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♯Cнαpтer O5 ~ Tнe Gιrl Iɴ Tнe Mιrror.

Hᴀʟʟᴏ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!

So, nach einigen Wochen endlich mal wieder ein Update! Sorry, dass es so lange gedauert hat - ich hatte echt viel um die Ohren ... Schule ist ziemlich anstrengend und die vielen Hausaufgaben nerven, aber das kennt Ihr ja sicher! Wie auch immer, wie jedes Mal hoffe ich natürlich, dass Ihr dieses Kapitel mögen werdet und es Euch gefällt. Ich hoffe außerdem, dass ich fürs nächste nicht ganz so lang brauchen werde, aber versprechen kann ich leider nichts. Besonders zum Updaten motiviert haben mich Eure wunderbaren Kommentare zum letzten Kapitel - Dank hierbei an Lini26, Nakita_Herondale, BlackGirlNumber1, xLeaClatox und Like_it! Ich hoffe, Ihr kommentiert auch dieses Kapitel wieder fleißig! Ich wünsche Euch ganz herzlich:

Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ! Eυre Zoey <3

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♯Cнαpтer O5 ~ Tнe Gιrl Iɴ Tнe Mιrror.

»Even when you thought, you have reached the absolute perfection, somebody snatches the ground beneath your feet away, and you land on the deep cold ground with no one who cares for you ... Just your own old memories from the past remind you of somebody you knew.«

Ich schlief gar nicht gut in dieser Nacht. Vielleicht hätte mir klar sein sollen, dass ich wohl keine fröhlichen Träume haben würde, nach der bedrohlichen Verfolgung durch die Friedenswächter im dunklen Wald und meinen schmerzenden Knochen, doch vor dem Einschlafen hatte ich mir wirklich keine großen Gedanken darüber gemacht. Und nun war es zu spät.

Während mich im Schlaf grausige Monster; mit den Greifern klackernde Spinnen; und zu Wölfen mutierte Friedenswächter jagten, und somit in Angst und Schrecken versetzten, gab es jedoch auch einige schöne Momente in meinen Träumen ... Wie das wohlige Gefühl der Wärme von Sonnenstrahlen auf meiner Haut; den zarten und verheißungsvollen Duft von Flieder; und nicht zuletzt, die unendliche Weite des blauen Himmels, welcher sich über meinen Kopf spannte wie eine Kuppel, und mir das Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit verlieh. Der letzte einschneidende Traum, der sich jedoch am allermeisten in mein Gedächtnis einprägte, und sowohl Schreckliches als auch Schönes in sich vereinte, war der Umriss einer wunderschönen Wiese. Die gemütliche Wärme und doch Unerreichbarkeit der Sonne, und die trostlose Kälte des Winters im Gegensatz dazu. Der Geruch von Moder und Honig. Und plötzlich veränderte sich alles und ein weiteres Bild blitzte in der Dunkelheit auf.

Es war seltsam verschwommen, beinahe so, als würde man sich einen unscharfen, alten Film ansehen, und trotzdem war es bedrohlich lebensecht.

Tag und Nacht, vereint, inmitten einer fremden Welt. Sonne und Mond, am immer dunkler werdenden Himmel; um die Herrschaft ringend; einzig und allein erhellt durch einen flackernden Feuerschein. Licht und Finsternis, auf zwei gegenüberliegenden Seiten, die aussichtslos und brutal miteinander kämpften. Leben und Tod, die sich in einem schrecklichen Strudel aus Hass und Liebe miteinander vereinten und unaufhaltsam aufeinander zurückten.

Und inmitten all dieser Gegensätze ...

Inmitten all diesem Chaos, ein Mädchen, was eine verblüffende Ähnlichkeit mit mir selbst aufwies ... und doch nicht wirklich ich sein konnte.
Ein Mädchen, mit der blutdurchtränkten Uniform einer Soldatin. Gehüllt in einen schwarzen Lederanzug, hochgeschlossen bis zum Hals.

