Hᴀʟʟᴏ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!
Jup, ich weiß, es gab eine ziemlich lange Pause - hatte viel mit Universitätsbewerbungen zu tun, und jedes Wochenende gab's ne andere Geburtstagsfeier, also kam ich kaum zum Schreiben. Aber jetzt genug der Ausreden: Hier ist - endlich - Kapitel Nummer zwanzig, von dem ich natürlich hoffe, dass es Euch gefällt. Reviews wären toll - Danke hierbei an foreverdistrict2, Iva_MyStories, PaulaPhanter, shadowsophie, BeauCyphre, BlackGirlNumber1 und JoanaJawia für ihre tollen Kommentare und Bewertungen!
Nun aber wünsche ich Euch ganz herzlich: Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ! Eυre Zoey <3
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
♯Cнαpтer 2O ~ Tнe Sтαr Croѕѕed Loverѕ Froм Dιѕтrιcт Two I
When I'm dead and gone, will they scream my name?
Das goldene Abendkleid, was man mir aufs Bett gelegt hatte, war mehr als nur atemberaubend. Zwar ließ es meine Schultern und Arme komplett frei, doch trotzdem fühlte ich mich nicht so nackt, wie ich es nach dem ersten Betrachten befürchtet hatte.
Fünf dünne Klebestreifen dienten außerdem dazu, den seidigen Stoff an meiner Haut zu befestigen, und das Kleid am Herunterrutschen zu hindern. Durch die vielen Pailletten, die wie ein goldener Wasserfall an mir herunterfielen, wurde das Kleid zu einem echten Hingucker, auf den sich alle Augen richten würden, sobald ich auch nur den Raum betrat.
Zwar hatte ich noch keine Schuhe zu meinem neuen Outfit bekommen, doch ich war mir ziemlich sicher, dass Curran bald hier auftauchen, und meinem Aussehen den letzten Schliff verleihen würde. Meine Vermutung erwies sich als goldrichtig. Nicht einmal fünf Minuten später ging die Tür auf und mein Stylist betrat den Raum. Ein kleines Lächeln
lag auf seinen Lippen, und seine Augen funkelten voller Stolz, als er mich erblickte.
»Du siehst umwerfend aus, Clove.«
Ich lächelte geschmeichelt und lief langsam, immer darum bemüht, den seidigen Stoff meines neuen Kleides nicht zu ruinieren, auf ihn zu. Dabei fiel mir auf, dass auch Curran seine Kleidung gewechselt hatte. Denn statt des Renaissancekostüms, welches er bei der Parade zur Schau gestellt hatte, trug er nun aufgebauschte goldene Pluderhosen und eins seiner altertümlichen, gerüschten Hemden. Dieses hier, besaß eine hübsche tiefrote Farbe und reichte ihm bis zu den Oberschenkeln. Auf dem Kopf trug er einen, bei jeder Bewegung klimpernden Glockenhut. »Ich dachte, ich ziehe mich auch mal ein wenig festlicher an«, meinte er auf meinen neugierigen Blick hin, und lächelte einladend.
»Ich schweifte ein wenig in Erinnerungen an die alten Perser, als ich dieses Outfit aus meinem Schrank zog ... Nicht zu vergessen, die alten Sagen von den Flaschengeistern, die mit dieser Zeit zusammenhängen.« Ich nickte verstehend, obwohl ich ehrlich gesagt nur Bahnhof verstand. »Aha. Spannend«, antwortete ich lässig und nickte gewichtig.
»Echt ... cool«, ergänzte ich, während ich mich unter Currans tadelndem Blick wand und kratzte mich am Kopf. Curran grinste schelmisch. »Du weißt nichts über die Perser und Flaschengeister, oder?« Ich schüttelte den Kopf. »Nee, tut mir leid. Von Flaschengeistern hab ich gehört, aber von den Persern? Geschichte war leider noch nie meine Stärke.«
Curran winkte ab. »Schon gut, ich wollte dich nicht langweilen. Wie findest du denn eigentlich dein neues Kleid für heute Abend? Ich dachte, ich schneidere dir etwas ... Nun ja, sagen wir Auffälliges«, wechselte er gekonnt das Thema und sah mich abwartend an.
Ich grinste, und drehte mich ein paar Mal im Kreis. »Es ist umwerfend, danke. Ich liebe es!«, lobte ich vollkommen aufrichtig und strahlte. Curran schien sich ehrlich zu freuen.
»Nun, das ist schön, zu hören. Du siehst aber auch wirklich wunderschön darin aus.«
»Danke«, erwiderte ich, während ich mir die kleine, goldene Maske vors Gesicht hielt, die neben dem Kleid auf dem Bett gelegen hatte. »Du hast nicht zufällig ein paar Schuhe für mich? Oder soll ich etwa barfuß gehen?«, fragte ich dann, nach einem schnellen Blick
auf Currans leere Hände. Mein Stylist lächelte nachsichtig und zauberte urplötzlich
einen kleinen Beutel hinter seinem Rücken hervor, den er auf meinem Bett ausleerte.
