•8•
Valencia 1716
Heute ist der Tag, an dem Roxy von ihrem zukünftigen Ehemann abgeholt wird.
Bin ich traurig? Ich glaube, dass ist mit einer der schlimmsten Tage in meinem Leben.
Aber ich kann es nicht verhindern, außer meiner besten Freundin zur Seite zu stehen.
Die Nacht habe ich bei ihr verbracht und wir haben die ganze Nacht über unsere Kindheit gesprochen sowie die Zeit mit meinem Vater.
Dementsprechend sind wir morgen frühs auch noch ziemlich müde, als ihre Mutter uns weckt.
Auch ihr merkt man die Trauer an, denn Roxy war die einzige Person aus ihrer Familie, die noch für sie da gewesen ist.
Daher war es für mich nur selbstverständlich Roxy zu versprechen immer mal nach ihrer Mutter zu schauen.
„Du weißt, dass ich dich nie hängen lassen würde.", habe ich gesagt, als sie mich darum gebeten hat und ich werde es auch tun.
Morgens am Tisch ist die Stimmung gedrückt, denn es sind die letzten Stunden zusammen.
Mein Appetit ist daher auch nicht sonderlich groß, doch ihrer Mutter zuliebe, welche extra Roxy's Lieblingsfrühstück gemacht hat, zwänge ich es mir ein genauso wie Rox, die gedankenverloren auf ihr Essen sieht.
„Ich hab Angst.", flüstert sie leise und schiebt das Essen von der einen auf die andere Seite des Tellers.
„Was ist, wenn er schlecht zu mir ist?"
Ihre Angst ist in ihrer Stimme zu hören und ich lege mein Besteck zur Seite.
Ihre Mutter ist selber zu traurig um sie in die Arme zu nehmen, daher tue ich es.
Aber wer kann es ihr verübeln?
Ich drücke sie ganz fest an mich und spüre schon die ersten Tränen, die auf meine Schulter tropfen.
„Dann komme ich höchstpersönlich zu dir und sorge dafür, dass er dich gut behandelt.", versuche ich sie etwas aufzuheitern.
Ich versuche mich für sie zusammen zu reißen und schlucke meine eigene Trauer runter.
„Danke.", flüstert sie und drückt mich noch enger an sich, vergräbt ihr Gesicht in meinen Haaren.
Ein leises Schluchzen lässt uns aufschauen. Ihre Mutter scheint es nicht mehr aushalten zu können und kommt nun auf uns zu um sie in ihre Arme zu ziehen.
„Es tut mir so leid Schätzchen.", schluchzt sie an ihren Hals.
Auch wenn es teilweise ihre Schuld ist, dass Roxy nun in dieser Situation ist, spricht sie genau das aus, was wir wissen.
„Ich will nur, dass es dir gut geht. Das hätte sich dein Vater gewünscht.", meint sie traurig und streichelt über ihre Wange.
Nickend schaut sie zu ihrer Mutter.
„Ich weiss.", sagt sie verstehend und stockt kurz, bevor sie weiterredet.
„Sobald ich kann, werde ich dich zu uns holen Mama.", verspricht sie ihr und küsst ihre Hand, die noch auf ihrer Wange liegt.
„Und solange bin ja noch ich da und kümmere mich um Sie.", füge ich hinzu und lächle sie warm an.
„Ach du bist zu gut Liebes.", meint ihre Mutter zu mir und zieht mich ebenfalls zu sich.
„Sie und Roxy gehören zu meiner Familie, das wissen Sie doch."
„Und du sollst mich nicht immer Siezen, das sage ich dir schon seit etlichen Jahren.", meint sie leicht lachend.
Die Stimmung lockert sich etwas und wir räumen zusammen den Tisch ab.
„Na los ihr zwei. Verkrümelt euch nach draußen oder in dein Zimmer, den Rest schaffe ich schon allein."
