♯Cнαpтer 1O ~ All We Hαd Iѕ Tαĸeɴ Awαy Froм Uѕ.
Hᴀʟʟᴏ, ɪʜʀ Lɪᴇʙᴇɴ!
Leider hat es doch etwas länger gedauert als erwartet, bis ich endlich dieses Kapitel uploaden konnte ... Tja, wie immer mangelt es mir an Zeit.
Die letzten Wochen waren echt stressig - Vorträge, Plakate und
Klausuren. Aber gut, jetzt habe ich hier das zehnte Kapitel für Euch, von dem ich natürlich hoffe, dass es Euch gefällt. Danke vielmals an:
TheDarkTemptation, music_sunny, Lini26, beimmortal, IsabellaMina, BlackGirlNumber1, TomHbner, paulalovely, miss_LoLa_queen, butterflyskys, lovelybooks3 und Only_this_time für Eure Kommentare, Votes und Unterstützung. Ihr seid die Besten! So, und nun wünsche ich Euch allen ganz herzlich: Vιel Spαß вeιм Leѕeɴ! Eυre Zoey <3
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
♯Cнαpтer 1O ~ All We Hαd Iѕ Tαĸeɴ Awαy Froм Uѕ.
If you looked inside a girl, you would see how much she really cries, you would find so many secrets and lots of lies, but what you'll see most is how hard it is to be strong when nothing is right and everything seems wrong.
Bumm. Bumm. Bumm. Ein lautes und eindringliches Klopfen riss mich am nächsten Morgen aus meinem festen Schlummer. Verwirrt blinzelnd öffnete ich die Augen. Ganz schlechte Idee, da mir plötzlich gleißend
helles Sonnenlicht ins Gesicht schien und mir in meine soeben geöffneten Augen stach. Panisch kniff ich jene sogleich wieder zu und stöhnte, als ich vor meinem Blickfeld plötzlich gleißend helle Sterne aufblitzen sah.
Der Tag fing ja schon mal echt super an. Gähnend drehte ich mich auf die andere Seite des Bettes und kuschelte mich in meine weichen Kissen.
»Aufstehen!«, ließ mich plötzlich Brutus' energische Stimme aufschrecken und ich fuhr wütend vom Bett hoch. »Ist ja gut!«, brüllte ich zurück und gähnte erneut. Während ich mich noch eine Weile im Bett herumwälzte, starrte ich nachdenklich nach draußen. Die Gardinen waren vor den weit geöffneten Fenstern, die zur Terrasse führten, zurückgezogen worden, und ich konnte zusehen wie der Zug an einem kleinen Wäldchen vorbeirauschte.
Jenes wies aber deutlich mehr Anzeichen von menschlichen Aktivitäten auf, als das, was wir gestern Nacht passiert hatten. Das hieß dann wohl leider, dass wir in der Nacht Distrikt eins erreicht hatten, und jetzt auf bestem Weg zum Kapitol waren. Einfach super. Während ich mich entspannt in mein gemütliches Bett kuschelte, und es genoss, wie das warme Sonnenlicht von draußen meinen nackten Rücken wärmte, tastete ich achtlos und mit nur halb geöffneten Augen das riesengroße Bett ab, da ich hoffte, dass Cato - der ja gestern Nacht noch bei mir geblieben war, wie mir jetzt erst wieder deutlich bewusst wurde - vielleicht einen Zettel für mich hinterlassen hatte.
Ich fand jedoch keinen.
Erschöpft setzte ich mich schließlich auf, rieb mir gründlich meine verklebten Augen - was zur Folge hatte, dass meinen Händen wegen der gestrig aufgetragenen Wimperntusche kohlrabenschwarze Klumpen anhafteten - und nahm mir vor, das Bett noch einmal gründlich abzusuchen. Da erst -
Ja, ich gebe zu, morgens bin ich nicht gerade in der besten Verfassung - fiel mir plötzlich auf, dass die Dusche lief. Ich kniff die Augen zusammen.
Konnte es tatsächlich sein, dass ... Nein.
Cato war heute Morgen sicher in sein eigenes Zimmer verschwunden, und hatte sich nicht einfach unter meine Dusche gestellt ... Oder?
