34. Liebeserklärung
Zitternd stand ich in meinem neuen Zimmer, inmitten von Pappkartons, in denen meine neuen Möbel eingepackt waren. Die Zeit, seitdem wir zurück nach Hause gekommen waren, hatten wir damit verbracht, die Einkäufe aus dem Auto zu laden und in die Wohnung zu bringen, sowie das ehemalige Arbeitszimmer auszuräumen, das jetzt meines werden sollte. Schreibtisch und Regale standen jetzt in Tims Schlafzimmer, morgen würden wir mein Bett, Schreibtisch, Schrank und die Regalbretter aufbauen. Die kleine Couch sollte hier stehen bleiben, da Tim keine andere Verwendung dafür hatte und hier wohl auch mit meinen neuen Möbeln noch genug Platz bleiben würde. Ich konnte es kaum erwarten, endlich alles aufgestellt zu haben, da ich mir schon unzählige Male heute die Zehen an diversen am Boden liegenden Möbelteilen gestoßen hatte, die vollkommen selbstständig und unbemerkt sich fortzubewegen schienen. Zumindest waren sie immer überall. Langsam hatte ich das Gefühl, mit meinen Füßen heute schon auf sehr schmerzhafte Art und Weise mehr Möbel gefunden zu haben, als wir überhaupt gekauft hatten. Ein weiterer Indiz dafür, dass sich meine neuen Mitbewohner selbstständig gemacht hatten. In Folge dessen hatte ich mir einen sehr eigenen Laufstil angewöhnt, sobald ich das Zimmer betrat, bei jedem Schritt setzte ich den Fuß vorsichtig von oben auf den Boden, sobald meine Zehen etwas berührten fuhr ich vorsichtig darüber, bis ich mir sicher sein konnte, dass es nur der Boden war und erst dann rollte ich vorsichtig meinen Fuß ab. Dieser Laufstil erinnerte an eine Mischung aus übertriebenem Indianer-Anschleichen und den Flossenbewegungen eines Fisches, was ziemlich witzig aussehen musste, zumindest konnte Tim sich jedes Mal nicht mehr halten vor lachen, wenn er mich so sah. Aber was sollte es, so ging es nunmal am besten und solange nur Tim es sah war es mir vollkommen egal... Tim hatte mich weitaus schon bei peinlicheren Momenten sehen können, angefangen von meinen ersten Laufversuchen nach meinem Sehverlust, bei denen ich mich echt angestellt hatte wie ein kleines Kind, über meine hilflosen Versuche mit dem Langstock, mit dem ich mich immer noch nicht viel besser anstellte, bis hin zu der altbewährten Ich-taste-mich-an-allem-voran-was-nicht-bei-drei-auf-dem-Baum-ist-Technik. Nicht zu vergessen all die Stunden, in denen ich mich nur durch seine Hand hatte leiten lassen beim Gehen und ihm vollkommen vertraut hatte. Nein, vor Tim war mir so etwas schon lange nicht mehr peinlich... Der werte Herr konnte es natürlich trotzdem nicht lassen, ein riesen Theater darum zu machen und mir weiszumachen, dass er das unbedingt filmen müsse. Ich hatte ihm daraufhin gedroht, dass ich in diesem Fall auf der Stelle ausziehen würde... Wobei das wohl für mich die größere Strafe war... Natürlich hatte Tim es sich nicht nehmen lassen, sofort nachzufragen, warum ich mich denn ausziehen wolle. Dieser Junge hatte manchmal echt den Humor eines pubertierenden Dreizehnjährigen... Und da hieß es immer, ICH sei der kindische von uns... Und trotzdem mochte ich diesen Typen mit all seinen Angewohnheiten und Macken. Nein, ich mochte ihn nicht nur. Ich liebte ihn. Und das war der springende Punkt, der Grund, warum ich nun vor Aufregung bebend in meinem neuen Zimmer war und es kaum wagte, zu Tim ins Wohnzimmer zu gehen, wo er gerade Abendessen machen wollte. Ich hatte mir geschworen, heute Abend mit Tim zu reden, ihm heute Abend zu sagen, was ich für ihn empfand. Dass ich ihn liebte. Heute Abend. Also jetzt. Ein letztes Mal fuhr ich mir auf gut Glück durch die Haare, hoffte, dass alles saß. Ich war mehr als nervös, malte mir sofort das Schlimmste aus. Was, wenn er nicht so empfand? Das ganze wäre nicht nur unglaublich peinlich, sonder würde wohl auch für immer etwas zwischen uns treiben. Oder zumindest für sehr, sehr lange... Vielleicht hätte ich die letzte Nacht mit Tim in einem Bett mehr genießen sollen, schließlich könnte es sein, dass es die letzte war. Wenn Tim nicht so empfand wie ich, würde er mit Sicherheit nicht mehr mit mir in einem Bett... Okay, Stopp, Stegi! Ich merkte, wie ich kurz davor war, einen Rückzieher zu machen. Nein, ich würde das heute Abend durchziehen. Und alles würde gut werden. Entschlossen ging ich auf den Flur und nach rechts ins Wohnzimmer, hörte Tim rechts von mir in der Küche hantieren.
»Kann man dir etwas helfen?«, bot ich mit leicht zittriger Stimme an und begann schließlich auf Tims Geheiß hin, Teller und Besteck auf den Sofatisch zu stellen. Klar, wir hatten auch einen Esstisch... Aber nach so einem Tag war es so einfach viel gemütlicher. Als wir dann schließlich auf der Couch saßen und beide unsere Brote verdrückten, herrschte Schweigen, ich war so nervös, dass ich auf keinen von Tims Versuchen, ein Gespräch zu beginnen, vernünftig eingehen konnte, also wurde es ziemlich schnell still um uns. Ich fühlte mich, als stände ich unter Strom, ich wartete doch bloß auf den richtigen Augenblick, aber der würde niemals kommen, wenn wir nicht reden würden. Es war eine Zwickmühle.