Ärmellos und mit Blut bedeckt. Hinter ihr, eine Armee von Kriegern, alle leicht bekleidet, in Sandalen und Tuniken. Die Haare im Wind wehend, die Augen achtsam und weit geöffnet; stets auf die Schritte ihrer Feinde lauschend.
Auf dem Rücken ein Köcher voll roter Pfeile mit scharfen Spitzen, von Pech durchtränkt. Ein langer schwarzer, perfekt dazu passender Bogen in der Hand, Messer in Holstern an den Beinen. Die Gewehre geschultert.

Und im Hintergrund der vage Umriss einer zerstörten Stadt, die in Trümmern lag, jedoch noch immer von Hovercrafts bombardiert wurde. Feuer und Rausch mischten sich ineinander und verstopften die Lungen der Flüchtenden.

Etliche Menschen wurden unter ihren Häusern begraben und von den Trümmerteilen schwer getroffen. Und die Armee marschierte, angeführt von dem Mädchen, was mir so verdammt ähnlich sah, immer weiter.

Sie kümmerten sich nicht um die Gefallen. Sie trauerten nicht um die Toten. Sie marschierten gleichgültig auf eine weitere Stadt zu, die sich mächtig und stolz in den Himmel erhob. Das Kapitol. Die Hauptstadt. Das Ziel.

Und als die ersten Bomben fielen und das Schreien der Menschen zu einem Tosen wurde, welches allen die Augen öffnete, da sah das Mädchen mich plötzlich an. In ihrem Blick lagen Wut und Hass, doch auch Schmerz.

Unendlicher Schmerz. Tiefer Schmerz. Und ich wusste: All das hatte ich zu verschulden. All die Toten. All die Verletzten. All die Zerstörung und das ganze Chaos. Diesen Krieg. Es war alles meine Schuld.

Schreiend schreckte ich aus dem Schlaf. Panisch, und halb in der Erwartung, die Trümmer der zerstörten Stadt und das Schreien der Menschen zu hören, sah ich mich um. Nichts. Ich war in Sicherheit. Ich befand mich in meinem kleinen Zimmer, was nun von Sonnenstrahlen durchflutet wurde. Ich seufzte zitternd und Erleichterung machte sich in mir breit. Es war seltsam, wie intensiv der Traum gewesen war. Wie detailliert und erschreckend real.

Ich konnte noch immer den beißenden Rauch und den Gestank des Todes riechen. Ich konnte noch immer den bitteren Beigeschmack der Angst auf meiner Zunge schmecken. Ich spürte noch immer die Trauer um die Menschen, die von Rauch und Feuer eingeschlossen worden waren und darin untergingen, auf meiner Haut. In meinen Tränen, um genau zu sein, die mir im Schlaf die Wangen hinunter gelaufen sein mussten. Hektisch atmend strich ich mir mein verschwitztes Haar aus der Stirn, wischte die Tränen fort, und wagte einen schnellen Blick zum Fenster, welches weit offen stand. Die Sonne schien gleißend hell, und der Wind schickte seine Brisen kühl und erfrischend bis zu meinem Bett. Doch eine Sache überschattete dieses Bild:

Heute war der Tag der Ernte.

»Clove! Wenn du nicht sofort nach unten kommst, dann setzt es was!«, brüllte mein Dad lallend von unten hinauf. Ich verdrehte seufzend die Augen, sprang hastig unter die Dusche und beeilte mich dann mit dem Anziehen. Viel hatte ich sowieso nicht in meinem kleinen Schränkchen aus Kirschbaumholz; nur ein paar Shirts, Pullis, Hosen, und einige wenige Kleider, plus Unterwäsche, durfte ich als mein Eigen bezeichnen. Und mal ehrlich - selbst die Kleider sahen schon so abgetragen und knittrig aus, dass man bereits auf dem ersten Blick erkennen konnte, aus welcher Schicht ich stammte. Aber was soll’s. Es ließ sich nun mal nicht ändern, denn ich konnte mir ja schlecht einfach ein Säckchen voll Geld herbeiwünschen, und schon würde es auf unserem Küchentisch erscheinen. So etwas geschah nun mal leider nur im Märchen.

