
Kapitel 29 - Allnächtliches
Allnächtliches
Das demonstrative Verbarrikadieren meiner Zimmertür hätte ich mir sparen können, denn Suga kam nicht. Er klopfte nicht, holte mich nicht und solange ich das Zimmer nicht verließ, hätte ich mich genauso gut in einem Hotel aufhalten können, so unpersönlich fühlte es sich an. Zwei Stunden verbrachte ich also damit, das gesamte Zimmer und auch das Bad vollkommen auf den Kopf zu stellen und jeden Winkel zu untersuchen. Ich wusste nicht, nach was ich suchte und nach zwei Stunden erfolglosen Schnüffelns gab ich es auch auf. Weitere 30 Minuten verbrachte ich damit, auf dem Balkon zu stehen und in den dunklen Garten zu starren. Ich fragte mich natürlich, warum er nicht wollte, dass ich in den Garten ging, endete bei der Einsicht, dass – Jimin oder wer auch immer – in der Nähe sein konnte und er vermutlich nicht wollte, dass ich wie ein Lockvogel im Gras herumhüpfte. Das konnte ich sogar zähneknirschend akzeptieren. Ich kehrte zurück ins Zimmer, warf mich grummelnd auf das Bett und starrte an die Decke. Unzählige Gedanken rasten durch meinen Kopf, doch keiner blieb lange genug, dass ich mich wirklich damit hätte beschäftigen können. Es waren zu viele Eindrücke, viel zu viele Informationen und dabei hatte ich mehr Fragen als je zuvor. Das Einzige was geschah war, meine Unruhe nahm wieder zu. Ich hatte mich selbst in diesem Zimmer eingeschlossen und dass das, was ich erwartet hatte nicht eintraf, setzte mir noch mehr zu, als alles bisherige.
Es war gegen Mitternacht, als mich der Hunger doch aus dem Zimmer trieb. Im Dunkeln schlich ich in Socken die Treppe hinab, um nur ja kein Geräusch zu machen, tappte in das Wohnzimmer, weil dort noch Licht brannte, aber der Raum war verlassen. Es fühlt sich an wie ein Déjà-vu. Schon einmal war ich in dieses Wohnzimmer geschlichen und was dann passiert war... Ich würgte den Gedanken gewaltsam ab und lief weiter durch den Raum. Von dort huschte ich zum Durchlass in die Bibliothek und blieb an der Schwelle stehen. Suga lag auf der kleinen Ledercouch. Eine Schirmlampe auf dem Beistelltisch am Kopfende tauchte den Raum in ein warmes Dämmerlicht, welches sich schimmernd auf dem schwarzen Haar brach, das glänzte wie Rabenflügel. Ein Buch lag aufgeschlagen auf seiner Brust, seine linke Hand lag auf dem Buchrücken, die rechte war hinabgerutscht und seine Finger streiften beinahe den Boden. Es wirkte, als würde er tatsächlich tief und fest schlafen und für einen Moment verharrte ich wo ich war, lehnte den Kopf an das Holz und betrachtete ihn. Gerade war nichts an ihm furchteinflößend und die Vorstellung, was hinter der Fassade lauerte, hatte etwas Surreales. Ich seufzte, dann wandte ich mich wieder ab, schlich zurück in den Flur und steuerte die Küche an. Es war eine hochmoderne Küche mit Edelstahl, schwarzen Lackoberflächen und weißen Marmorplatten – eine Küche die niemals benutzt wurde, was für ein Hohn. Im Moment standen allerdings mehrere Verpackungen unterschiedlicher Lieferdienste auf der Kochinsel und ich öffnete eine Box nach der anderen, um zu sehen, was sich darin verbarg. Mein Magen knurrte laut und vernehmlich und ich angelte zwei Stückchen Fleisch mit den Fingern aus der geöffneten Box, bevor ich nach Besteck suchte. Und ich fummelte gerade die Gabel aus ihrer Plastikumhüllung, als Sugas Stimme die Stille durchbrach.
„Doch Hunger, hm?"
Ich erschrak so sehr, dass ich augenblicklich herumwirbelte, die Plastikgabel umklammert wie einen Dolch und unsanft gegen den Tresen stieß.
„Oh Mann", raunte ich, meine Schultern sanken hinab und ich atmete aus. „Du... hast geschlafen, ich wollte dich nicht wecken."
