nicht nur im wahrsten Sinne des Wortes versemmelt, sondern ich hatte freiwillig das Handtuch geworfen.

Immerhin arbeitete ich nur mit Mandanten zusammen, ohne eine Beziehung aufzubauen. Ich war nicht ihr Freund und ich war nicht dort, um Freundschaften zu knüpfen. Nein, sowas erlaubte sich ein erfolgreicher Anwalt, wie ich einer war, nicht. Je mehr eine Bindung zustande kam, umso mehr versuchte ich es wieder auf neutraler Ebene zu halten und das zu umgehen. Aber in dem Fall von Mr. Wolters brachte es mich vom Kurs ab und somit fasste ich den Entschluss, ihn nicht mehr als meinen Mandanten zu betreuen.

Inzwischen trat Simmons auf mich zu, nur um mir wieder mit seinem „Du kannst mich mal Gehabe" zu kommen. Wirklich und so ein Volldepp wurde Anwalt? Halleluja, wenn jeder wie bei der bescheuerten Serie Suits so weit kommen würde, dann wären wir Anwälte wirklich nur noch von Idioten umgeben.

Trotz aller Umstände ließ ich ihn zu mir kommen. Soll er mir doch ins Gesicht sagen, was er von mir hält. Ich hatte den Prozess gewonnen und das konnte mir so ein lächerlicher Simmons nicht mehr nehmen. Mit schnellen Schritten kam er auf mich zu, öffnete den Mund und die Schimpftirade brach wie eine Welle über mich ein.

»Larson! Sie wissen, dass meine Mandantin das Ferienhaus haben wollte! Wie konnten Sie nur so hundsgemein sein und zulassen, dass ausgerechnet der Ex-Mann, trotz des Geldes, das zugesprochen bekommt!«

»Indem er im Grundbuch eingetragen ist und sie nicht«, erwiderte ich trocken.

Simmons wusste nicht mehr mit sich umzugehen, sodass er erneut sein Mundwerk aufriss. Doch sobald seine Beleidigungen auf mich treffen würden, fuhr ich herum und schnitt ihm das Wort ab.

»Ich empfehle Ihnen, die Niederlage hinzunehmen, Simmons. Eventuell sollten Sie ihre Energie nicht mit solchem Blödsinn verschwenden. Sie haben doch noch andere Fälle, wo Sie einen Prozess gewinnen könnten. Nur heute war das Glück nicht auf Ihrer Seite.«

Simmons Kopf lief rot wie eine Tomate an. Gott, wenn ich ihn so sah, musste ich direkt an Tarantino Filme denken, wenn der eine oder andere Kopf platzte. Was für eine Tragödie, dass ihm der Kopf nicht explodieren würde.

Wie erwartet schluckte er die Worte hinunter. Er konnte die Wahrheit einfach nicht akzeptieren. Das konnte er nie. Trotzdem musste er wie immer das letzte Wort haben, was mich nicht interessierte. Denn sobald mein Handy klingelte und meine schwarze Limousine vor meinen Augen eintraf, winkte ich nur mit der Hand.

»Eines Tages wird das Karma auch Sie treffen, Larson! Auch Sie werden Niederlagen erleiden!«

Ein letztes Mal drehte ich mich zu Simmons um und lächelte ihm selbstgefällig ins Gesicht. »Ich gewinne immer Simmons. Das ist mein Erfolgsgeheimnis.« Damit drehte ich mich um und steuerte auf die Limousine zu.

Phoenix hatte die beste Entscheidung getroffen und nichts gesagt. Er hielt einfach seinen Mund, nervte mich nicht mit seinen stammelnden Entschuldigungsversuchen, sondern machte sich daran, mich zu meinem nächsten Ziel zu fahren.

Nachdem ich die Visitenkarte des Weinguts aus meinem Case herauszückte und Phoenix die Adresse genannt hatte, erreichten wir nach gefühlten Stunden das Geschäft Flatiron & Wine Spirits. Gabby und Bobby Coasters betrieben am Broadway einen Weinladen, in dem sie exklusiven Rotwein verkauften. Selbstverständlich hatte ich stets meinen Favoriten bei ihnen gekauft und zur Feier des Tages, durfte es heute ein ziemlich guter Rotwein sein, den ich zusammen mit meiner Verlobten Freya Martin trinken würde.

