26 | Erwachsenwerden & die erste Freundin
Stöhnend wälze ich mich und treffe auf einen warmen Körper. Im ersten Moment spanne ich meinen Körper an, bis ich realisiere, dass es Trevor ist, der neben mir liegt. Sein rechter Arm liegt auf meiner Taille, während sein linker unter seinem Kopf geklemmt ist. Ich kann das Lächeln, das sich auf meinen Lippen bildet, nicht verdrängen, ehe ich auch meine Augen wieder schließe.
In den letzten Tagen ist so viel passiert zwischen uns. Wir haben uns einander die Liebe gestanden und meine Gefühle sind ab diesem Moment mit jeder Sekunde nur noch stärker geworden. Noch nie habe ich für jemanden so viel empfunden und mir gewünscht, dass diese eine Person für immer an meiner Seite bleibt. Aber mit Jordan spüre ich all das. Ich will, dass er derjenige ist, an dessen Seite ich jeden Morgen aufwachen darf. Ich will alles mit ihm und dieser Gedanke macht mir ausnahmsweise keine Angst. Zum ersten Mal seit Jahren habe ich nicht das Gefühl nur für andere zu leben. Er hat mich wieder zum Leben erweckt, als ich es am Wenigsten geahnt habe.
Ich hänge meinen Gedanken nach und bin kurz davor wieder in den Schlaf zu driften, als ich ein Poltern in unserer Wohnung wahrnehme. Ich schrecke hoch und sitze augenblicklich kerzengrade in meinem Bett. Ich greife nach meinem Handy, um nachzusehen, wie spät es ist.
Es ist unmöglich, dass es Calvin ist, der dafür verantwortlich sein könnte. Er ist bei Jason und hat gesagt, er würde mit ihm gemeinsam zur Schule fahren unter dem Vorwand, dass ich mit Trevor allein bleiben könnte.
Meine Uhr zeigt mir an, dass es erst kurz nach Mitternacht ist, als ein erneutes Geräusch ertönt.
Dieses Mal ruckele ich an Trevor, der leider unsanft aus seinem Schlaf gerissen wird und mich alarmiert ansieht.
»Was ist los?«, fragt er benommen und sieht mich an. Augenblicklich legt er eine Hand an meine Wange und fast muss ich lächeln über diese kleine Geste, erinnere mich dann jedoch daran, dass sich hier ganz deutlich jemand in der Wohnung befindet, der hier nicht hingehört.
»Ich... Ich glaube, dass jemand in der Wohnung ist. Es hat einmal laut geknallt und dann gerade eben noch einmal leise«, sage ich verängstigt. Trevor sieht zur Tür und nickt dann leicht, ehe er sich erhebt und sich ein Shirt überzieht. Ich folge ihm und greife ängstlich nach seiner Hand. Er verschränkt unsere Finger ineinander und öffnet vorsichtig die Tür, ehe er im Türrahmen stehen bleibt und blickt auf den kleinen Flur hinaus, der von der Küche aus zum Badezimmer und zu Calvins Zimmer führt. Hier ist jedoch alles dunkel.
Leise Geräusche kommen aus der Küche und ich erkenne, dass dort auch Licht brennt. Ich schlucke leicht, als Trevor sich vorsichtig zur Tür bewegt und nach einer Vase greift, die im Flur steht. Irritiert sehe ich ihn an und frage mich, was zur Hölle er damit vorhat, sage jedoch nichts. Vorsichtig öffnet er die Tür und stockt in seiner Bewegung. Ich vernehme ein leises Lachen und dann ein Stöhnen und schiebe mich an Trevors Seite, sodass ich sehen kann, wer sich da gerade in der Küche aufhält.
Doch augenblicklich durchfährt mich ein seltsames Gefühl.
Calvin steht oberkörperfrei vor einem Mädchen in seinem Alter. Seine Hose hängt sehr tief an seiner Hüfte. Ihre blonden Haare sind gelockt und ihr Lippenstift verschmiert, als mein Bruder ihren Hals küsst und sie genießerisch stöhnt.
»Fuck... tiefer«, stöhnt sie und erst jetzt nehme ich die relativ eindeutigen Bewegungen von meinem Bruder wahr. »Ja... Gott, Calvin«, höre ich sie stöhnen und augenblicklich wird mir kotzübel.
Mein kleiner Bruder hat Sex.
In meiner Küche.
Auf meinem Küchentisch.
»Gott, Lil«, höre ich ihn stöhnen und das ist der Moment in dem Trevor mich mit sich zieht. Leider stolpere ich dabei über meine Füße und stoße die Tür lauter als gewollt gegen die Wand.
»Calvin!«, höre ich das Mädchen in einem hohen Ton kreischen und Calvin fährt ruckartig herum.
Es muss wirklich großartig aussehen, diese Situation.
Mein Bruder steckt einen weg und wird von uns dabei erwischt.
Ich rappele mich auf und sehe, wie sich ihre Kleidung richten. Calvins Gesicht ist kreidebleich und die Wangen von Lil sind der Farbe einer Tomate verdammt ähnlich.
»Was wird das hier?«, frage ich ihn und verschränke meine Arme vor meiner Brust. Trevor stellt sich hinter mir und legt mir einen Hand auf die Schulter, wahrscheinlich um mich zu beruhigen, doch ich bin kurz vorm Explodieren.
»H-Hailes, ich-«
»Wer ist dieses Mädchen?«, frage ich ihn und werfe ihm einen Blick zu, der ihm hoffentlich zeigt, dass ich gerade keine Lust auf Scherze habe.