Das quittierte Suga nur mit einem nachdenklichen Blick, bevor er sich abwandte und an mir vorbei zu einem Weinkühlschrank ging. „Ich schlafe selten", erklärte dabei. „Und wenn dann nicht besonders tief. Meistens ruhe ich mich nur aus. Sortiere meine Gedanken", eine vage Geste unterstrich das, „meine Erinnerungen." Er öffnete den Schrank und nahm eine Flasche heraus.
„Willst du Wein?" Ohne meine Antwort abzuwarten öffnete er die Flasche mit routinierten Handgriffen, dann erst sah er mich abwartend an.
Ich nickte knapp, öffnete dabei eine der Boxen und begann im Stehen zu essen. Es war mittlerweile kalt, schmeckte aber trotzdem. „Du kannst also normal essen und trinken?", fragte ich.
Suga angelte zwei Gläser aus dem Schrank und schenkte ein. Ein Glas für mich, welches er mir ohne ein Wort reichte, ein zweites Glas, welches er sofort austrank und dann gleich wieder einschenkte.
„Nein", antwortete er ohne jegliche Gefühlsregung und ich runzelte die Stirn. Aber er hatte doch...?
Noch während ich meinen Gedanken nachhing, drehte er sich zu mir um, nahm noch einen Schluck aus seinem Glas, bevor er mich wieder fixierte. „Ich kann Dinge essen, die viel Zucker enthalten. Zucker hilft."
Der Kuchen, den er im Rekordtempo verschlungen hatte, fiel mir wieder ein und ich nickte. Auch wenn ich den Zusammenhang noch nicht verstand. „Wobei?" Ich schob mir noch eine Gabel Hühnchen mit Gemüse in den Mund und kaute bedächtig.
„Den Hunger zu überbrücken", antwortete er ohne zu zögern. „Natürlich nur bedingt, aber es funktioniert. Alkohol funktioniert noch besser, aber er dämpft auch alles andere, meine Wahrnehmung, meine Selbstbeherrschung, das ist nicht immer von Vorteil. Jedes andere Essen" – er nickte auf die Box in meiner Hand – „kann mein Organismus nicht verarbeiten."
Oh. Ich stocherte in meiner Box herum und pickte ein paar Häppchen heraus, während ich überlegte, ob ich ihn tatsächlich nie essen gesehen hatte und welchen Streich mir mein Verstand da wohl gespielt haben musste. Oder war Suga einfach nur sehr geschickt? Spielt er mit den Vorstellungen der Menschen? Noch eine Gabel voll Essen landete in meinem Mund, da erklärte Suga: „Der Geruch ist noch da, womöglich sogar intensiver, aber wenn ich versuchen würde, es zu essen, wäre die Illusion dahin. Es schmeckt alles gleich, erdig, nach Asche, faulig, nicht sonderlich angenehm und ich würde alles erbrechen."
Ich hörte auf zu essen und er nahm einen Schluck von seinem Wein. „Entschuldige", raunte er schulterzuckend. „Ich wollte dir nicht den Appetit verderben. Iss weiter."
Meine Augenbrauen hoben sich, aber ich aß tatsächlich weiter. „Deswegen die Süßigkeiten?"
Suga nickte, trank, sah mich wieder an. „Wie ich schon sagte, der Zucker, je mehr Zucker, desto höher die Chance, dass ich es bei mir behalten kann. Es sind Notfallrationen."
Notfallrationen. Mir war durchaus bewusst, was das bedeutete und ich bemühte mich, bei der Vorstellung, wie sein Ernährungsplan für gewöhnlich aussah, ruhig zu bleiben. Schweigend verschlang ich die letzten zwei Bissen und stellte die leere Box zurück auf den Tresen. Dann nahm ich ebenfalls einen großen Schluck aus meinem Glas und drehte es nachdenklich in den Fingern.
„Also nur... Blut?", fragte ich leise.
Suga antwortete nicht und erst als ich ihn ansah, verschränkte er die Arme vor der Brust und fixierte mich. „Warum fragst du mich? Du willst das nicht wissen."
„Aber ich will es wissen", konterte ich mit einem gewissen Eigensinn. „Wenn ich hier bin, wenn ich dir vertrauen soll, will ich wissen, worauf ich mich einlasse."
Jetzt trank Suga sein Glas in einem Zug leer, stellte es ab und lehnte sich wieder gegen den Tresen. „Na schön", seine Stimme klang etwas heiser. „Wie du willst. Ja. Nur Blut. Ich fresse keine rohen Herzen."
Sicher wollte er mich damit provozieren, denn ich bemerkte, dass ein vages, kühles Lächeln um seine Mundwinkel zuckte, als er sah, wie ich das Gesicht verzog.
