Kapitel 8
- 2 Wochen später -
~ Lucielle ~
Es war nun schon eine ganze Weile vergangen, seit uns Cayden besucht hatte und wir den Brief der Akademie erhielten.
Verschmitzt dachte ich darüber nach, was alles in dieser Zeit geschehen war, während ich mich im Bad für den heutigen Tag fertig machte. Als erstes hatte sich meine Schwester Soraya mit unserem neuen Dasein abgefunden. Dazu hatte sie mir erzählt, was ihr alles beim Joggen wiederfahren war und wie surreal ihr das alles vorkam. Dabei ging sie vor allem auf ihr ungewöhnlich schnelles Tempo ein, welches sie über eine lange Stecke hinweg halten konnte, ohne schlapp zu machen, und sprach dann auch noch über ihre große Kraft, als sie das Geländer zerschlug, und ihren Puls, der ihr scheinbar fehlte. Allein diese Fakten brachten sie schließlich zum Umdenken, so dass ihr Glauben an das Übernatürliche ins Schwanken geriet und sie sich schlussendlich selbst als eine von ihnen sah.
Im Gegensatz zu ihr hatte ich noch eine Weile gebraucht, um mir meiner neuen Gestalt im Klaren zu werden und diese auch zu akzeptieren, was schließlich vor ungefähr einer Woche passierte. Denn erst da fielen mir die ganzen unnormalen Kleinigkeiten in meinem Alltag auf, die ich inzwischen schon akzeptiert hatte und nichtmehr als außergewöhnlich ansah. Oder war es normal, dass ich inzwischen mehrere volle Wasserkästen ohne Probleme heben konnte und ich hörte, wenn sich die Nachbarn abends schlafen legten? Also ich für meinen Teil konnte das bisher nicht als normal und vollkommen alltäglich betrachten. Außerdem kam dazu ja noch, dass mir wie bei meiner Schwester der Puls fehlte und ich noch dazu kaum Schlaf brauchte, was vor einiger Zeit niemals möglich gewesen wäre, denn da schlief ich immer spätestens gegen 2 Uhr morgens ein, egal was ich dagegen versuchte. Also blieb mir wohl oder über nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, dass es Vampire gab und ich allen Anschein nach eine von ihnen war.
Kurz lachte ich einmal auf, als mir die Ironie der ganzen Sache ins Auge fiel, denn mittlerweile verstand ich, warum ich mit Menschen nicht wirklich umgehen konnte und lieber die Einsamkeit suchte. Es war einfach immer schon klar, dass ich nicht zu ihnen gehörte und mein Platz eigentlich in einer anderen Welt, bei anderen Wesen, also den Vampiren, war. Und gerade deshalb war ich nun auch froh, dass ich wusste wo ich hingehörte und was ich bin, so dass ich mein neues Wesen fast schon deswegen zu lieben gelernt hatte.
Immer noch leicht lächelnd schaute ich meinem Spiegelbild entgegen und betrachtete deren platinblonde Haare, die helle Haut und die hellblauen Augen, welche zum äußeren Rand der Iris hin immer heller wurden. Eigentlich hätte mir doch schon längst bei meinem neuen Erscheinungsbild ein Licht aufgehen müssen, denn allein das sah doch schon ziemlich außergewöhnlich aus. Wobei ich zugeben musste, dass mir dieses echt gefiel und ich sehr froh darüber war, es nun auch mit meiner Schwester teilen zu können. Allerdings brachte uns eben jenes auch in Schwierigkeiten, als unsere Eltern das Gespräch mit uns suchten und sauer darüber waren, dass wir unser Aussehen einfach ohne ihr Einverständnis geändert hatten. Zum Glück hatten sie uns die Ausrede mit der neuen Haarfarbe und den Kontaktlinsen abgekauft, was sie zwar trotzdem nicht in Ordnung fanden, aber all ihre Fragen klärte.
