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Teil 2 - Schmerz

Die nächste Nacht verlief ähnlich. Silverian schien tagsüber wirklich zu schlafen, sodass Kelron sich für einige Stunden nach oben wagen konnte, um sich zu bewegen, frische Luft zu schnappen und in seinem Bett zum schlafen, das nun doch um einiges weicher war als der harte Stuhl im Kerker. Außerdem war nachts sowieso nicht an Schlafen zu denken unter den wachsamen Blicken des Vampirs. Dieser versuchte nicht, eine weitere Unterhaltung zu beginnen, und auch Kelron ließ ihn schmoren bis auf einige Bemerkungen darüber, dass es doch besser sei, klein beizugeben.
Waragus kam am Abend wieder zum Verhör, doch ohne Ergebnis. Als Kelron dem Ordensvorsteher kurz darauf draußen im Hof Bericht erstattete, nickte dieser zufrieden. "Wie ich es mir dachte: er denkt, er kann dich manipulieren, damit du ihm hilfst. Spiel einfach weiter mit."
"Und was, wenn er wirklich nichts weiß?", fragte Kelron.
"Er weiß etwas. Sonst hätten wir ihn nicht bei einem Scharmützel mit einer Truppe, die Fürst Valendars Wappen trug, aufgegriffen. Er muss zu dessen Hofstaat gehören, da bin ich mir sicher, denn er war auch nicht wie ein gewöhnlicher Kämpfer gekleidet, aber auch nicht wie ein Diener."
Kelron nickte. "Ich versuche es weiterhin."
"Gut. Allein die Tatsache, dass er mit dir redet, ist sehr vielverspechend. Versuch, ihn in Gespräche zu verwickeln; früher oder später wird er etwas verraten, sei es unabsichtlich oder aus Berechnung."
"Er hat wirklich kein Wort während Eures Verhörs gesagt?", erkundigte Kelron sich, obwohl er sich das schon gedacht hatte.
"Nein, nicht eines", erwiderte Waragus. "Und seine Fähigkeit, Schmerzen auszuhalten, ist beachtlich. Ich vermute, dass er schon einige hundert Jahre alt ist, oder er würde bereits Anzeichen von Schwäche zeigen ohne frisches Blut."
"Und was machen wir, wenn er einfach einschläft? Meister Mergil erzählte mir, dass alte Vampire, wenn sie an kein Blut herankommen, nach einer gewissen Zeit einfach in Starre verfallen. Wenn er sich nicht mehr rührt, kann er auch keine Fragen beantworten", wandte Kelron ein.
"Nun, in dem Fall werden wir ihn ein wenig füttern", meinte der Ordensvorsteher. "Angeblich können Vampire auch Tierblut trinken. Wir werden es ausprobieren."
"Und wenn das nicht funktioniert?"
"Dann werden wir weitersehen. Doch bis dahin wird es noch etwas dauern."
"Meister, dann ist da noch etwas", erklärte Kelron. "Ich habe den Verdacht, dass der Blutsauger tagsüber doch nicht richtig schläft und unser Gespräch mitangehört hat, als wir ihn in den Kerker brachten." Kurz berichtete er, was Silverian gesagt hatte.
Doch Waragus winkte ab. "Unmöglich. Du weißt doch, dass Vampire geschickt darin sind, Menschen zu lesen. Er hat geraten. Und jetzt geh zurück an deinen Posten. Ich werde derweil in unseren Aufzeichnungen suchen, ob irgendwo ein Blutsauger namens Silverian erwähnt wird."
Damit war Kelron entlassen und machte sich auf den Weg zurück in den Kerker.
Dort traf er Silverian genau so an, wie er ihn verlassen hatte. Der Vampir saß auf dem nackten Steinboden seiner Zelle in Ermangelung jeglichen Möbelstückes und begutachtete die neuen Löcher in seinem Hemd, ehe er den Stoff aufrollte und über die frischen Schnitte an seinem Arm leckte.
"Ich vermute nicht, dass ihr einen Schneider habt, oder?", fragte Silverian, ohne aufzusehen.
"Doch, aber nicht für dich", gab Kelron zurück. "Außerdem solltest du ganz andere Sorgen haben, als dich über ein paar Löcher im Hemd aufzuregen."
"Ach, und welche? Ich sitze in einer Zelle und warte darauf, dass mich ein paar selbstgerechte Paladine töten, aber davon abgesehen habe ich nichts zu tun." Silverian erhob sich geschmeidig und musterte Kelron. "Allerdings habe ich ja noch dich zur Unterhaltung. Nicht die Allerbeste, die ich mir vorstellen kann, aber immerhin."
"Ach ja?", knurrte Kelron. "Sei froh, dass überhaupt jemand da ist, der mit dir redet."