„Nur von Menschen oder auch von Tieren?"
Dieses Mal war es Suga, der die Nase rümpfte. „Ich glaube du müsstest tatsächlich wie ich sein, um zu verstehen, wie unglaublich ekelerregend deine Frage ist. Gegenfrage, würdest du Menschenfleisch essen?"
Ja, er wollte mich definitiv provozieren. Mit verkniffener Miene starrte ich zurück. „Du bist ja kein Tier, also hinkt der Vergleich. Aber – ist ja alles schon passiert, oder? Die Rugbymannschaft, die in den Anden abstürzte? Also ja, ich denke, wenn es darum ginge, ob ich lebe oder sterbe, dann würde ich es tun."
„Eine Maßnahme, um zu überleben", fasste Suga das zusammen und richtete sich etwas auf. „Na ja, du sagst ich bin kein Tier, aber du musst mir nicht schmeicheln, ich weiß was ich bin und es ist einem Raubtier ähnlicher als einem Menschen, das ganz sicher. Dann sagen wir also, Tierblut ist eine Maßnahme um zu überleben."
„Aber du bist tot." Ich runzelte die Stirn und prallte Sekunden später erneut überrascht gegen den Tresen, als Suga plötzlich vor mir stand, meine Hand nahm und sie auf seine Brust legte.
„Wirklich?", fragte er flüsternd und lächelte dünn. Die Wärme seines Körpers drang durch das Hemd und war deutlich zu spüren, genau wie sein Herzschlag. „Bin ich das?" Vielleicht blinzelte ich überrascht, denn genauso plötzlich ließ er mich wieder los, kehrte zur anderen Seite zurück und schenkte nochmal ein. Auch jetzt trank er das halbe Glas in einem Zug, bevor er sich wieder zu mir umdrehte.
„Du bist also nicht... tot?", murmelte ich vor mich hin. Es war halb Frage, halb Feststellung und als ich stirnrunzelnd zu ihm aufblickte, seufzte Suga leise und zuckte die Schultern.
„Ich hatte bisher ein ungewöhnlich langes Dasein", gab er ruhig zurück, „und auch wenn ich es selbst tatsächlich nicht Leben nenne und die Art, wie es aufrechterhalten wird, oft verabscheue, hänge ich grotesker Weise doch sehr daran. Ich bin wie jedes andere Wesen, Tae, wenn man alles andere wegnimmt, bleibt am Ende nur der Überlebensinstinkt."
Stumm nickte ich dazu. Menschenblut also, ich betrachtete ihn und überlegte, ob ich die Frage wirklich stellen sollte, ob ich die Antwort wissen wollte. Jetzt war ich jedoch schon so weit gegangen.
„Und was ist mit... Blutkonserven?", fragte ich zögerlich.
Suga atmete tief ein, stieß die Luft wieder aus, dann richtete sich sein Blick auf mich.
„Ist eine Möglichkeit", raunte er dumpf. „Keine, die ich bevorzuge, auch wenn ich sie hin und wieder genutzt habe. Es ist aufbereitet und das schmeckt man. Abgesehen davon ist es kalt."
Wieder nickte ich, zog den Kopf ein und sah weg. Immerhin kannte ich jetzt die Wahrheit, auch wenn er sie nicht direkt ausgesprochen hatte. Geschickt war er bisher der direkten Erklärung ausgewichen, dass er tatsächlich Menschen tötete, um weiter existieren zu können.
„Du bist sehr gefasst", sagte Suga nach einer Weile und nahm noch einen Schluck. Beinahe hätte ich aufgelacht. Womöglich stahl sich ein bitteres Lächeln auf mein Gesicht. Ich war nicht gefasst, ich war nur zu aufgewühlt, um angemessen zu reagieren. Mein Körper, mein Kopf, einfach alles befand sich in einem paniknahen Ausnahmezustand und das Einzige, was mich davor bewahrte, den Verstand zu verlieren, war, alle Fragen auszusprechen, die mir in den Sinn kamen.
„Keine Sorge, das wirkt nur so, ich bin damit beschäftigt, das Unmögliche zu begreifen, möglichst ohne hysterisch zu schreien. Wie schlage ich mich?"
Ich sah auf und aber Suga lächelte nicht, im Gegenteil, er betrachtete mich sehr ernst. „Ich töte nicht zum Vergnügen."
„Aber du nimmst Leben", gab ich zurück, wollte eben ansetzen zu fragen, warum, als er die Antwort darauf vorwegnahm.