Ein paar bronzefarbene Schuhe fielen heraus, ebenso wie ein kleines Kästchen in der gleichen Farbe. Hinter Curran ertönte plötzlich ein leises Pochen an der Tür und ich sah überrascht auf. Viola stand lächelnd im Flur vor meinem Zimmer, die Hand noch immer zum Klopfen erhoben. »Darf ich reinkommen?«, fragte sie mich höflich und winkte mit ihrem Schminkkoffer. Ich nickte und sie ließ sich mit einem erschöpften Seufzer aufs Bett fallen. »Komm hierher« meinte sie dann an mich gerichtet, und klopfte auffordernd auf die Stelle neben sich. Ich zögerte nicht, sondern ließ mich neben sie sinken, immer darauf achtend, dass ich das schöne Kleid nicht zerstörte. Sobald ich mich hingesetzt hatte, nahm Viola mein Gesicht in ihre weichen Hände und betrachtete es eingehend.
Dann nickte sie energisch und zog aus ihrem nun geöffneten Koffer eine kleine schwarze Schatulle hervor. »Augen zu!«, befahl sie und ich gehorchte. Mit einem großen Pinsel strich Viola nun klebrigen Puder auf meine Augenlider, während sie danach mit einem feuchten Stift meinen Wimpernansatz nachfuhr. Schließlich spürte ich, wie sie meine Wimpern mit einer klebrigen Flüssigkeit benetzte, und zuckte erschrocken zusammen.
Viola drückte mir beruhigend die Hand. »Keine Sorge, das ist nur Wimpernkleber.
Den kannst du ganz leicht wieder entfernen. Außerdem schadet er dir kein bisschen«, meinte sie konzentriert und drückte etwas Stechendes an meinen Wimpernkranz.
Ein paar Sekunden musste ich so mit geschlossenen Augen ausharren, dann war es Zeit, die Augen zu öffnen. Während Curran mir jetzt meine Haare durchbürstete, und Viola sich nun meinen Lippen zuwandte, schloss ich wohlig die Augen und vertraute den fachmännischen Händen der Stylisten. Ich spürte, wie sie meine Fingernägel feilten
und lackierten, meine Wangen puderten, und schließlich, wie sie mir die hohen
Schuhe an die Füße steckten. Nach einer halben Stunde drückte mir Viola schließlich einen alten, roséfarbenen Spiegel in die Hand und beobachtete mich erwartungsvoll.
Ich blickte neugierig hinein und schnappte dann überrascht nach Luft.
Tja, nach meinem glanzvollen Paradekostüm hätte es mich zwar nicht überraschen sollen, was ich dort sah, aber trotzdem - ich war wieder einmal vollkommen verzaubert von meinem eigenen Anblick. Und ja, ich weiß - das klingt eingebildet. Anderseits, wenn man das halbe Leben wie ein unscheinbarer Kartoffelsack aussah, freute man sich wahrscheinlich über jede noch so kleine Veränderung. So erging es zumindest mir.
Meine dunkelbraunen Haare hatte Curran kunstvoll zu einer eleganten Hochsteckfrisur zusammengefasst, wobei er nur die Haupthaare hochgesteckt hatte. Die Seitenhaare dagegen, waren kunstvoll eingelockt und scheinbar nachlässig mit Goldsteckern festgesteckt worden. Einige Strähnen hatten sich inzwischen jedoch aus den Klammern befreit, wodurch die gesamte Frisur nicht streng, sondern eher sanft und sinnlich wirkte.
Goldglitter glänzte in meinem Haar.
Die helle Farbe, vermischt mit ein paar Bronzesplittern, bildete einen schönen Kontrast zum Rest der Frisur. Meine mandelförmigen Augen hatte Viola mit Unmengen von goldenem und braunem Lidschatten versehen, und ein dünner, schwarzer Strich entlang meines Wimpernkranzes, kombiniert mit falschen, langen Wimpern, verlieh mir einen unglaublichen Augenaufschlag. Dazu waren meine Augen komplett mit kohlschwarzer Farbe umrandet, die an manchen Stellen von dem schimmernden Gold des Lidschattens überlagert wurde, dieses jedoch an den Außenrändern vollkommen verschluckte.
An beiden Augenaußenwinkeln verlief die schwarze Farbe in einem schwungvollen Bogen nach oben und wurde jeweils von drei goldenen Strasssteinchen verziert.
Meine Sommersprossen waren nicht mehr vorhanden - eine dicke Cremeschicht und bronzefarbenes Rouge verdeckten sie. Meine Lippen wirkten voller denn je, und glänzten in einem satten Rosaton, waren jedoch eher schlicht gehalten, da das Hauptaugenmerk heute eindeutig auf meinen stark hervorgehobenen Augen lag. Auf meinen nackten Schultern glänzten feine Goldpartikel und an meinem linken Arm funkelte ein großer Goldreif mit der cremefarbenen Clutch um die Wette. Das Kleid umhüllte mich wie ein unwirklicher Schein aus goldenem Glitterstaub und ließ mich im dämmrigen Schein der Lampen wie eine Göttin wirken, die sich dazu entschlossen hatte, auf die Erde hinabzusteigen. Die stark geschminkten Augen verliehen mir eiserne Entschlossenheit; außerdem ließen sie auf Gefahr und Wachsamkeit schließen, während die weich gelockten Haare und die zurückhaltenden Lippen mir Wärme und Sanftheit schenkten.