Eines jedoch wusste ich: Ich musste der Sache auf den Grund gehen, auch wenn ich bereits eine vage Ahnung von dem hatte, was mich in meinem Badezimmer erwarten würde. Gesagt, getan: Mühsam quälte ich mich also aus meinem kuscheligen Bett und tapste gähnend ins angrenzende Badezimmer. Kaum, dass ich die schwere Tür aufgestoßen hatte - welche nur Sekunden später wieder scheppernd hinter mir ins Schloss fiel - musste ich mehrmals niesen. Verdammt, was war das denn für 'ne Duftwolke?
Ich konnte den sauren Geruch von Zitronen in der Luft ausmachen ... Dann noch den irgendeiner anderen Pflanze ... Vielleicht Grüner Tee? Ich war gerade dabei, meine Augen an den dicken Wasserdampf zu gewöhnen, der in der Luft umherwaberte, da kam plötzlich Cato frisch und munter aus der Dusche, nur mit einem Handtuch um die Hüften geschlungen, und grinste mich frech an. Ich erschrak mich so dermaßen, das ich schwören konnte, dass mein Herz einige Sekunden lang stehen blieb. Sagen wir's mal so ...
Darauf war ich nun wirklich nicht vorbereitet gewesen.
»Morgen. Gut geschlafen?«, fragte Cato lachend, als er sah, wie ich ihn erst entgeistert anstarrte, ihn kurz darauf jedoch entrüstet anfunkelte.
»Du hast mich zu Tode erschreckt!«
Cato lächelte süffisant. »Offenbar nicht, immerhin lebst du ja noch. Und darüber bin ich wirklich seehr froh.« Er grinste und kam noch näher.
»Hmm«, meinte ich unbestimmt und lächelte, bis mir einfiel, dass ich bis auf meinen roten BH mit den goldenen Schnallen samt passendem Slip praktisch nackt war. Verlegen wollte ich mir also den weißen Morgenmantel schnappen, der über dem Waschbecken hing - da riss Cato ihn mir plötzlich aus der Hand, kaum dass ich das - ohnehin lächerlich dünne - Stoffstück ergriffen hatte, und schmiss den Mantel achtlos in mein Zimmer hinein.
Klasse.
Jetzt befand er sich auch noch außerhalb meiner Reichweite.
Einfach wunderbar.
»Hey!«, rief ich entrüstet, musste dann jedoch lachen, als Cato mich plötzlich in eine feste Umarmung zog und mich leidenschaftlich küsste.
»Hmm. So würde ich gern jeden Morgen aufwachen«, meinte ich lachend und auch Cato entlockte meine Reaktion ein Grinsen. Es war Brutus, der mit einem erneuten wutentbrannten »Aufstehen!« die schöne Situation zerstörte. »Klingt, als würde er jeden Moment ausflippen«, meinte ich beklommen, als ich hörte, wie Brutus aufgebracht gegen die Tür hämmerte.
»Meinst du? Egal. Soll er doch. Du gehst jetzt nicht«, meinte Cato und packte mich noch fester, als ich versuchte, mich aus seinen Armen zu befreien. Ich lachte. Brutus schrie. Ich verdrehte genervt die Augen und wollte zur Tür eilen, um dem Störenfried zu signalisieren, dass ich gleich rauskommen würde, da brüllte Brutus bereits mit wutentbrannter Stimme:
»Jetzt reicht's mir aber! Ich komme rein.«
»Nein!«, wollte ich brüllen, doch Cato hielt mir blitzschnell den Mund zu.
»Was soll das denn werden?«, fragte ich kichernd.
Cato grinste. »Der blufft doch nur. Er würde niemals die Privatsphäre einer hilflosen jungen Frau verletzen.« Ich lachte gespielt höhnisch auf.
»Tja, da muss ich dir leider widersprechen. Ich glaube nämlich nicht, dass Brutus überhaupt so viel Anstand besitzt, oder sich sonderlich um Manieren schert. Und außerdem ... Ich bin alles andere, als eine hilflose junge Frau.«
»Ich weiß«, meinte Cato lächelnd. »Und genau deshalb liebe ich dich.«
Ich lächelte. »Und ... Ist das der einzige Grund?«
Cato schüttelte den Kopf, während der Schalk langsam aus seinen Augen wich und durch etwas anderes ersetzt wurde. Zärtlichkeit ... und
Leidenschaft. »Nein. Es gibt tausend Gründe, dich zu lieben«, sagte er leise und strich mir sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht, während seine Lippen sich unaufhörlich meinen näherten, bis sie jene schließlich sanft streiften. Ich erwiderte den Kuss, erst vorsichtig, dann jedoch immer leidenschaftlicher, bis ich erneut Brutus' wütendes Gebrüll vernahm.
