⇝ Kapitel 16 / Sarah
Von der Normalität waren wir weit entfernt und doch fühlte es sich stellenweise so an, als wäre nie etwas gewesen. Mariella kümmerte sich um die Essensbestellung und flötete freundlich in den Hörer, während ich mich um das Besteck kümmerte.
Was in meinem Kopf vor sich ging, wusste sie zum Glück nicht... Sie wusste nichts von dem inneren Kampf den ich kämpfen musste. Eden nah zu sein ohne ihn berühren zu können war schwieriger als gedacht - er behandelte mich, als hätte es nie etwas zwischen uns gegeben. Ich redete mir ein das all das nur aus einem Grund geschah - weil niemand etwas von uns wusste. Besonders nicht seine Tochter. Ich konnte nur spekulieren was geschehen würde, würde sie von uns erfahren... Und vermutlich würde ich meine beste Freundin für immer verlieren. Sie würde mir das nie verzeihen.
Diese Gedanken beschäftigten mich derart, daß ich gar nicht mitbekam wie sie mich ansah.
"Woran denkst du?" fragte sie. Ihre wachsamen Augen studierten mein Gesicht, das langsam aber sicher vor Scham rot an lief. Ich konnte es ihr nicht sagen, nicht jetzt... "Weißt du... Unabhängig von dem ganzen Mist der passiert ist wirkst du irgendwie gehemmt. Ich meine, als wärst du nicht gern hier. Ist etwas passiert? Hat sich mein Dad daneben benommen?"
Oh Mist... Das ging in eine Richtung, die alles andere als gut war. Ich versuchte mir ein Lächeln abzuringen. "Nein, nein. Dein Dad ist wirklich sehr aufmerksam gewesen." antwortete ich wahrheitsgemäß, was ihren prüfenden Blick jedoch nur verschärfte. Sie kam auf mich zu, blieb direkt neben mir stehen und legte eine Hand auf meine Schulter. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. "Jedes Mal wenn er in der Nähe ist kann ich sehen wie nervös du bist. Und das hat sich in den letzten Wochen wohl nicht geändert." murmelte sie. Verdutzt sah ich sie an, Panik brach aus. "Quatsch." konterte ich, wenig glaubhaft. Mariella lachte und diesmal war es kein gekünsteltes Lachen, sondern eines das wirklich ernst gemeint war.
"Sarah, du warst früher schon verknallt in ihn. Das hab ich immer gewusst. Allein wie du ihn ansiehst hat dich verraten. Aber ich hab nie etwas gesagt weil es mich erstens nichts angeht und zweitens... Wollte ich dich nie in Verlegenheit bringen. Aber du kannst es ruhig zu geben."
Bevor ich etwas antworten konnte hörten wir, wie sich die Haustür öffnete. Stimmen Gewirr näherte sich uns und mein Gesicht war nun endgültig im Tomaten Modus angekommen. Jay und Eden, beide in ihr Gespräch vertieft, betraten die Küche und nahmen uns erst gar nicht wahr - bis Mariella sich räusperte. Während Eden elegant und mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen in unsere Richtung blickte, wirkte Jay eher als hätte er einen Geist gesehen, aber er fing sich schnell. "Ich hab euch vorsorglich etwas zu Essen mit bestellt. Ich wusste nicht wann ihr zurück seid, aber zur Not hättet ihr es wärmen können." erklärte sie und griff nach dem Besteck das vor mir lag. Mit einem leichten Stoß in meine Richtung entkam ich endlich der Starre, in der ich gefangen war und griff nach weiteren Gabeln und Messern.
...
Es war irgendwie unangenehm in vollkommener Stille zu viert am Tisch zu sitzen und zu essen. Das einzige was man hörte war das Besteck, das immer mal wieder gegen Porzellan schlug - ansonsten war es erschreckend ruhig.
Mich hatte das was Mariella kurz vor Eden's und Jay's Rückkehr gesagt hatte beschäftigt - denn sie hatte nicht Unrecht. Ich hatte schon früher weiche Knie in Eden's Anwesenheit bekomme und es gab mehr als nur eine Situation, in denen mich mein knallroter Kopf entlarvte - doch ich war zu jung und Eden schien eine unerreichbare Person, von der mir nichts blieb als Träumereien... Naja, bis sich das geändert hatte. Ich hatte von der verbotenen Frucht gekostet und war süchtig danach es wieder zutun. Ich hatte alles andere ausgeblendet, mir eingeredet das es nicht als uns gab. Und für eine Weile hatte das ja auch funktioniert, doch jetzt...