Nur der offene Mund, mit dem ich noch immer mein Spiegelbild betrachtete, schmälerte diese Erscheinung ein wenig. Mein verblüffter Blick, der auch weiterhin nicht ganz zu meinem Outfit passen wollte, schnellte zu Curran und Viola, die beide vergnügt lächelten und sich stolz anblickten, als sie sahen, welches Meisterwerk sie da vollbracht hatten.
»Nun ich will mich wirklich nicht selbst loben ... Nichts läge mir ferner ...
Aber du siehst einfach unbeschreiblich toll aus, Clove«, meinte Viola schließlich
grinsend und klopfte mir auf die Schulter, bevor sie missmutig die Stirn runzelte.
»Dann werde ich mich jetzt mal deinem Distriktpartner zuwenden. Doch ich wette, der wird von seinem Outfit lange nicht so begeistert sein wie du. Wahrscheinlich muss ich diesmal wirklich nachgeben, und ihn in einen langweiligen schwarzen Anzug stecken.«
Das hübsche Gesicht zu einer missmutigen Grimasse verzogen, verließ sie das Zimmer.
Curran und ich waren nun allein. Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte - ein einfaches »Danke« reichte irgendwie nicht aus, für das, was er bei mir vollbracht hatte - also schwieg ich. Curran dagegen, ging langsam auf mich zu und strich mir eine
kleine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus meiner kunstvollen Frisur gelöst hatte.
»Ich gebe dir einen einzigen Tipp für heute Abend - verstell dich nicht. Es werden eine Menge Sponsoren und Berühmtheiten des Kapitols dort sein, die viel Geld bezahlt haben, sich die diesjährigen Tribute ganz genau anzuschauen. Alle dort werden Masken tragen ... und sobald du dort bist, wirst du auch verstehen, warum. Zeig dich diesen Leuten gegenüber so, wie du wirklich bist. Gib ihnen ein klares Bild von dir, an welches sie sich in der Arena erinnern können. Ein kleiner Einblick in dein wirkliches Ich. Es nützt nichts, sich dort zu verstellen.« Ich schluckte schwer. »Und wie bin ich wirklich?«, fragte ich ihn leise, war mir jedoch nicht sicher, ob ich die Antwort darauf überhaupt hören wollte.
Doch Curran gab sie mir trotzdem.
»Ich denke, du bist jemand, der in seinen jungen Jahren schon viel durchmachen
musste. Das hat dich verändert. Hat dir die Illusionen eines unschuldigen Kindes
geraubt, was dich noch heute bekümmert. Doch andererseits - vielleicht war es gar
nicht so schlecht, dass du nicht mit unwirklichen Träumen aufgewachsen bist, denn weißt du ... Es gibt selten ein glückliches Ende, bei allem was hier so vor sich geht ...«
Sein Blick glitt in weite Ferne und ich merkte, dass er aus eigenen Erfahrungen sprach.
Aber was genau war ihm widerfahren?
Curran schüttelte abwesend den Kopf, um seinen Erinnerungen zu entfliehen,
und sah mich dann nachdenklich an. »Ach, Clove ... Ich erkenne so viel von mir
selbst in dir wieder. Hoffnung, trotzdem du weißt, dass es nie das Ende für dich geben wird, was du dir wünschst. Entschlossenheit, bis zum letzten Atemzug zu kämpfen. Und Liebe. Liebe, die schlussendlich zu deinem Verderben führen wird.« Ich blickte zu Boden.
Natürlich hatte Curran längst erraten, was da zwischen mir und Cato lief. Bestimmt hatte er es schon von Anfang an gewusst, so clever wie er war. Und, okay, wir hatten uns jetzt auch nicht großartig bemüht, es geheimzuhalten. Curran lachte, als ob er meine Gedanken gelesen hatte. »Lass die Sponsoren sehen, was Viola, Emelia, deine Mentoren, und ich längst in dir erkennen. Zeig ihnen einen kleinen Funken deiner Hoffnung.«
»Ich werd's versuchen«, meinte ich seufzend.
Curran lächelte. »Und mehr verlange ich auch gar nicht von dir, Clove Kentwell.«
Er blickte auf die Uhr.
Fünfzehn Minuten vor Mitternacht. »Ich nehme an, du solltest dich jetzt schon mal zum Fahrstuhl begeben. Wenn alles vorbei ist, leg das Kleid auf deinen Wäschekorb.
Ich hole es mir dann - wie das Paradekostüm, was du dort so achtlos hingeworfen hast.«
Ich erschrak.
»Es tut mir ...«, begann ich, doch Curran winkte gutmütig ab.
»Mach dir keine Umstände. Präsident Snow will die Kostüme der Tribute nach
der Eröffnungsfeier in sein Lager bringen, wenn möglich in allerbestem Zustand.
Ich bin ganz froh, ihm in diesem Punkt auf die Füße treten zu können.«
Er zwinkerte und verschwand dann im Wohnzimmer, wo er allem Anschein nach
meine Mentoren begrüßte, die sich dort versammelt hatten. Erst wollte ich mich zu
ihnen gesellen, doch als ich an Peeta dachte, der mich in weniger als drei Minuten vorne abholen wollte, biss ich die Zähne zusammen, und lief genervt zum Fahrstuhl.