»Wir sollten ...«, setzte ich an, doch ich kam nicht dazu weiterzusprechen - mein nerviger Mentor ging mir langsam echt gehörig auf den Senkel.
»Das kann doch wohl nicht wahr sein! Clove! Sofort hierher!«, ertönte plötzlich Brutus' Stimme erschreckend nah - genauer gesagt, direkt aus dem Nebenraum - und ich erschrak. »Versteck dich!«, flüsterte ich Cato panisch zu, als ich sah, wie sich der Türknauf zum Badezimmer bedrohlich langsam im Kreis herumdrehte. Wie in einem verdammten Horrorfilm.
Tja, was jetzt gleich folgte, würde dem bestimmt ähneln.
»Versteck dich, verdammt nochmal!«, flüsterte ich erneut und sah mich hektisch im Zimmer nach einem guten Versteck um. »Wo denn bitte?«, flüsterte Cato belustigt zurück. »Im Klo? Oder sollte ich mich lieber auf das zierliche Waschbecken dort zubewegen?« Ich funkelte ihn entrüstet an.
Es schien ihm anscheinend kaum etwas auszumachen, von Brutus in meinem Badezimmer erwischt zu werden - halbnackt, um genau zu sein.
Nein, er fand es offenbar äußerst amüsant, zumindest, wenn man nach dem frechen Lächeln ging, was um seine Mundwinkel herumspielte.
Nun, ich konnte darüber nicht lachen.
Kurzerhand schubste ich Cato auf die Dusche zu - doch leider zu spät.
Die Tür flog auf.
»Verdammt!«
Ich wusste nicht, wer von uns es ausgestoßen hatte - es hätten wir alle drei sein können. Entgeistert starrte Brutus uns an - ich noch immer in meiner roten Unterwäsche und in Catos Armen gefangen; er nur mit einem Handtuch bekleidet. Verdammt! Dabei hatte der Tag so gut angefangen ...
»Das kann doch jetzt wohl nicht euer Ernst sein!«
Ungläubig starrte Brutus erst mich an, woraufhin ich beschämt die Augen niederschlug, dann Cato, der allerdings nur feixend mit den Schultern zuckte. »Wir hätten dich ja vorgewarnt ... Aber irgendwie war mir nicht danach«, meinte er belustigt und besaß dann auch noch die Frechheit, Brutus zuzwinkern. Der flippte daraufhin natürlich vollkommen aus.
Ich konnte förmlich zusehen, wie sich sein Unglaube in brennende Wut verwandelte und sein Gesicht einen hässlichen purpurroten Farbton annahm. Verdammt. Das lief nicht gut. Gescheitert, bei dem ohnehin schwachsinnigen Versuch, Cato in der Dusche zu verstecken, befreite ich mich verlegen aus dessen Armen und ... versuchte angestrengt, Brutus' Blick nicht zu begegnen. Cato dagegen grinste wie ein Honigkuchenpferd.
»Du wirst schon darüber hinwegkommen, Brutus«, meinte er gut gelaunt, gab mir einen schnellen Kuss auf den Mund und schlug seinem Mentor dann freundschaftlich auf die Schulter. Brutus stand stocksteif da und hatte wahrscheinlich eine ganz ähnliche Miene aufgesetzt wie ich. Und mal ehrlich ... Ich konnte es ihm echt nicht verdenken. Als Cato beinahe schon meine Zimmertür erreicht hatte, kam endlich wieder Leben in meinen Mentor, und er versperrte meinem Mittributen mit wütendem Gesichtsausdruck den Weg.
»Hatte ich dir nicht ausdrücklich verboten, etwas Derartiges abzuziehen? Verdammt nochmal, du hast eine ganz andere Aufgabe, oder hast du das schon wieder vergessen? Von dem Moment an, an dem du Glimmer Lovelace begegnest, und ihr euch als Paar vor ganz Panem zeigt, ist die Kleine da nicht mehr von Bedeutung für dich! Wieso machst du ihr Hoffnungen? Wieso kannst du dich nicht einfach mal dem fügen, was ich von dir verlange?« Catos gut gelaunter Gesichtsausdruck begann sich langsam in Stein zu verwandeln. Ich biss mir auf die Lippe. Mist aber auch ...
