Kugel 8
Ich stecke meine Arme über meine glatten Beine und sehe durch das Fenster auf den dorren Wald, kahle Äste biegen sich unter dem Wind.
Gestern Nacht hatte ich öfters mein Top verloren, es aber immer zurückgewonnen.
Die dünne Decke ist eng um meinen schlanken Körper geschlungen. "Was hast du heute Abend vor?" Bat hat sich ein Shirt übergestreift und steht in weißen Boxershorts vor mir. "Nun",ich klettere übers Bett zu ihm und ziehe ihn an mich,"nichts, was dich interessiert."manipuliere ich ihn und presse meine Lippen gegen seine. Er lockert die Decke um meinen nackten Körper, während meine Finger über die harte Haut unter seinem T-Shirt gleiten. Gierig reiße ich es ihm vom Leib und lasse meine Lippen über seinen Oberkörper wandern.
Ich fahre mir durch die zausen Haare, anschließend richte ich mich auf und gehe über den Parkettboden, meine nackten Füße machen leise, schmatzenden Geräusche. Im Bad fahre ich mit dem Finger über meine Lippen, auf denen eben noch seine Lippen lagen. Mein Spiegelbild sieht mich an, zerzauste, blonde Haare, nun mehr hat sich nicht an mir verändert. Wäre ich noch ein Mensch, wären meine Lippen sicherlich aufgedunsen, aber ich bin nunmal ein Vampir.
Er schleicht sich langsam an, bahnt sich seinen Weg hoch, brennt in meiner Kehle und lässt meine Fangzähne aus ihren Scheiden schießen. Hunger, ich hasse dieses Gefühl. Das leere Gefühl im Bauch und der unwiderstehliche Drang nach dem kostbaren Blut. Die Drogen, die wir verkaufen und zum Spaß konsumieren, sie machen so unglaublich hungrig.
Knurrend nehme ich den schwarzen Seidenbademantel von der Tür, schlüpfe hinein und eile aus dem Zimmer, die Treppen hinunter. Irgendwo muss hier noch ein angeknabberter Mensch liegen, hoffe ich.
Der süße Duft steigt mir in die Nase und ich sauge ihn ein, ein zufriedenes Lächeln macht sich auf meinen Lippen breit, der Lippenstift ist verschmiert und teilweise weggeküsst.
In Vampirgeschwindigkeit fliege ich die Treppe hinunter und hebe den schlaffen Körper eines jungen Mannes auf. Er ist leichenblass und seine grünen Augen blutunterlaufen. Begehrend schlage ich meine Zähne in das Fleisch und sauge jeden Tropfen aus ihm, Blut läuft mein Kinn hinunter und tropft auf mein unbedecktes Dekolleté. Den Mann lasse ich zu Boden fallen und wische mit meinem Finger das Blut von mir.
"Hat es gemundet?"höre ich Bat's Stimme lachend. "Sicher." "Wir müssen wirklich damit aufhören, wir ziehen eine blutige Spur hinter uns her." Er geht langsam die letzten Stufen hinunter, unter meinen erstaunten Blick. "Was ist aus Bat Ass geworden? Du Langweiler!"beschwere ich mich und kicke die Leiche demonstrativ gegen das Fenster. Bat wird langsam ordentlich, was mir ziemlich missfällt. Weder mit ihm noch mit Ray kann ich richtig Spaß haben. Wie oft muss ich noch deutlich machen, dass ich Langweiler hasse? Vielleicht sollte ich Ray manipulieren, wenn ich zurück nach New York komme, dann könnte ich mit ihm eine Menge Spaß haben. Aber erst muss der Deal vom Tisch.
Elegant stolziere ich die Treppen hinauf und ziehe mich an. Als ich meine Bluse zuknöpfe fällt mir ein Tütchen Koks auf, was fast aus seiner Manteltasche fällt. Nichts macht mehr Spaß als 2 hungrige Vampire. Ich nehme das Tütchen und stecke es in meine Hosentasche. Wenn Vampire süchtig werden können, dann bin ich es auf alle Fälle. Aber warum soll man etwas, was Spaß macht aufgeben? Da man ständig Hunger hat, ist man skrupelloser. Das war ich schon immer, aber dieses Monster will ich aus Ray kitzeln.
Die verführerische Seite des Vampirlebens ist die des wahnsinnigen Leichtsinnes. Das Liegenlassen der Leichen und Trinken unter ganzen Menschenmassen, sich nicht darum zu kümmern, was passieren würde. Einfach das Monster zu sein, was man ist.
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dafür geschaffen sind, wir sind die Monster aus den Geschichten.
Nur schlimmer.
Meine Absätze klacken auf dem Holzboden der Bar, ich warte auf Michael, den Vampir, den ich beauftragt hatte mir die 'Sonder-Truppe' zu erschaffen. Insgeheim freue ich mich bald wieder in der Großstadt zu sein. Im grellen Licht der Reklame und dem süßen Duft der vielen Menschen, in der Stadt, die niemals schläft.