Ich war gerade dabei, mir ein togenähnliches - bei der Ernte war es seit jeher Tradition, dass alle jungen Mädchen und Frauen elegante, weich fallende Togen trugen, die aussahen, wie im alten Römischen Reich, nach dem unser Distrikt schließlich auch erbaut worden war - hellblaues Kleid auszusuchen, da zögerte ich plötzlich. Inmitten meiner hellen und etwas farblosen Kleider - allesamt aus leichtem, weichem Stoff - blitzte mir auf einmal etwas sehr Farbenfrohes, Rotes entgegen. Ich merkte auf und das hellblaue Kleid glitt mir aus den Fingern. Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen. Da war etwas ... Eine dunkle Kleiderhülle, aus der ein wunderschöner, fließender Stoff hervorschaute, der der satten Farbe einer aufgeblühten Rose ähnelte ...

Mühelos fuhren meine Hände durch das weiche Material meiner Kleider, bis sie schließlich vorsichtig die schwarze Hülle herauszogen, die sich ganz hinten in meinem Kleiderschrank verborgen hatte. Als ich jene endlich hervorgeholt, und auf meinem kleinen Bett platziert hatte, fiel eine weiße Karte heraus und segelte zu Boden. Stets darauf bedacht, die Kleiderhülle nicht zu zerknittern, hob ich die Karte vom Holzboden auf. Zuerst blickte mir nur das weiße Briefpapier trist und leer entgegen, und ich dachte schon, es wäre bloß ein Beipackzettel oder etwas in der Art gewesen, bis ich Schlaumeier - ja, ein Moment in meinem Leben, den ich lieber schnell wieder vergessen wollte - die Karte umdrehte und ich plötzlich schwarze Schrift auf weißem Untergrund zu Gesicht bekam. Tadaah. Ich seufzte und schalt mich innerlich für meine Blödheit. Der nächste Schlag gegen mich erfolgte, als ich mir die Handschrift genauer ansah. Diese enge, geschwungene Schrift, von der ich genau wusste, dass sie nur meiner Mutter gehört haben konnte. Sie vermittelte mir ein seltsames Gefühl von Furcht und kaum unterdrückter Sehnsucht.

Mein Magen zog sich ungut zusammen, als ich den vertrauten Duft von Flieder und Rosen wahrnahm, der von der Karte ausging.

Mit zitternden Händen und bebendem Herzen zwang ich schließlich meine Augen dazu, die eng miteinander verknüpften Wörter zu lesen, die meine Mutter so sorgfältig für mich hinterlassen hatte. »Für mein Mädchen an ihrem Erntetag. Möge es Dir Trost und Mitgefühl geben ... Da ich nicht mehr da sein werde, wenn Du dies liest. Ich weiß, ich habe Fehler gemacht. Wir alle haben das. Verzeih mir. Ich will, dass Du weißt, dass ich Dich liebe. Von ganzem Herzen. Bewahre mein Andenken gut. Mom.«

Ich musste mir auf die Lippe beißen, um nicht in Tränen auszubrechen. Was zum Teufel hatte diese Karte zu bedeuten? Sie hatte Fehler gemacht? Welche? Sich in meinem Vater zu verlieben und ihn zu heiraten? Mich zur Welt zu bringen? Was für einen Fehler meinte meine Mutter? Und warum sollte ich ihr vergeben? Dafür, dass sie nicht mehr hier war? Aber das war doch nicht ihre Schuld gewesen! Mein Vater hatte sie schließlich getötet ...

Müde legte ich die Karte beiseite und lehnte mich gegen den Kleiderschrank. Warum nur hatte meine Mutter diese Kleiderhülle vor mir versteckt? Sie musste gewusst haben, dass ich sie finden würde. Und nur ich. Die Botschaft war eindeutig an mich gerichtet, da gab es keine andere Möglichkeit. Sie musste gewusst haben, dass mein Vater alles verbrennen würde, was ihr gehört hatte ... Und sie hatte nicht gewollt, dass diese Hülle das gleiche Schicksal ereilte.

Hieß das etwa ... Hatte sie etwa gewusst, dass sie sterben würde?

Doch woher? Was zum Henker hatte sie veranlasst, mir diese Kleiderhülle zusammen mir einer Grußkarte zu schicken?

Was, wenn ich sie nie gefunden hätte?

