Kapitel 18 ~ Vorahnungen
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Jasper Hale war unheimlich, aber leider verdammt gut aussehend.
Diese Erkenntnis war nicht neu, im Gegenteil. Von Anfang an war mir das an ihm aufgefallen. Dass er allerdings ein Faible für Lyrik hatte und ein riesen Repertoire an Gedichten auswendig konnte, das war mir neu. Bisher hatte ich noch niemals einen Menschen kennen gelernt, der diese Leidenschaft von mir teilte und so wie ich Jasper einschätzte, übertraf er mich dabei noch einmal um weiten.
Neu war ebenfalls, dass ich in seiner Gegenwart weiche Knie bekam und das Bedürfnis verspürte, ihn zu küssen. So ein Mädchen war ich normalerweise nicht. Ich warf mich nicht irgendwelchen gut aussehenden Typen an den Hals, in der Hoffnung, bei ihnen zu landen. Aber bei Jasper... ich verfolgte keine bösen Absichten, ich wusste ja selber nicht, warum ich ihn plötzlich so interessant fand. Am Anfang hatte ich mich über Emma und Haileys Schwärmereien sogar amüsiert, hatte mich von ihm fernhalten wollen, weil er so unheimlich auf mich wirkte. Und jetzt, jetzt war ich ihm selber verfallen und wünschte mir nichts mehr, als ihn bei mir zu haben. In seiner Gegenwart fühlte ich mich stets so ruhig, so ausgeglichen, so, als könne mir nichts geschehen. Als wäre ich unbesiegbar. Sobald er weg war jedoch, kamen die Sorgen und die Angst zurück und ich fragte mich, wie ich diese Situation nur meistern sollte.
Opa lag nach wie vor im Krankenhaus, ich war heute Nachmittag, nachdem Jasper gegangen war, dort gewesen. Doktor Cullen hatte meine Hand untersucht und versorgt, bevor ich meinen Großvater besucht hatte. Er lag in einem künstlichen Koma, da die Ärzte sich nicht sicher waren, ob sein sowieso schon angeschlagener Körper mit den Folgen des Herzinfaktes ansonsten zurecht kommen würde. Es war eine Sicherheitsmaßnahme, die ihm helfen sollte, das war mir bewusst. Dennoch tat es unglaublich weh, meinen Großvater dort so liegen zu sehen, leichenblass und mit eingefallenen Wangen. Er war mir stets so stark, so unbesiegbar vorgekommen und nun war er nicht mehr als ein Häufchen Elend, dessen Leben am seidenen Farden hing. Ich betete, dass er es schaffen würde, denn ich wusste nicht, wie ich ohne ihn zurecht kommen würde. Oma war keine große Hilfe, auch wenn sie seit ihrem Anfall von heute Morgen relativ normal war. Trotzdem hatte ich sie nicht mit ins Krankenhaus genommen, da ich die Befürchtung gehabt hatte, der Anblick ihres Mannes in diesen Zustand wäre zu viel für sie. Und meine Eltern, die wussten nicht mal etwas von dem Einbruch und Opas Herzinfarkt. Sowohl die Ärzte, als auch die Polizei und auch ich hatten versucht, sie zu erreichen, mehrfach, aber außer der Mailbox hatte niemand auch nur einen Anruf entgegen genommen. Sie ließen mich, nein, uns im Stich und ich war nie wütender auf sie als jetzt.
Ich saß mit Oma beim Abendbrot, sie hatte Hawaii Toast gemacht, das sogar einigermaßen essbar war. Sie schien nichts von meinen wütenden, leicht verzweifelten Gedanken zu ahnen, denn sie summte fröhlich vor sich hin und biss genüsslich in ihr Toast. Während ich sie dabei beobachtete, schlich sich ein Lächeln auf mein Gesicht, denn sie wirkte so friedlich. So normal. Die Frau vor mir war meine Großmutter, die echte, gesunde und nicht die Kranke, die mir Angst einjagte.