Dabei hatte er gerade eben noch so gute Laune gehabt ...
Ich fürchtete mich stets vor den Folgen, wenn Cato richtig wütend wurde.
Dabei fürchtete ich nicht um mich selbst.
Aber nicht selten ging etwas äußerst Zerbrechliches zu Bruch ...
Oder er polierte jemandem die Fresse, je nachdem.
»Es ist mir egal, was du willst, das ich tue, Brutus. Ich werde meine letzten Tage so verbringen, wie ich es für richtig halte.« Brutus' Gesichtsausdruck glich einer Bombe, die jeden Moment hochzugehen drohte. Oh, oh ...
»Außerdem ... haben die Spiele ja noch nicht begonnen. Und bis sie nicht begonnen haben, und wir im Kapitol angekommen sind ... Mache ich, was ich will. Und darüber werde ich mit dir nicht mehr diskutieren.«
Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ endgültig mein Zimmer, jedoch nicht, ohne mir noch ein liebevolles Lächeln zuzuwerfen.
Ich seufzte innerlich.
Ich wusste, es war falsch, gegen Brutus' Anweisungen zu verstoßen - der ja eigentlich nur das Beste für uns wollte - aber trotzdem grinste ich zurück.
Brutus blieb derweil unschlüssig in der Türschwelle stehen.
Offenbar wollte er etwas zu mir sagen, denn er öffnete bereits den Mund, schloss ihn nach kurzem Nachdenken jedoch gleich wieder. »Ich ... Es tut mir leid, Clove. Ich bezweifle nicht, dass dich dieser Junge wirklich liebt, aber ... Ich versuche doch nur, euch zu helfen. Das verspreche ich.«
Ich nickte und setzte bereits an, mich für die äußerst peinliche Situation zu entschuldigen, da winkte Brutus auch schon ab. »Ich versteh schon. Junge Liebe und all dieses Zeug. Brr«, meinte er, nun wieder ganz der Alte, mit einem ironischen Lächeln auf den Lippen, und schlenderte ebenfalls zur Tür.
»Komm zum Essen in den Speisewagen«, meinte er im Gehen noch und verschwand dann ebenfalls endgültig aus meinem Zimmer.
Ich blieb noch ein paar Minuten ratlos im Raum stehen, dann jedoch zuckte ich mit den Schultern und machte mich fürs Frühstück fertig.
Das Frühstück fand im gleichen Speisesaal statt, in dem wir gestern auch zu Abend gegessen hatten. Nachdem ich ausgiebig geduscht, und meinen Kleiderschrank - in dem es wirklich alle möglichen Kleidungsstücke gab, von normalen Jeans bis hin zu extravaganten Kleidern und topmodischen Blusen verschiedenster Farben - etwas genauer begutachtet hatte, marschierte ich schließlich in einem wunderschönen tiefblauen Sommerkleid und farblich dazu passenden High Heels mit schwarzen Akzenten in den Speisewagen.
Meine Haare hatte ich mehrmals gebürstet und dann einfach offen gelassen.
Seidig weich fielen sie über meine unbedeckten Schultern.
An meinen Ohren baumelten zwei elegante Ohrringe in der raffinierten Form geometrischer Tropfen, während ich mir ein hübsches, dazu passendes Armband mit mehreren Schichten wunderschöner dunkelblauer Perlen ausgesucht hatte, das perfekt mit meinem restlichen Outfit übereinstimmte.
Das Erste, was ich sah, als ich den Speisewagen betrat, war Enobaria, die gelassen an der riesigen Tafel saß, eine Tasse schwarzen Kaffee trank ...
Und sich nicht scheute, auf Brutus' zweideutige Komplimente einzugehen, die ich schon von der Tür aus hörte, und bei denen ich am liebsten schleunigst die Flucht ergriffen hätte. Wie am Tag der Ernte auch, trug meine Mentorin nichts allzu Auffälliges, was ihr aber trotzdem irgendwie eine Spur Eleganz verlieh: Einen grauen Strickpulli, den sie an den Armen hochgekrempelt hatte, und eine schwarze, eng anliegende Hose samt hochhackiger schwarzer Schuhe. Unter ihren Augen konnte ich dunkle Ringe erkennen, die selbst die üppig aufgetragene Schminke nicht kaschieren konnte, und auch sonst schien sie reichlich abgekämpft zu sein.
