Ruhe und Frieden
„Du kannst einfach nur froh sein wenn ich dich nicht irgendwann umbringe. Ich schwöre dir beim Herrn dass ich das irgendwann schaffen werde!", zischt Anderson und starrt den Urvampir genervt an. Sehen kann er nur noch aufgrund der hier aufgestellten Flutlichter für die Arbeiter, die sich aber schon abgewechselt haben und die neue Schicht nun arbeitet. „Ihr würdet mich trotzdem vermissen, das Leben wäre zu einfach wenn man mich einfach so umbringen würde." Alucard verschränkt schmunzelnd die Arme und spürt dann etwas, woraufhin er den Kopf in den Nacken legt und in den Himmel blickt. Etwas schießt auf sie zu. Etwas, dass er nur mit einem weißen Kometen vergleichen könnte. Auch Alexander folgt seinem Blick, umsonst unterbricht der verdammte Blutsauger so einen Streit nicht. „Was ist das...?" Anderson steht langsam auf und kann es nicht erkennen. Er weiß nur DASS etwas auf sie zurast, aber nicht was. Es ist ein Schemen, der aber unheimlicher weise immer schneller immer größer wird. Alucard braucht noch ein paar Sekunden bis er schmunzelt. „Ich sehe Federn... Ihr habt einen Versuch was es ist, Pater Anderson." Schon fast erleichtert lässt dieser die Schultern sinken und entspannt sich. „Dinah." „Ding, Ding, Ding, 100 Punkte." Erst nickt der Paladin, bevor er die Stirn runzelt. „NUR Dinah?" Alucard kneift leicht die Augen zusammen um noch mehr zu erkennen, zuckt aber nur mit den Schultern. „Keine Ahnung, die hat die Flügel um sich geschlungen als wäre- Oh... Doch. Da ist der werte Bischof ja. Wie ein Baby hängt er an ihr dran... Das werde ich ihn nie vergessen lassen."
War ja klar dass Alucard nur nach so etwas gesucht hat. Doch so lange sie vorher gebraucht hatte, so abrupt schnell ist sie nun auch für den Pater zu sehen und seine Augen weiten sich. Das wird keine sanfte Landung bei der Geschwindigkeit! Sie rast mit einer Geschwindigkeit auf sie zu, welcher er einem Jet zutrauen würde. Nicht aber einem Engel. Als sie die Flügel mit einem Schlag aufreißt und den Flug somit verlangsamt, weicht sogar Alucard ein Stück nach hinten um ihr und ihren Schwingen Platz zu machen, die Dinge sind nicht sonderlich klein. Dinah schlägt langsamer mit den Flügeln und sinkt somit dann doch sanft auf den Boden und es macht nicht einmal ein Geräusch als sie auf dem Boden aufkommt. Sie lässt nur den Bischof los, der mit wackligen Beinen erst dasteht und dann versucht ein paar Schritte zu gehen. Anderson springt nach vorn um ihn zu stützen, da er droht zusammenzubrechen und verdammt blass aussieht. Zumindest von dem, was er in dem Licht beurteilen kann. Alucard hingegen stellt sich seitlich von Dinah hin und betrachtet die Flügel. Ungeniert zieht er sich einen Handschuh aus und streicht über die Oberflügeldecke bis zum Daumenfittich. „Und die hast du einfach so unter Kontrolle?" Dinah lässt die Flügel verschwinden und nickt. „Und ich präferiere es wenn sie nicht angefasst werden." Die Dinger sind verdammt empfindlich und das braucht sie nun wirklich nicht.
