Traum vom Urlaub
Noch eine Leiche?! Und erneut so schlimm zugerichtet. Die Mundwinkel wurden mit Messern eingeschnitten, sodass es aussieht als würde man auf Ewigkeiten ein unheimliches Grinsen besitzen. Wie Jeff the Killer, zumindest ist das Seras erster Gedanke als sie die Bilder bei der Lady sieht. Mit einer kleinen Klinge, höchstwahrscheinlich einem Skalpell, hat man auf der Brust des Mannes ‚Saviour' eingeritzt und es auch wieder durchgestrichen. Dem getrockneten Blut zufolge wird das wohl passiert sein als die Person noch am Leben war. Er sieht aus wie ein Fleckenteppich, zumindest aufgrund des Faktes dass immer wieder kleinere Stücke aus seiner Haut entfernt wurden, sodass man auf den Muskel hinunterblicken kann. Auch hier findet sich die Karte des Jokers wieder, dieses Mal wurde der Mund aber noch einmal extra mit einem roten Stift nachgefahren. Das breite Grinsen. „Er wird immer brutaler...", haucht die Draculina und weiß nicht was sie sonst noch wirklich sagen soll. Ihr Meister ist schon auf dem Weg um etwas über den Joker herauszufinden, aber sie weiß einfach nicht wer zu so einer grausamen Tat imstande wäre. Was für ein Psychopath ist in der Lage seinem Opfer Stücke zu entfernen? Ihm so ein Grinsen einzuritzen? Das Wort? Was hat das eigentlich zu bedeuten? Was ist mit dem Retter? Wer ist der Retter, er? Dann hatte er es nicht einmal geschafft sein eigenes Leben zu retten. „Der Joker ist ein verdammtes Phantom, Seras. Ein Phantom, welches wir ausfindig machen und eliminieren müssen." Die Lady sieht von den Bildern zu ihr und Seras sieht die gleiche Entschlossenheit wie damals beim Major.
„Aber die Opfer haben nichts gemeinsam, dass ist das Problem. Männer, Frauen, alt und jung. Farbig, weiß, irgendeine Minderheit, der Durchschnittsbürger... Egal in welchem Land, egal zu welcher Uhrzeit! Sie haben keine gemeinsamen Freunde, Familienmitglieder, keine gemeinsame Arbeit, Hobbys und es gibt keinen Hinweis darauf dass sie sich irgendwann jemals über den Weg gelaufen sind. Das einzige, was sie wirklich gemeinsam haben, ist die Brutalität ihres Todes, die Folterung und den Joker. Aber wie sucht er sich die Opfer aus? Komplett willkürlich? Irgendetwas übersehen wir! Aber was?" Die Draculina legt sich nachdenklich eine Hand an das Kinn, was könnte man sonst noch übersehen? An sich haben sie alles abgearbeitet wo man sich treffen kann. „Internet?" Integra schüttelt den Kopf. „Nichts." Hm, was gäbe es sonst noch. „Brieffreundschaft?" „Ich hoffe das war ein schlechter Scherz deinerseits." Sie sind vielleicht im 21. Jahrhundert, aber nichts steht gegen eine Brieffreundschaft. Aber gut! „Reisen?" Die Lady stockt und blickt zur anderen Seite des Raumes, ehe sie nickt. Schon fast peinlich dass ihr das nicht eingefallen ist. „Das lassen wir gleich überprüfen, vielleicht gibt es einen gemeinsamen Ort... Muss ja nicht der gleiche Zeitraum gewesen sein." Wenn man seine Opfer nach dem Tourismus aussucht, dann ist der Zeitraum an sich komplett egal. Seras ist dann doch so ein klein wenig stolz darauf dass sie vielleicht weiterhelfen konnte und wenn es zur Ergreifung des Jokers führt, vielleicht wird sie es dem Meister unter die Nase reiben! Vielleicht.
