Nix mit Pause
Während Dinah und der Pater nach ein paar Stunden endlich angekommen sind, steht Alucard mitten in Rom und weiß nicht was er mit dem Nachtleben anfangen soll. Nachdem er seinen Hunger gestillt hatte dachte er dass es eine gute Idee wäre sich ein wenig weiter umzusehen, aber das alles langweilt ihn nur. Die dröhnende Musik der Clubs lässt ihm die Trommelfelle platzen, der Gestank dort drin ist nicht auszuhalten und die Getränke sind eindeutig zu teuer. Aber auch die Schilder mit ihrem Neonlicht sind alles andere als angenehm und auch wenn er von einigen Personen nun schon das Angebot bekommen hatte mit ihnen zu gehen und eine angenehme Nacht mit ihnen zu verbringen, er lehnt gezwungen höflich ab um niemanden umzubringen. Er braucht Action. Er braucht Spannung! Er braucht etwas einigermaßen sinnvolles zu tun. Seufzend begibt er sich weiter durch die Straßen, bis er doch tatsächlich eine kleine Bar findet die ein wenig abgeschieden ist und in denen eine schon fast familiäre Atmosphäre herrscht. Vielleicht sollte er sich einfach nur eine kleine Entspannung gönnen. Ein Gläschen Wein, während er auf der kleinen Terrasse sitzt und einfach alles sacken lassen kann. Kurzerhand entscheidet er sich wirklich dafür und geht rein, wobei ihm komische Blicke zugeworfen werden. Doch er kann sich mit seinem Wein dann doch nach draußen setzen und die Ruhe genießen, immerhin etwas.
Von der Ruhe hätte der Paladin gern etwas ab, denn sie fliegen nun schon seit Stunden bis hierher und selbst bei den Inseln gibt es keine ruhige Minute. Nach der ersten Insel hatten sie gelernt dass es besser wäre knapp über sie drüber zu fliegen und ein paar Kreise zu ziehen, bevor sie sich wirklich sicher sein konnten dass da nichts ist und jetzt dauert es natürlich länger als geplant und sie sind gerade einmal bei Insel vier, da Dinah langsamer fliegen muss um erstens die Kurven richtig zu bekommen und damit sie zweitens nichts übersehen können. Auch wenn sie ihm versichert hat dass man sie nicht sehen kann, es fühlt sich trotzdem komisch an, an Hotels vorbeizufliegen und vielleicht ein paar nachtaktiven Personen zu begegnen und keiner hat eine Ahnung woher der kleine Wind kam den sie ausgelöst hat. Außerdem braucht er irgendwann eine Pause von dieser Haltung, sein Rücken schmerzt schon ein wenig davon und auch wenn er sich versucht zu entspannen, sein Rücken nimmt ihm das immer noch so ein wenig übel. Aber wenn er jetzt fragen würde ob sie eine kleine Pause machen könnten, wäre das nicht kontraproduktiv? Aber so ein oder zwei Minuten einfach nur dastehen und sich nicht verbiegen müssen, das klingt doch gut genug und machbar, auf die Minuten sollte es eigentlich nicht wirklich ankommen. Immerhin haben sie wegen ihm schon Stunden später angefangen, also sollten die paar Minuten das Kraut auch nicht mehr fett machen. Somit tippt er sie an und gibt ihr zu verstehen dass sie landen sollten, was sie erst einmal nicht versteht. Sie soll tiefer fliegen? Noch tiefer und sie können sich versuchen im Untergrund durchzugraben! Doch auch bei ihr klickt es irgendwann und sie sucht sich eine geeignete Stelle bevor sie so sanft wie möglich landet und ihn runterlässt.