Der Urvampir hingegen sieht zu Makube, den Pater Anderson erst einmal hinsetzen lassen musste. „Du hast den armen Kerl echt geschunden, weißt du das?" Schulterzuckend verschränkt sie die Arme, mustert den sitzenden Bischof. Noch ein Stück und sie wird hinterhergezogen. „So sind wir am schnellsten hergekommen." Es tut gut auch wieder normal zu sehen und nicht nur die Umrisse von Dingen erblicken zu müssen, deren Seelen. „Bis jetzt war jeder Abflug eine Steigerung von meinen schlimmsten Erlebnissen!", ruft Makube und sieht Dinah an, die seinen Blick aus dem Augenwinkel erwidert. „Und wie sehr interessiert mich das?" Der Nekromant brummt leise vor sich hin. „Null, aber vielleicht bekommst du es irgendwann hin ein wenig sanfter an die Sache ranzugehen!" Sanfter? Dinah geht an Alucard vorbei und stellt sich direkt vor Makube. „Soll ich dich das nächste Mal höflichst darum bitten? Wir müssen es so oder so machen, also sparen wir uns die Zeit für Nettigkeiten, finden die Artefakte schneller und haben das ganze mit dem Band auch ganz schnell wieder hinter uns." Warum ist sie plötzlich so kalt? Dinah ist in Makubes Augen schon fast abweisend geworden, liegt das an dem vorherigen Treffen mit dem Herrn? „Ich will ja nicht sagen dass du ein klein wenig angespannt bist, aber..." Alucard lässt den Satz unbeendet und beobachtet ihre Reaktion dahingehend, bevor er anfängt zu schmunzeln. „Brauchst du jemanden der für Erleichterung sorgt?" Die graublauen Augen starren ihn direkt an. „Ich habe eine größere Ausdauer als du, beim Sex würdest du definitiv ausgelaugt unten liegen und nach einer Pause flehen. Besonders mit der aktuellen Stimmung. Lass es, ich geh zur Ausgrabung und schau wie es da vorangeht."
Zwar geht sie los, vergisst aber dass Makube an sie gebunden ist und der arme Kerl wird eiskalt von seinem Stein gezogen und auf dem Boden hinterher geschliffen. Hat sie sich auch so gefühlt als sie vom Stuhl gerissen wurde? „Dinah? Dinah! Lass mich wenigstens aufstehen!" Anderson sieht dabei zu wie sie stehen bleibt und ihn aufstehen lässt, bevor sie zum komplett ausgeleuchteten Bereich gehen. Dann sieht er zu dem Blutsauger, der schnaubend die Arme verschränkt. „Empfindlich heute, oder kommt mir das nur so vor?" Anderson verdreht aber nur die Augen und legt sich eine Hand auf die Stirn. Wenn er sie wäre, dann hätte er ihm schon längst etwas angetan. Dann wird ihm aber plötzlich etwas in die Rippen gedrückt und er springt auf die Seite, nur um zu sehen dass Alucard ihm den Ellenbogen dort reingedrückt hat und breit grinst. „Ich meine, es wäre dann endlich jemand der mit Eurer verstärkten Ausdauer klarkommen würde!" Die grünen Augen funkeln kurz, bevor der Paladin sich abwendet. „Ich werde mir die Ausgrabung ebenfalls näher ansehen. Selbst ein Stein hat mehr emotionale Intelligenz als du." Leicht empört legt sich der Urvampir eine Hand auf die Brust. „Wie bitte?" Anderson schüttelt leicht den Kopf. „Nur weil deine emotionale Reichweite auf einen Teelöffel passt, musst du das nicht immer so offen zeigen. Solltest du nicht eigentlich wissen ab wann es jemandem unangenehm wird?"
Mit diesen Worten wendet auch er sich ab und geht zu den anderen beiden, Alucard bleibt zurück und seufzt. Nicht einmal Spaß haben kann man hier, muss man hier wirklich so extrem ernst sein? Kann das nicht wie im Jet ablaufen, so gelassen? Alexander stellt sich neben den Bischof, Dinah sieht ihn aus dem Augenwinkel an. Doch anstatt eines Vorwurfs, kommt eine Entschuldigung. „Es tut mir leid dass ich Alucard nicht aufgehalten habe was seine Kommentare angeht, manchmal ist er schlimmer als meine Kinder im Waisenhaus. Ich hoffe das wirkt sich nicht auf die weitere Zusammenarbeit aus." Die Braunhaarige sieht wieder zu den Arbeitern und legt den Kopf schief. „Regel Nummer 12, lass dein Urteilsvermögen nie durch persönliche Sichtweisen trüben. Meine persönliche Sichtweise wäre Alucard entweder in andere Dimensionen zu bringen oder ihn aller seiner Seelen zu entreißen. Aber wir brauchen ihn für diese Sache und auch für die Zukunft ist er ein großer Teil der Schutzbarriere zwischen übernatürlichen Wesen und den Menschen. Seine Existenz ist also gerechtfertigt, egal was meine persönliche Meinung sagt." In dem Moment schnalzt jemand neben ihr mit der Zunge, Alucard ist es nicht gewohnt einfach stehengelassen zu werden. „Was für ein Zufall dass meine Existenz gerechtfertigt ist, Engelchen." Ihr linkes Auge zuckt, aber sie sieht weiterhin nur gerade aus. „Regel Nummer 18, so etwas wie Zufälle gibt es nicht." Eine seiner Augenbrauen gehen hoch. „Du hast Regeln? Ach du scheiße... will ich wissen wie viele?" Ein kaltes: „Interessiert es dich überhaupt wirklich?", wird ihm entgegengeworfen und sie geht in die Hocke um das aus einer anderen Perspektive sehen zu können.