Während sich die Lady um die Reiseziele der Opfer in den letzten Jahren kümmert, zieht sich Seras erst einmal zurück und taucht in der Küche wieder auf um Integra einen Tee zu machen. Sie wird höchstwahrscheinlich viel telefonieren und einige Mails schreiben, so ein Beruhigungstee wird sicherlich helfen nach all der Arbeit ein wenig zu entspannen. Der Wasserkocher tut seine Arbeit, wobei sich die Draculina zwischen den Tees entscheiden muss. Hm, welcher würde im Moment am besten passen? Sollte da nichts rauskommen, wird Tee-quila wohl eine Option sein. Aber noch ist es gerade einmal Nachmittags, da fängt man noch nicht mit dem Trinken an. Alkoholisch zumindest. Nebenher fängt sie auch noch an zu backen, ein paar Cookies werden auch nicht schaden und Schokolade beruhigt doch auch immer so ein wenig die Nerven! Außerdem macht sie eine große Menge, sodass die Söldner auch etwas davon abbekommen können. Erst einmal kann sie also den Wasserkocher ausschalten, zuerst muss der Teig gemacht werden und dann die Schokolade dazu... ein paar Schokodrops noch oben drauf sodass man es fast als diabetischen Anschlag nehmen könnte und richtig portioniert in den Ofen. Während das Naschwerk also im Ofen vor sich hin bräunt, scrollt sie ein wenig auf dem Handy herum und hat sich auch dort einen Wecker gestellt, um die nächsten dann gleich reintun zu können. Nachdem die erste Ladung fertig ist, macht sie auch gleich den Tee, sodass beides ungefähr die richtige Temperatur haben um gegessen und getrunken werden zu können.
Dieser verdammte Kartenspieler ist nicht zu fassen, dabei hat sie die Leiche schon fast überwachen lassen! Man kann es nicht die gesamte Zeit machen, da es einfach auffällig ist wenn man in aller Ruhe neben einer Leiche chillt und nicht einmal die Polizei ruft. Zumindest konnten sie den ach so tollen Retter finden, Es ist einfach nur dumm wenn man das alles wirklich noch selbst unterschreibt. Gut so dass er weg ist, so eine IQ-Minderung brauchen sie in diesem Geschäft nicht. Vielleicht ist es ja ansteckend und es wäre noch schlimmer geworden- Nein. Brauchen sie wirklich jemand der sich dann fangen lässt? Ist dass der Ernst des Kartenspielers? Dinah starrt zwar auf den Bildschirm ihres PC's, ist aber in Gedanken sicherlich nicht bei dem Bericht der sich ihr dort präsentiert. Sie legt den Kopf in ihre Hand und seufzt, gut dass das schon wieder verheilt ist. Eines ihrer Opfer dachte wirklich dass seine Faust so gut auf ihre Wange gepasst hätte und verpasste ihr einen heftigen rechten Haken. Die Haut ist dort auch aufgeplatzt und der Arzt hat es wieder zugeklebt, ist aber ja wieder weg und wird keine Narbe zurücklassen, hat nur kurzzeitig ziemlich weh getan. Dennoch klebt noch ein Pflaster auf der Wange.
„Eis?"
Sie sieht Viktor aus dem Augenwinkel an, der sie mit einer hochgezogenen Augenbraue mustert und auf eine Antwort wartet, immerhin dürfte ihr die Wange ja noch weh tun. „Eine Kugel Zitrone bitte.", murrt Dinah entgeistert und reibt sich die Schläfen. Ihr Assistent streicht sich durch die schwarzen Haare und seufzt. „Ich werde sehen was sich in der Eiswürfelform finden lässt. Meinen Sie es würde auch Wassergeschmack ausreichen?" Ihr Blick lässt ihn abwehrend die Hände heben. „Es war ein Vorschlag, Boss! Kein Grund mich gleich umbringen zu wollen. Wer kümmert sich sonst um alles was Sie mir auftragen?" Nur leicht gehen ihre Mundwinkel hoch, was würde sie wirklich ohne diesen Mann machen. Er ist eigentlich der Koordinator hier, hat die meiste Arbeit wenn man es streng sieht und er kennt sich hier teilweise sogar besser aus als sie. Einfach weil er den Überblick über alles hat. „Weißt du was...? Kannst du uns für heute Abend einen Wagen mit Glühwein und Kinderpunsch bringen? Ich glaube man braucht hier eine Überraschung für zwischendurch. Arbeitsmoral und so." Viktor sieht an ihr runter und wieder hoch, die dunkelbraunen Augen werden leicht zusammengekniffen. „Sehe ich Sie heute zum ersten Mal Alkohol trinken?" „Kinderpunsch, Viktor. Kinderpunsch." Eine Schande, er könnte sich vorstellen dass sie ganz unterhaltsam ist wenn sie Alkohol getrunken hat. „Wissen Sie wie kurz ich davor stehe einen der Kinderpunsche zu manipulieren um zu sehen wie man darauf reagiert?" Dinah schnaubt schon fast amüsiert und lehnt sich in ihrem Stuhl zurück. „Ich fange an zu heulen und will über meine Vergangenheit reden und wie schlimm das ja alles war. Nein danke, ich brauch das echt nicht. Ich brauch das nicht, du brauchst das nicht und weißt du wie die Moral sinkt wenn die Chefin, beziehungsweise ‚die engste Verbündete vom Boss' plötzlich anfängt zu flennen?" Brummend schüttelt sie den Kopf, das hat niemanden etwas anzugehen.
