Kapitel 16
Den Nachmittag verbrachte Jenny allein im großen Garten der Wieglers und beobachtete Tiere. Das tat sie immer, wenn ihr langweilig war. Mirka hockte in ihrem Zimmer und dachte über die Sache mit dem Einbruch noch einmal gründlich nach. Sie kritzelte nebenbei mit dem Kuli ein Blatt Papier voll und sah nachdenklich aus dem Fenster. Sie wusste, dass Jenny Recht hatte: es war verdammt gefährlich und dumm und es würde unangenehme Folgen für sie alle geben. Aber es reizte sie einfach zu sehr, alles alleine aufzuklären und auch einmal den ganzen Ruhm abzukriegen.
Also griff Mirka nach ihrem Handy und wählte Johnnys Nummer. "Hi, Johnny", sagte sie, nachdem er sich gemeldet hatte. "Ich komme heute Abend gegen Acht zu dir, wenn's für dich okay ist. Jenny ist sauer und kommt nicht mit. Ich werde die Sache mit dem Einbruch allein erledigen."
"Kommt überhaupt nicht in Frage! Ich lasse dich doch nicht allein in dieses Irrenhaus. Ich werde dir helfen", sagte Johnny.
"Echt?! Wow, danke, Johnny!"
"...obwohl ich immer noch der Meinung bin, dass du es dringend Reka sagen solltest!"
Mirka seufzte. "Johnny, bitte. Darüber haben wir schon gesprochen."
"Oft genug", stimmte er zu. "Naja gut, wie auch immer. Sag Jenny nochmal, dass es mir Leid tut."
"Mach ich. Bis gleich", versprach Mirka und legte auf.
Sie lächelte. Sie war froh darüber, es nicht allein tun zu müssen, da sie doch etwas Angst hatte. Sie nahm sich ein neues Blatt Papier und kritzelte ihren Einbruchsplan darauf. Ihr war schon ein wenig mulmig zu Mute, als sie alles aufschrieb und -zeichnete.
Dann kam plötzlich Jenny in ihr Zimmer. "Dein Opa ist wieder da", sagte sie kühl.
Mirkas Miene hellte sich auf. Sie liebte ihren Opa. Sie wollte gerade raus rennen, um ihn zu begrüßen, da hielt Jenny sie am Arm fest und schloss Mirkas Zimmertür.
"Was hast du da jetzt heute Abend vor, Mirka?", fragte sie eindringlich.
"Ich gehe um Acht zu Johnny. Er bricht mit mir ein."
"WAS?!"
"Er bricht mit mir ein", wiederholte Mirka. "Und ich soll dir nochmals von ihm sagen, dass es ihm Leid tut."
Jenny war für einen Moment sprachlos; als sie sich dann wieder fing, sagte sie: "Seid ihr eigentlich alle lebensmüde und unzurechnungsfähig? Du bist dir über die Folgen gar nicht bewusst, Mirka! Ihr verstoßt gegen das Gesetz! Ihr brecht in in Haus ein! Du hast der Polizei wichtige Beweismittel und eine Zeugenaussage vorenthalten! Das ist KRANK! Ich werde es Reka und Markus erzählen! ALLES!"
Mirka sah sie wütend an. "Das wirst du NICHT!"
"Oh, doch, das werde ich!"
"Wenn du das machst, Jenny Hansen, sind wir keine Freundinnen mehr!" Und mit diesen Worten stürmte Mirka hinaus und die Treppe hinunter, um ihren Opa zu begrüßen.
Jenny ließ sie allein im Zimmer zurück. Diese seufzte und folgte ihr enttäuscht nach unten ins Wohnzimmer. Sie war ratlos. Sie wusste, dass Mirka sich und Johnny in große Gefahr begeben und kriminelle Dinge tun würde. Und ganz streng genommen war alles, was Mirka zu dieser Sache getan und geplant hatte kriminell. Und Jenny und Johnny hingen mit ihr darin, weil sie ihr geholfen hatten. Sie würden einen riesen Stress mit der Polizei kriegen! Jenny war ratlos. Sie wünschte sich, alles rückgängig machen zu können. Denn was konnte sie jetzt noch tun?
Gegen Acht Uhr abends ging Mirka dann runter ins Wohnzimmer. Dort saßen am Tisch Opa, Reka und Markus und spielten 'Mensch-ärgere-dich-nicht'. Jenny saß im Schlafanzug in einem Sessel neben dem Fernseher und blätterte in einem Magazin - anscheinend hatte sie wirklich beschlossen nicht mitzukommen.
"Wo gehst du hin?", wurde Mirka dann von Opa gefragt, welcher sie interessiert ansah.
Auch Jenny, Reka und Markus sahen nun allesamt auf.
"Bin mit Johnny verabredet", erklärte sie kurz angebunden.
"Du hast ein Date?! Mit meinem besten Freund?!", fragte Reka ungläubig.
Jenny schnaubte leise; wahrscheinlich, weil sie genau wusste, worum es sich tatsächlich handelte.
"So ein Quatsch", murmelte Mirka beiläufig, zog sich ihre Schuhe und ihre Jacke über, packte zwei Paar schwarzer Handschuhe und ging ohne ein weiteres Wort aus dem Haus.
Sie ging die noch helle Straße entlang. Es war Sommer und noch einigermaßen warm. Und als sie dann die Sonnenallee erreichte und vor Johnnys Haus zum Stehen kam, drehte sie sich zum Haus gegenüber um und musterte es. Dort würde sie in ein paar Stunden einbrechen. Ein seltsames Gefühl... Und ihr wurde mulmig zu Mute. Sie schluckte.
"Hey, komm rein. Schnell!", hörte sie ein Flüstern hinter sich.
Mirka drehte sich um und erkannte Johnny, dessen Kopf mal wieder nur aus dem Türspalt hervorlugte. Mirka ging ins Haus und Johnny schloss die Tür hinter ihr wieder ab. Sie setzten sich auf das Sofa in Johnnys Wohnzimmer.
"Also, ich erkläre dir am besten nochmal den Plan, okay?"
Johnny nickte.
"Gegen halb Zwölf gehen wir nach draußen und nehmen dein schärfstes Messer mit. Wir schlitzen bei dem Typen die Rollläden auf und kriechen durch das Fenster ins Haus. Wir müssen uns vergewissern, dass es tatsächlich der Richtige ist und nach Beweismitteln, wie beispielsweise Blut oder Leichen suchen. Dann suchen wir ihn. Wenn wir ihn gefunden haben, nehmen wir ihn fest und bringen ihn zur Polizeiwache. Und dann werden wir berühmt... Die große Polizistin Mirka Wiegler und ihr Assistent Jonathan Haanke!", schwärmte Mirka.
"Das ist ja alles schön und gut, aber was, wenn es schiefgeht?", bedachte Johnny. "Gibt es einen Plan B?"
"Was soll denn bitte schiefgehen, Johnny?", fragte Mirka, völlig überzeugt von ihrem Plan.
Johnny zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. "Was, wenn er uns erwischt?"
"Johnny, er SCHLÄFT. Wir brauchen keinen Plan B."
"Mirka! Der Typ hat bestimmt mehr als ein Dutzend Menschen umgebracht. Er ist gefährlich! Und du kannst nicht sicher sein, dass er wirklich schon schlafen wird."
Mirka aber winkte leichtsinnig ab. "Mit dem werd ich locker fertig!"
Johnny blickte verunsichert drein, wusste aber, dass man Mirka nicht so leicht rumkriegen konnte. Also stimmte er zögernd zu und nickte seufzend. Mirka ahnte nicht, wie sehr sie sich selbst überschätzte.
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