"Sag mal, Magda, Kind. War heute morgen ein Mann hier?", fragte sie und riss mich damit aus meinen Überlegungen. Ihre Frage erschreckte mich, denn eigentlich war ich davon ausgegangen, sie könne sich an nichts von ihrem Anfall erinnern. Für einen Moment überlegte ich, sie anzulügen, aber dann entschied ich mich dagegen, denn offensichtlich war ihre Erinnerung noch da, zumindest teilweise. Deswegen nickte ich als Antwort und wartete ab, was sie noch zu sagen hatte.
"Ist er ein Freund von dir?", stellte sie eine weitere Frage und wieder nickte ich bloß, wenn auch nach einem kurzen Moment des Zögerns, da ich mir nicht sicher war, ob "Freundschaft" der richtige Begriff für das war, was sich zwischen uns anbahnte.
"Er ist hübsch." Dieses Mal keine Frage, sondern eine Feststellung von ihr. Eine, die voll und ganz der Wahrheit entsprach. Ohne es zu wollen musste ich an Jaspers gerade, beinahe aristokratische Gesichtszüge denken, an seine blonden Locken und seine Augen, welche die Farbe wechselten. An seine durchtrainierte, steinharte Brust und seine kalte, makellose Haut. Ja, er war hübsch, auch das konnte ich nicht leugnen, also nickte ich erneut. Ich wusste nicht, was ich dazu anderes sagen sollte.
"Ihr würdet gut zusammen passen."
Entsetzt und verwirrt riss ich die Augen auf. Heute Morgen hatte sie mich noch vor ihm gewarnt, und jetzt....
"Oma!", rief ich aus und sie schmunzelte.
"Was? Ich habe Augen im Kopf, Magda. Er ist ein junger, hübscher Bursche, der dir das Blaue vom Himmel lügen würde, um dich gefügig zu machen. So sind sie alle in diesem Alter!", belehrte sie mich und ich schwieg, denn ich wollte beim besten Willen nicht mit meiner Oma über Intimitäten reden. Außerdem wollte ich ihr nicht auf die Nase binden, dass ich diejenige war, die sich ihm an den Hals geworfen hatte und dass er mich abgewiesen hatte. Allein die Erinnerung daran war mir so peinlich, dass ich es nicht verhindern konnte, rot anzulaufen.
"Du musst vorsichtig sein, Magda, Kind. Er mag gut aussehen, aber irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl bei ihm." Da waren die Worte, die ich von ihr erwartet hatte. Scheinbar hatte sie heute Morgen doch nicht so im Anfall gesprochen, wie ich gedacht hatte.
"Ich weiß, du glaubst nicht an sowas, aber seine Ausstrahlung... wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, er besitzt keine Aura", sprach sie und stockte einen Moment, in dem sie an die Decke starrte. Dann sah sie wieder zu mir und ihre nächsten Worte bereiteten mir eine fürchterliche Gänsehaut, denn sie sprach: "Aber das kann ja nicht sein. Dann wäre er ja tot."
Forschend ruhte ihr Blick auf mir und ich spürte, wie mir plötzlich ganz schlecht wurde. Sie hatte Recht, eigentlich glaubte ich nicht an solche Sachen wie Auren und dieses andere esoterische Zeug. Im Gegensatz zu ihr. Sie beschäftigte sich schon seit Jahren mit Esoterik und übernatürlichen Dingen, sehr zum Leidwesen meines Opas, denn sie wurde deswegen oft belächelt. Auch ich hatte dies getan, bis jetzt. Ich wusste, dass es unmöglich war, was sie da behauptete aber dennoch konnte ich auch nicht von der Hand weisen, dass mit Jasper etwas nicht stimmte.
Die Frage war nur, was?
Na, was stimmt wohl mit Jasper nicht? Mira hat eine heiße Spur... wird sie sein Geheimnis bald herausfinden?
Was wünscht ihr euch?
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