Vom Pech verfolgt
Hallo hallo! Wie geht's euch? Gut? Schön. Mir nicht. Denn ich werde vom Pech verfolgt. Es lauert in den Ecken, zwischen der Couchritze, unter dem Bett, um mir das Leben schwer zu machen. Lasst mich erklären:
Der Spuk begann vor zweieinhalb Wochen damit, dass ich erfolgreich die Waschmaschine geschrottet habe. Wie ich das geschafft habe? Kein Plan, Bruder! Das Ding ist komplett hin. Aber es blieb ja leider nicht dabei. Keine zehn Minuten später hab ich den Staubsauger geschrottet. Man kann ihn immer noch benutzen, aber sein Rüssel besteht zu einem großen Teil aus Klebeband.
Zeit verstrich und ich hoffte schon, es sei vorbei, aber falsch gedacht. Keine zwei Tage später zerdeppere ich zwei Gläser unmittelbar hintereinander und die Schalousie in meinem Zimmer. Man kann sie jetzt nicht mehr öffnen. Was gut ist, wenn ich näher drüber nachdenke, weil es jetzt fast immer dunkel in meinem Zimmer ist.
Aber wisst ihr, was weniger gut ist? Dass ich noch in derselben Woche krank geworden bin. Also so richtig. Mit Fieber, Husten und allem. Im MAI!! Irgendjemand kann mich da oben gerade nicht leiden.
Man könnte meinen, das wars jetzt, aber nein! Der Horror kommt noch! Mein Handy ist kaputt gegangen. Eine Schweigeminute, bitte!
Ich habe jetzt eins dieser neumodischen, übergroßen Geräte und versuche, mich mit ihm anzufreunden. Aber es ist so unhandlich! Ich will mein altes zurück! Veränderung, bah!
Mal abgesehen davon ist der kleine Nachbar da (er spielt gerade auf MEINEM Keyboard, will mit mir Karussell fahren - wüsste ich es nicht besser, würde ich denken, er mag mich. Würden wir die Spiderman Metapher vom letzten Kapitel weiterführen, wäre ich demnach Iron Man - und protzt mit seinem Tshirt, auf dem ein Skateboard drauf ist. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihm zu sagen, dass es ein Surfbrett ist. Übrigens habe ich eine neue Taktik auf seine nervigen Fragen. Ich fachsimple so lange, bis er keinen Bock mehr hat. Hier ein Beispiel: "warum bist du krank?" "Weil Viren in meinen körper eingedrungen sind. Aber das ist nicht schlimm. Meine Leukozyten kriegen das schon hin. Wenn erst mal meine Helferzellen die T-Killerzellen aktiviert haben, läuft der Laden wieder." (Liegt das nur an mir, oder klingt T-Killerzelle, wie Tequilazelle? (Können wir bitte kurz darüber reden, dass wir in einer Welt leben, in der Leukozythen, Makrophagen und Morgenlatte Fachwörter sind? Hat mein Biolehrer behauptet. Er ist cool. Wir shippen ihn mit meinem Chemielehrer und sind dabei, eine Fanfiction zu schreiben. In der pflanzt der Biolehrer Drogen an und der Chemielehrer ist ein Einbrecher. Auf die Idee sind wir übrigens gekommen, als er uns sehr detailreich erklärt hat wie man mit einem Industriediamanten eine Fensterscheibe einritzen kann.)))
Damit hier keine Verwirrung auftritt, weil ich genau weiß, wie verwirrend der Sprung von einer Fanfiction über Lehrer zu meinen Missgeschicken sein kann, hier nochmal die Erinnerung: wir reden über mein Pech. Ich hätte es nämlich auch fast geschafft, die Kaffeemaschine und meinen Laptop zu schrotten, aber ich bin ein Fuchs und habe die Gerätschaften repariert (apropos laptop: sobald meine Geschichte aus dem Kleinkindalter raus ist, kann ich euch wieder mehr drüber erzählen). Außerdem hab ich eine Kontaktliste kaputtgemacht (ja, ich trage jetzt Kontaktlisten, ja, man kann die Dinger wie Zuckerwatte zerreißen). Soviel dazu.
