Kapitel 12
Luna liest das Gedicht richtig poetisch vor und macht dazu passende Handbewegungen:
"Das ist ein Reim,
gehe zum Stein.
Er ist zerbrochen,
da wo wir Schafe rochen.
Finde meinen Namen,
sonst landest du im Graben.
Mit Blut besiegelt,
mit Blut befreit."
Sophie lacht ihre Freundin aus. Das sieht so lustig aus. "Damit würdest du bei Frau Aiflända beim Poetry-Slam sofort gewinnen."
Luna prustet los und kommt zu ihrer Freundin. Sie sollten das Rätsel jetzt ernster nehmen und darüber nachdenken.
"Mit dem zerbrochenen Stein, da wo wir Schafe rochen, könnte doch der da am Wohnwagen gemeint sein.", vermutet Sophie.
"Stimmt, aber was bedeutet der Rest?"
"Keine Ahnung, aber das ist ein Anhaltspunkt. Ich würde mal nachschauen."
"Okay, aber ich habe jetzt erstmal Hunger."
"Maaaaan. Schon wieder?!"
"Ja."
Sophie schüttelt fassungslos den Kopf. Erst vor ein paar Stunden haben sie gegessen und jetzt will Luna schon wieder etwas. Aber ehrlich gesagt, hat sie auch ein bisschen Hunger. Sie öffnen ihre Tasche und gucken hinein. Darin befinden sich nur noch zwei Wochen alte, verfaulte Äpfel. Die Schale ist braun und eingeschrumpelt und darauf befinden sich kleine, weiße Schimmelpilze.
Luna verzieht angeekelt das Gesicht. "Ihhhhhhh." Sophie nimmt die Äpfel mit spitzen Fingern aus der Tasche und wirft sie ein paar Meter weiter in den Wald.
"Können die Ameisen fressen.", sagt jemand und die beiden Mädchen fahren herum. Da steht ein grinsender Heinz.
"Fuck.", flucht Sophie und die beiden Mädchen rennen los. Der Mann steht aber einfach da, lacht und denkt erst gar nicht daran, sie zu verfolgen. Nach einem kurzen Sprint bleiben die Mädchen stehen und schauen sich hektisch atmend um. Dort können sie Heinz aber nirgendwo entdecken.
"Wieso hat er uns nicht verfolgt?", fragt Sophie.
"Ist ja jetzt auch egal. Wir wollten was essen.", erinnert Luna ihre Freundin.
"Stimmt, komm, lass uns wieder diese fetten Grashalme snacken, die wir letztes mal so geil fanden."
Luna lacht: "Das hört sich so komisch an. Lass machen."
Sofort machen sich die Mädchen auf die Suche nach dem Essen und finden sich einige Minuten später auf einer Wiese vor ihrer Höhle wieder.
Während sie sich Grashalme in den Mund stecken, fängt Sophie ein Gespräch an: "Wie geht es eigentlich deiner Platzwunde? Schaut ziemlich schlimm aus."
"Es geht schon. Tut ein bisschen weh, aber was sollen wir den tun."
Sophie zuckt mit den Schultern und beide essen schweigend weiter vor sich hin. Plötzlich schaut Sophie in den Himmel und merkt, dass die Sonne schon untergeht. Der Tag ist abnormal schnell vergangen. Sie beschließen schlafen zu gehen, damit sie sich morgen früh sofort auf den Weg machen können. Die Beiden machen es sich in ihren Schlafnestern gemütlich.
"Wie wollen wir morgen so nah an den Wohnwagen kommen?", überlegt Sophie.
"Einer von uns könnte versuchen Heinz wegzulocken und der andere könnte dann zum Stein gehen."
"Ich habe eine bessere Idee, aber ich weiß nicht, ob es funktioniert."
"Was denn?"
"Wir könnten Heinz töten."