Fast augenblicklich richtet sich der Paladin auf und streckt sich, man könnte meinen ein paar Dinge Knacken zu hören. „Alles in Ordnung? Braucht Ihr noch etwas?" Anderson kann nur etwas hören, durch die Dunkelheit ist seine Sicht komplett eingeschränkt und es würde ihm nichts bringen auch nur ansatzweise zu versuchen eine Gestalt wahrzunehmen. „Nein danke, ich konnte nur nicht mehr in dieser Position bleiben, mein Rücken bringt mich um!" Entschuldigend lächelt er in die Richtung aus welcher er ihre Stimme hören kann. „Man könnte meinen die Nanobots würden da irgendwie helfen, aber man merkt das Alter einfach." Dinah ist dann doch so ein wenig erleichtert zu hören dass es an sich ‚nur' der Rücken ist und eine kleine Pause wird auch ihr gut tun. „Der Plan ist folgender. Wir machen jetzt ein wenig Pause und Ruhen uns aus, machen weiter bis zum nächsten Abend und holen uns dann ein Hotel. Keine Sorge, natürlich getrennte Zimmer." Das ‚Spießer' verkneift sie sich trotzdem, sie könnten sich hier auf den Touristeninseln ein wenig Geld einsparen wenn sie nur ein Zimmer nehmen würden. Aber was solls, ist sein Glaube. Ein eiskalter Schauer läuft ihr den Rücken hinunter und ihre Augen weiten sich, Gänsehaut breitet sich aus. Erst ist dieses Flüstern nur in ihrem linken Ohr zu hören, als wäre es ganz nah. Dann wechselt es plötzlich auf das rechte Ohr und sie sieht von vorn eine undefinierbare Masse auf sich zukommen, ein Nebel der keine Gestalt annimmt. „Pater Anderson? Egal was passiert, hört nur auf mich und betet wenn es Euch Ruhe und Konzentration bringt."
Der Paladin, verwirrt von ihrer Aussage, runzelt die Stirn. Was meint sie? Warum nur auf sie hören? Doch dann wird ihr ernster Gesichtsausdruck in einem bläulichen Licht gezeigt, ausgehend von dem Schwert der Edomiter in ihrer Hand. Ohne ein Wort zu sagen dreht er den Kopf in die Richtung in welche sie blickt und sieht nur etwas wabern, kann aber keine Gestalt erblicken. „Dinah...?" Diese geht einen Schritt auf die schwarze Nebelwand zu, in der Dunkelheit kann er kein Anfang und kein Ende davon erkennen. Er sieht nur diesen dichten, komprimierten und wabernden Nebel der alles andere als natürlich wirkt. Ihre Stimme ist ruhig, aber fest und bestimmend. „Betet, Pater Anderson. Lasst Euch nicht ablenken. Es wird versuchen Eure Sicht zu manipulieren, alles was Ihr seht und hört. Konzentriert Euch auf Euren Glauben." Leiser und so, dass er es sicherlich nicht hören kann, fügt sie hinzu: „Dass ist das einzige was bleibt." Während sie sich wieder dem unbekannten Nebel widmet, starrt Anderson seine Begleitung an und dann den Nebel. Sie wollten nur eine kurze Pause machen, jetzt sind sie in einem Kampf gefangen? Aber als ob er Dinah einfach so allein lässt! Auch er zückt seine Bajonette, wobei ihm diese im nächsten Moment in den Händen fehlen. Als hätte er sie nie gezogen. Wie bei einem Zirkustrick zieht er Bajonettpaar für Bajonettpaar, findet sich aber immer wieder unbewaffnet nachdem er sie komplett gezogen hatte. Ist er verrückt? Aber er hatte die Griffe doch immer in den Händen!
Im nächsten Moment sieht er nur einen blauen Blitz und Dinah wird von vorn fast an ihn gedrängt, sie hat ihre liebe Mühe die Krallenhand mit dem Schwert abzuwehren und den Paladin unbeschadet zu lassen. „Betet, Pater Anderson. Betet!" Dass wird das einzige sein, was ihn bei Verstand behält wenn man in der realen Welt mit so einem Wesen konfrontiert wird. Mit einem Qywesh ist nicht zu spaßen, Chief konnte es nur jedes Mal überstehen weil sie verbunden UND in einer Art Traumwelt waren in der die Auswirkungen sich auf ein Minimum reduzieren, wenn sie nicht sogar komplett ausradiert werden. Sie schafft es die Hand abzuschütteln und sie abzutrennen, wobei sich das Ding in Nebel auflöst und zum Hauptteil zurückkehrt bevor es überhaupt den Boden erreicht hatte. Es weiß was sie vorhat, es weiß dass sie es nutzt um die restlichen Artefakte zu bekommen und trotzdem hilft es ihnen jedes Mal. Was hat es wirklich vor? Was wird ihnen am Ende der Reise, beim letzten Artefakt, noch bevorstehen sodass ein Qywesh ihnen trotz der Gefahr zu den richtigen Hinweisen verhilft? Sie wird zum letzten Artefakt allein gehen um niemand anderen in Gefahr zu bringen, denn das ist mehr als nur auffällig. Pater Anderson hebt im nächsten Moment seinen Kopf, träumt er? Das war doch die Stimme seiner Mutter! Er blickt in den Nebel hinein, erhellt wird das alles nur durch Dinah's Schwert und tatsächlich. Als könnte er das Gesicht seiner Mutter in diesem schwarzen Nebel erkennen. Ihr Lächeln. Er hört ihre Stimme, sie ruft. Doch er schüttelt den Kopf, Illusion. Seine Mutter ist, genau wie sein Vater und sein kleiner Bruder, schon seit mehr als einem Jahrhundert tot. Er hat sie selbst sterben gesehen, das kann einfach nicht sein und er muss sich konzentrieren! Alexander schließt die Augen und fängt an zu beten.