»Das ist Lilly, meine Freundin«, sagt er und hilft ihr vom Tisch herunter. Peinlich berührt versteckt sie sich halb hinter ihn und ich seufze leise.
»Wieso treibt ihr... sowas in der Küche? Was machst du überhaupt hier? Du hast doch gesagt, du wirst bei Jason schlafen«, erwidere ich verwirrt. Diese Situation sorgt gerade reichlich für Überforderung, da mein Bruder nicht nur eine Freundin, sondern auch noch Sex hat. Diese Vorstellung und die Bilder, die ich gerade gesehen habe, sind wirklich verstörend.
»Jason war nur ein Alibi... schon die ganzen letzten Wochen, wo ich bei ihm geschlafen habe«, erklärt er und ich nicke leicht.
»Wieso hast du mir nichts gesagt? Du kannst doch über alles mit mir sprechen«, sage ich und sehe ihn an.
»Ich wollte dir doch auch nicht im Weg stehen und Lillys Eltern hatte nichts dagegen, wenn ich bei ihr schlafen«, erklärt er und ich nicke leicht.
Einerseits finde ich es süß, dass er mir meinen Freiraum geben wollte, aber er hätte mich deswegen nicht anlügen müssen.
»Okay und wieso seid ihr jetzt doch hier und nicht bei Lilly? Nicht, dass ihr hier nicht jederzeit Willkommen wärt«, sage ich und Trevor neben mich lehnt sich in den Türrahmen. Er ist ruhig und beobachtet uns.
»Ich habe mich mit meinen Eltern gestritten. Deswegen sind wir hier«, erklärt Lilly und scheint sich ein wenig beruhigt zu haben. Ich nicke ihr zu, bevor ich einen Schritt auf sie zu mache.
»Ich bin Hailey und das ist mein Freund Trevor. Ich weiß, ihr seid schon groß und... in irgendeiner Weise wohl auch erwachsen, aber bitte... keinen Sex in der Küche, ja? Ich hab gedacht, jemand wäre eingebrochen und Trevor hätte beinahe mit einer Vase nach euch geworfen«, erwidere ich und ein kleines Grinsen huscht mir über die Lippen.
»Tut mir leid«, sagt Trevor und schlingt einen Arm um mich.
»Nein, muss es nicht. Ich habe nicht nachgedacht«, sagt Calvin und deutet mit einer Kopfbewegen zu Lilly.
Trevor lacht leicht und nickt.
»Ich weiß genau, was du meinst«, erwidert er und ich rolle die Augen. Typisch Männer. Selbst in so eine Situation können sie noch über Sex reden und darüber, dass der Verstand manchmal sichtlich beeinträchtigt ist, wenn man erregt ist. Ich kann das nachvollziehen, aber auf einem Küchentisch zu vögeln, wo man Mahlzeiten zu sich nimmt, ist widerlich.
»Okay, genug für heute. Das muss ich erstmal verarbeiten. Gute Nacht«, sage ich zu beiden und lächle leicht, ehe ich Trevor mit mir ziehe, der sich auch noch von ihnen verabschiedet.
Ich hoffe wirklich, dass sie jetzt auch ins Bett gehen und sich nicht entschieden zu beenden, was sie vorhin begonnen haben.
Ich lasse mich genervt in meinem Bett fallen und verkrieche mich unter der Decke.
»Babe – hab dich nicht so. Es ist scheinbar seine erste Freundin und da tut man sowas eben«, versucht Trevor mich zu besänftigen.
»Was? Auf dem Küchentisch vögeln, wo andere noch Frühstücken?«
Trevor lacht.
»Du hast ihn doch gehört. Es ist einfach so passiert«, meint er und schlingt seine Arme um mich, als er sich über mich platziert. »Erinnerst du dich noch an unseren Quickie im Bad?«
»Das ist was anderes«, grummele ich, als er beginnt meinen Hals zu küssen.
»Ist es nicht. Du kommst nur nicht damit klar, dass dein kleiner Bruder erwachsen wird«, meint er und ich seufze leise, als er mich grinsend ansieht.
»Du stehst wirklich auf seiner Seite. Das ist unfassbar«, erwidere ich und verschränke die Arme vor meiner Brust.
Trevor lacht leise.
»Er ist siebzehn. Da hat man nun mal solche Gedanken«, meint er schulterzuckend. »Aber ich persönlich würde jetzt nicht weiter drüber reden, was dein Bruder so treibt, sondern vielmehr mich daran machen, dass wir noch etwas treiben«, erwidert er grinsend und küsst mich kurz.
»Na, gut. Aber nicht mehr lange«, erwidere ich.
»Na, na. Woran denkst du denn schon wieder?«
»Woran denkst du?«
»An schlafen, Baby. Wir müssen morgen früh raus«, meint er und ich sehe ihn fassungslos an, ehe er sich neben mich legt und mich an sich zieht.
»Du bist unmöglich«, erwidere ich lachend und schüttele den Kopf, ehe ich die Decke höher über uns ziehe.
Eine Weile herrscht Stille und ich kann nicht anders als an Calvin zu denken. Es zeigt mir einmal mehr, wie sehr sich alles verändert. Früher hat mir dieses Gefühl immer die Hals zugeschnürt, doch nicht dieses Mal. Dieses Mal habe ich keine Angst, denn ich blicke meiner Zukunft weniger ängstlich entgegen.
»Trevor?«
»Hailey?«
»Ich liebe dich«, sage ich leise.
»Ich liebe dich auch, Süße«, murmelt er schläfrig und legt seine Lippen auf die meine.
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Ihr glaubt nicht, wie viel Spaß ich beim Schreiben dieses Kapitels hatte...😂
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