"Ich bin gerührt. Dabei sollst du doch auch nur Informationen aus mir herausholen, oder? Vermutlich hat dein Ordensvorsteher dich beauftragt, dir mein Vertrauen zu erschleichen, damit ich dir etwas Wichtiges sage. Wenn dem so ist, gibst du dir aber keine besondere Mühe." Mit einer lässigen Geste strich sich der Vampir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und lächelte höhnisch.
Nur mit eiserner Willenskraft hielt Kelron sich davon ab, an die Zelle zu treten, sich diesen arroganten Blutsauger zu greifen und gegen die Gitterstäbe zu drücken, bis die Haut des Vampirs voller Brandmale war. Doch er beherrschte sich. Das war alles nur ein Versuch, ihn zu verunsichern und zu manipulieren, erinnerte er sich immer wieder. Indem er sich aufregte, tat er doch genau das, was Silverian wollte!
Kelron zwang sich, den spöttischen Blick des Blutsaugers zu erwidern und atmete tief durch, um sich zu beruhigen. "Du scheinst ja über alles Bescheid zu wissen, Monster. Ein Pech nur, dass dir das nichts nützt. Das Einzige, was dir hilft, ist, uns zu sagen, was wir wissen wollen. Bis dahin hockst du weiter in diesem Kerker wie eine Maus in der Falle."
Silverian hob eine Augenbraue. "Und was, wenn ich einfach etwas erfinde, damit ihr zufrieden seid?"
"Wir werden alles nachprüfen, ehe wir entscheiden, was wir mit den Informationen anfangen", gab Kelron zurück.
"Ich höre immer 'wir'. Ich dachte, alles entscheidet dein ach so ehrenvoller Ordensmeister und nicht so ein unbedeutender Ritter wie du?"
Diesmal ließ Kelron sich nicht beeindrucken. "Aber er bekommt meine Berichte, also habe ich sehr wohl damit zu tun. Wie gesagt, du solltest etwas dankbarer sein, Biest."
"Ich bin dankbar, wenn du meinen Namen benutzen würdest, Kelron." Silverian trat näher an die Gitterstäbe.
"Warum sollte ich? Du verdienst es nicht, wie ein Mensch behandelt zu werden", schnaubte Kelron.
Der Vampir kniff die Augen zusammen. "Dein Hass auf meine Art hat nicht nur etwas mit den Lehren deines Ordens zu tun, nicht wahr?"
"Nein, hat es nicht. Und wenn du es genau wissen willst: ich habe als Kind erlebt, wie das Heer von Fürst Valendar mein Dorf angriff. Dieses Monster tötete meinen Vater direkt vor meinen Augen! Ich denke, ich habe Grund genug, eure verdammte Brut zu hassen, selbst wenn ihr die Menschen nicht nur als Nahrung, Spielzeug und etwas, das euch im Weg ist, sehen würdet!" Kelron hatte nicht gemerkt, dass er aufgesprungen war. All seine Wut, seine Verachtung hatten nun ein konkretes Ziel gefunden, ein Ziel, das sich weder wehren noch davonlaufen konnte, sondern sich seine Anklagen anzuhören hatte.
Doch Silverian war wenig beeindruckt. "Auch wenn dein Orden vermutlich etwas anderes lehrt: wir waren es nicht, die diesen Krieg begonnen haben. Euer König war es, der plötzlich beschloss, dass wir eine Plage seien, die es auszurotten gilt, obwohl wir friedlich in unseren Festungen lebten und uns nicht in die Belange der Menschen einmischten."
"Nicht einmischen? Dass ich nicht lache! Ihr braucht unser Blut!", schnaubte Kelron. "Das ist doch der einzige Grund für euren Kampf gegen uns! Ihr wollt uns unterwerfen, damit wir euch als Schlachtvieh dienen!"
Erneut lief es Kelron kalt den Rücken hinunter, als Silverian lachte. "Du weißt wirklich nicht das Geringste, oder? Kein Wunder, dass ihr Paladine uns blind abschlachtet, als wären wir Tiere." Der Vampir trat noch näher an das silberne Gitter, ohne es jedoch zu berühren, und sah Kelron fest in die Augen. "Wir führen keinen Krieg gegen euch, Kelron. Wir kämpfen nur ums Überleben."
"Du lügst doch! Denkst du wirklich, ich glaube dir diesen Unsinn?", knurrte Kelron. "Ich weiß, wie die Wirklichkeit aussieht, und ich habe selbst miterlebt, wir ihr wehrlose Menschen abgeschlachtet habt! Wage es nicht, das zu leugnen!"
Silverian zuckte mit den Schultern. "Glaube von mir aus, was du willst. Was ist von einem Paladin auch schon zu erwarten als blinder Hass und blinder Gehorsam? Es ist erbärmlich."