Langsam wandte ich mich nun von meinem Ebenbild im Spiegel ab und nahm mein zahnputzzeug in die Hand, um es in meinen Koffer zu packen. Denn heute war der große Tag, an welchem wir die 'Evil Akademie' zum ersten Mal besuchen würden, weshalb uns Cayden auch heute gegen 10 Uhr abholen wollte. Er war es auch, der uns nochmals kontaktierte und mit unseren Eltern alles abklärte, welche jetzt dachten, dass wir eine Eliteschule in der Schweiz besuchten. In Wirklichkeit wussten selbst wir nicht, wo die Reise hinging und in welchem Land die Akademie lag. Denn wie in dem Brief erwähnt, hatten wir uns noch nicht dazu entschlossen, auf der Schule zu bleiben und deshalb stand es uns aus Sicherheitsgründen auch nicht zu ihren Standort zu kennen. Im gleichen Zug hatte uns Cayden auch mitgeteilt, dass wir nur unsere normalen Sachen einpacken brauchten und wir alles Wichtige erst in der Schule bekamen. Das war auch der Grund dafür, warum mein Koffer nicht so vollgestopft war, wie wenn man normalerweise auf ein Internat wechselte.
Als ich nun meine Zahnpasta und die Zahnbürste in einem kleinen Täschchen innerhalb des Koffers verstaut hatte und diesen anschließend auch schloss, machte ich mich langsam mit eben diesem auf den Weg aus meinem Zimmer. Dabei blieb ich noch einmal kurz im Türrahmen stehen und nahm innerlich Abschied von dem Raum, der mir für eine so lange Zeit Zuflucht bot. Zum Glück würde ich mir auf dem Internat ein Zimmer mit Sora teilen und musste nicht allein oder sogar mit einer fremden Person das Abendteuer meistern. Dieses Wissen gab mir ein kleines bisschen Sicherheit und bekräftigte mich in meinem Handeln, als ich die Tür schloss und ich in Richtung der Treppe ging.
Schon von hier hörte ich die Stimmen meiner Eltern und die von Soraya, welche aus dem Esszimmer kamen und ihren Weg nach hier oben fanden. Mir war schon jetzt klar, dass uns allen der Abschied schwerfallen würde, denn immerhin war es das erste Mal das wir für eine längere Zeit von zu Hause weg gingen. Als ich schließlich die Treppenstufen überwunden hatte und mich in unserem Flur wiederfand, war die Spannung noch deutlicher zu spüren, als gerade eben. So stellte ich mit zitternden Händen meinen Koffer neben den von Soraya, welche genau den gleichen besaß. Denn irgendwie hatten unsere Verwandten alle den Drang uns zwingend das gleiche zu schenken, obwohl wir absolut nicht dem typischen Zwillingsbild entsprachen, wonach beide immer das gleiche anzogen und benutzten.
Schließlich setzte ich ein leicht gezwungenes Lächeln auf und betrat unser Esszimmer, in welchem der Rest unserer kleinen Familie schon beisammensaß und frühstückte. Wieso fingen eigentlich immer alle ohne mich an? War es denn zu viel verlangt die paar Minuten noch abzuwarten? Enttäuscht schüttelte ich meinen Kopf und warf kurz ein einfaches „Guten Morgen" in die Runde, welches mit einem Kopfnicken Seitens meines Vater und einem einfachen „Morgen." meiner Mutter erwidert wurde. Als ich mich an unseren Esstisch setzte und mir gleich ein Brötchen mit Nutella schmierte, fragte mich mein Vater schließlich zögerlich „Und Luci, freust du dich schon?", wobei sich ein leicht trauriger Ausdruck auf sein Gesicht schlich. „Ja klar, aber wir werden euch echt sehr vermissen." Gab ich ihm schließlich als Antwort zurück und schaute dabei meinen beiden Elternteilen wahrheitsgemäß entgegen. Ich konnte mir kaum vorstellen, wie es ohne sie sein würde, immerhin standen sie uns so oft tatkräftig zur Seite und halfen uns gerne mit Rat und Tat weiter. Auf dieses Extra würden wir auf der Akademie verzichten müssen, egal wie sehr uns der Abschied schmerzte.
Traurig ließ ich meinen Kopf sinken und kaute auf meinem Nutellabrötchen rum, während ich das Gespräch um mich herum komplett ausblendete. Ich wurde erst wieder aus meinen Gedanken gerissen, als das schrillen der Klingel jene und das Gespräch am Tisch durchbrach. Jetzt war es also soweit. Die Zeit des Abschieds war gekommen. Langsam erhoben wir uns von unseren Stühlen und verließen das Wohnzimmer, um unserem Abholservice die Tür zu öffnen. Dabei packte ich mir schnell noch den letzten Bissen des Brötchens und stopfte ihn erbarmungslos in meinen Mund.