Michael höre ich, die schweren Schritte auf dem matschigen Untergrund, wie er die Steinstufen hochgeht und die alte Holztür aufstößt. "Du bist spät."kritisiere ich kühl und komme aus dem Schatten der Jalousie. "Es tut mir leid, ich habe sie zu diesem Lagerhaus gebracht. Aber was sollen sie da?" Er lockert seinen dicken Wollschal und sieht mich fragend an. "Dinge, die dich nicht weiter kümmern. Du hast deinen Teil gemacht und jetzt schweigst du darüber." Langsam schreite ich auf ihn zu, seine Augen mustern mich irritiert, halten jede Bewegung fest. "Willst du etwas Spaß haben?"frage ich rau und spiele mit einer Billardkugel. Die schwarze 8 halte ich zwischen Daumen und Finger und blicke wieder zu ihm. "Nein, ehrlich. Was sollen die da?" "So hartnäckig."stöhne ich und schließe meine Hand um die Kugel. Meine Schritte auf ihn zu dehne ich aus, bis ich nach fast einer Minute direkt vor ihm stehe. "Ich denke, du verstehst Billard. Dann weißt du auch, dass die 8 den Sieg des Spielers bedeutet, der sie zuerst einlocht. Sagen wir so, fürs leichtere Verständnis, ich bin der Spieler, der die 8 einlocht und du verlierst." Während ich das sage, fährt meine Hand seinen Wollmantel hoch. Er fühlt sich unbehaglich und sein Blick wechselt immer wieder zwischen mir und der Tür. Schnell und hektisch.
"Versuch es nicht, ich habe eine Hexe dabei."drohe ich und schließe meine Hand um seinen nackten Hals. Reflexartig greift seine große Hand um meine. "Und Sieg." Seine Augen weiten sich überrascht, bevor er irgendwas sagen kann, löse ich seinen Kopf von seinem Körper, welcher dumpf auf dem Boden aufprallt. "Mische dich nie in meine Angelegenheiten ein."sage ich scharf und lasse seinen erstarrten Kopf zu Boden fallen. Seine Mimik ist gefroren, doch ich weiß, dass er alles mitbekommt.
Ayla murmelt einen Zauberspruch und die weiße Haut löst sich langsam auf, in graue Asche. Sein Körper zerfällt zu einem Klumpen Asche. Von dem einst großen und starken Michael ist nur noch ein Häufchen Asche zusammen, dieses jämmerliche Ende lässt mich auflachen. Die Billardkugel werfe ich auf den Haufen, der von dem kleinen Aufprall in sich fällt.
Die großen Türen, an denen der rote Lack abblättert, stoße ich auf und betrete die dunkle, leer Halle. Es riecht noch ein wenig nach Stroh, aber hauptsächlich riecht es modrig und ich spüre die ekelerregende Nässe. In der Mitte der langgetreckten Halle steht ein einfacher Holzhocker und eine geöffnete Blüte. In den strahlendsten Fliedertönen liegt auf dem blassen, hellen Holz. Die großen Blütenblätter sind von einem hellen Flieder, der nach innen hin von dunkleren Linien durchzogen ist. Sie ist so schön wie wir Vampire und wirkt so unwirklich wie auch unsere Erscheinungen.
Fliegend durchquere ich die Halle und hebe die Blüte von diesem Stuhl. "Nummer 2."lächele ich teuflisch und zufrieden zugleich.
Ayla gebe ich die kostbare zweite Zutat und setze mich hinters Steuer. Bat habe ich eben am Telefon gesagt, dass ich etwas zu tun hätte und dieses Kaff für eine Weile verlassen müsse.
Der tödliche Schleier, der über diesem Städtchen liegt, öffnet sich über uns und ich fülle meine Lungen unnützerweise mit leichter Luft. Die Luft dort war erdrücken schwer und über allem hing ein grauer Nebel. Der sich hier auflöst und die Sonne zwischen den Wolken aufblitzt und immer wieder ihre gleißenden Strahlen auf uns legt.
Schon von Weiten höre ich den Lärm aus New York, der uns einladend zu sich ruft. An jeder Ecke scheint uns die bunte Reklame an und ich lege genießerisch den Kopf in den Nacken. Ich hatte New York vermisst, den Rummel, die gelben Taxis, die die Straßen füllen.
Nachdem ich Ayla abgesetzt habe, fahre ich zurück zu dem Haus, in dem Ray wohnt. Das Auto parke ich auf dem aufgeschütteten Schotter und laufe ins Haus.
"Wo warst du?" Er sitzt auf dem Sofa, kerzengerade und gerade zu reglos. "Keine Willkommensparty? Schließlich habe ich uns eine kleine Armee außerhalb aufgebaut."antworte ich kühl und recke das Kinn. Meine Hand fährt in die Tasche, umschließt das kleine Tütchen. "Wie hättest du es gefunden, mir auch mal Bescheid zu sagen?" "Ach Ray, su bist so verklemmt. Ich weiß doch, dass da irgendwo ein Monster in dir steckt. Lass es raus, so macht dieses Leben viel mehr Spaß. Nach 1000 Jahren kannst du doch mal auftauen und mal die Sau rauslassen. Sehnst du dich nicht irgendwo nach dem irrwitzigen Leichtsinn?" Ich reiße das Tütchen auf und ziehe eine Linie auf der Küchentheke. "Ich weiß es doch."hauche ich lasziv. Er hat sich nicht bewegt, doch jetzt steht er langsam auf. Ray sieht mich an, in seinen Augen kann ich sehen, dass er hin- und hergerissen ist. Ich lächle auffordernd, tupfe mit der Fingerspitze etwas Koks auf und atme es ein. "Sei ein richtiger Vampir."fordere ich ihn auf. Mit steifen Schritten kommt er auf mich zu, seine Hand fährt über die pulvrige Linie. Etwas skeptisch saugt er es auf und ich warte aufs eine Reaktion.
"Du hattest Recht, deine Art macht viel mehr Spaß."
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