Der Schwarzhaarige sieht von ihr zu Anderson, wobei dieser ihm einen warnenden Blick zuwirft. Der soll jetzt keine Scheiße bauen! „Weißt du... Ich bin normalerweise derjenige der die Regeln bricht. Aber diese zwei Dinge die du gesagt hast klingen vernünftig genug um NICHT gebrochen zu werden. Mich würde es durchaus interessieren was für Weisheiten du auf Lager hast, vielleicht können wir ein paar übernehmen?" Mit einer leicht gerunzelten Stirn sieht sie zu ihm hoch. Sie kann keine Lüge in dieser Aussage erkennen, er meint es also wirklich ernst. „Ich habe insgesamt 20 Regeln, aber sie sind kein Mantra. Mehr... Nennen wir sie Leitfäden für bestimmte Situationen." Nachdenklich streicht sich Alucard über das Kinn und schmunzelt, bevor er neben ihr in die Hocke geht. „20 Regeln, 12 und 18 kennen wir schon... was ist mit fünf? Was ist Regel Nummer fünf." Schnaubend richtet sie sich wieder auf und sieht zu ihm hinunter. „Mach niemand anderen für das Verlieren verantwortlich, es ist deine Schuld dass du dich nicht gut genug vorbereitet hast." Auch hiergegen kann man nichts sagen, es entspricht der Wahrheit. Makube kneift leicht die Augen zusammen als er sieht wie Alucard ihr eine Hand auf die Seite des Oberschenkels legt. „Und Regel Nummer... 10?" Dinah nimmt seinen Hut und setzt ihn sich auf, bevor sie ihm eine Hand auf den Kopf legt. „Egal wie gut du bist, es gibt immer jemand der besser ist." Ugh, der Hut fühlt sich nicht richtig an. Er engt irgendwie ein und- krabbelt da etwas auf ihrem Kopf?! Die Braunhaarige hebt ihre Hand, wobei etwas daraufkrabbelt und sie den Tausendfüßler halb fasziniert und halb irritiert betrachtet. Wie kommt der da hin?
Es braucht ein paar Augenblicke bis sie weiß welche Fähigkeiten der Urvampir besitzt und streicht über den Chitinpanzer des Tieres. Das Wesen bleibt komplett still, wobei Dinah langsam aber sicher in ihre Erinnerungen versinkt. Damals, als sie noch nicht so erfahren war, war sie auch auf einen Tausendfüßler getroffen der nett genug war sich hochnehmen und streicheln zu lassen ohne sich zu winden oder zu versuchen ihr Schaden zuzufügen. Sie weiß noch wie angenehm es war, die Menschen waren noch nicht so entwickelt wie heute, sie lebten noch in Höhlen und jagten nach Mammuts. Und dieses kleine Tierchen war damals einfach still und hat sich betrachten lassen. Ob es Angst war? Sie weiß es nicht. Als sich der Tausendfüßler in der aktuellen Realität bewegt, zuckt sie kurz zusammen und ist auch wieder im hier und jetzt, schon fast peinlich in Gedanken so abzudriften dass man am Tagträumen ist. „Dinah...?" Leicht dreht sie den Kopf und sieht Makube an, dem etwas auf dem Herzen zu liegen scheint. „Alles in Ordnung?" Ein leichtes Lächeln erscheint auf ihrem Gesicht und sie nickt leicht. Dass Alucard sich eigentlich schon fast an sie lehnt, das ist ja eigentlich egal, solange er nichts macht. „Keine Sorge, ich... habe mir nur Gedanken darüber gemacht wie vergänglich das Leben ist. Ich werde nie in den Genuss kommen eines Tages dort zu stehen wo du stehen wirst, Chief. Wenn das Leben genug von dir hat, der Tod dich umarmt wie ein alter Freund und dir sagen wird dass du nun in Frieden Ruhen kannst- Nenn mich ein Sünder in eurer verquerten und strengen Religion, aber darauf kann man durchaus neidisch sein." Sie ist neidisch? „Du bist neidisch auf den Tod?"