Doch leider war das nicht einmal das schlimmste, was mir im letzter Zeit passiert ist. Ich war nämlich neulich Zivilisten in einem Krieg. IN DEUTSCHLAND! Und nein, es war kein Gezicke zwischen K-pop und Deutschrap Fans, es war ein richtiger Krieg. Lasst mich berichten:
Ich bin gerade in diesen modernen Geschäften, in denen man für Spottpreise Lebensmittel kaufen kann, schlendere gerade durch die Gänge und bin auf der Suche nach Ketchup. Der kleine Nachbar hat alles gegessen. Und da ich einer dieser Menschen bin, die jedes Stück Nahrung mit 10.000 Litern Ketchup essen, könnt ihr euch denken, wie sauer ich deswegen bin. Also bin ich zu besagtem Geschäft gegangen, um mir neuen zu kaufen.
Dabei gibt es nur ein kleines Problem. WO STEHT DIESER VERFLUCHTE MIST? Ich laufe hier schon seit zehn Minuten herum und finde keinen Ketchup! Bin ich blind? Habe ich Tomaten auf den Augen? Wo ist der Ketchup? Natürlich könnte ich jetzt einfach einen Mitarbeiter fragen, aber da gibt es nur ein kleines Problem. MITARBEOTER SCHEINT ES HIER GENAUSO VIELE ZU GEBEN, WIE KETCHUP!!! Irgendwann, nach Ewigkeiten des Suchens, beschließe ich einen anderen Kunden anzusprechen. Also suche ich nach einem Kunden, drehe ab und laufe in einen anderen Gang, und was sehe ich?
Da steht eine Birne.
Hat eine kleinere Birne unterm Arm und trägt ein rotes Tuch um den Stängel. Sachen gibts, denke ich mir und nähere mich vorsichtig. Vielleicht kann die mir ja helfen. "Hallo, Entschuldigung?", spreche ich die Birne an. Doch diese wirbelt herum, zückt ein Messer und hält es mir an die Kehle. (Ja, sie hat Arme). "Auf welcher Seite stehst du?", zischt sie und hält die weinende Birne eng an sich gepresst. Vermutlich weint sie Birnensaft. Ich bin sprachlos, nur ein jämmerliches Gekrächze verlässt meinen Mund. Das scheint die Birne nur noch aggressiver zu machen. Langsam dämmert es mir: ich bin wieder in eine andere Welt abgedriftet, wie damals im Kleiderschrank oder im Dschungel (wer erinnert sich?). Komisch, denke ich mir, ich dachte, das wäre schon längst vorbei.
'Welche Seiten gibt es denn?", frage ich mit erhobenen Händen. Die Birne schenkt mir einen Todesblick. "Machst du dich über mich lustig? Wer bist du und was hast du hier verloren?"
Oh, die meint es ernst. Also beschließe ich, ihr die Wahrheit zu sagen. Ich stammele: "Ich bin Hundewelt und suche nach Ketchup." Zu meiner Überraschung werden ihre Züge weicher und sie lässt das Messer sinken. "Achso, du bist eine von uns. Warum hast du das nicht gleich gesagt? Komm mit, hier ist es nicht sicher." Sie deutet mit dem Kopf in eine Richtung, nimmt meine Hand und zieht mich mit sich. Was ist hier überhaupt los? Wohin bringt sie mich? Warum sind die Regale alle leer? Und weshalb ist der Boden so klebrig?
Umso weiter sie mich führt, desto mehr verändert sich die Landschaft. Regale verschwinden, verfaultes Obst liegt auf dem Boden und es erscheint eine Festung aus Kisten, Paletten und Plastik. Zielstrebig läuft sie darauf zu und spricht eine Wache an. Es ist ein Apfel. "Ich habe eine Zivilistin bei den Regalwäldern gefunden. Wir müssen ihr Schutz gewähren." Ich bin wirklich gerührt von ihrem Engagement, auch wenn ich so viele Fragen habe. Der Apfel schaut mich skeptisch an. "Und wenn sie eine Spionin ist?" "Das ist sie nicht. Ich bin mir ganz sicher." Der Apfel seufzt. "Gretchen, du hast ein zu weiches Herz." Dann öffnet er das Tor.