Aber das hast du, murrte eine kleine Stimme in mir. Und jetzt sieh dir endlich das an, von dem deine Mutter wollte, dass du es siehst! Seufzend kam ich der Aufforderung nach und faltete sorgfältig die Kleiderhülle auseinander. Zum Vorschein kam ein atemberaubend schönes rotes Abendkleid.

Es war aus einem weichen Stoff genäht worden - ganz dem entsprechend, was alle am Erntetag tragen würden - doch da war noch etwas anderes. Der Stoff war nicht so ... gewöhnlich wie der meiner anderen Kleider. Er war schwer und lag seidig glänzend in meiner ausgestreckten Hand. Wenn es stimmte, was meine Mutter geschrieben hatte - und ich war verdammt gut darin, zwischen den Zeilen zu lesen - dann hatte dieses Kleid einmal ihr gehört. Ihre Finger hatten über den zarten Stoff gestrichen, genau wie in diesem Moment meine. Ich seufzte und befühlte den feinen Saum des Kleides, bevor ich einen Entschluss fasste, und mir das Kleid kurzerhand über den Kopf zog.

Ohne mein Aussehen zu überprüfen, begann ich dann, meine Haare herzurichten und mich ordentlich zu schminken. Bevor ich mein Zimmer schließlich ganz verließ, warf ich noch einen kurzen Blick in den Spiegel.

Ich sah eine verschwommene Gestalt mit braunen langen Haaren in einem roten Kleid ... Ich stutzte und lief so dicht an den Spiegel heran, dass mein Atem bereits die Glasscheibe berührte und einen undeutlichen Hauch darauf warf. War das wirklich ich dort im Spiegel? Sah ich tatsächlich so ... wunderschön ... und doch so verletzlich aus? Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen und musterte mein Spiegelbild eingehend.

Das Mädchen, was mir aus unschuldigen braunen Augen entgegen blickte, wies beinahe keinerlei Ähnlichkeit mit dem auf, was sich keinen Deut um Klamotten und Aussehen scherte, und dessen Lieblingsbeschäftigung es war, gemeinsam mit Cato den Wald unsicher zu machen - was endlose Wandertouren, heimliche Picknicks am Strand und Baden im See beinhaltete.

Nein, das Mädchen, was mir jetzt entgegen starrte, sah aus, wie eine der vielen reichen Bürgerinnen auf den von Goldadern durchzogenen Straßen Distrikt zweis. Ich trug ein atemberaubend schönes Abendkleid in einem tiefen Rotton, welcher wirkte, als wäre er aus den Innenbättern einer aufgeblühten Rose gemacht worden. Von meinen Schultern an, fiel der Stoff sanft wie ein Wasserfall herab bis zu meiner Tallie und ließ so einen tiefen V-Ausschnitt entstehen. Knapp unterhalb meiner Brust wurde der weiche Stofffluss dann plötzlich abrupt von einem dunkelroten Seidenband gestoppt, was sich wie eine verschlungene Ranke um meinen Körper wickelte. Von meiner Hüfte abwärts, rauschte der Stoff schließlich locker bis zu meinen Knien.

Das Kleid war tatsächlich ein wahr gewordener Traum.

Es versprühte Eleganz, Erhabenheit und Stolz. An meinen Handgelenken funkelten die traditionellen goldenen Armreifen, die an die alten Römer erinnerten, und die jeder Bürger von Distrikt zwei zur Ernte freudig anlegte. Sie waren in unserem Distrikt ein Zeichen des Sieges und der Ehre.

Alle - Männer wie Frauen - trugen sie mit Stolz. Mich dagegen erinnerten sie oft an die Armreifen, die Mädchen in früheren Zeiten als Sklavinnen kennzeichneten, doch niemand aus meiner nächsten Nähe schien das ähnlich zu sehen ... Obwohl wir bei genauem Nachdenken doch genau das waren ... Sklaven des Kapitols ... Sklaven ihrer lächerlichen Hungerspiele ... Und doch bemerkte es keiner. Und doch schenkte dem keiner Beachtung, da die Freude am Triumph und die Gier nach Blut alles andere in den Schatten stellte.