Ich wartete dort bis fünf Minuten vor Mitternacht, bevor sich der Fahrstuhl endlich
nach unten senkte und ich Peeta durch die gläserne Wand sehen konnte. Er winkte mich hastig hinein. Ich betätigte den Kopf, der das Öffnen des Fahrstuhls veranlasste, und trat zu ihm in das Transportgefährt, welches sich sofort wieder nach unten senkte.
»Tut mir leid, dass ich so spät komme«, keuchte Peeta, sobald ich eingestiegen war, und hielt sich am Geländer fest. Offenbar hatte er erst in letzter Minute an die Veranstaltung gedacht. Ich musterte ihn verstohlen. Er trug einen gut sitzenden weißen Anzug, der von einem blauen Anstecktuch komplementiert wurde, und eine elegante Vogelmaske in der gleichen Farbe. Ich bevorzugte zwar eher die Nuance schwarz, konnte jedoch nicht abstreiten, dass Peeta Mellark gar nicht soo hässlich war, wie ich zuerst gedacht hatte.
Oder gern denken wollte.
»Hast du das Empfangsbankett etwa total vergessen?«, hakte ich vorwurfsvoll nach, da er so abgehetzt wirkte. Peeta schüttelte den Kopf. »Nein, ich war noch mit Katniss
auf dem Balkon ...« »Balkon? Warum habt ihr denn einen Balkon, und wir nicht?«, unterbrach ich ihn, und schon wieder lag ein unterschwelliger Vorwurf in meiner Stimme.
Peeta grinste gutmütig.
»Wir haben das Penthouse, da wir aus Distrikt zwölf sind. Ganz oben, direkt unterm
freien Himmel. Es ist traumhaft. Wenn du willst, kannst du ja mal mit raufkommen ...«
Ich lachte. Das Angebot hatte etwas, aber trotzdem ...
»Danke ... aber ich denke eher nicht. Katniss kann sicher auf mich verzichten.«
Peeta sah mich nachdenklich an. »Du hasst sie, stimmt's? Katniss?«, fragte er mich nach einer Weile und ich nickte zögernd. Es nützte nichts, das zu verleugnen. Meine Wut auf sie stand mir sicher deutlich ins Gesicht geschrieben. Und außerdem war's mir egal, ob Peeta mich deswegen verabscheute oder nicht. Ich brauchte mich nicht mit ihm
gut zu stellen, oder einen auf beste Freundin zu machen. Das hatte ich gar nicht nötig.
Und trotzdem konnte ich nicht anders, als ihm zumindest eine Erklärung abzuliefern.
»Tja, ehrlich, ich glaub, alle hassen sie inzwischen. Euer Auftritt heute Abend ...
Keine Ahnung. Sie kommt mir einfach so ... scheinheilig vor. So falsch. Ich
weiß nicht, ich kenne sie nicht wirklich gut genug, um sie richtig zu hassen, aber ...«
»... Aber eigentlich tust du es doch. Du weißt, dass du sie töten willst, wenn wir alle in der Arena sind, und du wärst auch nicht wirklich unglücklich, wenn sie einfach so
draufgeht«, vollendete Peeta meinen Satz. Ich schnappte nach Luft. Ja, es war die Wahrheit gewesen, was er gesagt hatte. Er hatte im Grunde genau das ausgesprochen, was ich mich nicht getraut hatte, zu sagen. Und dabei war sein Tonfall weder wütend, noch gekränkt gewesen ... Eher neutral, aber mit einem gewissen Unterton, bei
dem ich mich plötzlich schäbig fühlte. So ein Quatsch!, fauchte mein Unterbewusstsein.
Seine Meinung kann dir gestohlen bleiben, scheiß doch auf das, was er denkt!
Er braucht gar nicht anfangen, dich zu verurteilen, du hast es dir schließlich
nicht ausgesucht, hier zu sein! Kann dir doch egal sein, was er von dir hält!
Merkwürdigerweise war es das aber nicht.
»Ja, genau. Da hast du's okay? Ich hasse sie. Und ja, ich will sie umbringen. Na und?«, meinte ich trotzig und blickte wütend nach draußen. Gerade waren wir an der Etage
von Distrikt eins vorbeigefahren. Peeta sah mich an, doch weder Hass, noch Abscheu
lag nun in seinem Blick. »Tja, immerhin bist du ehrlich. Das kann man von den meisten hier nicht behaupten.« Dann schwiegen wir, bis die Fahrstuhltüren vor uns aufglitten.
Zögernd traten wir einen Schritt in den Gang hinein, der sich nun vor uns erstreckte,
und der nur schwach von Kerzen erleuchtet war. Während wir uns suchend umsahen, streifte mein Blick eine große Uhr an der Wand. Noch zwei Minuten bis Mitternacht.
»Wo müssen wir eigentlich hin?«, fragte ich unsicher und blickte zu Peeta, während
der Fahrstuhl hinter uns ein knatterndes Geräusch machte und nach oben fuhr.
Peeta zuckte mit den Schultern und zerrte mich nach rechts, in einen Flur, der noch dunkler war, als der vorige. »Ich weiß es nicht so genau ...« Noch im selben
Moment ertönten einige Meter vor uns, lachende Stimmen und eine fröhliche Musik.