Unmittelbar wurde mir die Autotür von Phoenix geöffnet, dem ich das Zeichen gab, vor dem Laden zu warten. Erst als ich ausstieg und den Weinladen betrat, erfüllte die laute Klingel den ganzen Raum wie ein Echo, das überall widerhallte. Ich ließ die Tür ins Schloss fallen und drehte mich um.

Überall reihten sich Weinflaschen, Champagner und Spirituosen in den Regalen auf. Von außen mochte der Weinladen klein, aber fein sein, doch wenn man sich in das Gebäude begab, war es alles nur eine Frage der Perspektive. Der Laden erstreckte sich in eine dimensionale Weite. Ringsherum wurden Weinflaschen in den Regalen gelagert. Ob in Wein- oder Apfelkisten, ob in den Schaufenstern, die dekorativ ins Auge springen sollten oder im Eingang, wo nur ein kleiner Tresen stand. Man hatte das Gefühl, von Flaschen erschlagen zu werden. Trotzdem wirkte es beruhigend auf mich. Nicht, dass ich jetzt wie ein Alkoholiker rüberkomme, aber nichts ging über einen guten Wein zum Abschluss eines perfekten Tages. Ich feierte selbst die kleinsten Erfolge mit einer guten Flasche Champagner, Chardonnay oder Rotwein. Freya verehrte den Champagner, ich hingegen hatte einen teuren Rotwein ins Visier genommen.

Wie jedes Mal machte ich mir ein Bild von den Flaschen, betrachtete sie genauer und wartete, bis Bobby endlich kommen würde. Aber so wie er immer damit beschäftigt war, noch mehr Fässer und Flaschen einzulagern, konnte es wohl noch eine Ewigkeit dauern. Also lief ich in jeden Raum, nahm den Rotwein in Augenschein, bis ich schließlich von einer Person empfangen wurde.

»Oh hallöchen«, erwiderte eine Frau, die einen dunkleren Teint und Afrolocken besaß. Ein Blick in ihre Augen genügte mir, um zu wissen, dass diese Frau ziemlich jung zu sein schien. Sie wird mit Sicherheit noch nicht in ihren Zwanzigern sein. Mein Instinkt hatte mich noch nie zuvor getäuscht.

Das Mädchen, so bezeichnete ich sie mal frecherweise, kam mir wie eine von den coolen Teenagern vor. Eine mit Feuer. Sie trug ein weißes Shirt mit einer Latzhose und dazu weiße, prunkvolle Turnschuhe. Imaginär hatte ich angefangen, mit der Nase zu rümpfen. Also wenn das wirklich der neueste Schrei war, dann Gnade Gott dafür, dass der IQ des Teens nicht unter dem durchschnittlichen IQ-Wert lag. Hallo Neunziger, du hast dein Leben wieder im Griff. Fehlte nur noch Tupac aus der Radioanlage und das Ebenbild passte perfekt.

Das Mädchen trat an mich heran und sie riskierte mit ihren rehbraunen Augen einen Blick zu mir. Ihre Lippen waren lila. Das sollte also ein neuer Trend sein? Dass ich nicht lachte. Trotzdem riss ich mich zusammen und versuchte sie zu ignorieren. Doch wie es immer der Fall war, ließ sie ihren Blick über mich wandern.

»Dein Look is echt lit!«

Abrupt fuhr ich herum und kniff die Augenbrauen zusammen. Lit? »Pardon?«

Der Teenager grinste nur abfällig und feixte daraufhin: »Na, dass dein Look echt lit ist!«

Sofort hob sie die Hand und versuchte im wahrsten Sinne des Wortes mit mir abzuklatschen. Ich konnte nicht anders, als das Gesicht zu verziehen und mir wieder was zusammenzureimen. New Yorker und ihr Slang. Ich hätt's wissen müssen. Am liebsten hätte ich dem Mädchen erklärt, dass lit kein Wort war, aber weil sie mit Sicherheit mit Bobby verwandt war, ließ ich es bleiben. So kam es, dass ich den Ärger hinunterschluckte und ihr den Rücken zukehrte.

»Deadass! Du scheinst wirklich fies zu sein!«, antwortete sie wie aus einer Pistole geschossen. Ich lenkte meine Aufmerksamkeit auf das freche Biest, welches zuvor die Weinflaschen angestarrt hatte.