Manchmal schämte ich mich wirklich für meinen Distrikt. Manchmal verachtete ich sie alle für ihre Dummheit ... Ihre Unwissenheit und ihr Verlangen nach Macht und Reichtum, die sie blind für alles andere machten ...

Doch wenn einem jeden Tag die Worte »Stärke«, »Loyalität« und »Weisheit« vorgehalten wird - der Wahlspruch der Akademie, wie Ihr sicher noch wisst - dann verblasst alles andere im Gegenzug dazu. Dann verblassten all die Zweifel am System. Die rebellischen Gedanken von Umsturz.

Die Verlockung eines Neubeginns.

All das verblasste im Gegenzug zu Blut, Mord und Tod. Ich seufzte und richtete meinen Blick wieder auf das Mädchen im Spiegel, wobei ich diesmal etwas kritischer auf mein äußeres Erscheinungsbild einzugehen versuchte.

So viel auszusetzen gab es jedoch nicht.

Die dunklen Augen mit noch viel dunkleren schwarzen Kajalstrichen umrandet, welche an meinem äußeren Augenrand schließlich mit einem eleganten Schwung nach hinten ausliefen; die dichten Wimpern stark betont, sodass sie meine außergewöhnliche Augenfarbe noch stärker hervorhoben; mein Dekolleté mit Goldpuder beglitzert; meine Lippen in einem dunklen Rotton, der an mein Kleid erinnerte; die Haare zu einer eleganten Frisur hochgesteckt, sodass sie auf einer Seite in leichten Wellen herunterfielen und meine andere Schulter vollkommen frei ließen, war ich verdammt knapp daran, absolute Perfektion zu erreichen. Doch trotz all dieser ganzen Schönheit - ich hatte mir echt Mühe gegeben, mein Gesicht so perfekt und puppenhaft aussehen zu lassen - fühlte ich mich kein bisschen perfekt. Denn ich passte einfach nicht zu diesem eleganten Mädchen, was mir da aus dem zerkratzten Spiegel abschätzend entgegen blickte. Das war nicht ich, so sehr ich mir auch das Gegenteil vorzumachen versuchte. Ich passte nicht hierher.

Ich passte nicht zu diesen weiten Straßen mit ihren Goldadern, dem Marmor und den funkelnden Diamanten, die jedes Mädchen in der Stadt im Haar trug, und die direkt aus den Bergwerken unseres Distrikts stammten. Ich war weder elegant, noch war ich wunderschön. Ich war nicht perfekt. Kein bisschen. Aber genau das war es, was man in meinem Distrikt verlangte.

Absolute Perfektion. Nichts anderes.

Darum bemühte ich mich angestrengt, meine Augen nicht mehr ganz so traurig ausschauen zu lassen, und zwang mich stattdessen zu einem fröhlichen Lächeln. Doch es half alles nichts, denn noch immer wirkten meine braun grünen Augen blicklos, verlassen und hoffnungslos. Ich seufzte und sah zu, wie sich mein schön geschminkter Mund zu einer grimmigen Linie verzog.

»Clove! Nach unten! Sofort!« Ich stöhnte.

Das Wort »Sofort« verlieh dem Ausruf einen bedrohlichen Klang.

Ich sollte jetzt wohl besser machen, dass ich nach unten kam. Ich warf noch einen letzten Blick auf das Mädchen im Spiegel.

Seine Schultern waren leicht nach vorn geneigt, unterstrichen damit die Angst und Hilflosigkeit, welche ich tief in meinem Herzen verspürte. Und wieder fragte ich mich: Bin das wirklich ich? Oder war es jemand anderes? Jemand, von dem ich hoffte, es könne irgendwann einmal ich sein? Jemand ... Ja, jemand Perfektes? Das perfekte Bild, von dem, was ich jemals erreichen konnte ...

Und doch wies es zu viele Schönheitsfehler auf. Und doch fühlte ich mich nicht perfekt. Und doch konnte ich niemals wirklich dieses perfekte Ebenbild meiner selbst erreichen. Also ... Wer war das Mädchen im Spiegel wirklich?

Wer ... wer war meine Mutter wirklich gewesen?