Er wollte sich mit einem abfälligen Schnauben abwenden, doch im nächsten Moment hatte Kelron ihn durch die Gitterstäbe hindurch an den Armen gepackt und mit einem Ruck gegen die silbernen Gitter gezogen. "Und wenn du nicht sofort still bist, wirst du sehen, wie ich mich meinem Meister widersetze und dich auf der Stelle töte!", fauchte Kelron.

Seine mühsam aufrecht erhaltene Kontrolle war dahin, und er spürte, wie er es genoss, zuzusehen, wie die silbernen Stäbe rote Striemen auf der makellosen Haut des Vampirs hinterließen. Dessen Gesicht war Kelrons so nahe, dass der Paladin Silverians Atem spüren konnte. Dieser ging erstaunlich ruhig und langsam, und auch die Mimik des Blutsaugers verriet keinerlei Angst. Dennoch war der spöttische Ausdruck wie weggefegt und war etwas anderem, Finsteren gewichen.
"Du tötest mich nicht", wisperte Silverian, und seine Stimme verursachte Kelron erneut Gänsehaut. "Im Gegenteil, du wirst mich hier herausholen."
Kelron packte den Vampir noch fester und glaubte, Knochen knirschen zu hören unter dem Druck seiner silberbeschlagenen Handschuhe. "Wenn es nach mir ginge, würdest du hier elendig verrotten!"
"Oh, und was würde dann aus den wertvollen Informationen über Fürst Valendar? Was wäre, wenn ich sie dir gäbe – unter der Bedingung, dass du mich sofort gehen lässt und schwörst, niemandem sonst zu verraten, was du erfahren hast?"
Kelron schnaubte. "Guter Versuch, Monster. Aber ich hintergehe meinen Meister nicht, und ich schwöre auch keine falschen Eide!" Abrupt ließ er Silverian los und trat von der Zelle zurück. "Gib es auf, Biest. Du kannst mich nur wütend machen, aber mehr auch nicht."
"Warten wir es ab, Kelron", erwiderte Silverian mit einem geheimnisvollen Lächeln, während er sich seine Handgelenke rieb. Jedes von ihnen trug nun einen deutlichen roten Handabdruck.