Ein minimales Kopfschütteln und sie sieht wieder auf den Tausendfüßler, dessen Fühler nur ein wenig herumzucken. „Ich bin nicht neidisch auf den Tod, er ist ein guter Bekannter und ich treffe ihn schon seit mehr als 150.000 Jahren. Ich bin neidisch darauf dass du Ruhen kannst, mein bester. Ich werde wiedergeboren. Immer und immer wieder. Wenn ich sterbe, dann bin ich sofort wieder auf der Welt. Als Baby, aber ich bin da. Ich bekomme meine Erinnerungen an meinen 18. Geburtstagen wieder, mache das was ich kann bis ich getötet werde und fange wieder von vorn an. Es ist wie eine Zeitschleife, es gibt keine Ruhe. Keine wirkliche Freude. Du hast eine Aufgabe und diese Aufgabe musst du erledigen. Egal ob als Mann oder Frau, egal welcher Körper es ist... jeder Körper ist schlussendlich nur ein weiteres Opfer dass getätigt werden muss um dem Kampf treu zu bleiben. Dem Kampf, dem Herrn und unserem Vater." Das kleine Tierchen bewegt sich wieder und läuft nun ihren Arm hinauf bis zur Schulter, wobei die Fühler ihr über die Wange streichen. Fast schon tröstend und sie sieht zu Alucard hinunter. Dieser weiß am besten wie es ist sich die Ruhe zu wünschen die der Tod mit sich bringen würde. Die Ruhe und der Neuanfang, wenn es eine Reinkarnation gibt. Man erinnert sich nicht daran wie viele Qualen man in seinem vorherigen Leben durchgestanden hat, man lebt sein neues ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.
Sie hält ihm eine Hand entgegen die er auch nimmt und aufsteht, ehe er ihr eine Hand auf die Schulter legt. „Auch wenn ich nicht ansatzweise so alt wie du bin, ich kann nachvollziehen wie es ist diese Ruhe nie zu finden und zu wissen, dass man diese Ruhe nie bekommen wird. Solltest du sterben und dich wieder erinnern... du weißt wo du mich finden kannst." Auch hier ist er komisch tröstend, aber sie nickt. „Ich bin für Codewort Ananas." Schmunzelnd nickt er. „Codewort Ananas, Deal." Ihr Lächeln entspannt die Situation ein wenig, das war nicht so ganz angenehm mit all den negativen Seiten die sie aufgezählt hatte. „Ich finde es schön dass ihr euch wieder vertragt, aber denkt daran dass nichts mit Intimität ist solange wir die Artefakte nicht gefunden haben!" Makube sieht die beiden warnend an, er will da in nichts reingezogen werden was ihn psychisch komplett gegen die Wand fahren könnte. Von Dinah wird er nur fragend angesehen, fast schon als wäre das, was er gesagt hatte, nicht einmal ansatzweise im Raum gestanden. Alucard hingegen lehnt sich nur ein wenig nach vorn. „Ich möchte daran erinnern dass man auch ‚allein' in ein Badezimmer kann." Daraufhin bekommt er einen kräftigen Rippenstoß von Dinah, woraufhin Anderson hämisch lacht. „Geschieht dir recht!" Wenn er nicht seine Klappe halten kann, dann muss man ihn wohl immer wieder darauf hinweisen dass er es tun sollte und dann eben auch ein wenig rabiater. Wobei sie im Vergleich zu ihm noch sehr harmlos ist.
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