Ich konnte seinen Blick auf mir spüren. Seine Augen, wie sie sich in meine Haut brannten. Ich stellte mir sogar einen Moment lang vor ihn zu küssen.
"Schmeckt es nicht?" fragte Mariella schließlich und unterbrach die Stille am Tisch. Als ich aufsah bemerkte ich, wie sie zwischen Eden und mir hin und her sah. Selbst Jay hatte sein Besteck zur Seite gelegt, kaute allerdings noch andächtig. Der Mann konnte offenbar - genauso wie Mariella selbst - immer essen, ganz egal was gerade los war. Mir jedoch... Schlug alles immer direkt auf den Magen und Eden schien es nicht anders zu gehen... Dachte er gerade an uns oder beschäftigte ihn etwas anderes?
"Ich habe keinen Appetit. Wenn ihr mich entschuldigt." murmelte Eden und stand auf. Einen Moment lang hätte ich schwören können, das er mich bedeutsam ansah, aber ich war zu unsicher - besonders in dieser Situation. Jay räusperte sich und stand schließlich auch auf. Er wirkte etwas fehl am Platz, so als würde er nicht wissen was zutun ist. "Ich..." begann er, wurde aber von Mariella unterbrochen. "Ja, geh schon. Ich räume hier auf." murmelte sie. Mich wunderte nicht wie zaghaft beide miteinander umgingen, aber etwas seltsam war es schon sie dabei zu beobachten wie sie ihm nach sah... Und sofort die Unschuldige mimte, als sie meinen Blick bemerkte. "Was denn? Ich wollte nur nett sein."
"Natürlich." antwortete ich sofort und versuchte nicht zu lächeln.
Etwas war anders... Und ich hatte das Gefühl das nicht nur ich es war, die Geheimnisse hatte.
…
Später am Abend schlief Mariella bereits, als ich mich aus dem Zimmer stahl. Wir hatten über alles mögliche geredet und nebenbei ferngesehen, doch meine Gedanken füllten sich immer wieder mit Eden, sodass ich beschloss ihn aufzusuchen - wohlwissend dass das riskant war. So leise wie möglich schlich ich zu seinem Büro, das allerdings verwaist war. Nur noch ein Glas mit etwas Rest Alkohol erinnerte daran das er hier gewesen war - also suchte ich weiter. Ich kam zu seinem Schlafzimmer und atmete noch einmal durch ehe ich die Tür leise öffnete.
Da stand er.
Im sanften Mondschein, mit nichts bekleidet als seinen Shorts, gegen das Fenster gelehnt. "Eden" hauchte ich und er drehte sich zu mir herum. Ich konnte seine Gesichtszüge nicht erkennen, doch ich spürte das Lächeln, welches er mir schenkte. Ich lief auf ihn zu, wurde schneller und sprang schließlich in seine Arme.
"Endlich." murmelte er und begann mich zu küssen als hätte er Jahre nur auf diesen Moment gewartet. Weitere Worte wurden von seinen Lippen verschluckt, ehe sie meinen Mund verlassen konnten.
Wir waren eins.
"Bitte..." jammerte ich und küsste ihn dringlicher denn je. "Was willst du, meine Schöne?" fragte er heiser und schleppte uns beide Richtung Bett. Ich musste nicht aussprechen das es genau das war, was ich wollte - dennoch tat ich es. Ich brauchte ihn, ich brauchte all das hier. Ich wollte es. Ich wollte ihn, Uns.
Als ich sanft auf den Laken landete und er sich über mir aufbaute um mich anzusehen, jeden centimeter meines Körpers, den er langsam aus der Kleidung befreite war ich die Königin, die über diesen schönen König herrschte. Er betete mich an auf eine Weise die ich nie für möglich gehalten hatte.
"Wow." erklang plötzlich eine Stimme nahe der Tür. "Die Therapiesitzungen für das, was ich hier sehe werden ein Vermögen kosten."
Es war Mariella... Sie hatte uns erwischt.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro