Fesseln
PoV Jimin
Alles in mir schrie, aber kein Laut kam über meine Lippen.
Hoseok lag vor mir.
Oder das, was von ihm übrig war.
Sein Körper... nein, sein Körper war nicht mehr da.
Er begann zu zerfallen, zu bröckeln, wie Sand, der von einer unsichtbaren Hand in die Luft gestreut wurde.
Die Dunkelheit um ihn herum war dicht, pulsierend und der Engel – Yoongi – stand darüber, als sei er ein Künstler, der sein Werk betrachtete.
"Was... tust du?"
Meine Stimme war ein Flüstern, zerbrechlich wie Glas.
Yoongi hob den Kopf. Seine Augen trafen meine und ich fühlte, wie mein Inneres erstarrte. Diese Augen... sie waren nicht von dieser Welt. Schwarz, tief und leer, als hätten sie alles gesehen, was existierte, und mehr.
Ich wollte wegblicken, aber ich konnte nicht.
"Ich beende es," sagte er leise, und seine Stimme war wie das Knacken von Eis unter den Füßen.
Es klang endgültig.
Unerbittlich.
Hoseok verschwand. Sein Körper zerfiel vollständig und der Staub, der zurückblieb, wurde von einem Wind fortgetragen, den ich nicht spüren konnte.
"Nein!"
Mein Körper fühlte sich schwer an, wie in einem Albtraum, in dem jede Bewegung unmöglich war.
Yoongi trat näher an mich heran.
Seine Bewegungen waren langsam, bedacht, als hätte er alle Zeit der Welt.
Er sah mich an und für einen Moment war da etwas in seinem Blick, das ich nicht deuten konnte. Keine Grausamkeit, keine Kälte – nur... Interesse.
"Jimin," sagte er, und mein Name aus seinem Mund klang anders, fremd und doch vertraut.
"Warum... warum machst du das?" fragte ich, meine Stimme erstickt vor Tränen.
Er kam näher und mein Herz raste. Nicht vor Angst – oder vielleicht doch?
Ich wusste es nicht.
Da war etwas an ihm, das mich bannte, das mich dazu zwang, ihn anzusehen, obwohl ich nichts lieber wollte, als wegzulaufen.
"Du hast ihn geliebt, nicht wahr?" fragte er, und seine Worte schnitten tief, als würden sie eine Wunde öffnen, die ich noch nicht einmal bemerkt hatte.
"Was...?"
"Du versuchst, zu verstehen," sagte er leise, fast sanft.
"Aber du kannst es nicht. Nicht jetzt."
Ich wollte schreien, ihn anschreien, ihm sagen, dass er falsch lag, aber stattdessen starrte ich ihn nur an.
Und dann geschah etwas, das mich noch mehr erschütterte.
Er lächelte.
Nicht kalt oder grausam, sondern... warm.
Es war ein Lächeln, das nicht zu ihm passte, ein Lächeln, das mich aus der Fassung brachte.
"Du bist interessant," sagte er schließlich, und sein Blick wanderte über mich, als würde er etwas suchen. Oder etwas sehen, das ich selbst nicht sehen konnte.
Ich schluckte, meine Kehle trocken, meine Gedanken wirr.
"Was... was willst du von mir?"
Er trat noch einen Schritt näher, und ich konnte den Hauch von etwas Kaltem, Metallischem spüren, der ihn umgab.
"Alles."
Das Wort hing in der Luft, schwer und unausweichlich, und ich fühlte, wie mein Magen sich zusammenzog.
"Warum Hoseok?" fragte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Yoongi legte den Kopf leicht zur Seite, sein Blick nie von mir abwendend.
"Weil es musste."
"Das ist keine Antwort!" schrie ich schließlich, die Worte aus mir herausbrechend, bevor ich sie zurückhalten konnte.
Yoongi schwieg, aber in seinen Augen war keine Wut, keine Überraschung – nur dieses unergründliche Interesse.
"Du wirst es verstehen," sagte er schließlich, "wenn die Zeit kommt."