„Das tun wir alle, oder nicht? Ganz gleich ob wir selbst oder ob wir andere es für uns tun lassen. Wie war dein Hühnchen? Ich töte, weil ich es muss. Ich bin kein Hexer, ich kann keine Erinnerungen manipulieren und ich kann es mir nicht leisten, dass diejenigen, die ich verschone, in der Öffentlichkeit erzählen, ein Vampir hätte sie gebissen. Stell dir vor was dann geschähe."
Ich zuckte die Schultern. „Man würde ihr oder ihm nicht glauben und im Zweifelsfall in die Psychiatrie stecken."
„Jetzt machst du es dir zu leicht, Taehyung. Deine Rechnung mag für einen einzelnen Vorfall aufgehen, aber auch für regelmäßige Schilderungen der gleichen Art?"
Nun, er hatte recht und ich wusste es. Es würde nicht lange gutgehen. Ich dachte an meine eigenen Erfahrungen und daran, wie ich mit diesen verdammten Fotos zu Hoseok gegangen war. Wie lange hätte es wohl gedauert, bis ich ihm erzählt hätte, dass ich gebissen worden war, wenn ich nicht ständig erneut mit Suga konfrontiert gewesen wäre? Womöglich hätte ich es noch eine Weile verschwiegen, aber irgendwann... „Wahrscheinlich hast du recht", räumte ich ein.
Suga schnaubte leise. „Natürlich habe ich recht", raunte er und leerte sein Glas. Dieses Mal stellte er es auf die Anrichte und schob es ein Stück weit weg. „Wie auch immer. Denkst du nicht, es wäre klüger, wenn wir dieses Gespräch verschieben?"
Nein, dachte ich nicht. Ich schüttelte den Kopf, sah kurz zu ihm hin und schob dann auffordernd mein Weinglas in seine Richtung.
„Ich denke, ich hätte gerne noch etwas Wein."
Für einen Moment schien Suga zu zögern, dann jedoch wandte er sich kommentarlos ab, öffnete den Weinschrank und nahm eine neue Flasche heraus. Wortlos öffnete er sie und schenkte mir ein. Nicht allzu viel, er wollte wohl nicht, dass ich mich einfach sinnlos betrank. Diese Nacht im Café fiel mir wieder ein und ich seufzte verhalten.
„Du weißt so viele Dinge über mich", begann ich zögernd, sah auf, aber er reagierte nicht darauf, also fuhr ich fort. „Und ich weiß im Grunde nichts über dich. Ich weiß noch nicht einmal..." Ich zögerte, dann schwenkte ich um „Min Yoongi." Hatte ich eine Reaktion erwartet wurde ich enttäuscht, also runzelte ich die Stirn. „Ist das wirklich dein Name?"
„Nein." Er lehnte lässig an der Anrichte, die Arme wieder verschränkt und betrachtete mich, als würde er über etwas ganz anderes nachdenken, dann sah er weg. „Es ist der Name eines Vermögensberaters, den ich mal kannte... Das ist schon eine Weile her. Ich benutze ihn gerne ich finde, er passt zu mir."
Die Selbstverständlichkeit, mit der er diese Erklärung gab, war so abgebrüht, dass ich gegen meinen Willen lachen musste. Ebenso schnell verstummte ich jedoch wieder und Suga zeigt ein vages Schmunzeln, das jedoch sofort wieder wegbrach. „Ich habe meinen richtigen Namen so lange nicht mehr benutzt, dass ich mich kaum noch erinnern kann, ob es ihn tatsächlich irgendwann gegeben hat, oder ob er auch nur irgendeine Geschichte ist."
Er klang unwahrscheinlich verbittert und deswegen hakte ich in diese Richtung auch nicht mehr nach. Immerhin war es mitten in der Nacht, womöglich war das keine gute Zeit, um einen... hungrigen? ... Vampir zu reizen. Stattdessen kaute ich jetzt auf meiner Unterlippe und starrte ihn ruhelos an. War er denn hungrig?
Wie zur Bestätigung, dass er doch Gedankenlesen konnte, schmunzelte Suga jetzt und neigte den Kopf etwas und bevor er mich also in Verlegenheit bringen konnte, stieß ich die Frage hervor. „Ich versteh jetzt deine Aussage, du würdest niemals Kaffee trinken, allerdings, wie oft brauchst du denn etwas... zu trinken? Ist das überhaupt korrekt? Oder heißt es Nahrung? Oder... Futter?" Das war peinlich und ich spürte wie ich rot wurde, vielleicht sollte ich wirklich aufhören zu trinken.
