Bis morgen nie wieder
Sie würde nie wieder in seine Augen schauen können. In seine dunkelblauen Augen, die viel dunkler und viel blauer waren, als sie gedacht hatte. Sie würde überhaupt nie wieder in dunkelblaue Augen sehen können. Nicht ohne den Schmerz zu fühlen. Sie spannte ihre Finger an, krallte sich am Lenkrad fest, sodass ihre Knöchel weiß wurden. Es war nichts gegen den Schmerz. Sie überlegte, wer, außer ihm, dunkelblaue Augen hatte. Wer, außer ihm, blaue Augen hatte. Bestimmt viele. Ihr fiel niemand ein.
Die Nacht. Die Nacht hatte dunkelblaue Augen. Diese Nacht und viele weitere Nächte. Viele weitere Nächte, die sie an den Schmerz erinnern würden.
Sie fuhr nicht schnell, wahrscheinlich war es besser so. Sie war unaufmerksam, nicht bei der Sache. Sie konzentrierte sich auf die gähnende Leere in ihrem Kopf. Auf die gähnende Leere auf der Straße konzentrierte sie sich nicht.
Sie weinte nicht. Es war komisch, sie hatte immer gedacht, man würde weinen. Wenn einem so etwas passierte. Schon allein wegen den unglaublichen Schmerzen. Die Schmerzen waren da. Die Tränen nicht. Sie würden auch nicht kommen. Vielleicht nie wieder. Wenn sie jetzt nichts fühlte, würde sie vielleicht nie wieder etwas fühlen. Außer vielleicht Angst. Angst vor der Nacht. Vor ihren dunkelblauen Augen. Nein, nicht vor ihren dunkelblauen Augen, vor seinen dunkelblauen Augen.
Sie schaltete das Radio an, um sich abzulenken. Sie schaltete es wieder aus. Es lenkte sie nicht ab. Dann schaltete sie es wieder an. Es machte sie wütend. Sie war wütend auf sich selbst. Sie machte das Radio aus. Sie würde nie wieder Radio hören.
Natürlich würde sie wieder Radio hören. Irgendwann. Vielleicht schon morgen.
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Vielleicht sollte das mal ein Anfang einer ganzen Geschichte werden, vielleicht wollte es das nie.
Es ist lange her, dass ich das geschrieben habe.
In diesem Buch steht es als kurze Kurzgeschichte. Eher als Gedanke. Vielleicht als poetischer Gedanke. Für mich ist dieser hier ein sehr bedrückender Text, aber vielleicht auch, weil das, was ich dabei im Kopf hatte, sehr bedrückend ist. Es ist eine harte Idee. Und trotzdem mag ich es.
Mich würde interessieren, wie du diese Worte empfindest. Lies es wie ein Gedicht. Langsam. Lass die Worte wirken. Fühl ihre Gedanken, als ob sie deine wären.
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