»Morgen«, grüßte ich leise und setzte mich ihr gegenüber.
Kaum, dass ich auf meinem Stuhl Platz genommen hatte, wurde mir auch schon eine üppig beladene Platte mit Essen serviert. »Greif ordentlich zu, du bekommst in den nächsten Stunden nicht mehr viel«, wies mich Brutus an und griff statt nach Kaffee zu seinem hübsch bemalten Flachmann.
Ich verdrehte die Augen, gehorchte aber seiner Aufforderung.
Während ich mir Pfannkuchen auftat, diese üppig mit Pfirsichmarmelade und Honig bestrich, und dazu ein paar kleine Schlucke Orangensaft aus dem langstieligen Glas neben meinem Teller nahm, musste ich feststellen, dass Brutus ebenfalls ziemlich müde aussah. Waren meine beiden Mentoren etwa die ganze Nacht lang aufgeblieben? Und hatten ... Was genau gemacht?
Brutus warf mir ein schelmisches Grinsen zu, als hätte er soeben meine Gedanken gelesen. Ich schüttelte mich. »Weg mit dem Bild«, murmelte ich halb zu mir selbst und nahm erneut einen Schluck Orangensaft.
Es war eine Sache, dass die zwei miteinander flirteten - und selbst das war mir schon zu anstößig - aber zu wissen, wie genau sie ihre Nacht verbracht hatten, gehörte definitiv in den Bereich ZVI - Zu viel Information.
»Wo sind eigentlich die anderen Mentoren?«, fragte ich nebenbei, während ich eine Platte mit eisgekühltem Obst betrachtete und mich fragte, welche Frucht ich wohl zuerst nehmen sollte. Ich entschied mich schließlich für Weintrauben. Hmm. Lecker. Enobaria zuckte nur mit den Schultern. »Keine Ahnung. Emelia hat alle bereits geweckt. Vielleicht ziehen sie sich noch an.«
Ich nickte und wir schwiegen. Einige Minuten später kam Cato dann putzmunter und noch immer mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht in den Wagen geschlendert und ließ sich ohne zu Zögern neben mir fallen - was Brutus sichtlich missfiel, aber er hielt Gott sei dank die Klappe.
Die peinliche Situation im Badezimmer fiel mir wieder ein und ich errötete.
Tja, immerhin war Cato jetzt angezogen.
Er trug ein schwarzes Shirt, was an den Ellenbogen leicht hochgekrempelt worden war, und eine normale dunkelblaue Jeans samt Turnschuhen.
»Ach, nur so nebenbei: Glaubt nicht, eure Gläsern würden nur Orangensaft enthalten«, grinste Brutus, als ich noch einen Schluck aus meinem Glas nahm, und mich dabei über die scharfe Note darin wunderte.
Ich warf ihm einen missbilligenden Blick aus zusammengekniffenen Augen zu und nahm die Hände von meinem Glas. Der Wein hatte mir gestern Abend schon gereicht - ich brauchte nicht noch einen Tag in benommenem Zustand. Allerdings ... Hmm ... schmeckte es gar nicht wirklich wie Wein.
Doch was sollte es bitte sonst sein?
»Sekt«, antwortete Brutus, der mich nicht aus den Augen gelassen hatte, und lächelte süffisant. »Sag mal, kannst du eigentlich meine Gedanken lesen, oder was?«, fragte ich ihn genervt und verdrehte die Augen.
Brutus grinste nur. »Nein, aber du hast einfach ein sehr offenes Gesicht.«
Ich wollte schon etwas erwidern, als es um mich herum plötzlich dunkel wurde. »W-Was ist das?«, fragte ich, und konnte nicht verhindern, dass sich plötzlich ein Anflug von Angst in meine Stimme mischte. »Ein Tunnel. Wir fahren durch ihn hindurch, und wenn wir herauskommen, seht ihr das Kapitol«, meinte in jenem Moment Raina, die mitsamt von Leticia, Lyme und Helios den Speisewagen betrat. Anders als wir, frühstückten sie jedoch nicht mit uns, sondern begaben sich in eine gemütliche Sitzecke nahe unseres Tisches und breiteten dann verschiedene Blätter aus dicken roten Mappen vor sich aus. Nur Helios trank ab und an einen Schluck »Orangensaft«.
»Was macht ihr da?«, erkundigte sich Cato neugierig.
Raina lächelte schmal.
»Wir überprüfen eure Informationen, die wir von der Akademie bekommen haben, um herauszufinden, was ihr so drauf habt. Dann erstellen wir einen Plan, welche Stationen ihr im Trainingscenter unbedingt besuchen müsst, um eure Defizite in anderen wieder auszugleichen.« Ich runzelte die Stirn.
»Sind Informationen der Schüler, die die Akademie besuchen, nicht eigentlich streng geheim?« Leticia lächelte mich vorsichtig an.
»Eigentlich schon, ja. Aber in besonderen Umständen ...«
Ihr Lächeln verblasste nicht, erreichte jedoch auch nicht ihre dunklen Augen.
Ich nickte. Klar.
Besondere Umstände.
So nannte man meine jetzige Situation also. Klasse.
»Sehen wir's mal so - Gestern war für uns hauptsächlich Freizeit. Heute beginnt leider wieder die Arbeit«, meinte Helios leicht bedauernd, zwinkerte mir jedoch freundlich zu. Ich lächelte zögernd, was ihn sichtlich erheiterte.
»Nein, überhaupt nicht ...«
»Die Kostüme sollen dieses Jahr aber wirklich fabelhaft sein ...«
»Da kommt Cassia. Zusammen mit Emelia«, bemerkte Raina trocken.
Cato lachte. »Woher weißt du das?«
Nun war es an Raina, zu lachen.
Anders als Catos fröhlicher Laut klang ihrer jedoch deutlich schadenfroher.
»Cassia Frye interessiert sich doch nur für die neuste Mode des Kapitols und anderen unwichtigen Kram. Gott, wie ich diese Schlampe verabscheue.« Ich hätte mich fast an meinen Pfannkuchen verschluckt.
»Was denn?!«, meinte Raina grinsend. »Sagt nicht, ihr hätte nicht auch bemerkt, wie oberflächlich und kaltherzig sie ist.« Der Satz war allerdings weniger an uns, als an Helios gerichtet, der Raina daraufhin mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen argwöhnisch beäugte.
Ich hielt es an diesem Punkt für klüger, zu schweigen.
Nach einigen Minuten hatte ich bereits keinen Hunger mehr.
Die süße Pfirsichmarmelade mitsamt dem klebrigen Honig, mit dem ich die Pfannkuchen bestrichen hatte, bewirkte, dass mir plötzlich übel wurde, und auch der scheinbar endlose Tunnel verursachte ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend. Ich konnte es gerade noch unterdrücken »Wann sind wir endlich da?«, zu fragen. Aber ich hielt den Mund, da ich ja nicht rüberkommen wollte wie ein quengeliges Kleinkind. Nach einigen Minuten stand ich schließlich auf, da ich glaubte, in der Ferne plötzlich einen Lichtschein erkannt zu haben und trat ans Fenster. Nur Augenblicke später gesellte sich Cato zu mir und stellte sich neben mich. Ohne, dass ich es ihm gesagt hatte, ergriff er schließlich meine zitternde Hand und hielt sie fest.
Ich lächelte dankbar.
Langsam schwand die Dunkelheit des endlosen Tunnels und wir konnten einen ersten Blick auf das Kapitol erhaschen, was sich stolz am Horizont erhob. Ich keuchte. Wie auch Distrikt eins, hatte ich natürlich auch das Kapitol schon öfter im Fernsehen gesehen. Doch all die imposanten Gebäude nun auch in der Wirklichkeit direkt vor mir zu sehen, verschlug mir dann doch beinahe den Atem. Riesig hohe Bauwerke, die schier bis zum Himmel reichen wollten, erhoben sich vor meinen erstaunten Augen.
Im strahlenden Licht der Morgensonne schien das Kapitol und all seine prachtvollen Gebäude rötlich zu schimmern. Während wir nun immer höher fuhren - das Kapitol lag weit östlich von einem Gebiet, was früher unter dem Namen »Rocky Mountains« bekannt war - erstreckte sich neben uns auf einer Anhöhe plötzlich ein großer See mit unglaublich klarer Oberfläche.