Im Flur angekommen öffnete Sora schnell die Tür und begrüßte Cayden kurz mit einem einfachen „Hallo", welches er an die gesamte Familie weitergab. Langsam fing ich nun an meine Schuhe und die Jacke anzuziehen, wonach ich meine Mutter sofort wortlos in den Arm nahm, als ich sah, wie ihr die Tränen kamen. Es dauerte nicht lange, als sich auch Sora der Umarmung anschloss und schließlich auch mein Vater seine starken Arme um uns legte. Derweil flüsterte Sora unseren Eltern, oder viel mehr unserer Mutter, aufmunternd entgegen „Wir kommen ja bald in den Ferien wieder und zur Not können wir auch so oft wir können telefonieren. Versprochen!" Als sie dies sagt, bekräftigte ich ihre Worte mit einem leichten nicken und löste mich anschließend aus der Umarmung „Genau, und falls es uns da nicht gefällt, kommen wir sowieso eher wieder." Während diesen Worten warf ich einen kurzen Blick zu Cayden, welcher noch immer im Türrahmen stand und bei meiner Aussage einen missmutigen Eindruck machte. „Klar, wir sehen uns bald wieder. Kommt macht schon los, ehe hier alles noch in einer Trauerveranstaltung endet!" Gab meine Mutter schließlich zurück und schaute uns entschlossen entgegen, wobei ihr die Tränen in den Augen schimmerten.
Nach einem kurzen Blickwechsel mit meiner Zwillingsschwester folgten wir Cayden schließlich nach draußen, welcher inzwischen unser Gepäck in das Auto gebracht hatte. Noch einmal wanken wir unseren Eltern zu, bevor wir hinten in das schwarze Caprio einstiegen. Kaum saßen wir und hatten uns angeschnallt fuhr Cayden auch schon los, wobei er das Gaspedal einmal kräftig durchtrat und uns aus dem Rückspiegel mit seinen grünen Augen betrachtete. Hastig drehte ich mich einmal auf dem Sitz um und schaute über der Lehne hinweg einmal zu meinen Eltern, welche vor unserem Haus standen und sich in den Armen lagen. Plötzlich war ich froh darüber, den Abschied hinter mir zu haben und ein Blick zu meiner Schwester zeigte mir, dass es ihr nicht anders ging. Es gab nichts schlimmeres als Abschiede!
„Na, freut ihr euch schon?" Wurde die Stille schließlich von Caydens männlicher Stimme unterbrochen „Macht euch auf eine lange Fahrt gefasst!". Leicht nickte ich, da mir plötzlich die Kraft für eine angemessene Antwort fehlte und mich eine tiefe Müdigkeit überfiel. Wo kam die denn jetzt her? Ich hatte doch gerade erst geschlafen und war bis vor ein paar Minuten nicht mal ansatzweise müde. Wahrscheinlich lag das an der Aufregung von gerade eben. Dachte ich irritiert, bevor mich eine angenehme Dunkelheit umfing und ich in einen tiefen Schlaf fiel, welcher von den beruhigenden Geräuschen des Motors, den gleichmäßigen Atemzügen der anderen und dem leichten holpern des Autos, wenn es wieder über eine Unebenheit fuhr, bekleidet wurde.
Ich erwachte erst wieder aus meinem tiefen Schlaf, als das Auto eine plötzliche Bremsung einlegte und ich in meinem Sitz einmal ruckartig nach vorne gerissen wurde. Erschrocken richtete ich mich einmal auf und schaute leicht verschlafen nach meiner Schwester, welche ebenso kerzengerade auf ihrem Sitz saß wie ich, und dem Fahrer, der sich inzwischen hinterhältig lächelnd zu uns umgedreht hatte. „Da wären wir, ihr Schlafmützen." Gab er schließlich nach einer kurzen Ruhepause von sich und veranlasste uns somit dazu, nach draußen zu schauen. Was wir da, im Licht der untergehenden Sonne; sahen, verschlug uns wortwörtlich den Atem.
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Na Leuties,
wie geht es euch? Dieses mal hat das Kapitel rund 1751 Wörter. Wie gefällt es euch? Wie stellt ihr euch die Akademie vor? Eure Vorstellungen würden uns wirklich interessieren, also schreibt sie gerne in die Kommentare. Natürlich nehmen wir auch jeden Tipp, Vorschlag oder Kritik gerne an und freuen uns allgemein über euer Feedback. Also haut in die Tasten ;-)
~ LG eure Rue ~
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