In den Tiefen des Kleiderschrankes
Hallo hallo!
Der Grund, warum ich momentan so viele Kapitel schreibe, liegt daran, dass ich dank einer langen Autofahrt viel Zeit zum schreiben habe. Warum fahren wir mit dem Auto? Weil wir meine Verwandten besuchen, beziehungsweise meine Tante und meine kleinen Cousinen.
Während die Erwachsenen plaudern, habe ich die ehrenvolle Aufgabe, die kleinen zu hüten. Ich nenne sie jetzt einfach mal Maus und Flo, wollen ja ihre Privatsphäre schützen. Maus und Flo gehen noch zur Grundschule, sind dementsprechend also noch sehr jung. Und sich will jetzt nicht, dass das falsch rüber kommt: sie sind anstrengend. Ich hab sie wirklich lieb, aber sie sind wirklich anstrengend. Und ich habe wenig Lust, mit ihnen zu spielen. Die spiele, die wir schon hundert mal gespielt haben und jetzt einfach keinen Spaß mehr machen. Dafür bin ich einfach zu alt.
Also sitzen wir jetzt in ihrem Zimmer und spielen mit Playmobil, beziehungsweise sie spielen und ich sitze daneben. Eigentlich bin ich viel zu alt dafür. Aus dem Alter, als ich stundenlang mit den kleinen Figuren gespielt habe, bin ich doch schon lange raus. Ich bin doch schon... fast erwachsen. Fehlen nur noch ein paar Jahre.
Irgendwann wird es denen zu langweilig - wie so oft - und sie entschließen sich dazu, verstecken zu spielen (und nehmen stark an, dass ich auch einverstanden bin - wieso auch nicht?). Ich daraufhin nur sarkastisch: "Aber ich warne euch, ich bin die Meisterin im Verstecken spielen!" Die beiden lachen und meinen, dass ich zu groß sei, um ein gutes Versteck zu finden. Ich bin empört. Warum lachen die mich aus? Ich kann doch genauso gut "Na, das wollen wir doch mal sehen!", rufe ich herausfordernd und Flo fängt an zu zählen (viel zu schnell, aber egal).
Maus versteckt sich unterm Sofa, unter das sie so leicht kriecht, wie ... wie eben eine Maus. Ich sehe mich hektisch nach einem Versteck um. Der Vorhang? Zu auffällig. Hinter der Kiste? Zu klein. Soll ich mir sonst einfach eine Decke über werfen und mich als Kissen tarnen? Nein, ich will sie beeindrucken.
Da fällt mir der Schrank ins Auge und da Flo schon bei '4' ist, springe ich schnell hinein. Gerade noch rechtzeitig, puh! Vorsichtig sehe ich mich um. Dieser Schrank Scheit gewaltig zu sein und es wäre doch gelacht, wenn es hier nicht noch ein Versteck gibt. Ein Versteck im Versteck, ich bin genial!
Vorsichtig taste ich mich voran. Himmel, dieses Ding ist ja riesig! Ich tauche zwischen der Kleidung hindurch und werde stutzig. Denn vor mir erstreckt sich eine ganz neue Welt! Ich sehe Bäume, an deren Zweigen Kleider hängen, die Pfade sind mit Socken gepflastert und Unterhosen-Schmetterlinge fliegen umher. Ein magisches, leicht rosa Licht scheint in der Lichtung. Plötzlich höre ich, wie Flo meinen Namen ruft und am Schrank rüttelt. Schnell Laufe ich in die Wunderwelt hinein, schließlich will ich ihnen zeigen, wie gut ich im Verstecken bin.
Ich Folge dem Socken-Weg bis tief in den Birkenwald hinein. Jeder Ast ist mit Kleidern geschmückt, die wohl als Blätter fungieren. Bewundernd bleibe ich stehen und bestaune ein blaues Kleid. Die Seide fließt, nur sakastiue Steine funkeln im Licht und es ist mit Rüschen verziert.
Plötzlich klammert sich jemand an mein Bein und ich schrecke zusammen. "Hab dich!", ruft Flo. Oh, verdammt, sie haben mich gefunden. " Juhu, ihr habt mich!", rufe ich in der Hoffnung, losgelassen zu werden. Doch keine Chance. Stattdessen frage ich: "Was ist das für ein Ort?"
"Ich weiß nicht", antwortet Flo, ohne mich los zulassen. Plötzlich ruft Maus: " Guckt mal, was ich gefunden habe!"
Sofort lässt Flo mein Bein los und folgt ihr. Kurz spiele ich mit dem Gedanken, sie hierzu lassen und einfach wieder umzukehren. Doch was soll ich dann sagen? 'Maus ind Flo sind in einer Wunderwelt im Kleiderschrank verschwunden und ich wollte ihnen nicht folgen"? Nein, ich darf die kleinen nicht verliefen. So schnell ich kann, Laufe ich ihnen hinterher.
Schnell habe ich sie eingeholt und staune nicht schlecht, als ich sehe, was sie mir zeigen wollten. Der Wald lichtet sich und eine große Stadt kommt zum Vorschein. Die beiden laufen darauf zu und ich habe Mühe, ihnen zu folgen.
Die Häuser bestehen aus hellblauem Stein, was schon wunderlich genug ist, aber die Bewohner sind noch viel besonderer: Schaufensterpuppen, bekleidet mit ausgefallener Mode. Manche haben aufgemalte Lippen, andere aufgeklebte Wimpern. Eine große Menge an Schaufensterpuppen bewegt sich durch die Straßen, alle in die gleiche Richtung. Ich höre sie aufgeregt schnattern.
Moment mal! Wo sind Maus und Flo? Ich kann sie nirgends entdecken. Oh, verdammt! Ich habe sie verloren! Fluchend bahne ich mir einen Weg durch die Menge, meine Augen suchen jeden Winkel ab, doch ich kann sie nicht entdecken. Oh, meine Eltern werden mich umbringen!
Plötzlich ergreift jemand meine Hand und zieht mich durch die Menge. Überrascht stolpere ich den Weg entlang, bis mich die Person in eine Schneiderei zieht. Die Person ist eine Schaufensterpuppe, die einen Hut und ein lila Kleid trägt, dass mit viel zu vielen Perlen geschmückt ist.
Sie ruft mit französischem Aktzent: "Ma cherie! So kannst du nicht gehen zu die große Rede der Königin! No!" Ich sehe an mir herunter. Ich trage Jeans, Stiefel und einen Hoodie, schließlich ist es kalt draußen... beziehungsweise außerhalb vom Kleiderschrank. Zugegeben, für eine Rede der Königin ist das nicht das richtige Outfit, aber ich will ja auch nicht auf einen Ball! Ich will meine Cousinen finden!
"Emtschuldige mich bitte vielmals, aber ich muss jemanden finden!" Mit diesen Worten will ich zur Tür hinaus, doch ich werde festgehalten. "Ma cherie, bitte gib mir nur eine minüte!", fleht die Schaufensterpuppe und klimpert mit den Wimpern. Ich bin so überrascht, dass die das können, dass ich kurz inne halte, was die Puppe wohl als Ja versteht. Daraufhin beginnt sie, mich zu messen und mir Kleider anzuziehen.
Nach einer Ewigkeit, die definitiv mehr als 'eine minüte' ist, stehe ich in einem blauen Kleid da. Ich konnte die Puppe, die übrigens Angelique heißt, die Rüschen und das Glitzer wegzulassen. Mit dem Ergebnis bin ich ganz zufrieden und bewundere mich im Spiegel. Angelique legt mir eine Kette mit einem blauen Stein an.
" Ma cherie, du siehst bezaubernd aus! Trés chic! Jetzt kannst zu zur Königin gehen." Im nächsten Moment werde ich mitgezogen. Draußen haben sich die Straßen geleert und nur noch vereinzelte Puppen laufen die Straßen entlang. Eine männliche Puppe stößt einen Pfiff aus, als er mich sieht. Angelique kichert, während ich nur die Augen verdrehen kann.
Wir laufen die Straßen entlang, bis sich vor uns ein Platz auftut. Hunderte oder Tausende Puppen sehen zum Podest, auf der eine Puppe mit einem gewaltigen Kleid thront, das locker drei Meter breit ist. Neben mir schwärmt Angelique: "Ihr Kleid ist 'errlisch! Trés chic." Doch als ich eine kleine Schaufensterpuppe sehe, fällt mir ein, dass ich meine kleinen Cousinen finden muss! Verdammt!
Ich renne suchend durch die Menge, rufe ihre Namen, während die Königin ihre Rede hält, die ich nur teilweise mitbekomme. "Wertes Volk! Der Krieg hat begonnen! Wir werden die Hosen besiegen!" Immer wieder renne ich die Gänge entlang obwohl ich andauernd über den Saum des Kleides stolpere, sehe mich verzweifelt um, schreie wie eine Verrückte. Doch meine Schreie werden von der jubelnden Menge verschluckt. Langsam verzweifele ich! Mein Herz rast, ich habe das Gefühl, zu ersticken und möchte am liebsten in Tränen ausbrechen. Doch ich muss mich zusammen reißen.
"Das Tor ist wieder offen! Die Welt der Menschen hat sich uns geöffnet und die ersten Gäste sind gekommen." Mittlerweile bin ich am Boden zerstört. Was, wenn sie gar nicht mehr hier sind, sondern in den Wald gelaufen sind? Wer weiß wie groß diese Welt ist! Welche Gefahren es hier gibt!
"Nun können wir zurückkommen und die Modewelt wieder an uns reißen, bis die Hosen aus den Schränken der Menschen verbannt sind."
Die Menge jubelt, aber das ist es nicht, was mich zusammen zucken lässt. Denn ich höre Stimmen.