»Und ich habe mit Sicherheit einem Mädchen wie dir kein Du angeboten.« Ich schnalzte missbilligend mit der Zunge.

Das Mädchen kaute auf einem Kaugummi und fing an, damit eine große Blase zu machen. Als die Kaugummiblase zerplatzte, leider nicht mitten in ihr Gesicht, machte sie auf dem Absatz kehrt. In mir tobte ein Sturm. Was erlaubten sich meine Geschäftspartner, solch ein respektloses Biest in den Laden zu lassen? Die beste Werbung war es sicher nicht..

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Bobby hereintrat. Bobby, ein etwas stämmiger, kahlrasierter Typ, trug seine typische Bakers Boy Mütze. Das Mädchen war ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Nicht nur der Teint, sondern auch die Augen hatte sie von ihm.

Bobby zeigte wie immer sein breites Lächeln, was normalerweise jedem gute Laune bereiten müsste. Doch durch das vorherige Zusammentreffen mit diesem Teenager war mir das Lachen vergangen und ich presste die Lippen zusammen.

»Ah Mr. Larson!«, begrüßte er mich mit einem Händedruck und blieb auf dem Absatz stehen. Wie immer trug er eins seiner karierten Hemden, dazu Hosenträger und eine beige Hose. Ausgenommen von seinem abgewetzten Lederschuhwerk, hatte er Geschmack.

Ich konnte nicht anders, als stumm seine Hand zu schütteln. »Angenehm.«

Viele New Yorker konnten es gar nicht leiden, wie trocken ich ihre Begrüßung erwiderte, aber es war mir sowas von Latte. Bobby hingegen wusste, dass ich zu seinen besten Stammkunden zählte, sodass er darüber hinwegsah. Die Kleine starrte jedoch zickig in meine Richtung. Ich verzog ein wenig das Gesicht, als Bobby sich umgedreht hatte. Unerwartet streckte sie die Zunge in meine Richtung aus. Dieses Biest, dachte ich mir nur, bevor Bobby sich an mich wandte.

»Ich gehe davon aus, dass Sie wieder einen guten Rotwein kaufen möchten?«, fragte er und ich nickte nur stumm, bis ich mich räusperte.

»Ja, ich hätte gerne einen exklusiven Rotwein, der nicht zu trocken und nicht zu herb ist. Er soll genau im richtigen Maß sein.«

Bobby legte die Stirn in Falten und rieb sich das Kinn. Sofort holte er eine Flasche hervor und zeigte sie mir. »Wir haben einen guten Leoville Las Cases, Saint-Julien Jahrgang 1995. Er hat eine leicht süßliche Note.« Er winkte das Mädchen zu sich. »Kayce, würdest du mir bitte die Probiergläser von hinten holen? Mr. Larson sollte den Wein probieren dürfen.«

Kayce hieß sie also. Ich musterte sie eindringlicher, als sie trotzig das Kinn reckte. »Der möchte doch nur Wein trinken«, nuschelte sie und diese Umgangssprache trieb mich wahrhaftig in den Wahnsinn.

Allerdings ließ ich mir nichts anmerken, sah nur noch, wie Bobby ihr einen bösen Blick zuwarf und das Mädel tatsächlich gehorsam von dannen zog, um die Gläser zu bringen. Irgendwann öffnete er die Weinflasche, schenkte mir einen Schluck ein, dass ich den Wein inspizierte und anfing daran zu riechen. Schließlich nippte ich an ihm und verzog dabei das Gesicht. Zu süß. Zu süß. Einfach viel zu süßlich.

Kopfschüttelnd übergab ich Bobby das Glas. »Der Wein ist viel zu süßlich. Er müsste trockener und herber sein.« Freya würde den trinken, aber ich konnte kaum einen Schluck mehr davon nehmen.

Bobby lief auf und ab, nahm seine Schätze unter die Lupe, während ich vor dem Tresen stand und tief durchatmete. Dabei stieß Kayce zu mir, trottete auf den Tresen zu und nahm das noch gefüllte Weinglas in ihre Hände. Vor meinen Augen fing sie an, daran zu nippen, und zuckte mit den Schultern.

»Der Wein ist doch lit«, ergänzte sie und nippte erneut daran. Bevor ich ihr das Glas aus der Hand nahm und sie inspizierte.