Während Sophie spricht, schwingt Angst in ihren Worten mit. Werden die Zwei es echt schaffen einen Menschen zu töten? Luna ist sprachlos. Will das Sophie wirklich machen? Klar, die Pläne des Mannes sind sie umzubringen, doch das wäre Mord. Dafür könnten sie ins Gefängnis kommen. Luna hat noch Pläne für die Zukunft und diese sind ganz sicher nicht einen Mord zu begehen. Außerdem wären sie damit noch viel schlimmer als Heinz selbst.
Luna fängt sich wieder: "Das können wir nicht tun."
Sophie streitet ab: "Wir müssen."
Eine heftige Diskussion ist im Gange. Dabei spielen sogar beide Mädchen wieder mit dem Gedanken sich zu trennen. Aggressiv schreien sie sich an. Schließlich kann Sophie Luna doch dazu überreden, ihren Entführer umzubringen. Zwar hat diese ein ziemlich mulmiges Gefühl im Magen, doch jetzt ist es zu spät Sophie umzustimmen.
Sie fangen an Pläne zu schmieden: "Luna, willst du Köder oder Mörder sein?"
Die Gefragte will eigentlich weder das Eine, noch das Andere sein. Welche Rolle ist nur besser? Sie überlegt kurz: Köder ist wahrscheinlich besser, weil dann muss sie keinen umbringen, andererseits könnte sie Heinz auch fangen und dann wäre sie, genauso wie Sophie vor Kurzem, mit ihm alleine. Trotzdem entscheidet sie sich dafür.
"Ich will Köder sein, okay?"
"Okay, dann übernehme ich die schwierigere Aufgabe.", nickt Sophie und die Mädchen schauen sich ernst gegenseitig in die Augen. Werden sie es schaffen?
Sophie schlägt vor: "Lass uns damit aber bitte bis morgen warten, weil gleich wird es dunkel."
"Okay, einverstanden. Wir können es uns ja noch genauer überlegen."
Sophie plant: "Zuerst schleichen wir durch den Wald bis zum Waldrand hinter dem Wohnwagen. Dort machen wir eine Stelle aus, an der ich warte, um ihn zu töten. Du gehst derweil zur Tür und klopfst. Wenn er aufmacht, rennst du weg, aber am besten so, dass er dir folgt. Wenn er wieder nicht kommt, provozier ihn oder so. Und dann kommt mein Part."
Luna nickt zustimmend und fragt: "Ein Problem gibt es: Wie wollen wir ihn töten."
"Kaaaraaateee.", witzelt Sophie. Luna verdreht die Augen. Sophie kann in allen Momenten Witze reißen, egal wie groß die Verzweiflung gerade ist oder welche seltsamen Sachen man gerade plant.
"Ne, ohne Scheiß."
Sophie lacht über den ernsten Gesichtsausdruck ihrer Freundin, aber als ihr die Lage bewusst wird, wird sie wieder seriös.
"Wir könnten eine Waffe aus Naturmaterialien bauen."
"Ich weiß auch schon welche. Wir könnten mit einem scharfkantigen Stein einen Stock vorne spitz zuschnitzen und dann hätten wir einen Speer. Meinst du wir schaffen das?"
"Klar, komm lass jetzt schon nach einem passenden Stock umschauen."
Nach einer Weile des Suchens haben sie einen perfekten, geraden, etwas dickeren Ast gefunden und ein paar ziemlich spitze Fossiliensteine.
Luna, welche mal einen Schnitzkurs belegt hat, macht sich gleich an die Arbeit. Einige Zeit ist sie damit beschäftigt das Holz mit dem Stein abzuschaben.
"Passt das?", fragt Luna und hält Sophie ihr Werk entgegen.
Sophie nimmt die Waffe in die Hand, schätzt das Gewicht ab und testet an einem Baum die Funktionsfähigkeit. Eine tiefe Mulde zeichnet sich im Stanm ab und Sophie grinst zufrieden, als das Harz auf ihren neuen Speer tropft.
"Perfekt."
Luna grinst auch. Ihre Schnitzkünste sind hervorragend.
Um morgen ausgeruht und vorbereitet zu sein, gehen sie schlafen. Am nächsten Morgen stehen sie früh auf und machen sich sogleich auf den Weg zu ihrer Mission.
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