Für den Rest der Nacht schwieg Kelron, blieb auf seinem Stuhl sitzen und starrte ins Leere. All die mühsam aufrecht erhaltene Beherrschung war binnen Sekunden dahin gewesen, und nichts als blinder Hass hatte ihn regiert. Dieses Verhalten war eines Paladins unwürdig, das wusste er. Doch Kelrons größter Charakterfehler war genau dieses aufbrausende Wesen und die Unfähigkeit, seine Gefühle im Zaum zu halten. Auf dem Schlachtfeld war ihm dies dienlich, wo es darauf ankam, nicht lange nachzudenken, sondern instinktiv zu handeln, aber gerade im Umgang mit anderen geriet ihm dieser Zug nicht gerade zur Ehre. Allein die Strafarbeit, die er zu verbüßen hatte, verdankte er einer Schlägerei mit einem der niedrigrangigeren Paladine, der einen harmlosen Witz auf seine Kosten gemacht hatte. Und anstatt den Paladin zurechtzuweisen oder ihm eine angemessene Strafe aufzuerlegen, hatte Kelron ohne viel Federlesen seine Fäuste sprechen lassen.
Der alte Meister Mergil hatte ihn deswegen schon unzählige Male getadelt, doch in den Momenten, in denen es darauf ankam, konnte und wollte Kelron sich einfach nicht beherrschen – um sich im nachhinein über sich selbst zu ärgern.
Silverian hatte sich derweil wieder hingesetzt und leckte über seine Handgelenke wie ein Tier über eine Wunde. Kelron hatte schon bemerkt, dass die vom Silber verursachten Abschürfungen und Wunden des Vortages über Nacht geheilt waren, aber je schwächer der Blutsauger wurde, umso langsamer würde dieser Prozess vonstatten gehen.
Schließlich rollte Silverian sich in einer Ecke zusammen, schloss die Augen und schien aufhören zu atmen. Für Kelron war dies das sichere Zeiten, dass es draußen dämmerte. Er blieb noch ein wenig, um sicherzugehen, doch dann stand er auf und verließ den Kerker. Er brauchte dringend Schlaf, etwas zu essen und vor allem die Gesellschaft von anständigen Menschen, nicht einem verlogenen Biest, dass drauf und dran war, ihn zur Weißglut zu treiben.

"Junge, du siehst erschöpft aus", bemerkte Mergil, als sie sich zum Frühstück in der großen Halle trafen. An langen Holzbänken saßen die Paladine des Ordens, klapperten mit dem Geschirr und waren recht guter Dinge. Dass man einen wichtigen Blutsauger gefangen genommen hatte, hatte sich längst herumgesprochen, und offenbar glaubten alle, dass die ersehnten Informationen über den Feind zum Greifen nahe waren. In Burg Nordwall machten Gerüchte schneller die Runde als unter Bauersfrauen am Markttag, wie Kelron etwas abschätzig befand. Er nahm einen großen Schluck frischer Milch aus seinem Krug und sah dann zu seinem alten Meister.
"Es ist nicht gerade angenehm, die ganze Nacht bei diesem Monster zu wachen und sich seine verlogenen Reden anzuhören" erwiderte er auf dessen Frage. "Außerdem versteht er es verdammt gut, mich zu provozieren. Ich war heute drauf und dran, ihm den Hals umzudrehen."
Mergil seufzte. "Ich habe es dir schon tausendmal gesagt: wenn du nicht lernst, dich im Zaum zu halten, dann wirst du dich eines Tages Hals über Kopf ins Unheil stürzen. Außerdem weißt du, was Waragus dir aufgetragen hat. Du sollst den Vampir nicht umbringen, sondern ausfragen, obwohl ich das für Zeitverschwendung halte."
"Der Blutsauger ist dahinter gekommen, dass ich genau diesen Auftrag habe", murrte Kelron. "Und ich kann mich nicht gut verstellen, das wisst Ihr. Er wird mir freiwillig nichts erzählen."
Mergil zog eine Augenbraue hoch. "Dachtest du denn wirklich, er sei so dumm, wo dir doch dein Zorn ins Gesicht geschrieben steht? Diese Wesen wissen, wie man die Schwächen eines Menschen erkennt und sie ausnutzt. Indem du wütend wirst, tust du genau, was er will. Vielleicht hofft er sogar, dass du die Kontrolle verlierst und ihn tötest."
Kelron schnaubte. "So dumm bin ich nun auch nicht, Meister. Aber dieses Biest hatte sogar die Frechheit, zu behaupten, ich würde ihn befreien!" Er zögerte. "Ich sagte ihm, dass wenn er uns wirklich verrät, wo Fürst Valendar sich aufhält, wir ihn vielleicht gehen ließen."
Mergil sah ihn ungläubig an, dann lachte er schallend. "Und du denkst, mit solchen leeren Versprechungen etwas zu erreichen? Mein Junge, du hast noch viel zu lernen."
"Aber irgendetwas muss ich ihm doch versprechen! Warum sonst sollte er uns helfen? Waragus' Foltermethoden scheinen ja auch nicht die gewünschte Wirkung zu erzielen."
"Hab etwas Geduld, mein Junge", mahnte Mergil Kelron. "Nach spätestens einer Woche wird der Vampir Schwäche zeigen ob des mangelnden Blutes. Es kann gut sein, dass er dann zugänglicher sein wird – sei es für Folter oder für Versprechungen."
"Ich hoffe wirklich, dass dem so ist, Meister", erwiderte Kelron und nahm sich noch ein Stück Brot. Er fühlte sich nun ein klein wenig besser.