Schon fast theatralisch hebt der Schwarzhaarige sein Handy. „Soll ich wieder den Psychologen anrufen?" Dinah verdreht die Augen, wieso versucht sie noch ein ernstes Gespräch mit ihm zu führen. „Viel Spaß, mal sehen ob man im Jenseits Empfang hat." Die Augen ihres Assistenten weiten sich, hat sie ihn auch umgebracht?! Wundern würde es ihn zwar nicht, es wäre aber trotzdem ein wenig unheimlich.
„Menschen können auch an etwas anderem sterben als an mir, hältst du mich für einen Psychopathen?"
„Wollen Sie eine ehrliche Antwort, oder soll ich ‚nein' sagen?"
„Fick dich."
„So ganz allein?"
„Hol dir halt einen Kerl?! Aber nicht in meinem Büro."
„N Dreier?"
Dinah verzieht nachdenklich ihr Gesicht, wobei sie mit den Schultern zuckt. „Weißt du... ich hätte nicht einmal was dagegen." Viktors Blick wird ein klein wenig geschockt, bevor er schluckt und sich räuspert. „Geht es Ihnen gut?" Normalerweise schlägt sie alles dahingehend ab und es hat sich einfach so entwickelt dass er die Späße macht und sie sagt zu allem nein. Es gibt keine Konsequenzen und keinen Ärger, aber es ist halt so ein Ding zwischen ihnen. Aber jetzt? „Die Drohung und der Stopp der Ausgrabungen haben uns im Zeitplan um Wochen zurückgeschmissen, wir haben einen Maulwurf in unseren Reihen der uns den Namen ‚Joker' verpasst hat und wir haben das Problem dass wir mindestens die Aufmerksamkeit von Hellsing auf uns gezogen haben. Ich kann nicht einmal zwei Stunden durchschlafen ohne wegen den Sorgen wach zu werden. Nein, mir geht's nicht so gut."
Zwei Reiseziele sind es, die von allen in den letzten Jahren immer wieder angeflogen wurden. Liechtenstein und Kanada. Keines von beiden sind Länder in welchen man so eine Person vermuten würde, also somit eigentlich schon fast perfekt. Alucard ist auch wieder zurückgekehrt und Integra will diesen Spuren nachgehen- wer weiß wann sie das nächste Mal solche Hinweise bekommen die ihnen zur Ergreifung des Jokers dienen könnten. „Ich habe zwei Vampire und zwei Länder in die man reisen muss um mehr herauszufinden. Ihr zwei könnt euch aussuchen wo ihr hinwollt, Kanada oder Liechtenstein." Der Urvampir sieht zu seiner Schülerin und ist dabei komplett entspannt. „Hast du einen Wunsch? Dafür dass du die Spur gefunden hast, solltest du dir aussuchen dürfen wo du hinwillst." Seras kann sich das stolze Grinsen nicht ganz verkneifen, nickt aber. Also gut, wo möchte sie hin? Liechtenstein ist relativ klein, Kanada dafür umso größer. „Gibt es einen speziellen Ort in Kanada? So etwas wie einen Flughafen zu dem alle geflogen sind?" Sie will das alles ein wenig eingrenzen können, sollte sie es richtig abwägen wollen.