Ich staunte, während wir langsam den See passierten und das Kapitol nun immer näher kam. Eine seltsame Angespanntheit befiel meinen Körper, doch ich war zu sehr vom Anblick unseres Ziels eingenommen, als dass ich diesem unguten Gefühl in meinem Bauch genug Beachtung schenken konnte. Sogar von meinem jetzigen Standpunkt aus, konnte ich die breiten, asphaltierten Straßen erkennen, auf deren unzähligen Spuren teure Luxusautos in schier unmöglicher Geschwindigkeit von einem Ort zum nächsten düsten. Hier und da blitzten goldene Akzente futuristisch aussehender Wohnhäuser im schwachen Licht der Morgensonne auf.
Unglaublich grüne Parkanlagen - Ich schwöre, so ein sattes Grün hatte ich noch nie zuvor gesehen - säumten die vielen Wohngegenden und waren mit unglaublich vielen farbenfrohen Blumenarrangements, eleganten Springbrunnen und Parkbänken aus weißem Marmor bestückt. Ich staunte nicht schlecht über die goldenen Türmchen und gläsernen Kuppeldächer samt riesiger Fenster, die die Häuser der Kapitolbewohner schmückten.
»Das ... das ist ...«
Auch Cato hatte es praktisch die Sprache verschlagen. Enobaria und Brutus warfen sich ein wissendes Grinsen zu und auch ich musste plötzlich kichern.
Es geschah nun mal nicht allzu oft, dass Cato Chandler die Luft wegblieb.
Soeben fuhren wir an einem großen Wasserfall vorbei, von welchem aus das strahlend blaue Wasser direkt neben den Gleisen einige Meter in die Tiefe zu stürzen schien, und der in seiner Gesamtheit wohl eine Art Staudamm zwischen den Distrikten und dem majestätisch wirkenden Kapitol darstellen sollte. Ehe ich es mich versah, hatten wir plötzlich den großen See hinter uns gelassen, und befanden uns auf einmal inmitten von lauter Menschen in farbenfrohen Kostümen und echt seltsamen Frisuren.
Ich kniff misstrauisch die Augenbrauen zusammen.
Seit jeher mochte es im Kapitol Mode sein, dass viele der wohlhabenden Bewohner Panems sich Haut und Haare in auffallenden Farben einfärbten und sich dann auch gleich noch zahlreichen Schönheitsoperationen unterzogen, bis sie so verunstaltet waren, dass man ihr eigentliches Gesicht hinter all dem Plastik kaum mehr ausmachen konnte. Ich dagegen ...
Fand diese Menschen einfach nur abstoßend.
»Wieso hat es eigentlich so lange gedauert, bis wir hier sind?«, fragte ich, um mich von den dicht bevölkerten Straßen schriller Menschen abzulenken, die mir begeistert zuwinkten und freudig jauchzten, als der Zug mit hoher Geschwindigkeit an ihnen vorbeirauschte. Enobaria, die sich nun ebenfalls zum Fenster begab, konnte mir darauf eine Antwort geben. »Nun, die Spielmacher bestehen darauf, dass alle Züge zeitgleich einfahren, damit sich kein Distrikt benachteiligt fühlt. Die hinteren Distrikte, die am längsten brauchen, fahren ihre normale Strecke, während die Distrikte eins bis fünf über Umwege fahren müssen, um auf die gleiche Stundenzahl zu kommen.«
Ich nickte. »Ach, so ist das.«
Eine Weile lang sagte keiner von uns mehr ein Wort. Inzwischen waren auch die übrigen Mentoren ans Fenster getreten und betrachteten nachdenklich das von Glanz und Glamour bestrahlte Kapitol in all seiner Pracht.
»Und da sind wir wieder«, meinte Raina düster und verschränkte die Arme schützend vor ihren Körper. Helios legte ihr sanft die Hand auf den Rücken.
»Kopf hoch. Alles wird gut.«
Doch es schien, als würde selbst er an seinen eigenen Worten zweifeln.
Cassia schenkte uns einen verständnislosen Blick.
»Was habt ihr denn alle? Das Kapitol ist ein Traum!« Emelia nickte bekräftigend, während wir anderen allesamt den Kopf schüttelten.