»Du bist mit Sicherheit noch keine 21, um sowas trinken zu dürfen!« Mein strenger Unterton schien sie keinesfalls einzuschüchtern. Stattdessen reckte sie wieder das Kinn und fing an, mit Blicken zu wüten.

»Schon möglich, aber Dad kann nicht dauerhaft den angebrochenen Rotwein austrinken, verstehste?«

Sie wusste mit Sicherheit, dass ich diese Redewendung nicht ausstehen konnte. Natürlich wusste sie es. Schließlich war ich kein gebürtiger New Yorker, der Umgangssprache benutzte, sondern ich kam noch von der alten Schule. Trotzdem ignorierte ich sie, verbannte den Juristen in mir zurück in meine Gedanken und wartete, bis Bobby mit einer neuen Weinflasche zurückkam.

»Ich habe hier einen exklusiven Rotwein für Sie gefunden, Mr. Larson«, erklärte er. Unwillkürlich fiel sein Blick auf seine Tochter, die aus Versehen noch das Glas in den Händen hielt. »Gott im Himmel, Kayce Coasters!« Ruppig nahm er ihr das Glas aus der Hand und schimpfte mit ihr. »Du kannst doch nicht vor unseren Kunden anfangen, Alkohol zu trinken! Außerdem bist du noch minderjährig, wie soll das vor meinen Stammkunden ankommen?«

Mein schadenfrohes Grinsen, welches ich zur Schau stellte, erkannte Kayce sofort, die von ihrem Dad am Arm gepackt und herausgeworfen wurde.

»Wenn du schon dabei bist, nichts als Unsinn im Kopf zu haben, kannst du mir jetzt liebend gern einen Bagel holen gehen. Hier hast du das Geld.« Damit schickte er sie nach draußen, bis er sich entschuldigend an mich wandte. »Es tut mir leid, Mr. Larson, aber die Teenies denken heutzutage nur noch an sich. Also, wo waren wir stehen geblieben?«

»Sie wollten mir den Rotwein zeigen«, stellte ich nüchtern fest.

»Oh ja, richtig! Also ...«, begann er langsam. Bobby umklammerte die Rotweinflasche und hielt sie mir unter die Nase. »Das hier ist ein Prachtexemplar, Mr. Larson. Wir haben hier einen Chateau Margaux, Jahrgang 1989. Er hat eine trockene, erdige Note und wird Ihnen auf der Zunge zergehen. Ich versichere es Ihnen.«

Seelenruhig schenkte Bobby mir das Glas ein. Sobald er es mir reichte, nippte ich daran und spürte, wie mein Innerstes nach mehr schrie. Wie Bobby es voraussagt hatte: Ich würde nicht enttäuscht sein. Der Wein gefiel mir außerordentlich gut. Mehr als gut. So gut, dass ich nicht länger zögerte und meine Brieftasche hervorholte. »Ich nehme ihn.«

Bobby kniff die Brauen zusammen. »Sind Sie sich wirklich sicher? Ich habe Ihnen den Preis noch nicht genannt und-«

»Mr. Coasters, wenn mir ein Rotwein schmeckt, und er mir wie Schokolade auf der Zunge zergeht, dann habe ich meine Entscheidung getroffen. Also, wie soll ich bezahlen?«

Geld war für mich kein Thema. Ich hatte genug davon. Ich besaß ein großes und teures Apartment in der Park Avenue, welches Freya sich mehr zum Nutzen gemacht hatte, als ich es jemals tun würde. Während mein Büro mehr zu einem Schlafzimmer fungierte, kam ich lediglich nur ins Apartment, wenn nichts mehr anstand. Egal wie teuer die Miete von $5000 auch sein mochte, das Apartment zeigte einen wunderbaren Ausblick auf die Skyline und Wolkenkratzer Manhattans. Darauf kam es mir an. Jedes Mal in den Genuss des Ausblicks der Stadt zu kommen, die niemals schlief. Jeden Tag aufzuwachen und festzustellen, endlich im Leben groß herausgekommen zu sein.

***

Gedankenverloren drückte ich meinem Chauffeur das Geld in die Hand. »Das ist für Sie, Mr. Watson. Sie können sich das Wochenende von mir aus freinehmen.«

»Oh, ich danke Ihnen, Boss.« Pure Dankbarkeit zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als ich ihm die 200$ überreichte, die er direkt einsteckte.