Ich stand immer noch reglos da, meine Beine wie aus Gummi, mein Herz raste. Doch etwas in mir – vielleicht die Wut, vielleicht die Verzweiflung – brachte meine Stimme zurück.
"Warum Hoseok?" rief ich, diesmal lauter. "Warum ER?"
Sein Desinteresse brachte mich fast um den Verstand.
"Antworte mir!" schrie ich, meine Stimme brüchig vor Zorn und Schmerz.
Noch bevor ich etwas tun konnte, trat Taehyung dazwischen.
"Yoongi, lass ihn," sagte er, seine Stimme war tief und ruhig, aber da war ein Hauch von Ärger.
"Er hat genug gelitten."
"Lass mich?"
Ich biss die Zähne zusammen, der Adrenalinschub ließ mich zittern.
"Du bist doch genauso wie er! Ihr alle seid Monster!"
Yoongi hielt inne.
Langsam drehte er sich zu mir um und seine Augen waren nicht mehr leer.
Etwas glomm in ihnen auf, etwas, das mich zurückschrecken lassen wollte. Aber ich tat es nicht.
"Pass auf, was du sagst," sagte Taehyung warnend, doch ich ignorierte ihn.
"Warum sollte ich? Was willst du machen? Mich auch töten?"
Ich machte einen Schritt auf Yoongi zu, mein Blick direkt in seine kalten, unendlichen Augen gerichtet.
"Na los! Tu es! Zeig mir, wie erbärmlich ihr wirklich seid!"
Die Stille war schwer. Selbst Taehyung wirkte überrascht, seine Augen weiteten sich, aber er sagte nichts mehr.
Dann bewegte sich Yoongi.
Es war schnell, so schnell, dass ich kaum registrierte, was passierte. Bevor ich wusste, wie mir geschah, spürte ich seine Hand an meinem Hals.
Ein harter Griff, der mich von meinen Füßen hob und gegen die Wand schleuderte.
Die Luft wurde aus meinen Lungen gepresst und ich keuchte, als mein Rücken hart aufschlug. Schmerz durchzuckte meinen Körper, doch ich weigerte mich, zu schreien.
Yoongi stand vor mir, seine Hand immer noch an meinem Hals, nicht fest genug, um mich zu würgen, aber fest genug, um zu zeigen, dass ich keine Kontrolle hatte.
"Du redest viel für jemanden, der nichts versteht," sagte er leise, seine Stimme eisig, aber beherrscht.
"Du hast keine Ahnung, womit du spielst."
Ich keuchte, die Panik stieg in mir auf, aber ich hielt seinem Blick stand.
"Du... hast... keine Ahnung... was du zerstört hast," stieß ich hervor, meine Hände an seinem Arm, ohne die wirkliche Kraft, ihn wegzudrücken.
Seine Augen verengten sich, und für einen Moment dachte ich, er würde mich tatsächlich zerbrechen.
Doch dann lockerte er seinen Griff und ließ mich fallen.
Ich landete hart auf dem Boden, hustete und rieb mir den Hals, während ich nach Luft schnappte.
"Yoongi!" Taehyungs Stimme war schärfer jetzt, und er trat einen Schritt nach vorne. "Das reicht."
Yoongi wandte sich ab, seine Hände wieder locker an den Seiten, als wäre nichts passiert.
"Er ist zu stur, um zuzuhören," sagte er mit einem Hauch von Verachtung.
Ich hob meinen Kopf, meine Wut brannte heller denn je.
"Ich werde niemals zuhören," rief ich, meine Stimme heiser. "Nicht euch. Nicht nach dem, was ihr getan habt."
Yoongi drehte sich nicht um, aber er hielt kurz inne.
"Das werden wir sehen," sagte er schließlich, und seine Worte waren wie ein Versprechen, das mich frösteln ließ.
Taehyung kniete sich neben mich, seine Miene voller Unmut.
"Du solltest besser aufpassen," murmelte er, leise genug, dass Yoongi es nicht hören konnte.
"Er spielt nicht."
Ich schob ihn weg und richtete mich langsam auf, mein ganzer Körper schmerzte.
"Und ich auch nicht."
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