Peeta und ich sahen uns belustigt an, verdrehten die Augen, und liefen dann nach vorn, auf eine schwere Eisentür zu. Kaum standen wir davor, kamen zu unserer beider
Seiten zwei uniformierte, ganz in schwarz gekleidete Männer mit bissigem Gesicht, die gebaut waren wie Türsteher. Sie brachten uns - nicht gerade sanft, möchte ich hinzufügen - an der großen Eisentür vorbei, in einen kleinen Nebenraum. Ich wechselte einen kurzen Blick mit Peeta, der allerdings nur hilflos mit den Schultern zuckte.
»Hier rein«, knurrte einer der beiden Männer mir zu und schob mich energisch in den Raum hinein. Ihm einen grimmigen Blick schenkend, sah ich mich um. Das Zimmer wurde offenbar als Kontrollraum genutzt, denn circa fünfzehn Bildschirme zeigten
jedes einzelne Stockwerk des Trainigscenters, sowie alle Aufzüge und deren Zugänge.
Ich war ein wenig empört, dass man mich auf meiner Etage beobachten konnte,
doch als ich wütend etwas dagegen sagen wollte, schüttelte Peeta leicht den
Kopf, um mir zu signalisieren, dass es besser wäre, wenn ich jetzt die Klappe hielt.
Zähneknirschend nickte ich ihm zu.
»Eure Namen? Distrikte?«, verlangte nun der Mann, der mich in den Raum geschoben hatte, und beäugte mich misstrauisch. »Clove Kentwell, Distrikt zwei«, erwiderte ich gereizt und strich mein Kleid glatt. Der Mann nickte und sah in einem Stapel Papier
nach, der vor ihm, auf einem, mit Schokolade und Kaffee beschmierten Tisch lag.
»Und du?«, fragte er in Richtung Peeta, noch immer argwöhnisch.
Peeta sagte ihm seinen Namen und sein Distrikt - in einem viel freundlicheren
Tonfall, als ich es getan hatte - was mich erneut mit den Zähnen knirschen ließ.
Warum war dieser Junge bloß so nett zu Leuten, die es gar nicht verdient hatten,
dass man nett zu ihnen war? Anderseits zählte ich wohl auch in eben genannte Kategorie, weshalb ich mich nicht zu beschweren hatte. Der Mann nickte nun seinem Kollegen zu, der uns - etwas weniger grob - auf eine kleine, unscheinbare Tür zuschob.
»Zum Bankett geht's dort hinein«, meinte er gelangweilt und wartete offenbar darauf, dass wir verschwanden. Peeta und ich sahen uns unbehaglich an, dann nahm er
sanft meine Hand in seine und legte sie um seinen linken Arm. Ich sah zu Boden, während Peeta zögernd die dreckige Tür aufstieß und mich hinaus aus dem dunklen, ungemütlichen Kontrollraum, und hinein in eine vollkommen andere Welt hineinzog.
Hinein, in eine Welt, in der knallige Neonfarbtöne die Wände dominierten; in der
sich bunt gekleidete Menschen mit albernem Kapitolakzent unterhielten und rote Flüssigkeit aus langstieligen Gläsern schlürften. Hinein, in einen Rausch aus
knalligen Farben, fröhlichen Stimmen und ... Gefahr. Denn mit einem Mal, sah ich alles, was sich um mich herum bewegte, als bedrohlich an. Diese Menschen, zum Beispiel.
Vergnügt und ausgelassen standen sie beieinander und lachten. Würden sie auch so lachen, wenn ich in der Arena sterben würde? Sie, für die die Hungerspiele, nichts als Unterhaltung darstellten, und die nicht die geringste Ahnung davon hatten, wie es war, ein Tribut zu sein. Zeig den Leuten einen kleinen Funken deiner Hoffnung, hörte ich Currans Stimme in meinem Kopf widerhallen. Doch hier, inmitten all dieser Menschen und Farben, da wusste ich gar nicht mehr, was Hoffnung überhaupt bedeutete.
Geschweige denn, was sie mir überhaupt nützen würde.
Wie sollte ich an etwas glauben, was ich sowieso nie bekommen würde?
Es diesen Leuten zeigen - diesen Leuten, die mich sterben sehen wollten, und die mein Tod bestenfalls nur unterhielt? Plötzlich war ich sehr dankbar, dass Peeta mich begleitete. Denn er merkte anscheinend, dass ich kurz davor stand, einen hysterischen Anfall zu kriegen. Also tat er etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte: Er umarmte mich.
Er umarmte mich, und klopfte mir dabei sanft auf den Rücken, während er beruhigende Worte in meine Richtung murmelte. Und was tat ich? Ich klammerte mich verzweifelt an ihm fest, froh darüber, dass er sich um mich kümmerte - dass es ihm nicht egal war, wie es mir ging - und achtete zur Abwechslung mal nicht darauf, wie das nun wieder aussah.
Zum Glück hatte ich mich dann schon wieder einigermaßen beruhigt, als Glimmer und Cato urplötzlich hinter mir auftauchten. Ich löste mich hastig von Peeta, bevor die
zwei mitbekamen, dass ich soeben den Jungen aus Distrikt zwölf mehr oder
weniger an mich gedrückt hatte, und lächelte die beiden scheinheilig an. Glimmer lächelte genauso falsch zurück, während sie sich ihr rosafarbenes, knielanges Kleid,
was ebenso wie meines, über und über mit Pailletten bestreut war, zurechtrückte.
