Kapitel 2
Rina konnte nichts dagegen tun, der der Vampir sie über seine Schulter trug, als wäre sie irgendeine Trophäe. Ihr Körper zu erschöpft und schmerzte durch die Position überall. Was auch der Grund war, warum sie aufgehört hatte, zu zappeln. So würde sie nicht entkommen können. »Was wollt ihr von mir?«, fragte sie schwer atmend. »Ich bin eine Novizin der weißen Raben. Das wird euch Probleme machen«, behauptete sie fest. Das musste ein Fehler sein. Sie war immerhin kein Opfer. Die Vampire hatten bereits in einer großen Zeremonie das jährliche Opfer aus Mondhain erhalten.
»Du passt genau auf die Beschreibung, Kleine«, meinte der Mann, der sie trug, leise grunzend. »Auch, wenn man dich als schöner beschrieben hat. Du bist viel schmächtiger und kleiner.«
Rina verdrehte die Augen über diese Beleidigung. Es war unschwer zu hören, dass er enttäuscht war. Allerdings konnte Rina das nutzen.
»Seht ihr, ich passe nicht. Es muss ein Irrtum sein«, beharrte sie, während sie versuchte, sich aufzustemmen, um die Männer besser zu sehen. Es gelang ihr nicht wirklich.
Trotzdem bemerkte sie, dass sie sich einer Ansammlung an Lichtern in der Ferne näherten.
»Versuch es gar nicht erst und finde dich damit ab«, wurde sie von dem Vampir angefahren, der wohl als Begleitung gedacht war. Er wirkte wesentlich schmaler als der Mann, der sie trug.
»Wie kommt ihr überhaupt darauf, dass ich die Person bin? Findet ihr es nicht komisch, dass ihr mich im Wald vor einem Tempel angetroffen habt?«, fragte Rina weiter, deren Ziel es war, Zweifel zu sähen.
Ein Lachen erklang. »Das war der ausgemacht Ort und du hast rote Haare«, wurde ihr belustigt erwidert, was Rina erschaudern ließ. Alles wirkte auf sie so unwirklich, dass sie es nicht richtig greifen konnte. Sie musste träumen. Etwas anderes war viel zu unwahrscheinlich.
»Wo bringt ihr mich hin?«, wollte sie wissen, während sie erneut versuchte, nach vorn zu sehen. Es gelang ihr so weit, dass sie eine große, mit Flammen beleuchtete, Mauer erkannte. Der Schutzwall, der Vampire.
»Zu Fürst Vladinal. Er wird über deine Position entscheiden«, informierte man die, bevor die beiden Vampire stehenblieben und sie plötzlich unsanft abgesetzt wurde.
Rina wollte die Möglichkeit nutzen, um aufzusteigen und wegzurennen, doch bevor sie diesen Gedanken in die Tat umsetzten konnte, wurde sie am Arm gegriffen.
Die fast schon knochigen Finger schlossen sich um ihr Handgelenk wie ein Schraubstock.
Ihr entkam ein Schmerzenslaut, während sie Angst hatte, dass man ihr das Handgelenk brach. Denn wurde sie nach vorn gezogen und stolperte mehr schlecht als recht durch ein Tor in der Mauer.
Es wirkte klein und unscheinbar. Nicht wie ein offizieller Eingang, weshalb Rina sich auch nicht wunderte, als sie in eine düstere, kaum beleuchtete Gasse stolperte.
Was sie aber sofort irritierte, waren die riesigen Steinhäuser, die scheinbar dicht aneinanderklebten und nur schmale Gassen bildeten.
Überall erklangen Stimmen und huschten Menschen hin und her.
Auf den ersten Blick wirkte es nicht viel anders als eine Stadt in Mondhain. Zumindest, wenn sie die Bauweise außer Acht ließ. Dann erkannte sie jedoch ihren Fehler. Es waren keine Menschen. Der Großteil der Leute waren Vampire!
Panik überkam Rina, während sie durch die Gassen gezogen wurde.
Niemand schien sich sonderlich an ihr zu stören. Es gab ein paar Blicke, die jedoch fast sofort das Interesse an ihr verloren. Als hätte jeder seine eigenen Dinge zu tun und wollte sich nicht in die Angelegenheiten anderer einmischen.
Rinas Augen wurden immer größer und als sie schließlich einen Mann entdeckte, der seine Zähne in den Hals einer Frau gebohrt hatte, während er mit einer hübschen Vampirin auf einer Bank saß, drehte sich ihr der Magen um.
Die Vampire erhielten jedes Jahr ein Opfer von Mondhain, um den Frieden zu wahren. Nur deshalb machten sie keine Jagd auf die Menschen. Immerhin brauchten sie auch etwas zu Essen.
Es war jedoch ein Unterschied das zu hören und wie jetzt hautnah zu erleben.
Angst packte Rina, während sie gegen den Gedanken ankämpfen, ab sofort nur noch eine wandelnde Blutbank zu sein.
Das konnte einfach nicht richtig sein! Irgendwas hieran war falsch und sie musste die Vampire davon überzeugen, dass sie die Falsche war. Aber wie?
Rina war so erschlagen von dem, was um sie herum geschah, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Erst recht nicht, als sie auf eine breitere Straße gelangten, die direkt auf ein riesiges, düsteres Gebäude zuführte.