„Vancouver, von dort aus gibt es keine Informationen mehr. Sie können zu einem weiteren Flughafen gefahren sein um die Spuren zu verwischen oder der Joker hat dort irgendwo seinen kleinen Stützpunkt." Nachdenklich reibt sich die Draculina das Kinn, nickt dann aber. „Ich nehme Vancouver!" Soweit sie weiß wird in Liechtenstein auch Deutsch gesprochen und ihres Wissens nach ist der Meister dieser Sprache mächtig. Alucard hingegen ist innerlich ein wenig enttäuscht, aber sie hat ihre Entscheidung getroffen. Er wollte allem, was auch nur ansatzweise Deutsch ist, aus dem Weg gehen. Jetzt muss er die Sprache sprechen und darauf hoffen dass es schnell vorbei ist. Mal sehen ob er etwas finden wird oder nicht, ist nicht immer gleich gesagt. Integra zuckt nur mit den Schultern, ihr ist es egal wer wohin fliegt und sich um welches Land kümmert. Solange die Ergebnisse ankommen, kann sich einer von ihnen ihretwegen auch auf den Kopf stellen und ein Kinderlied singen. „Gut, ich gebe dem Table bescheid dass wir uns auf weitere Berichte einstellen können. Ich hoffe wirklich dass einer von euch beiden Joker findet, wir brauchen nicht noch mehr Leichen. Penwood sitzt mir deswegen schon in den Ohren, also beeilt euch. Ich will seine weinerliche Stimme nicht länger ertragen müssen." Alucard neigt leicht seinen Kopf, schmunzelt schon fast amüsiert. „Zu Befehl, Lady Integra. Stehts zu Euren Diensten." Er richtet sich auf und wendet sich ab, wobei Seras sich auch schnell verneigt und ihrem Meister hinterher geht. „Und Alucard?" Wieder bleibt er stehen und dreht leicht seinen Kopf. „Seras nimmt unseren Jet, du wirst mit dem Ersatzjet auskommen müssen." Er bekommt das olle Ding? Das bleibt doch nur in der Luft weil die Gebete der Piloten es nach oben bringt, aber gut. „Hoffentlich hält es das noch aus, Lady Integra."
Erst dann geht er mit Seras wirklich raus und hinterlässt eine leicht erschöpfte Integra. Diese reibt sich den Nasenrücken, eigentlich wollten sie sich um andere Dinge kümmern als diesen fanatischen Serienmörder. Aber wie das Leben nun einmal so spielt, man bekommt nicht das was man wollte und so müssen sie sich jetzt mit dem Deppen auch noch rumschlagen. Hoffentlich ist das bald vorbei, eigene Großprojekte stehen auch noch an und eine Pause von Idioten könnte Integra auch einmal gebrauchen. Sie bräuchte einmal einfach nur Urlaub. Irgendwo in der Sonne liegen, keine Probleme lösen müssen, einen Cocktail in der einen Hand und ein gutes Buch in der anderen Hand haltend. Vielleicht noch leichtes Meeresrauschen im Hintergrund und sie liegt unter einem Sonnenschirm. Aber wann und OB dieser Wunsch irgendwann einmal in Erfüllung gehen wird, steht in den Sternen geschrieben. Beziehungsweise liegt es in den Händen ihrer Vampire, ob die es schnell genug schaffen bevor ein weiteres Problem auftritt. Man kann nie sicher sein was als nächstes kommt und wenn sie einmal im Urlaub ist, wird sie sicherlich nicht so schnell aus diesem abhauen. Sie kann es sich schon fast bildlich vorstellen wie man ihr einen neuen Drink gibt, hier und da ein paar Snacks und sonst einfach nur herrliche Ruhe und Stille. Keine Idioten vor, neben oder hinter ihr. Niemand der irgendetwas von ihr haben will außer die Antwort auf die Frage ob man noch etwas braucht und ob es so angenehm wäre. Ein Traum, der sich wohl nie so verwirklichen lassen wird, wie sie es sich vorstellt.
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