War sie so gewesen, wie ich immer gedacht hatte? Oder anders? Der Brief hatte mich mehr verunsichert, als ich mir selbst eingestehen wollte. Ich wusste nicht mehr, wie ich sie jetzt sehen sollte. Was zum Teufel hatte sie nur gemeint, als sie schrieb, sie hätte Fehler gemacht und ich sollte ihr verzeihen?

Ich hatte keine Antworten mehr.

Außerdem war es sowieso hoffnungslos. Ich würde nie erfahren, was damals mit meiner Mutter geschehen war. Es war vorbei. Die Zeit Fragen zu stellen und darauf eine Antwort zu erhalten, war längst abgelaufen.

Ein Mal im Jahr - nämlich am Tag der Ernte - würde ich dieses mir unbekannte Mädchen im Spiegel anstarren; würde meine Schönheit anstarren, die ich sonst immer verbarg. Ich würde für einen einzigen Tag zu dieser vertrauten Fremden werden, die kaum einer jemals erkannte.

Und trotzdem brauchte ich dieses Mädchen nicht.

Ich brauchte diese Perfektion nicht.

Mein Leben war geprägt von Schmerz, Wut und Hass.

Dort war kein Platz für perfekte Menschen, die unvergleichlichen Schaufensterpuppen ähnelten. Eilig wandte ich mich um, kehrte dem Spiegel den Rücken zu und schloss endgültig die Tür hinter mir.

Ich warf keinen Blick mehr zurück. Sobald die Tür ins Schloss zurückgefallen war, war auch das Mädchen im Spiegel verschwunden.

Das Erste was ich sofort sah, als ich in die Küche kam, war mein Vater, der sich auf einen kleinen Küchenstuhl geworfen hatte. Seinen liederlichen, verdreckten Klamotten nach zufolge, auf denen ich noch das halbe Abendessen von gestern identifizieren konnte, hatte er wohl hier unten übernachtet ... Also hätte ich mir gestern Abend gar keine Sorgen machen müssen, dass er mich entdecken könnte, so betrunken wie er immer war ...

Wie zur Bestätigung, sah ich auf dem Boden eine zerschellte Flasche Schnaps liegen. Ich seufzte. Auf dem Tisch, vor meinem Vater, befand sich auf einem zersprungenen Teller eine halbe Brotscheibe mit Truthahn, welchen ich vor ein paar Tagen mit Cato im Wald erlegt hatte. In einer Hand hielt mein Vater das Besteck, in der anderen - natürlich - eine geöffnete und nur noch halbvolle Flasche mit purem Wodka. Ich seufzte erneut. Na klasse.

Am Tag der Ernte war er also am Morgen schon betrunken. Gott, war das peinlich. Dem scharfen Geruch nach zufolge, den er verströmte, hatte er seit Wochen nicht geduscht oder gebadet. Ich schüttelte mich und und lächelte ihn verkniffen an, was er jedoch vollkommen zu ignorieren schien.

Teilnahmslos und mit glasigen Augen schlürfte er seinen Wodka und nahm ab und zu einen Bissen von seinem Frühstück.

Ich stöhnte. »Schönen Guten Morgen auch, Dad«, murmelte ich leise und schnappte mir ein Glas Orangensaft aus dem kleinen Kühlschrank.

»Was hast du gesagt, Clove?«, brüllte mein Vater und kippte sich gereizt noch ein paar Tropfen Wodka in den Mund. Normalerweise, wenn er ein Freund aus der Schule gewesen wäre, hätte ich mit: Gott, reg dich mal ab, Alter!, geantwortet, doch das konnte ich bei meinem betrunkenen, zu Wutausbrüchen neigenden Vater natürlich nicht bringen. Also sagte ich nur:

»Nichts. Gar nichts hab ich gesagt.«

Mein Vater brummte etwas unverständliches. »Gut«, meinte er kurz darauf etwas lauter. »Das ‘is sehr gut. Bist ein gutes Mädchen, Clovie.«

Ich verzog das Gesicht, da ich diesen Spitznamen über alle Maßen hasste. Nur mein Vater nannte mich so. Cato nannte mich manchmal Clover und das war mir irgendwie viel lieber. Clovie dagegen klang so ... nett. Und hilfsbedürftig.

Und so wollte ich ganz sicher nicht gesehen werden.