Wortlos nahm ich den Karton, in dem sich der kostbare Wein befand, in meine Hände und nickte dem Chauffeur zu. Dabei saugte ich ein letztes Mal die Umgebung wie ein Schwamm auf und drehte mich zu dem Gebäude um. Inzwischen war der Himmel in die dunkle Farben der Nacht getaucht, die Sterne funkelten und die Dächer der großen, heruntergekommenen Gebäude reflektierten den Mondschein.

Einzig und allein, ein weißer Lieferwagen fiel mir ins Sichtfeld, der mir ein Dorn im Auge war. Ein Blick auf den chaotischen Schriftzug und mir wurde bewusst, dass es der Maler war, den ich für mein neues Büro angeheuert hatte. Ich hatte der Malerfirma in Auftrag gegeben, mein Büro grau streichen zu lassen. Damit würde der dunkle Mahagonitisch, den ich letztens im Möbelladen ersteigert hatte, endlich richtig zur Geltung kommen. Wenn ich also in Zukunft Mandanten zu mir nach Hause einladen würde, durfte ich mir nicht erlauben, Möbelstücke mit abgeblätterter Farbe im Zimmer stehen zu haben.

Also ließ ich Rhiannon, meine Sekretärin, die Zeit damit vergeuden, mir gute Malerbetriebe herauszusuchen, was sie ohne weiteres gemacht hatte. Am Ende vereinbarte sie in meinem Namen drei Termine, bei denen ich mir die Maler genauer anschauen konnte, denn nicht jeder durfte einfach in mein Büro hineinspazieren und es direkt renovieren. Nein, es musste aus Profihand geschehen. Und weil so viele Handwerker zurzeit schlampig arbeiteten, bevorzugte ich einen flexiblen, jungen Burschen, der meinen Worten Taten verlieh.

Mittlerweile sah ich über den schäbigen Lieferwagen hinweg, als ich kopfschüttelnd zum Gebäude trat und meinen Schlüssel hervor nahm. Schließlich sperrte ich die Tür auf, ließ sie hinter mir ins Schloss fallen und marschierte zum Fahrstuhl. Gelangweilt wartete ich geschlagene Minuten, bis der Fahrstuhl endlich aufspringen und sich in Bewegung setzen würde. Hastig tippte ich das 7. Stockwerk ein und zählte die Sekunden, bis ich endlich Zuhause sein würde. Ein Blick in den Spiegel des Fahrstuhls zeigte mir, dass mir die Müdigkeit wahrhaftig ins Gesicht geschrieben stand.

Ich hatte hart an diesem Fall gearbeitet, dass ich mir wirklich vorgenommen hatte, eine Pause einzulegen. Eine Woche Urlaub dürfte mir und meiner Verlobten nicht schaden. Eine Woche wollte ich wirklich abschalten und Zeit mit meiner baldigen Ehefrau verbringen. Während Davis mit Jade nach Indien gereist war, blieb ich in New York und rettete eine Scheidung nach der anderen.

Erst als die Fahrstuhltür aufsprangen, trat ich hinaus, hielt die Kiste fest und strebte auf meine Wohnungstür zu. Als ich mir gerade meinen Wohnungsschlüssel vorknöpfen wollte, tippte ich die angelehnte Haustür an. Sie war nicht abgeschlossen.

Skepsis lag in meinem Blick, während ich die Hand auf dem Türknauf verharren ließ und die Tür sperrangelweit aufstieß. Ich hatte Freya schon mal gesagt, dass sie nicht vergessen sollte, die Türen zu verriegeln. Es war ja nicht so, dass Einbrecher hier in meine Wohnung einbrechen und sich an meinem Safe bedienen könnten.

Völlig auf das Desaster fokussiert, wollte ich zu Freya stürmen und sie dafür anmachen. Der Ärger war vorprogrammiert. Doch als ich schnaubend die Tür hinter mir zudrückte, verlor ich beinahe das Gleichgewicht, weil ich fast den Eimer im Flur umgestoßen hätte.

Ich inspizierte den Pott und Wut kochte in mir hoch. Was zum Teufel hatte ein blöder Eimer hier in meinem Flur zu suchen? Wieso konnte man sich nicht einmal nicht auf seine Partnerin verlassen, dass die Sachen weggeräumt werden? Es konnte doch wohl nicht so schwer sein, einmal meinen Bitten nachzugehen.