Die nächsten Tage und Nächte verstrichen ereignislos. Kelron unternahm keinen weiteren Versuch, Silverian etwas zu entlocken, und auch dieser schwieg und sprach ihn nicht an. Hin und wieder während der Nächte kreuzten sich ihre Blicke und sprachen stumm von Hass und Hohn, Ungeduld und Gelassenheit. Auch während Waragus' allabendlicher Besuche geschah nichts von Bedeutung. Nach und nach zerfetzte die Kleider des Vampirs immer weiter und offenbarten den Blick auf hässliche Schnittwunden, die zwar verblassten, aber immer langsamer wirklich heilten. Ganz offensichtlich ließen Silverians Kräfte nach.

Erst eine Woche nach der Gefangennahme des Vampirs durchbrach etwas die Monotonie. Waragus war erneut zum Verhör gekommen, und das Funkeln in seinen Augen hatte Kelron schon beim Eintreten verraten, dass er etwas Neues vorhatte. Zudem trug einer der Paladine, der ihn begleitete, vorsichtig einen kleinen, offenbar heißen Kessel.
Kelron selbst konnte das gleichgültig sein, da er nicht glaubte, dass irgendetwas den Vampir beeindrucken konnte. Er nahm wieder auf seinem Stuhl Platz, um wie üblich zu warten, bis der Ordensvorsteher fertig war.
Wie immer hörte er dessen gedämpfte Stimme hinter der geschlossenen Tür, dann wurde alles ruhig. Urplötzlich zerriss jedoch ein Schrei die Stille. Kelron zuckte unwillkürlich zusammen ob des markerschütternden Lautes, der mühelos durch die schwere Tür der Folterkammer drang. Er hatte niemals im Leben solch ein Geräusch vernommen, obwohl er auf dem Schlachtfeld oft genug die schrecklichen Schreie der Verletzten und Sterbenden gehört hatte.
Nach endlosen Augenblicken verstummte der Schrei, und Kelron atmete erleichtert auf. Er war alles andere als zimperlich oder leicht zu erschrecken, aber er hatte kein Verlangen, diesen Laut noch einmal hören zu müssen. Erneut erklang Waragus' Stimme, dann öffnete sich die Tür, und der Ordensvorsteher trat aus der Folterkammer. Sein Gesicht zeigte grimmige Zufriedenheit.
"Hast du es gehört, Kelron? Der erste Schmerzenslaut, den ich diesem Monster entlocken konnte! Ich bin mir sicher, dass es alles tun wird, um dieser Qual beim nächsten Mal zu entgehen."
Hinter ihm traten die beiden Paladine heraus, die zwischen sich den reglosen Körper Silverians hielten. Grob schleiften sie ihn zur Zelle und ließen ihn dort auf den Boden fallen. Der Vampir regte sich nicht.
Waragus schloss die Zelle ab. "Kelron, wenn das Biest wach wird, bring es zum Reden, hörst du?"
"Ich versuche es", erwiderte dieser, während er die Frage unterdrückte, was genau Waragus mit dem Blutsauger angestellt hatte. Wenn er es recht bedachte, wollte er es eigentlich nicht wirklich wissen, musste es doch so schrecklich gewesen sein, dem ansonsten stoischen Vampir diesen furchtbaren Laut zu entlocken.