Der schwarze Stein der Ziegel hatte etwas sehr Düsteres und die spitzen Türme, die in den dunklen Himmel ragten, erinnerten Rina an Finger.
Dass es so dunkel war und die Burg nur sporadisch beleuchtet war, machte es nicht besser.
Rina begann zu zittern, während ihre Entführer sie weiter auf das riesige Tor des Bauwerkes zuführten.
Sie bekam den Eindruck in den Schlund eines Monsters zu treten, als man ihnen das Tor einfach so öffnete. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sich die Vampire unterhielten. War sie zu gebannt von der Umgebung, dass sie es nicht bemerkte oder ging hier etwas anderes vor sich?
Rina hatte keine Chance, sich zu wehren und so konnte sie nur weiter hinter dem Vampir her stolpern, der sie noch immer eisern hielt.
Mittlerweile fühlte sich ihr Handgelenk taub an und ihre Finger kribbelten. Das war jedoch gar nichts gegen die Angst, die sie innerlich erstarren ließ.
Die Lichtspiele der Kerzen in den Gängen, der Geruch nach Eisen und die drückende Atmosphäre, welche durch die massiven Mauern erzeugt wurde, ließen sie klein und eingeschüchtert zurück.
Rina glaubte nicht, dass sie noch mehr ertragen konnte, als sie plötzlich einen Ruck spürte.
Mit einem leisen Schrei stolperte sie nach vorn, bevor sie das Gleichgewicht verlor und mit den Knien zu Boden krachte.
Die Schmerzen, die das auslöste, ließen sie keuchen. Tränen traten in ihre Augen, während sie sich abstützte und versuchte, zu Atem zu kommen.
Sie bemerkte nur teilweise, wie ihre Entführer neben sie traten und niederknieten. »Lord Vladinal. Wir bringen die Frau«, informierte der Mann, der die begleitet hatte.
Rina versteifte sich, während sie die schwarzen Bodenfliesen anstarrte. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust.
Lord Vladinal. Jeder in Mondhain kannte diesen Namen. Der Fürst der Vampire. Ein grausamer, gefürchteten Mann, der Stoff für Albträume war.
Rina hörte keine Erwiderung, doch die Männer erhoben sich, bevor sie anhand ihrer Schritte ausmachen konnte, das sie gingen.
Sie selbst spürte, wie ihr Körper sich in dieser Position versteifte. Dennoch zwang sie sich, ihren Kopf ein kleines Stück zu heben.
Sofort bereute sie es.
Der Vampir auf dem Thron hatte eine so einschüchternde Aura, dass Rina das Blut in den Adern gefror.
Seine leuchtend roten Augen fixierten sie, während er den Kopf auf eine Hand gestützt hatte.
Das kantige Gesicht war so ganz anders als alles, was Rina kannte. Wäre da nicht die Aura und der Blick, könnte er sogar recht ansehnlich sein. Rina erkannte jedoch nur ein Monster auf Beutefang.
»Das soll sie sein?«, fragte er mit einer Stimme, die Rina durch Mark und Bein ging. Sie war nicht unangenehm. Nicht in dem Sinne, dass seine Stimme seltsam klang. Aber die Macht, die darin mitschwang, raubte ihr den Atem.
Die hellen Schemen, die Rina immer und überall sah, drücken sich förmlich in die Ecken der Mauern und hielten so viel Abstand von dem Fürsten, wie es möglich war. Nur eine Gestalt, die Rina jedoch kaum erkennen konnte, weil sie so blass war, wanderte um ihn herum, als würde sie auf ihn einreden.
»Das ist eine Frechheit«, wetterte ein Vampir an seiner Seite. »Glaubt er wirklich, unsere Vereinbarung mit so einer zu erfüllen?«
Rina verstand nicht genau, worum es ging, denn ihr Verstand blendete den Mann, der vermutlich auch ein Vampir war, völlig aus. Rina hielt ihn für ungefährlich. Zumindest während Lord Vladinal neben ihm stand.
»Schickt sie in die Randbezirke«, winkte Lord Vladinal ab, als wäre Rina es nicht einmal wert, ein zweites Mal betrachtet zu werden.
»Mein Lord«, erklang eine vorsichtig, ehrerbietige Stimme hinter Vladinal.
An ihn heran trat ein Mann, der wie eine jüngere Kopie schien. Er wirkte alles in allem viel sanfter, obwohl auch er eher kantige Züge hatte.
Rina konnte beobachten, wie er dem Lord etwas in sein spitzes Ohr flüsterte, bevor sich ein Lächeln auf seine Lippen schlich. »Eine faszinierend, bösartige Idee«, sagte er zufrieden, bevor er Rina direkt in die Augen sah. Diese vergaß das Atem, während sich ihr gesamter Körper anspannte.
»Sie wäre ein perfektes Geschenk für Deamon.« Sie erkannte, wie Vladinal den Mund öffnete, doch die Wörter hörte sie nicht mehr. Stattdessen verschwammen die Ränder ihrer Sicht, bis Schwärze sie komplett umfing.
Was haltet ihr von der Welt der Vampire?
Wie gefiel euch die Beschreibung der Umgebung? Konntet ihr die Atmosphäre spüren?
Was ist so euer erster Eindruck von Lord Vladinal?
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