Wutschnaubend bückte ich mich nach unten, schnappte mir den Deckel, der beinahe auf das Laminat gefallen wäre und presste ihn auf den Eimer.

Automatisch fiel mein prüfender Blick auf die offene Bürotür. Um mich wirklich zu versichern, dass mein Büro endlich fertig gestrichen wurde, atmete ich tief durch und marschierte mit schnellen Schritten ins Büro. Ein ungutes Gefühl kam in mir auf, als ich die Tür leicht anstupste und mich traf der Schlag.

Mein Büro, die Möbel noch immer in Folien gewickelt, war weder in Grautönen gestrichen, noch hatte man die Tapeten eingesetzt. Nein, stattdessen fand ich mein Büro in dem Zustand vor, so wie ich es am frühen Morgen hinterlassen hatte. Ich krieg die Krise.

Wutschnaubend stürmte ich auf meinen Tisch zu und entdeckte einen Pinsel, dessen graue Farbe auf meinen Tisch tropfte. Was für ein Schlamassel! Der Handwerker war an Inkompetenz nicht zu überbieten und zu schusselig gewesen, selbst den teuren Mahagonitisch mit Folie abzudecken. Ziemlich enttäuscht fuhr ich mit meinem Zeigefinger die Farbspur nach und bemerkte, dass ein großer Teil davon inzwischen getrocknet war. Was für ein Chaos, jetzt könnte ich den Mahagonitisch zum Restaurator bringen. Als hätte mich dieses ganze Desaster nicht schon ein Vermögen gekostet.

Eine große Welle an Enttäuschung kam bei mir hoch. Ich wollte mir ein Bild von dem Desaster machen, damit ich mir gleich am nächsten Morgen die Leitung des Malerbetriebs vorknöpfen konnte. Doch plötzlich wurde meine Wut vertrieben, als ich nebenan Geräusche hörte.

Ein ungutes Gefühl beschlich mich erneut. Was ging hier vor sich? Eigentlich müsste Freya auf mich warten und mich vernaschen wollen. Schließlich habe ich ihr doch hoch und heilig versprochen, sie heute wirklich verwöhnen zu lassen. Unwillkürlich fischte ich mein Handy heraus, suchte ihre Nummer, bis ich mir das Handy ans Ohr presste. Mein Herz schlug wie aus den Fugen und in Hoffnung, sie würde endlich an das Mistding gehen, horchte ich nach einem bekannten Frozen Klingelton, der aus der Küche kam. Völlig irritiert starrte ich mein Handy an, huschte in die Küche und entdeckte tatsächlich Freyas rotes iPhone. Aber meine Augen verharrten auf dem gedeckten Tisch. Rotwein, Sushi und Pasta standen auf dem Tisch.

Ich ignorierte die Unordnung und machte mich daran, den Kassenbon aufzusammeln, der auf der Anrichte lag, nur um den Preis unter die Lupe zu nehmen. Jedoch wurde ich mit etwas anderem abgelenkt. Auf der Couch befand sich eine weiße Spur. Auf meiner schwarzen Ledercouch wurde etwas verschüttet.

In mir wütete der Sturm. Jetzt war mir wirklich jede gute Laune vergangen. Wie oft hatte ich mit ihr darüber diskutiert, dass meine Sachen nicht schmutzig gemacht werden sollten.

Ein leises Geräusch ließ mich aufhorchen. Ich drehte mich abrupt um und kniff die Brauen zusammen. Es kam aus dem Schlafzimmer, schoss es mir durch den Kopf. Noch bevor ich wusste, was ich tat, schnappte ich mir die Kiste und presste sie unter meinem Arm. Irgendetwas wurde hier gespielt, mein Instinkt hatte mich noch nie im Stich gelassen.

Während in mir der Sturm tobte, und meine Finger sich in den Karton bohrten, stellte ich mir nur diese eine Frage: Was ging hier vor sich? Meine Neugierde wurde so groß, dass ich den Entschluss fasste, einen Blick ins Schlafzimmer zu werfen.

Nur um danach in Erfahrung zu bringen, dass ich scheinbar in ein Netz voller verstrickter Lügen geraten war und all meine Hoffnung auf einen Schlag zerstört wurden.


Es geht los! Trommelwirbel!

Und was meint ihr wird als nächstes kommen? 

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