Der Ordensvorsteher und seine Männer verließen der Kerker, und Kelron war wieder allein mit Silverian. Dieser rührte sich noch immer nicht, aber das leise Heben und Senken seines Körpers verriet Kelron, dass der Vampir nicht in Starre gefallen war. Allerdings hätte er auch nicht gedacht, dass ein Blutsauger in Ohnmacht fallen konnte.
Die Zeit verstrich, und nichts geschah. Schließlich wurde Kelron das Warten jedoch zu lang.
"He!", sprach er den Vampir an. "Du kannst aufwachen, sie sind schon lange weg."
Nichts geschah. Kelron stand auf und ging auf das Gitter zu. Er konnte nicht viel sehen, da die langen Haare des Vampirs dessen Gesicht bedeckten, aber die krallenbewehrten Hände wirkten nicht nur bleich, sondern grau im Schein der Fackeln.
"He, Blutsauger! Tot nützt du niemandem etwas, also gib endlich auf und rede! Was immer Waragus mit dir gemacht hat, er wird es wieder tun, wenn du weiter schweigst", versuchte Kelron es erneut.
Der Vampir regte sich noch immer nicht, und langsam wurde es Kelron unheimlich. Was, wenn Waragus es übertrieben hatte und der Vampir es nicht überlebte? Dann waren Kelrons durchwachte Nächte und sein ganzer Ärger umsonst gewesen. Er trat noch näher ans Gitter heran und wünschte sich nicht zum ersten Mal, er hätte den Zellenschlüssel.
"Verdammt", fluchte er halblaut. "Steh auf und lass den Unsinn! He, Silverian!"
Als wäre sein Name ein Zauberwort, begann der Vampir, sich zu regen. Langsam stemmte sich er sich mit den Armen in eine sitzende Position hoch und sah Kelron an. Dieser war einigermaßen erschrocken von der fahlen Hautfarbe und den dunklen Schatten unter den Augen, die Silverians Marmorgesicht in eine Totenmaske verwandelten. Die letzten Tage hatte Kelron ihn nie so genau angesehen, daher war es ihm nicht aufgefallen. Doch jetzt war diese Veränderung nahezu erschreckend.
"Du... hast meinen Namen ja doch behalten", wisperte Silverian. Seine ansonsten so samtige Stimme war heiser. "Und ich bleibe dabei: wenn ich überhaupt jemandem etwas verraten sollte, dann nur dir allein."
"Dann rede mit mir. Oder willst du, dass es ewig so weiter geht?", fragte Kelron.

"Nein, sicher nicht..." Silverian zog vorsichtig die Fetzen seines Hemdes auseinander, um die Wunde zu begutachten, die auf seiner Brust prangte. Fein säuberlich eingeritzt trug er dort das Wappen der Paladine der Silbernen Klinge, ein Oval mit einem stilisierten Schwert darüber. Die verbrannten Wundränder funkelten im Fackellicht, und Kelron begriff nun, dass die Wunde offenbar mit flüssigem Silber ausgegossen worden war.