Er versucht zu ignorieren wie sich Dinah die gesamte Zeit herumbewegt und ihn verteidigt, auch teils zurückschlägt um es zum fliehen zu bringen. Doch diese Stimme seiner Mutter, es tut ihm im Herzen weh. Wie sie ihn anbettelt ihr zuzuhören. Dass er die Augen öffnen soll. Diese Verzweiflung in der Stimme! Auch als die Stimme seines Vaters ertönt ist es alles andere als einfach sich auf das Ave Maria zu konzentrieren. Auch wenn er es auswendig kennt und im Schlaf herunterrattern kann, er hat im Augenblick Probleme sich an die richtigen Worte zu erinnern und es nicht mit anderen Gebeten zu verwechseln. Innerlich hat er diesen extremen Zwang nur nach vorn zu gehen. Einfach nur nach vorn zu diesem Nebel, zu seinen Eltern die er damals in einem Werwolfüberfall verlor. Seine Eltern, die ihnen die Zeit verschaffen wollten sodass sie an der Kapelle vorbei zum See und zum rettenden Boot kommen. Wie sie sich extra für ihn und seinen kleinen Bruder geopfert hatten. Im nächsten Moment reißt er die Augen auf und starrt in den Nebel. Die Stimme seines kleinen Bruders. Alexander konnte den Knoten nicht schnell genug lösen und er hatte sich den Werwölfen in den Weg gestellt sodass wenigstens sein großer Bruder, Alex, fliehen kann. Vor seinen Augen wurde er zerfleischt, während klein Alexander mit Tränen in den Augen vom Ufer im Boot abtrieb. Und diese Tränen sammeln sich nun auch in den grünen Augen und er sinkt auf die Knie.
Aus dem Augenwinkel erkennt die Yshcalar dass sich der Paladin nicht an ihre Worte hält und seufzt. Kurz schließt sie die Augen, zieht die umliegende Energie zu sich. Ein leichter Wind kommt auf, der aus allen Richtungen zu ihr kommt und sich bei ihr in einer Kugel vor der Brust sammelt. Ruhig aber bestimmt rammt sie die Klinge des Schwerts in den Boden unter sich und hebt die linke Hand unter die Kugel ohne sie zu berühren. Die rechte schwebt über der Kugel und sie öffnet die Augen, blickt in den Nebel der sich keinen Angriff mehr erlaubt sondern sich ein wenig zurückzieht. Doch als er sich zurückzieht, kommt Anderson auf die Knie und folgt dem Nebel. Wie in einer Art Trance, vor seinem inneren Auge hat Alexander nur das Bild seiner Familie. Er hört seinen kleinen Bruder. Sieht die Umrisse seiner Familie. Der innerliche Drang mit ihnen vereint zu sein ist so überwältigend dass er alles andere auslöscht was an Logik und Warnung in seinem Hirn noch vorherrschte. Nichts könnte ihn jetzt noch daran hindern zu ihnen zu gehen und wenn er sich durch Horden von Untoten kämpfen muss. Das ist ihm persönlich mehr als egal, er wird alles für sie auf sich nehmen. Er hat sie vermisst, all die Jahrzehnte lang hat er sich immer wieder Gedanken gemacht und seit jener Nacht vor fast 130 Jahren hat er sich die Vorwürfe gemacht die ihn teilweise in die Verzweiflung getrieben haben. Schlaflose Nächte, wobei er am nächsten Morgen wieder fit und agil sein musste. Doch jetzt hat er sie vor sich, jetzt steht er kurz davor sie wieder bei sich zu haben!