»Nein. Das Kapitol ist allerhöchstens ein Albtraum, in dem wir für ein paar weitere Wochen unser Dasein in Gefangenschaft fristen müssen«, murmelte Brutus leise. Helios und Raina nickten zustimmend, während Enobaria angewidert den Kopf schüttelte, als sie die vielen grotesken Menschen auf den breiten Straßen erblickte. Ich dagegen stand seltsam teilnahmslos vor den breiten Fenstern. In mir tobte ein Wirbelsturm an Gefühlen, die erbittert darum kämpften, herausgelassen zu werden. Doch noch konnte ich sie in meinem Innern gefangen halten. Noch. Das änderte sich allerdings, als der Zug langsam in die Stadt einfuhr, und ich all die verunstalteten Gesichter und knallbunten Perücken sah. Denn ab da an hätte ich am liebsten nur noch geheult. Wie konnten Menschen sich selbst nur so herabsetzen?
Glaubten sie tatsächlich, die verrückten Kostüme und die grotesken Masken waren es, was sie zu Schönheiten machte? Ernsthaft? Wie ... Egal.
Ich begegnete dem Blick einer Frau, die ihre ganze Haut in einem grellen violetten Farbton eingefärbt hatte, und mir mitsamt ihren meterlangen pinken Wimpern freudig hinterher starrte. Ich schüttelte mich. Baah. Das Einzige, was diese Menschen noch waren, war grotesk und gruselig. Sie machten mir Angst, aber was noch viel schlimmer war: Sie taten mir auch leid.
Wie musste es nur sein, jeden Morgen aufzustehen, und mit so einem Gesicht in den Spiegel zu schauen? Grässlich. Grotesk. Furchtbar.
Ich an ihrer Stelle hätte mich umgebracht.
In der Ferne - zwischen riesigen Häusern mit moderner Ausstattung und künstlerischen Formen - konnte ich nun ein großes silbernes Gebäude sehen. Wahrscheinlich der Bahnhof. Ich sah leicht verunsichert zu Cato.
Auf seinem Gesicht lagen vorherrschend Abscheu und Unsicherheit, obwohl er sich verzweifelt um eine arrogante Miene bemühte.
Nach einigen Versuchen gelang es ihm schließlich.
Ich dagegen hatte keine Ahnung, was für einen Ausdruck ich meinem Gesicht verleihen sollte. Nichts würde dem gerecht werden, was ich innerlich empfand. Allen voran Abscheu und Verachtung, aber auch Gefühle wie Mitleid und Bedauern mischten sich in das Chaos in meinem Innern.
Aber vor allem, spiegelte sich eines auf meinem Gesicht wider, was unbedingt verschwinden musste, wenn wir in den Bahnhof einfuhren, und uns die Kameras belagerten: Angst. Angst um mich selbst. Angst um Cato. Angst, dass ich nie mehr etwas anderes sehen würde, als das hier.
Verdammt, ich hatte Angst um mein verfluchtes Leben.
Und wer wollte es mir nehmen?
Wütend starrte ich das Kapitol an, und mit einem Mal sah ich in diesem alles Böse auf der Welt. Ich blickte zu Cato, der meinen Blick offen erwiderte.
In unseren Augen stand der gleiche Ausdruck: Wut.
Wut und Hass.
Denn alles, was wir hatten, und vielleicht noch hätten haben können, war uns genommen worden. Von einem Tag auf den anderen hatten wir keine Zukunft mehr. Und diese ach so prachtvolle Stadt ... Dieses Land ... Diese grotesken Menschen, dort, direkt vor uns - Sie waren schuld daran.
• • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • •
Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯1: Wunderschönes Lied ... Ich mag es <3
Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯2: Dieses Kapitel möchte ich meiner lieben Freundin вєιммσятαƖ widmen. Ich danke Dir für all die lieben Kommentare und Votes zu dieser Geschichte. Danke auch, für deine Unterstützung und Deine Freundschaft. Du bist ein wundervoller Mensch und ich hoffe, wir verlieren niemals den Kontakt. Du bist toll! Ich habe dich sehr lieb <3
Aɴмerĸυɴɢ Nυммer ♯3: Dieses Bild stellt Catos und Cloves Mentorin Cᴀssɪᴀ Fʀʏᴇ dar, welche die Tribute auf die Arena vorbereiten soll, und durch die Schauspielerin Sᴜᴍᴍᴇʀ Gʟᴀᴜ verkörpert wird.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro