48. Kapitel
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Askan
Nein, unmöglich... Sie liebt mich... Cadi, meine allerbeste Freundin auf Erden, hat ausgerechnet für mich Idioten etwas übrig. Aber liebe ich sie auch? Ich bin so verwirrt.
„Ich bin so froh, dass es endlich raus ist...", sie räuspert sich kurz. „Du ahnst nicht, wie sehr mich das alles belastet hat. Es dir nicht einfach sagen zu können war... schwierig."
Nein, ich habe wirklich nichts von all dem geahnt und ihr bereits unzählige Male das Herz gebrochen. Es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass Unwissen einen nicht vor ernstzunehmenden Konsequenzen schützt. Nur weil ich keinen blassen Schimmer von Cadis Gefühlen mir gegenüber hatte, rechtfertigt es nicht die Tatsache, dass ich sie andauernd in unmögliche Situationen gebracht habe. Ich bin zu blind gewesen, um den Tatsachen ins Auge zu sehen.
Sie hat alles mitbekommen... selbst die Debby-Sache. Fuck!
Mir wird speiübel, wenn ich auch nur daran denke. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie es in ihrem Inneren ausgesehen hat, als ich lieber mit Debby zusammen gewesen bin, als mit ihr. Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, habe ich mir von Cadi aus der Nase ziehen lassen, dass ich mit Debby geschlafen habe.
Vermutlich bin ich der größte, auf der Welt existierende, Trottel.
„Du kannst... bei uns übernachten, wenn du nicht nach Hause gehen möchtest. Ist aber nur ein Vorschlag, also falls du das nicht willst dann..." Cadi streicht mit ihrem Daumen über meine Wange, dann über meinen Mund. Sie lächelt mich an... so wie sie mich noch nie angelächelt hat. Ich spüre eine deutliche Anziehungskraft zwischen uns, aber auch etwas, das mir Sorgen bereitet. Letzteres verdränge ich, weil sie mir erneut einen zarten Kuss auf meine Lippen haucht.
Empfinde ich das Selbe für sie, wie sie für mich? Und ist es das wirklich wert, wenn die Gefahr besteht, ihr ein weiteres Mal das Herz zu brechen?
„Ich dachte, dass deine Mom niemanden unter der Woche bei euch übernachten lässt", argumentiere ich überzeugend.
Ich muss alles versuchen, um mich von Cadi fern zu halten. Ich kann ihr einfach nicht noch mehr wehtun... aber ich will auch, dass sie mich weiter küsst. Ich will ihre weiche Zunge einsaugen und dann will ich mit ihr...
Fuck! Was, wenn es so endet, wie bei Debby? Vielleicht entfernen wir uns danach voneinander?
„Wenn wir es ihr erklären, macht sie bestimmt eine Ausnahme. In deinem Zustand nach Hause zu gehen und sich mit Melory zu streiten ist ja schließlich auch keine Lösung, oder?"
„Du hast recht", antworte ich knapp. Dabei habe ich mein mich tadelndes Gewissen im Nacken sitzen, das mir permanent einredet, ich soll meine Finger von Cadi lassen. Vor allem meine Lippen von ihren.
Was denke ich denn da?! Sie bietet mir selbstlos einen Schlafplatz an, während ich nur an das Eine denke. Dabei bin ich mir nicht einmal im Klaren darüber, was ich von der ganzen Situation halten soll.
„Gut! Dann frage ich sie jetzt gleich! Und du wartest hier." Cadi steigt, bis über beide Ohren strahlend, aus dem Auto und rennt direkt zur Haustür. Bevor sie Ihren Schüssel ins Schloß steckt, dreht sie sich noch ein letztes Mal um und lächelt mich an. Gleichzeitig kreuzt sie ihren Zeige- und Mittelfinger. Mit ihrem süßen Schmollmund formt sie ein „wünsch mit Glück" und geht hinein.
Es vergehen geschlagene zehn Minuten und ich merke, wie die Wut erneut in mir hochkocht. Cadi hat mich runtergebracht, aber gerade ist sie nicht physisch anwesend. Ich kann einfach nicht mehr auf sie warten und so tun, als wäre nichts gewesen. Ich brauche ein klärendes Gespräch, am besten jetzt sofort.
Also schnalle ich mich ab, steige aus und verriegle den Wagen. Ich lasse das Auto auf dem Bürgersteig stehen, denn in Hellswood interessiert das sowieso niemanden. Noch nie habe ich eine Politesse in unserer Straße gesehen, geschweige denn die Polizei. Die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Gesetzeshüter eine Entenfamilie über die Straße geleiten ist höher, als dass sie die Kennzeichen falschparkender Autos notieren.
Noch während ich den Schlüssel ins Schloss unserer Haustür fallen lasse, spüre ich eine Hand an meinem angespannten Bizeps - Cadi. Mit ihren grazilen Fingern umfasst sie meinen rechten Oberarm und krallt sich in den Stoff meiner Jacke.
„Aski... bitte tu das nicht. Mom hat gesagt, dass du gerne bei uns bleiben kannst. Das war ohnehin schon mit deiner Mom abgesprochen und..."
„Was?! Was sagst du da gerade?!"
Kontrolle... ich muss die Kontrolle behalten.
Doch es ist zu spät, ich sehe rot. „Meine Mom ist nicht in der Lage gewesen mich, ihren Sohn, einzuweihen, aber Carina schon?! Und jetzt besitzt sie auch noch die bodenlose Frechheit, mich in das Haus deiner Eltern verbannen zu wollen, weil es ihr unangenehm ist mir ins Gesicht zu sehen und mir die Wahrheit zu sagen." Ich reiße mich von ihr los und bin gerade dabei ins Haus zu stürmen, da packt Cadi mich am Ärmel und quiekt: „Askan, warte! Du interpretierst das völlig falsch!", höre ich sie sagen, doch ihre Worte verstummen noch ehe sie mein Trommelfell durchdrungen und mein Hirn zur Weiterverarbeitung erreicht haben.
„NEIN, Arcadia!!! Du wartest gefälligst, und zwar genau hier!", befehle ich ihr in dem widerlichsten Ton, den ich jemals von mir gegeben habe.
Wieder habe ich ihr wehgetan... ich bin so in Rage, so unheimlich wütend...
Ich trete ein und knalle Cadi die Tür vor der Nase zu.
„Askan?", höre ich die heuchlerische Frau, die sich Mutter nennt, nach mir fragen. Ihr bibbernde Stimme führt mich unweigerlich zur Küche, die ich direkt ansteure. Dort angekommen, falle ich beinahe aus allen Wolken, weil ich feststelle, dass bereits eine Intervention gegen mich geplant worden ist.
Wie eine glückliche Patchwork-Familie, sitzt meine Mom neben ihrem neuen Macker, dessen Eltern mehr als nur einfallslos bei der Namensgebung waren und ihn nach einer Zahl benannt haben, den beiden gegenüber mein Dad mit seiner Ollen, die nur ein paar Jahre älter zu sein scheint als ich und zu guter Letzt, mein ach so perfekter Bruder.
Hasserfüllt sehe ich ihnen abwechselnd in die Augen und frage: „Wie lange treibt ihr dieses Spiel schon mit mir?"
„Hör zu Schätzchen, es tut uns leid und wir haben wirklich versucht..." Mom erhebt sich und gestikuliert ganz langsam, indem sie ihre beiden Hände gleichzeitig hebt und senkt. Sie tut das, um mich zu beschwichtigen. Mit der Masche hat sie es schon immer versucht, doch ist seither immerzu kläglich gescheitert. Ich lasse sie erst gar nicht ausreden und hebe meine Hand, um ihr zu vermitteln, dass sie ihre Lügen jemand anderen erzählen kann.
„Ein paar... Monate vielleicht...", stammelt Dad vor sich hin. „Ein paar Monate also... und wie viele genau?", zische ich. Als keiner von ihnen mehr ein Wort sagt, brülle ich sie an: „WIE VIELE MONATE?!"
Die Gesichtern der neuen Lebenspartner meiner Eltern sprechen Bände. Anhand ihrer Mimik ist deutlich erkennbar, dass sie mehr als nur schockiert über mein Verhalten sind. Aber es ist mir egal was sie über mich denken.
„Sieben. Ich weiss es erst seit knapp einem Monat und wollte Mom, bzw. Dad die Chance geben, es dir persönlich zu sagen", bringt mein Bruder sich plötzlich mit ein.
Was soll das? Niemand hat ihn darum gebeten seine Sicht der Dinge klarzustellen.
„Das war mal wieder klar, dass ausgerechnet du verschissener Judas Bescheid wusstest und ich nicht!", schnauze ich ihn an.
Er ist ja auch der ach so perfekte erstgeborene Sohn... vermutlich werde ich gleich gekreuzigt, weil ich den unantastbaren beleidigt habe.
Der Neue Macker meiner Mutter steht auf und umfasst ihre Taille. Danach sieht er sie mit einem widerlich-schmalzigen Blick an und sagt: „Hör mal mein Junge, es ist für uns alle eine merkwürdige Situation, aber..."
Ich greife den nächst besten Gegenstand und werfe ihn in Richtung Tisch. Wen er trifft, ist mir egal.
Die Heile Welt in der alle gemeinsam glücklich bis an ihr Lebensende zusammenleben, gibt es eben nur in Cadis Büchern.
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