Hier riecht es wie ein Multivitaminsaft, denke ich. Der Raum ist gefüllt mit den unterschiedlichsten Früchten. Ich sehe Erdbeeren, Heidelbeeren, Mangos, Bananen, Pfirsiche und viele mehr. Gretchen lässt ihr Kind herunter, das lachend auf ein paar Himbeeren zuläuft. Dann wendet sie sich mir zu. Ich habe das Gefühl, jetzt kann ich all meine Fragen stellen. "Was ist hier überhaupt los?" Gretchen lächelt, aus wäre sie von meiner Unwissenheit amüsiert. "Wir sind im Krieg, Schätzchen."
Meine Augen weiten sich und ich glaube, mich verhört zu haben. "Im Krieg? Aber das ist ja furchtbar! Wer bekriegt uns denn? Und warum?" Sie nimmt meine Hand und zieht mich zur Seite. "Vor vielen Jahrzehnten , als ich noch ein Kind war, hat jede Sorte unter sich gelebt, in Frieden und Harmonie. Aber dann wurden die Regierungen gestürzt. Zuerst schien es, als würde der Frieden gewahrt werden, aber dann kam alles anders. Wir hatten Streitigkeiten miteinander und dann sind schlimme Dinge passiert, wofür unsere Leute verantwortlich gemacht wurde. Darauf haben die Obstsorten sich zusammengeschlossen, um uns besser zu verteidigen, aber die Gemüsesorten haben sich ebenfalls verbündet. Dann brach der Krieg aus. Unsere Männer kämpfen an der Front und wer weiß,ob die kleine Lisa ihren Vater wiedersieht?" Sie deutet auf die kleine Birne, die mit den anderen Kindern spielt, als wäre nichts. Plötzlich spüre ich den Drang, sie zu umarmen. Unbeholfen lege ich meine Arme um sie. Ich muss etwas tun, denke ich. Ich muss diesen Krieg beenden!
Plötzlich brüllt jemand: "Sie greifen an!" Und dann bricht die Panik aus. Das Obst versucht, sich zu bewaffnen, Katapulte werden mit Mangos beladen, Kinder und Alte werden in Sicherheit gebracht. Da nimmt Gretchen meine Hände. "Du musst von hier verschwinden! Hinter den Gefrierfachbergen gibt es einen Ausgang. Los, beeile dich!"
"Nein! Ich will euch helfen! Ich kann diesen Krieg vielleicht beenden!" "Dafür ist keine Zeit mehr!"
Ich will etwas erwidern, doch sie hat mich schon gepackt und bringt mich aus dem Lager. In der Ferne sehe ich eine Horde brüllendes Gemüse. "Lauf!", schreit sie. "Nein! Ich muss euch helfen. Darum bin doch ich hier." Verzweifelt schaue ich vom Lager zum Gemüse zu ihr. Ich will etwas tun, aber was? Mich vor die Meute werfen und sie bitten, aufzuhören?
"Hundewelt, bitte! Bring dich in Sicherheit! ", fleht sie. In ihren Augen liegt die blanke Panik und eine Träne läuft ihr die Wange herunter. Ich seufze. "Ich komme wieder, das verspreche ich." Dann drehe ich mich um und laufe, so wie ich nicht mal im Sportunterricht laufe. Irgendwann drehe ich mich um und sehe, wie Gretchen und all die anderen sich kampfbereit machen für eine Schlacht, die sie nicht gewinnen können.
Wie sie prophezeit hat, finde ich schon bald den Ausgang. Hoffentlich gelange ich so in meine Welt zurück, denke ich, schließe die Augen und trete hindurch. Als ich die Augen öffne, stehe ich auf dem Parkplatz, Menschen laufen an mir vorbei, als wäre nichts. Das Geräusch von lärmenden Autos umgibt mich, genau wie der Gestank von Abgasen. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch drehe ich mich noch einmal um, dann fahre ich nach Hause. Ich komme wieder, denke ich.
Wenn ich jetzt so lese, wie ich über meine Probleme rede, komme ich mir so pingelig vor. Es sind nur erneuerbare Geräte. Gretchen aber hat höchstwahrscheinlich ihren Mann verloren, Lisa ihren Vater, und beide sind Opfer eines grausamen Krieges. Die Moral von der Geschichte ist also: Sei nicht traurig, wenn dir etwas misslingt. Sei dankbar für alles, was du hast. Es gibt Menschen, denen geht es schlechter als du.
Okay, das war jetzt doch ein bisschen deep. Hier noch ein Witz: was ist die Mehrzahl von Buchstabensuppe?
Wörthersee.
Tschö mit ö!
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