Mein Vater lachte hustend und wuschelte mir mit seiner dreckigen Hand achtlos durch meine sorgfältig gestylten Haare. Ich verzog angewidert das Gesicht, als er mir seine Alkoholfahne mitten ins Gesicht blies. Nach einigen Minuten, in denen er noch keine Anstalten gemacht hatte, mich loszulassen, lächelte ich verlegen, und versuchte mich aus seinem Griff herauszuwinden.

Er ließ es geschehen und wandte sich wieder seinem Wodka zu.

»Ich muss etwas essen, Dad« versuchte ich einen freundlichen Ton anzuschlagen. Doch beinahe sofort warf mir mein Vater einen wütenden Blick zu. »Ich muss etwas essen, Dad«, äffte er mich belustigt nach.

»Na und? Na und? Wenn du was zu essen hab‘n willst, solltest du‘s dir besorgen, du nutzloses Ding! Wer wird mir bitte mein Essen machen, wenn du nich‘ mehr da bist, hmm?« Ich runzelte die Stirn. Das, was mein Vater soeben gesagt hatte, widersprach sich doch total, oder etwa nicht?

»Nun, das wäre dann ja nicht länger mein Problem«, meinte ich mit zusammengebissenen Zähnen, und bevor ich überhaupt wusste, was ich sagte, da waren die Worte schon heraus. Ich erwartete einen groben Schlag, eine Zurechtweisung, doch nichts kam. Mein Vater bedachte mich bloß mit einem nachdenklichen Blick. Zum ersten Mal seit Jahren dachte ich, er würde vielleicht so etwas wie Verstehen verspüren. Bedauern. Erkenntnis.

Doch bereits nach Sekunden war der nachdenkliche Blick verschwunden und seine Augen nahmen wieder einen glasigen Ton an.

»Na komm, Mädchen«, sagte er schließlich mit rauer Stimme. »Die Ernte fängt in einer halben Stunde an. Lass uns gehen.« Ich seufzte unterdrückt und schlug die Augen nieder. Also doch nichts. Es wurde ihn also kein bisschen interessieren, ob ich nun leben oder sterben würde.

Nur mit dem kleinen Unterschied, das es mich interessierte. Und ich würde mich nicht freiwillig für die Hungerspiele melden. Ich hatte meine Entscheidung getroffen. Mal sehen, wie mein Vater darauf reagieren würde.

»Verdammt, ich hoff‘ nur, dass mein Leben sich endlich bessern wird, wenn ich dein Gesicht nie wieder seh‘n muss«, waren seine nächsten Worte und ich keuchte. So viel Gemeinheit hätte ich selbst ihm nicht zugetraut.

Doch man wurde eben immer wieder überrascht. Und enttäuscht.

Mein Vater packte mich nun grob am Arm und schleifte mich mit sich in Richtung Tür. Das Glas Orangensaft, was ich bis eben noch in der Hand gehalten hatte, glitt mir nun aus den tauben Fingern und zerschellte geräuschvoll auf dem grauen Betonboden der Küche. Doch mein Vater verlangte nicht von mir, die Sauerei aufzuwischen. Nein, er zog mich einfach nur aus unserem dunklen Haus, hinein in das grelle Sonnenlicht.

Die Tür schloss sich hinter uns und die Küche wurde wieder von der Dunkelheit verschluckt. Es wurde totenstill im Haus. Kein Bewohner war nun mehr dort. Nur der Orangensaft, den ich verschüttet hatte, bahnte sich unaufhörlich weiter seinen Weg durch die Risse und Backsteine des Küchenbodens.

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Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Trauriges Lied ... Beschreibt meiner Meinung nach dieses Kapitel perfekt.

Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯2: Die Widmung geht dieses Mal an Eммy3788. Danke für Deinen lieben Kommentar und Dein Vote. Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut! Dieses Kapitel ist nur für Dich. Ich hoffe, es gefällt Dir!

Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯3: Das Bild stellt Cloves Vater Bʀɪᴀɴ Kᴇɴᴛᴡᴇʟʟ dar, der von Schauspieler Gᴇʀᴀʀᴅ Pʟᴜɴᴋᴇᴛᴛ verkörpert wird.

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