Die Stimme ihrer Mutter duldet keinen Widerspruch, daher gehorchen wir aufs Wort.
Gemeinsam laufen wir zu ihrem Zimmer und setzen uns auf ihr Bett.
„Er müsste gleich da sein.", seufzt sie und knetet nervös ihre Hände.
„Was denkst du? Wie ist er?", fragt sie mich und sieht mich an.
„Ich weiß es nicht Rox.", antworte ich ehrlich und sehe sie entschuldigend an.
„Ich kenne weder seinen Namen noch irgendwas über ihn, außer, dass er anscheinend aus gutem Hause kommt. Aber was ich sagen kann ist, dass er einen guten Geschmack haben muss, wenn er sich dich ausgesucht hat.", füge ich schmunzelnd hinzu.
„Hoffen wir einfach auf das Beste."
Als sie zustimmend nickt hören wir ein Klopfen an der Haustür, worauf sie mich schockiert ansieht.
Ich nehme ihre Hände in meine und sehe sie eingehend an.
„Versuch ruhig zu bleiben, okay? Wenn du willst kann auch ich erstmal runtergehen und nachsehen."
Schnell schüttel sie ihren Kopf.
„Nein, nein, wir gehen gemeinsam. Ich gehe vor. Nicht, dass er denkt, du bist ich.", grinst sie mich an und steht auf.
Sie streicht ihr Kleid nochmal glatt und fragt mich, ob sie so runtergehen kann.
„Auf jeden Fall.", unterstütze ich sie und stehe ebenfalls auf.
„Dann komm, lass uns einen Blick auf deinen Zukünftigen werfen.", necke ich sie und schiebe sie aus ihrem Zimmer raus und die Treppen runter, bis wir im Flur stehen bleiben.
Stimmen sind aus dem Wohnzimmer zu hören.
Leise laufen wir auf die Tür zu und spähen ins Wohnzimmer, wo man ihre Mutter sowie einen Mann, vermutlich ihr Verlobter, sehen kann.
Er steht leicht seitlich zu uns, was uns den perfekten Blick auf ihn gewährt, ohne dass er uns sehen kann.
Längeres braunes Haar, ein gepflegter Bart und schöne hellbraune Augen.
„Willst du meine Meinung hören?", flüstere ich an ihr Ohr, worauf sie nur nicken kann.
„Ein leckeres Exemplar von Mann. Es hätte dich wirklich schlechter treffen können. Hoffen wir nur noch, dass er Manieren hat und seine Stimme nicht wie ein kleines Kind klingt, dann hast du ziemlich gute Karten Schätzchen."
Leise kichert sie und richtet sich auf, legt ihr freundliches Lächeln auf und öffnet die Tür komplett.
Der Mann blickt sofort zu ihr und sie geht auf ihn zu. Vor ihm verbeugt sie sich und stellt sich vor.
Auf seinen Lippen liegt ein ehrliches Lächeln und er ergreift ihre Hand um ihr einen Kuss auf diese zu geben.
„Es freut mich dich endlich kennen zu lernen. Mein Name ist Carlos Smaraldo.", stellt er sich vor und kann seinen Blick nicht von ihr lassen.
Und seine Stimme ist wirklich nicht zu verachten.
Da ich die beiden nicht unterbrechen will stelle ich mich zu ihrer Mutter.
„Da scheint es ja auf Anhieb zu funken.", flüstere ich ihr amüsiert zu und halte mir meine Hand vor dem Mund, damit die beiden Turteltauben das ja nicht mitbekommen.
Ich höre wie sie „Die Freude liegt ganz bei mir Senior Samaraldo.", antwortet und schnappe mir ihre Mutter um sie mit in die Küche zu ziehen.
„Also ich muss sagen, dass Mrs. Smaraldo einen sehr gut erzogenen Jungen hat. Da sinken meine Sorgen doch um ein ganzes Stück. Und er scheint mir ein sehr vertrauensvoller Mann zu sein.", schwärmt sie schon von ihrem Sohn in Spe, was mich zum Lachen bringt.