Die lavendelfarbene Maske, die sie dazu trug, besaß einen kleinen Edelstein in der Mitte, und funkelte im Licht der Kerzen. Ihre blonden Haare hatte man hochgesteckt und ihre grünen Augen funkelten vor Aufregung. Mein Blick glitt nach rechts, und begegnete Catos, der offenbar zu nichts anderem fähig war, als mich ungläubig anzustarren - was mich zum Lächeln brachte, Glimmer dagegen eher ein Zähneknirschen entlockte.
Offenbar hatte er sich mit Viola einigen können, was seinen Anzug betraf, der
zwar auf dem ersten Blick schwarz aussah, jedoch mit einer Art Goldglitter
besprüht worden war, der im Licht funkelte. Ein bronzefarbenes Anstecktuch
steckte in seinem Revers, während eine goldene Maske seine Augenpartie verdeckte.
So standen wir also da, und sahen uns gegenseitig an.
Die unbehagliche Stille, und die Spannung, die in der Luft lag, fing gerade an peinlich zu werden, als Marvel auftauchte, eine hübsche Brünette im Arm. Für einen
kurzen Moment musste ich mich fragen, wer sie war, denn Kalia, das Mädchen mit dem traurigen Blick, hatte sich vollkommen verändert. Dank mintgrüner Schminke wirkten ihre Augen nun viel offener, während ihr Mund in einem satten Pfirsichton glänzte.
Goldene Ohrringe hingen an ihren Ohren, und das mintgrüne Abendkleid, was sie trug, betonte ihren langen, schlanken Hals. Ihre Haare waren zu einem straffen Pferdeschwanz zurückgebunden, und eine grüne Maske, mit buschigen Federn am oberen Rand, bedeckte ihre großen Augen. Kalia lächelte leicht, als sie den Raum betrat, doch als sie sah, auf wen Marvel da zusteuerte, verging ihr Lächeln kaum merklich, und ein leichter Hauch von Angst legte sich über ihr Gesicht. »Hey«, meinte Marvel, und hob grüßend
die Hand, sobald er sich unserer Gruppe genähert hatte - wobei er sorgsam darauf achtete, Peeta keinen abfälligen Blick zu schenken. Nun, da war er Cato und Glimmer ja einiges voraus. Wie Kalia, so war auch Marvel kaum wiederzuerkennen. Er trug einen schicken Anzug in einem dunklen Pflaumenton, und hatte diesen mit einer dunkelblauen Halbmaske kombiniert, die seine rechte Gesichtshälfte beinahe vollkommen verdeckte.
Die sandfarbenen Haare, die sonst immer leicht vom Kopf abstanden, waren nun ordentlich geglättet und streng nach hinten frisiert. Marvel, offenbar reichlich stolz auf sein Aussehen und seine bezaubernde Begleitung - grinste und blickte in die Runde.
Kalia, noch immer an seinem Arm, wirkte jetzt, als wolle sie am liebsten jeden Augenblick die Flucht ergreifen. »Leute ... das ist Kalia Borcelane.« Kalia blickte uns scheu an, während Marvel beruhigend ihre Hand drückte. Einen kurzen Moment lang geschah gar nichts - nur bedrückende, bleischwere Stille lag in der Luft, und Kalias Gesicht verzog sich langsam zu einer ängstlichen Grimasse. Dann, nach einer gründlichen Musterung, grinste Cato ihr zu, und nickte. »Hey, Kalia, schön, dich kennenzulernen. Ich bin Cato Chandler, und das ist meine Begleitung Glimmer Lovelace«, sagte er lässig und zeigte danach auf Peeta und mich. »Und das sind Clove Kentwell und ... Peeta Mellark.«
»Aber der gehört nicht zu uns«, warf Glimmer hastig ein, nickte zu Peeta, und schenkte mir dann ein kleines, heimtückisches Lächeln. »Er ist nur Cloves Begleitung,
weil sie keinen anderen gefunden hat, der mit ihr hingehen wollte. So ein Pech aber auch, das sag ich euch ...« Ich knirschte mit den Zähnen, und sehnte mich gleichzeitig
so sehr danach, ein paar Messer in Glimmers spöttischem Gesicht zu versenken.
Stattdessen schenkte ich Kalia ein neutrales Nicken.
Im Hinterkopf behielt ich zwar, dass wir nicht unbedingt hier waren, um Freundschaften zu knüpfen, doch vielleicht besaß Kalia ja ein besonderes Talent ... Immerhin kam sie aus Distrikt drei, was bedeutete, dass sie sich zumindest in Sachen Technik sehr gut auskannte. Vielleicht würde uns das ja in der Arena was nützen. Vielleicht auch nicht.
