1: Ein Einkauf wie jeder andere
Ich bin kein Mensch, der oft trinkt. Natürlich ab und zu das eine oder andere Bierchen, aber normalerweise laufe ich nicht jede Woche in eine Bar und trink mich zu. Vielleicht liegt das daran, dass mein Vater in meiner Jugend oft genug bewiesen hat, wie verdammt schädlich Alkohol für Menschen sein kann, indem er mich um 1 Uhr nachts sturztrunken angeschrien hat. Vielleicht habe ich auch eine natürliche Abneigung, wer weiß. Doch an diesem Abend trank ich, und zwar ordentlich. Und das nicht in meiner Wohnung im fünften Stock eines Hochhauses, sondern auf einer Feier bei einem Freund.
Es war dessen Einundzwanzigster Geburtstag. Ich war also um 20 Uhr aufgekreuzt, hatte ihm mein Geschenk gegeben und mitgefeiert. Die Party war bei ihm und mit einigen Leuten, die ich näher oder entfernt kannte. Es war ein angenehmer Abend, und als um punkt 21 Uhr der Wein ausgeschenkt wurde, beschloss ich, ein paar Gläser mitzutrinken. Ich war einfach gut gelaunt, und dachte mir, dass ein paar Gläser intus mir nicht so sehr schaden würden.
Großer Fehler.
Als ich also um 0:34 Uhr morgens die Party verließ, war ich stark betrunken und als ein Freund mich fragte, ob er mich nach Hause fahren sollte (ich wohnte ungefähr um die Ecke) lehnte ich Idiot ab und lallte irgendwas darüber, dass ich zu Fuß gehen würde. Das tat ich dann auch.
Ich ging also durch die, selbst mitten in der Nacht noch beleuchteten, Straßen von Hamburg und sang laut ,,99 Bottles of Beer". Da fiel meinem malträtierten, betrunkenen Hirn plötzlich etwas ein: Ich brauchte noch Klopapier. Der Stapel in meinem Badezimmer war komplett alle.
Also guckte ich mich nach einem Laden, der noch aufhatte, um. Das Klopapier war plötzlich essenziell wichtig für mich. Ich ging eine Straßenecke entlang, und da strahlte mir auch schon das blendende Licht eines Supermarkts entgegen. Ich beschleunigte mein Gehtempo, bis ich direkt vor dem Laden stand. Die automatische Schiebetür ging (wie es der Name vermuten lässt) automatisch auf und ich trat hindurch. Im Laden schien außer mir und dem offensichtlich übermüdeten Kassierer niemand sonst zu sein. Ich schlenderte die Gänge entlang, bis ich das gewünschte Klopapier gefunden hatte. Ich nahm mir vier Rollen und machte mich auf den Weg zur Kasse. Als ich durch die Gänge ging, blieb ich plötzlich wie angewurzelt stehen. Etwas hatte meine Aufmerksamkeit erregt. Ich schaute runter zu einem Regal voller Colagläser. Zwischen den Gläsern lag etwas. Es glänzte silbern, war jedoch durch die Gläser nicht komplett sichtbar. Ich schob ein paar Gläser beiseite, griff das Objekt und schaute es mir an.
Es war ein kleiner Schlüssel, komplett aus Silber. Auf dem Schlüssel waren merkwürdige Symbole eingeritzt, die ihn übersäten. Im Nachhinein könnte ich schwören, dass ein paar leicht bläulich geleuchtet hatten. Irgendwie hatte der Schlüssel, der da zwischen den Gläsern lag, mein Interesse geweckt. Ich spürte ein leichtes Gefühl, positiv, aber sonst nicht wirklich zu beschreiben, welches durch meinen Körper raste. Aus irgendeinem Grund fand mein müdes, betrunkenes Gehirn es plausibel, den Schlüssel mitzunehmen und mit dem Klopapier auf das Fließband zu legen. Langsam schob mein Einkauf sich nach vorne, bis er beim Kassierer angekommen war. Dieser blickte etwas verwirrt auf den Schlüssel, auf welchem sich tatsächlich ein mir entgangener Barcode befand, scannte ihn dann aber natürlich trotzdem.
,,2,40 Euro", murmelte er, nachdem er auch das Klopapier eingescannt hatte. Im Nachhinein hätte es mich stutzig machen sollen, dass ein Schlüssel aus scheinbar reinem Silber in einem Supermarkt, und dann auch noch für 1 Euro verkauft wurde, aber ich wollte einfach nur meinen Einkauf nach Hause bringen. Also kramte ich ein 2-Euro Stück und ein 1-Euro Stück aus meiner Geldbörse, ließ mir das Wechselgeld aushändigen und ging nach Hause.
Auf dem Rückweg überkam mich plötzlich ein komisches Gefühl, als ob mich jemand beobachtete. Ich blickte über die Schulter:
Nur die Straße und die Häuser, kein Mensch, kein Tier, niemand der mir folgte. Trotzdem kam es mir vor, als würde der Sensenmann höchstpersönlich die ganze Zeit im Schatten der Straßenlaternen hinter mir herschleichen.
Ich fühlte, wie eine Last von mir fiel, als ich endlich vor meiner Wohnungstür stand und nach meinem Schlüssel kramte. Für einen Moment zog ich aus Versehen den merkwürdigen Silberschlüssel aus dem Laden hervor. In dem Moment schoss plötzlich Adrenalin durch meine Adern, eine plötzliche Panik überkam mich. Ich drehte mich reflexartig um.
Niemand.
Ich steckte den Schlüssel schnell zurück, fand meinen richtigen Schlüssel, drehte ihn im Schloss um und öffnete die Tür. Dann schloss ich sie hastig. In meiner geistigen Umnachtung schaffte ich es zum Glück noch, mich umzuziehen. Dann fiel ich ins Bett. Den Schlüssel legte ich neben mich, auf den Nachttisch. Dann schloss ich die Augen und schlief bald ein.
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