»Okay, Stegi, es reicht. Was ist los?«, unterbrach Tim meine Gedanken. Er klang besorgt und in mir drin begann es wieder zu kribbeln.
»Ich.. Was soll los sein?«, stotterte ich verwirrt
»Du bist zu still. Was ist aus meinem gut gelaunten Stegi geworden? Passt irgendetwas nicht? Hast du Heimweh?«
»Was? Nein!«, beeilte ich mich, ihm zu versichern, »Im Gegenteil. Ich bin froh, hier zu sein. Ich bin glücklich!«
»Was ist dann los? Es ist doch was, das kannst du mir doch nicht erzählen.«
Jetzt oder nie. Einen besseren Augenblick würde es nicht geben. Auch wenn ich mir etwas... romantischer vorgestellt hätte, nicht, dass mich Tim regelrecht dazu drängt. Aber das Leben ist keine rosarote Zuckerwatte.
»Ich... Ich bin einfach unglaublich glücklich, hier zu sein und... und dass du das alles für mich machst uns so... Das ist einfach... Du bist... Ich mein-«
Ehe ich mich noch weiter in unsinnige Satzfetzen verstricken konnte, spürte ich Tims Arme um meinen Oberkörper, die mich an sich zogen.
»Ach, Kleiner. Ich habe mir Sorgen gemacht. Wenn es nur das ist. Ich mache das alles unglaublich gerne. Und ich mache das nicht nur für dich, sondern auch für mich, okay?«
Ich nicke.
»Ja. Also nein. Nein, es ist nicht nur das. Ich meine, ich bin... ich habe...«
So würde das nichts werden. Einatmen, ausatmen. Ruhig werden. Und jetzt Wort für Wort, es war nicht schwer, nur Wörter, jedes für sich nichts besonderes doch alle zusammen...
»Tim, ich mag dich. Also, ich mag dich wirklich. Mehr als fast jeden anderen. Ich... Ich mag dich nicht nur. Tim, ich glaube, ich habe... Tim, ich liebe dich.«
Wieso fiel es mir so schwer, es auszusprechen? Von mir selbst und meinen Schwierigkeiten verwirrt und eingeschüchtert presste ich meine Lippen aufeinander, atmete tief durch. Ich hatte es vermasselt. Ich hatte mir diese Situation so romantisch vorgestellt, so perfekt. Und jetzt hatte ich es vermasselt. Tim, der perfekte Tim, würde niemals...
»Na endlich«, hörte ich in diesem Moment Tims tiefe Stimme sagen, sofort durchlief ein angenehmer Schauer mich. Ich spürte Tims Hand auf meiner Wange, genoss seine Stirn gegen der meinen, seinen warmen Atem auf meiner Haut und sein Arm, der immer noch um meinen Oberkörper lag.
»Bist du... Ich meine...«, stotterte ich wieder leise.
»Stegi, ich liebe dich. Ich habe dich vom ersten Moment an, in dem ich dich gesehen habe geliebt, von der ersten Sekunde, in der ich dich erlebt habe, jeden Moment, in dem du einfach du warst. Ich würde alles tun, um dich nicht mehr so leiden sehen zu müssen wie die letzetn Wochen. Stegi, ich liebe dich«, erklärte Tim leise und ehe ich realisieren konnte, was mein bester Freund da gerade gesagt hatte, spürte ich seine weichen Lippen auf meinen. Dieses Mal fühlte es sich so anders an als bei unserem ersten Kuss, dieses Mal war ich mir sicher, was ich machte, ich wusste, was ich empfand und an der Stelle all der Verwirrung stand jetzt nur noch Erleichterung. Erleichterung, dass Tim so empfand wie ich und unfassbare Freude. Dieser Moment kam mir so perfekt vor, so perfekt, wie mein ganzes Liebesgeständnis hätte laufen sollen. Als wir uns lösten, konnte ich nicht anders, als zu lächeln, so glücklich war ich in diesem Moment.
»Tut mir leid, dass ich es vorhin vermasselt habe. Ich wusste einfach nicht, was ich sagen sollte«, quasselte ich einfach darauf los. Im nächsten Moment wünschte ich, ich hätte mehr über meine Worte nachgedacht und senkte verlegen meinen Kopf. Nur Sekunden später jedoch spürte ich Tims Finger unter meinem Kinn, die mich langsam dazu zwangen, das Gesicht wieder zu heben.
»Ich habe so lange auf dich gewartet, Stegi. Ich habe zwei Monate auf genau diese Worte von dir gewartet. Es war perfekt.«
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Hayho meine Lieben!
Da habt ihr euer lang ersehntes #Stexpert-Liebesgeständnis...
Ich möchte bitte mit Kommentaren zugebombt werden, wie fandet ihr es?
Konnte ich euch zufrieden stellen?
Ich bin mir selbst nicht ganz sicher und habe auch mehr als doppelt so lange für diese 1426 Wörter gebraucht als normal...
Ganz viel Liebe an euch alle!
Als 5k-Aufruf-Special wird es wahrscheinlich ein paar Fakten zu mir geben... Wenns euch interessiert. Noch sind wir aber bei 4,4k. Also hat das noch Zeit. Zuerst kommt hoffentlich der OS als Special!
Liebe Grüße, minnicat3
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