„Sie-ich meine du scheinst ihn ja schnell ins Herz geschlossen zu haben.", meine ich amüsiert und setze mich auf einen Stuhl.
„Der erste Eindruck ist auf jeden Fall mehr als befriedigend.", antwortet sie, als wir hören, wie die beiden ebenfalls in die Küche kommen.
„Was munkelt ihr beiden?", fragt Roxy und grinst mich frech an, blickt dann zu ihrer Mutter.
Carlos steht hinter ihr an der Tür gelehnt und schaut ihr hinterher.
Da hat es einen anscheinend sofort erwischt.
„Nix nix mein Schatz.", winkt ihre Mutter ab und sieht zu Carlos.
„Nun Carlos. Ich gebe dir meinen größten Schatz in die Hände, also achte gut auf sie."
Dass sie dabei glücklich lächelt ist nicht zu übersehen.
Er kommt auf uns zu und legt Roxy einen Arm um die Taille, worauf sie rot wird.
„Das werde ich Mrs. Montini.", sagt er ernst und sieht zu Roxy runter.
„Das will ich auch schwer hoffen. Meine Schwester hat nur das Beste verdient.", werfe ich ein und sehe ihn gespielt drohend an.
„Schwester?", fragt er darauf leicht irritiert, was uns Frauen zum Lachen bringt.
„Wir sind zusammen aufgewachsen. Sie ist wie meine Schwester, uns trennt nur das Blut.", erklärt Roxy mit einem glücklichen Lächeln zu mir, bevor sie sich zu ihrem Verlobten dreht.
„Ah ich verstehe.", antwortet er verstehend darauf und streicht ihr eine Haarsträhne hinter ihr Ohr, dann sieht er zu mir.
„Ich entschuldige mich, dass ich mich nicht richtig vorgestellt habe, aber diese Frau vor mir hat mich sofort in ihren Bann gezogen."
„Verständlich.", meine ich daher nur lächelnd und zwinker Roxy zu.
„Aber ich meine meine Worte ernst. Ich bin vielleicht eine Frau, aber mein Vater hat mir als Kind schon das Kämpfen gelehrt.", füge ich etwas ernster hinzu, was sie zum Schmunzeln bringt.
„Aber natürlich.", ist seine ernste Antwort.
„Wir müssen uns auch langsam auf den Weg machen."
Entschuldigend sieht er nun zu Roxy, die hart schluckt, aber verstehend nickt.
Roxy umarmt ihre Mutter und mich fest.
„Ich werde euch vermissen.", flüstert sie und rückt uns noch enger an sich, bevor sie uns beiden einen Kuss gibt und sich von uns löst.
Mir kommen langsam Tränen in die Augen und auch ihre Mutter kann sich schwer zusammenreißen.
„Und wir dich.", sage ich zu ihr und sehe noch einmal zu ihrem Verlobten.
„Denk an meine Worte.", sage ich beherrscht, worauf er nickt und dann Roxy's Hand nimmt.
Wir laufen den beiden hinterher, wo bereits ihre gepackten Taschen stehen.
Carlos lässt ihre Hand los um sie zu nehmen und geht auf die Tür zu.
Meine beste Freundin folgt ihm und dreht sich noch ein letztes Mal zu uns.
Traurig lächelt sie und eine Träne läuft ihre Wange runter.
„Ich hab dich lieb.", forme ich mit meinen Lippen und lächle sie ebenfalls traurig an, kann meine Tränen ebenfalls nicht zurückhalten.
„Vergiss mich nicht.", antwortet sie und dreht sich schließlich um um ihr altes Leben zu verlassen und in ihr neues Leben zu gehen.
Ein Leben, in welchem keiner von uns beiden weiß, ob für unsere Freundschaft ein Platz finden wird...
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