Kelron wollte sich lieber nicht vorstellen, welche unglaublichen Schmerzen das verursachen musste. Kein Wunder, dass diese Behandlung Silverians stoische Ruhe gebrochen hatte.
Doch im Gesicht des Vampirs spiegelte sich noch mehr als mühsam unterdrückter Schmerz, und nach einigen Momenten erkannte Kelron es als zutiefst gekränkte Ehre. Was mochte es auch Schlimmeres für einen Vampir geben, als mit dem Zeichen seines Erzfeindes gebrandmarkt zu sein?
"Hast du genug gestarrt, Mensch?", fragte Silverian bissig und zog vorsichtig den zerfetzten Stoff wieder über die Wunde, so wenig es auch brachte. "Warum gehst du nicht und feierst mit einem Ordensvorsteher, dass ihr den Gefangenen endlich gebrochen habt? Los, geh und trink Wein mit deinen Kameraden! Lacht ordentlich und feiert euren Sieg!"
"Da gibt es nichts zu feiern", gab Kelron ruhig zurück. Seltsamerweise war er weder zufrieden über den Zustand des Blutsaugers noch ärgerlich über dessen Worte. "Ich halte es für keinen Sieg, einen wehrlosen Gefangenen zu quälen."
in Silverians roten Augen blitzte es. "Hast du jetzt etwa Mitleid? Das kannst du dir sparen!"
Kelron schüttelte den Kopf. "Du bist doch selbst schuld; warum sollte ich Mitleid mit meinem Feind haben? Ich kann mich nur über deine Dummheit wundern."
Silverian lachte heiser. "So so, dumm bin ich also? Und du denkst, ich sollte, um meine eigene Haut zu retten, jemanden meiner Art verraten? Selbst wenn ihr mich danach gehen ließet, was ich sehr bezweifle, würden meine eigenen Leute mich für diesen Verrat richten. Es wäre so oder so vorbei."
"Und warum hast du dann gesagt, dass du mir etwas verraten willst?", erkundigte Kelron sich verwirrt.
"Weil Fürst Valendar einem Paladin, der sich alleine zu ihm wagt, einen ehrenhaften Zweikampf gewähren würde."
Kelron runzelte die Stirn. "Dieser Teufelsfürst und Ehre? Mach dich nicht lächerlich."
"Du weißt gar nichts", gab Silverian zurück. "Nicht nur ihr Paladine habt euren Ehrenkodex. Was denkst du, warum so viele meiner Art Fürst Valendars Banner folgen?"
"Weil sie ebenso blutrünstig und grausam sind wie er und hoffen, unter seiner Führung möglichst viele Menschen unterjochen zu können?"
Der Vampir seufzte, ein uncharakteristisch resignierter Laut. "Kelron, lass mich dir eine Frage stellen: hast du jemals gesehen, wie ein Vampir Blut von einem Menschen trank?"
"Nein, aber was hat das damit zu tun?"
"Alles. Wir können keinen Menschen gegen seinen Willen in einen Vampir verwandeln. Ebenso wenig können wir das Blut eines Menschen trinken, der es nicht aus freien Stücken gibt", erklärte Silverian ruhig.
Kelrons Augen verengten sich. "Und du erwartest, dass ich dir diesen Unsinn glaube?"
Der Vampir zuckte leicht mit den Schultern. "Glaube, was du willst, aber es ist die Wahrheit. Die Menschen, die bei uns leben und die ihr für Sklaven haltet, sind freiwillig dort."
Kelron schnaubte abfällig. "Dir scheint es ja doch nicht so schlecht zu gehen, wenn du wieder Märchen erzählen kannst."

Ein Abglanz seines alten, überlegenen Lächelns huschte über Silverians verhärmtes Gesicht. "Du hast dir doch nicht etwa Sorgen gemacht?"

"Meine einzige Sorge war, dass du stirbst, bevor du uns verraten kannst, was wir wissen wollen", gab Kelron zurück.
Im Fackellicht funkelten Silverians rote Augen, als er wisperte: "Du weißt ja, was du tun musst, damit ich dir sage, was du hören willst. Behalte alles für dich und hole mich hier heraus."
"Selbst wenn ich es wollte, Meister Waragus hat den Schlüssel zur Zelle", antwortete Kelron. "Du musst ihm den Vorschlag machen, nicht mir."
"Eher sterbe ich." Mit diesen Worten rollte Silverian sich in einer Ecke zusammen, das Gesicht von Kelron abgewandt, und blieb für den Rest der Nacht in dieser Position, ohne sich zu rühren. Erst als er zu atmen aufhörte, wusste dieser, dass es Morgen war.

Fortsetzung folgt...

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