Suga hingegen grinste. „Du kannst es nennen wie du willst. Ist alles zutreffend. Und wie lange ich von einer Mahlzeit zur anderen aushalte hängt von vielen Faktoren ab." Plötzlich stieß er sich von dem Tresen ab und kam langsam zu mir herüber. „Wie üppig die letzte Fütterung war, wie nahrhaft, wie viel Energie ich verbraucht habe, ..." er ließ diese Aussagen einfach so in der Luft hängen und ich war mir auch ziemlich sicher, dass er absichtlich wahllos Begriffe benutzte, die mit Tieren oder auch Menschen verbunden werden konnte. Schließlich blieb er vor mir stehen und zuckte erneut die Schultern. „Zwei Wochen? Mehrere, ein oder zwei Monate, drei..."
Das war alles unglaublich vage und trotzdem, selbst wenn ich die längste Zeitspanne nahm, die er angegeben hatte, waren es vier tote Menschen pro Jahr. Und es würde niemals enden, sondern immer so weitergehen, oder? Wie viele Menschen hatte er schon getötet, wie viele würden noch dazukommen?
„Bist du unsterblich?"
„Mehr oder weniger."
„Okay", ich wiegelte ab, ich wollte tatsächlich im Moment nicht noch mehr wissen, weil ich mir auch ziemlich sicher war, dass ich das, was ich bisher gehört hatte, garantiert nicht würde verdauen können und auch jetzt seufzte Suga leise, während er mich betrachtete.
„Das sind allzu blutige Geschichten für eine Nacht wie diese. Du wirst nicht schlafen können, wenn du zu viel darüber nachdenkst", flüsterte er und ich seufzte.
Stumm leerte ich mein Weinglas und stellte es ebenfalls ab. „Ich werde ohnehin nicht schlafen können", murmelte ich dabei, wie zu mir selbst.
Das ließ er unkommentiert, aber bevor ich mich jetzt abwenden und gehen wollte, zog er etwas aus seiner Hosentasche und plötzlich baumelte etwas Glitzerndes vor meinen Augen. Meine Gesichtszüge entgleisten, als ich das Kettchen erkannte.
„Dann... war es tatsächlich deins?", brachte ich mühevoll hervor.
Suga nickte, hielt es mir hin, überließ aber mir die Wahl, ob ich es auch nehmen wollte. Als ich mit bebenden Fingern danach griff, huschte ein kurzes Lächeln über seine Miene und er steckte rasch beide Hände wieder in die Hosentasche, als könne er damit verhindern, dass ich es mir anders überlegte und es wieder zurückgab. Ich hätte es nicht mal über mich gebracht, wenn er es verlangt hätte. Krampfhaft schlossen sich meine Finger um das Schmuckstück.
„Dann... war diese Kette dafür verantwortlich, dass ich... all diese Dinge gesehen habe?"
Auch jetzt blieb Suga vage, lächelte aber ansatzweise. „Du hast eine Gabe, Tae", sagt er leise. „Dinge zu sehen, die andere nicht wahrnehmen können. Und es gibt Möglichkeiten diese Gabe zu verstärken. Etwas aus dem Nichts zu erschaffen ist hingegen unmöglich."
Ich hob die Faust mit dem Kettchen. „Dann hast du mich verfolgt?"
Er antwortete nicht.
„Überwacht?"
Auch jetzt bekam ich keine Antwort, aber das war auch nicht mehr von Belang, ich öffnete die Hand, das Schmuckstück baumelte zwischen meinen Fingern. „Kannst du es bitte für mich schließen?"
Wenn ich ihn damit überrascht hatte, zeigte er es nicht, denn ohne ein Wort griff er sich jetzt das Armkettchen, schlang es um mein Handgelenk und verschloss es. Das Metall legte sich kühl auf meine Haut, ließ mich erschauern und gerade war ich mir sehr sicher, dass ich in dieser Nacht garantiert kein Auge zutun würde. Aber auch das war ein Trugschluss, wie ich wenig später feststellen durfte. Denn als ich in mein Zimmer zurückkehrte, fühlte ich mich vom Alkohol angenehm berauscht, ohne wirklich betrunken zu sein, weniger unruhig und mein voller Magen machte mich außerdem müde. Ich verbrachte eine ganze Weile im Bad, versuchte mein Gespräch mit Suga von eben Revue passieren zu lassen, musste aber feststellen, dass ich dafür bereits zu schläfrig war. Am Ende kroch ich in mein Bett und war tatsächlich binnen Minuten eingeschlafen.
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