»Also ... Was sollen wir hier eigentlich? Ich meine, mischen wir uns jetzt einfach unter die anderen Gäste und tun so, als würden wir zu ihnen gehören?«, fragte Cato und blickte hilfesuchend zu Glimmer - doch es war Marvel, der ihm antwortete. »Also, so weit ich weiß, sollen wir versuchen, hier Sponsoren anzuwerben ... Da sollen angeblich viele Berühmtheiten des Kapitols sein ... vielleicht unterhalten wir uns einfach mal mit irgendwelchen Leuten ... Aber wie sollen wir rausfinden, wer von ihnen ein Gast, und wer ein Sponsor ist? Diese dummen Masken ... Warum sie die tragen, weiß ich auch nicht.«
»Na, das ist doch glasklar. Alle hier tragen Masken, damit sie nicht von den anderen erkannt werden ... Und, nun ja ... schaut einfach mal dort hinüber. Dann versteht ihr's schon von selbst.« Finch war soeben auf uns zugestöckelt, in mindestens zehn Zentimeter hohen High Heels und einem tiefvioletten Cocktailkleid. Ihre blauen Augen wurden von einer lila und gold gefärbten Maske eingerahmt. Sobald sie uns erreicht, und Marvels Frage mehr oder weniger beantwortet hatte, deutete sie auf einen Mann in rotem Anzug, nicht weit von uns entfernt, der gerade mit einer hübschen, maskierten Brünette in einem der vielen, an den Hauptraum angrenzenden Hinterzimmer verschwand.
Wir sahen ihnen nach, bis sich die Tür geschlossen hatte, und blickten dann wieder zu Finch, die uns erwartungsvoll beäugte. »Und?«, sprach Cato aus, was uns alle beschäftigte. Nämlich die Frage, zu der wir noch immer keine Antwort gefunden hatten.
Finch verdrehte die Augen.
»Das war Seneca Crane, der oberste Spielmacher. Ich habe ihn schon oft im Fernsehen gesehen, ihr nicht? Was glaubst du denn, was er mit diesem Mädchen da treibt? Oder warum es hier so viele Hinterzimmer gibt? Wofür wird die Maskierung wohl gut sein?«
Cato zuckte mit den Schultern. »Na ja, ich kann mir schon denken, was die
dort machen, aber ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung, warum sie maskiert sind.«
Finch schüttelte den Kopf, und seufzte schwer, als hätte sie es hier mit einer Gruppe Minderbemittelter zu tun. »Nun, ich schätze, die anderen Spielmacher - oder die
braven Bürger des Kapitols, meinetwegen - würden sich wirklich köstlich über
Mr. Crane amüsieren, wenn sie wüssten, was er gerade mit einer Frau tut, die halb so
alt ist wie er ... Oh, und seine Frau hätte sicher auch einiges dazu zu sagen ...
Ganz zu schweigen vom Präsidenten ...« Und zu meinem großen Entsetzen zeigte
Finch mit ihren violett lackierten Fingernägeln auf Präsident Snow, der sich an der Bar aufhielt, und gerade rosafarbenen Sekt aus einem kugelförmigen Glas schlürfte.
Noch immer trug er den Anzug, den er bereits bei der Parade getragen hatte, und seine stechenden Augen huschten unruhig von Gesicht zu Gesicht. Unsere Blicke trafen sich
für eine Millisekunde ... und er runzelte verwirrt die Stirn. Dann blickte er nach
rechts, zu Finch, und so etwas wie Erschrecken zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
Ich zog die Augenbrauen zusammen.
Was war denn das bitte?
Snow lächelte gequält in meine Richtung, wandte sich dann von uns ab, und marschierte hastig aus dem Raum in den Flur hinaus. Okay ... Ich war eindeutig nicht auf dem neusten Stand. Was hatte ich da eben verpasst? Ein schneller Blick zu Finch, die genauso verwirrt schien wie ich, bestätigte meine Vermutung, mir die Miene von Präsident Snow nicht eingebildet zu haben. Mein Blick schweifte im Raum umher, und traf schließlich einen jungen Mann, mit Haaren wie Lapislazuli, und einer silbernen Maskierung.
Er sah mich an, lächelte interessiert ...
Und hob dann sein Glas in meine Richtung, während er mich auffordernd ansah.
Ich wurde rot und wandte eilig den Blick ab. Trotzdem merkte ich noch, wie der
Mann eine auffordernde Bewegung mit der Hand machte, als wolle er mir bedeuten,
dass ich zu ihm herüberkäme - Und dann mit ihm im Hinterzimmer verschwand.
»Wo zur Hölle sind wir hier gelandet?«, fragte ich mit besonderer Betonung auf das Wort Hölle. Finch, die sich nun offenbar vom Schrecken erholt, und auf alles eine Antwort hatte, zuckte mit den Schultern, doch auch in ihren Augen las ich eine Spur von Unsicherheit und sorgsam versteckter Furcht. »Ich denke ... wir befinden uns hier auf einer Party, wo jeder das sein kann, was er will. Deshalb die Masken - kein Erkennen, keine Strafe, keine Verachtung. Und ich denke - Tja, so traurig das ist, aber ihr habt genug gesehen, um zu ahnen, dass es hier vielleicht auch um Menschenhandel geht - Junge Frauen; hübsche Frauen, verkauft an ältere Männer. Auch, wenn ich bis jetzt noch nicht erraten konnte, was genau es damit auf sich hat. Aber eines steht fest ... Selbst das Kapitol hat seine Schwächen. Und das hier ist schon mal ein kleiner Einblick auf das, was hinter der sorgsam aufgebauten Fassade des ach so vornehmen Kapitols steckt.«
»Aber wieso ... ich meine, die Brünette sah jetzt nicht gerade hilflos aus ... Wieso
sollte sie sowas wollen?«, fragte Marvel, während er schützend einen Arm
um Kalia legte - welche sich daraufhin dankbar an ihn lehnte, was Finch wiederum
mit einem Stirnrunzeln registrierte. »Was denkst du wohl? Macht, Ansehen,
Reichtum, Vergünstigungen ... Such dir einfach was davon aus. So war's schon immer - und so wird's immer sein«, meinte Finch düster und zuckte mit den Schultern.