„Lucem duc, tenebrae arefaciant."
Im nächsten Moment wird er von hinten von etwas getroffen, wobei sich gleißend weißes Licht ausbreitet und ihn in eine Wärme einhüllt die er im Moment gebrauchen kann. Der Nebel wird durch den Impuls nach hinten geschleudert und löst sich in der Dunkelheit auf, bevor auch der kleine Bannkreis an Lichtintensität verliert, die Wärme verschwindet und Anderson mit offenen Augen in die Dunkelheit starrt. Seine Familie... Alles woran er sich zumindest noch erinnern kann! Es ist weg. Die Stimmen sind verschwunden. Die Gestalten aufgelöst. Nur langsam dreht er den Kopf zu dem einzig, ihm Licht spendenden Ding. Das Schwert der Edomiter steckt immer noch im Boden, wobei Dinah es im nächsten Augenblick ohne Anstrengungen aus der Erde zieht und zu ihm sieht. „Weilt Ihr wieder unter den Lebenden, oder seid Ihr noch von den Toten geplagt?" Doch sagen kann er nicht wirklich etwas, zu geschockt ist er noch von dem was passiert ist. Sie stellt sich neben ihn und legt ihm eine Hand auf die Schulter. „Das, Pater Anderson, war die noch sehr, SEHR schwache Version eines Qywesh. Die Wesen die ich normalerweise aus ihrer Existenz bringe. Emotionale Manipulation um an Stärke zu gewinnen ist eines ihrer Steckenpferde, so locken sie auch Opfer in den Nebel aus dem niemand mehr entkommen kann." Sie merkt dass er noch nicht so wirklich da ist und seufzt, das mit der Weiterreise können sie jetzt komplett vergessen. „Pater Anderson?" Es kommt nicht einmal eine Reaktion, sie sieht nur seine vor Tränen glänzenden Augen. Der abwesende Blick voller Schmerz und Leid. Reue. Ach du scheiße, was hat ihm der Qywesh bitte gezeigt und hören lassen?
Mit leicht verzogenem Gesicht verdreht sie die Augen, genau deswegen ist es immer schwierig Leute dabei zu haben die sich mental nicht gegen so etwas wehren können! Aber gut dass es nur einer war, wären noch Makube und Alucard dabei, sie am besten noch an den Bischof gebunden- Das wäre sowas von mies ausgegangen. Die Artefakte und ihre eigenen Leben hätten sie im schlimmsten Fall streichen können. „Achtung." Nachdem sie das Schwert weggesteckt hat, hebt sie den Paladin hoch und bekommt nicht viel Reaktion dafür. Lediglich lehnt er sich an sie und kauert sich schon fast zusammen, es ist ein annähernd trauriger Anblick einen so starken und großen Mann so gebrochen zu sehen. Stumm hebt sie ab und sie lassen die Insel hinter sich, viel wäre eh nicht mehr abzusuchen gewesen und er hatte überhaupt nicht angeschlagen. Somit fliegt sie zur nächst größeren Insel, landet dort vor einem Hotel und checkt mit dem immer noch geschockten Pater dort ein. Zwei Zimmer versteht sich, jeder hat sein eigenes. Sie schiebt Anderson in sein eigenes Zimmer und geht dann in ihr eigenes, wobei sie mit zusammengepressten Lippen nach draußen sieht. Wenn es schon genug Kraft hat sie nach vier Artefakten mit einem manifestierten Körper in dieser Welt anzugreifen UND wenn man bedenkt dass da noch etwas stärkeres am Ende lauern könnte... sie sollte das allein durchziehen. Jeder andere ist in Gefahr wenn sie sie einfach so weiter mitmachen lässt. Aus der entspannten Schatzsuche ist eine tickende Zeitbombe geworden die jederzeit hochgehen könnte. Sie müssen noch drei Artefakte finden, das Wesen wird immer stärker... Hoffentlich richtet es keinen allzu großen Schaden an.
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