Ich sehe zum Podest. Und da stehen sie beiden, in pinken Kleidern und aufwändigen Frisuren. Mir fällt ein Stein vom Herzen und ich Stürme zum Podest. Überglücklich nehme ich die beiden in den Arm. "Macht das nie, nie wieder, hört ihr?", flüstere ich.
Ich stehe wieder auf und merke erst jetzt, dass mich alle Schaufensterpuppen, inklusive der Königin anstarrten. Ich spüre, wie meine Wangen zu brennen beginnen. " Und du bist...wer?", fragt die Königin. Ich stelle mich vor: "Ich bin Hundewelt, das sind Maus und Flo, und so leid es mir tut, aber wir müssen jetzt leider los!"
Da rufen die Puppen verzweifelt: "Nein! Zeigt uns das Tor! Wo ist das Tor?"
Plötzlich stehen Wachen um uns herum. "MyLady, es tut mir leid, aber wir werden Sie nicht gehen lassen bevor Sie uns nicht das Tor gezeigt haben." Ich provozieren: "Sonst was?"
"Sonst dürfen Sie unsere Welt nicht mehr verlassen und müssen im Kerker bleiben." Ich schlucke und die beiden schauen mich angsterfüllt an. Schließlich Nicke ich verzweifelt, denn die Alternative ist nicht sehr verlockend.
Die Menge folgt mir die Straßen entlang. Ich frage die Wache: "Was wollen Sie denn in unserer Welt?"
"Wir wollen die Hosen verbannen. Sie sind unsere Feinde", antwortet dieser. " Warum?", fragte ich, denn ich bin jetzt neugierig geworden. Daraufhin erzählte die Wache: "Vor vielen, vielen Jahren trugen alle Frauen Röcke und Kleider. Doch dann änderte sich alles: sie durften sie Hosen tragen und Stück für Stück wurden wir verbannt. Man trug uns nur noch an Feiertagen und die Hosen regierten die Modewelt. Jetzt wollen wir uns rächen." Ich versuche mir, eine Welt ohne Hosen vorzustellen und sah schnell ein, dass ich in dieser Welt nicht leben wollte. Meine Hosen waren mir einfach zu wertvoll und auf keinen Fall wollte ich für immer Kleider tragen müssen. Was sollte ich nur tun? Wenn ich mich weigern würde, dürften wir diese Welt nie wieder verlassen. Die Lage war aussichtslos.
Da kam mir eine Idee. Ich hob Flo hoch, was wegen der Unmenge an Stoff gar nicht so einfach war, und flüsterte ihr ins Ohr: " Wenn ich 'jetzt' sage, dann lauf! Sag es Maus weiter." Dann setzte ich sie wieder ab und sie füllte meine Bitte aus. Hatten die Puppen etwas gemerkt? Ich war mir nicht sicher.
Wir durchqueren den Wald, wobei die Puppen Rufe wie "Tod den Hosen" oder "Lang lebe die Königin der Kleider!" aus stießen. Oh verdammt, wo war ich da nur hinein geraten?
Da tat sich das Tor vor uns auf und ehe die Schaufensterpuppen reagieren konnten, rief ich: "Jetzt!" und wir liefen los! So schnell ich konnte, sprintete ich los, Maus und Flo hinter mir. Wir tauchten durch die Kleider durch, doch bevor ich die Tür öffnete, rief Flo: "Wo ist Maus? Maus ist nicht hier!" Oh verdammt! Sie war zurück geblieben! So schnell ich konnte, lief ich zurück.
Maus Kleid hatte sich in einer Wurzel verfangen und die sichtlich wütenden Kleiderpuppen wollten sie festhalten. So schnell ich konnte, hob ich sie hoch, stürmte zurück zu Flo, die Menge dicht hinter mir. Ich hörte ihre Rufe, spürte, wie ihre Schritte den Boden vibrieren ließen. Ohne auf die Kleider zu achten, lief ich zu Flo, öffnete die Tür, zog uns drei hindurch und knallte sie wieder zu. Kurz hörte ich die Rufe der Puppen, doch dann erstarb der Lärm.
Ich atmete erleichtert aus, mein Herz raste immer noch in der Brust. Maus und Flo lagen erschöpft neben mir. "Davon erzählen wir aber nichts!" Die beiden nicken. Das hätte auch ganz anders ausgehen können!
Maus fängt an, zu lachen. "Was ist denn so lustig?", frage ich. " Die Frisur der Königin! Sie war größer, als ihr Kopf!", kichert sie. "Und habt ihr die Wachen in Röcken gesehen?", fragt Flo lachend und bei der Erinnerung muss ich schmunzeln. " Habt ihr die Unterhosen-Schmetterlinge gesehen?", frage ich. Die beiden schauen mich an, ehe sie anfangen, zu lachen.
Und was lehrt uns diese Geschichte?
Dass ich mich annähernd so erwachsen bin, wie ich dachte, und in mir immer noch ein kleines Mädchen wohnt.
Tschö mit ö!
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