»Davon hab ich schon mal gehört«, mischte sich Glimmer nachdenklich ein.
Klar, dass sie wieder mal 'ne Ahnung hat, wenn's um Sex geht, dachte ich verächtlich, sagte jedoch nichts. »Ich glaube - Nein, ich weiß - dass Cashmere sowas in
der Art schon mal erwähnt hat ... Wisst, ihr, ich kenne sie schon ewig, und sie war nach ... Also, sie war immer für mich da. Und sie ... also, sie hat erwähnt, dass sie manchmal an irgendwelche Typen aus dem Kapitol verkauft wurde. Und zwar von ... Präsident Snow.«
Glimmer verstummte und biss sich auf die Lippe, während sie prüfend unsere Reaktionen beobachtete. Für eine Weile schwiegen wir einfach alle, erschüttert von den Erkenntnissen, die wir gerade gezogen hatten. Doch im Geiste hallte uns allen dieselbe Frage durch den Kopf, die jedoch keiner von uns tatsächlich aussprechen wollte.
Was würde uns passieren, wenn schließlich einer von uns zum Sieger gekrönt wurde?
Würden wir auch so enden, wie diese Brünette im Hinterzimmer mit Seneca Crane?
Oder wie Cashmere? Hatten wir dann überhaupt noch ein Leben ...oder bestimmte das Kapitol über unseren Geist, unser Handeln und ... über unseren Körper? Während wir alle über jenen Fragen grübelten, waren wir unwillkürlich zu einem schützenden Ring zusammengerückt. Selbst Peeta wurde eingegliedert. Für diesen einen Moment bildeten wir eine Allianz. Wir waren keine Feinde - stattdessen wurden wir zu Verbündeten.
Für diesen einen Augenblick konzertierten wir uns nur darauf, zusammenzubleiben, und die anderen vor den bunt gekleideten Kapitolbewohner, zu beschützen, die uns ansehen, wie ein Raubtier seine Beute. Doch als wenige Sekunden später Ian mit zwei Punschgläsern zurückkam, Finch einen Arm auf die Schulter legte und Glimmer den traurigen Ausdruck in ihren Augen abschüttelte, war alles wieder so wie es eigentlich sein sollte. Wie es eigentlich sein sollte ... dieser Gedanke machte mich irgendwie traurig.
»Und jetzt?«, fragte Marvel, während er zähneknirschend zu Ian und Finch blickte.
»Jetzt amüsieren wir uns ein wenig, trinken etwas Punsch, essen, reden mit den anderen Menschen hier, werben Sponsoren an, und passen auf, nicht ins Hinterzimmer gezerrt zu werden«, meinte Glimmer munter und steckte sich eine Kirsche vom Buffet in den Mund.
Ian machte einen verwirrten Blick, da er ja nichts von der ganzen Scheiße ahnte,
in der wir steckten, doch Finch zuckte nur mit den Achseln und zog in von dannen.
Peeta, der bis dahin geschwiegen, und alles still mit angehört hatte, nahm meinen Arm.
»Wollen wir zum Buffet?«, fragte er und sah mich hilfesuchend an.
In seinen blauen Augen war zu lesen, dass er mich beschützen würde ...
Dass ich ihm für heute Abend vertrauen konnte.
Und so nickte ich, ergriff seine Hand, und hielt mich dicht bei ihm, während wir
durch den Raum schlenderten, und uns darum bemühten, Sponsoren anzuwerben.
Im Vergleich zu all dem Mist, der uns noch bevorstand, sollte diese Aufgabe
ein Leichtes für uns sein - doch das wusste ich damals noch nicht. Nein, in diesem Moment, naiv und leichtgläubig, wie ich manchmal eben war, ahnte ich noch nicht, welch große Bedeutung dieser Abend auf mein zukünftiges Schicksal haben würde.
Denn hätte ich es geahnt - Tja, dann hätte ich das getan, was am besten für mich
und meine Freunde gewesen wäre - ich hätte schnurstracks die Flucht ergriffen, den Ballsaal verlassen, und nie mehr zurückgeblickt. Stattdessen - bin ich geblieben.
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Das Lied [Lights On - Karmina] passt super zu diesem Kapitel.
Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯2: Die Widmung dieses Kapitels geht diesmal an ѕнαɗσωѕσρнιє. Danke, für Deine Unterstützung, Deine supervielen Votes und Deine lieben Kommentare.
Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯3: Das oben zu sehende Bild zeigt Cᴀsʜᴍᴇʀᴇ Dɪᴀᴍᴏɴᴅ,
die Mentorin von Distrikt eins, welche von Bʀɪᴛᴛ Rᴏʙᴇʀᴛsᴏɴ verkörpert wird.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro