Kapitel 4
Es war noch recht kühl, als Finkenpfote von Hasenflucht geweckt wurde. Der morgendliche Nebel führte auf der Lichtung einen Tanz auf und benetzte die Grashalme mit feinen Tautröpfchen. Gähnend trat Finkenpfote am der schwarz-weißen Pelzkugel namens Bleichpfote vorbei aus dem Bau. Er wusste, dass sie nicht mehr schlief, sie tat nur so.
Ich habe sie alle enttäuscht.
Finkenpfote seufzte. Wieso konnte er sich nur nicht mit den Tunneln anfreunden? Wieso lockte ihn das Moor so sehr? Die Fragen blieben unbeantwortet.
"Guten Morgen, Finkenpfote. Ich nehme dich gleich mit auf eine Territoriumstour.", miaute Hasenflucht und legte direkt los. Der Kater schien erfreut zu sein, dass er Finkenpfote als Schüler hatte und trabte voller Tatendrang in das Dickicht der Heide.
Finkenpfote folgte ihm schnell. Seine Pfoten wurden im nassen Gras schnell feucht und die Kälte kroch wie eine Schlange seine Beine empor. Der kühle Wind der dem Schüler aber auf einem Hügel entgegenwehte trug den Geruch nach Beute und Freiheit heran. Witternd öffnete er ein Stück das Maul und sog all die neuen Düfte ein. So vieles, was er noch entdecken und erforschen wollte.
Die Heide bot ihm in seiner kleinen, schlanken Statur den perfekten Schutz, auch wenn die Wassertropfen nervten, die von oben auf ihn hinunterfielen, wenn er gegen einen Zweig stieß. Niemals hätte er sich ausgemalt, dass in der Heide zu rennen, solch einen Spaß machen könnte. Der Gegenwind als er Hasenflucht hinterherrannte zerzauste seine Schnurrhaare und pfiff leise in seinen Ohren, das Gras und die kleinen Blumen unter seinen Pfoten flogen nur so unter ihm hinweg. Es gab nur ein Wort um dieses Gefühl zu beschreiben, das er empfand. Freiheit.
Für einen Moment waren die enttäuschten und wütenden Blicke komplett vergessen, es zählte nur noch, das Finkenpfote Hasenflucht in der Weite des Moores nicht aus den Augen verlor. Doch dann war der Moment auch wieder vorbei, denn Hasenflucht wurde wieder langsamer, aber im Gegensatz zu Finkenpfote selbst, schien der hellbraune Kater kein bisschen aus der Puste zu sein.
"Du wirst ein guter Läufer.", meinte der Krieger mit dem Blick auf Finkenpfotes langen, athletischen Beinen.
"Siehst du den Kreis da im Gras? Er ist dazu da, dass Schüler das Laufen trainieren oder zum Aufwärmen."
Finkenpfote nickte nur und rang nach Atem. Die Ebene auf der die beiden standen schien endlos weit zu sein. Wind bog die langen Grashalme. In der Ferne sah er ein paar Bäume, bestimmt das Territorium des DonnerClans.
Wie können die nur unter Bäumen leben?
Der Gedanke, den Himmel nicht ständig über sich zu haben, jagte dem kleinen Kater einen Schauer über den Rücken.
"Komm, wir gehen zu DonnerClan-Grenze. Aber dass du sie ja nicht übertrittst, wir wollen keinen Ärger."
Finkenpfote war inzwischen wieder zu Atem gekommen und folgte seinem Mentor. Dabei beobachtete er, wie die Bäume immer größer wurden, als sie näher kamen, bis die dünnen Stämmchen aus der Ferne zu riesigen Eichen und Buchen gewachsen waren. Die Pfoten des jungen Schülers taten etwas weh, aber das wollte er nicht zugeben. Zu groß war die Neugier, vielleicht auf DonnerClan-Katzen zu treffen. Durchgehend witterte Finkenpfote nach fremden Gerüchen, entdeckte aber nichts, im Gegensatz zu seinem Mentor, der plötzlich erstarrte.
"Sieh genau hin und sei leise!", flüsterte er und deutete mit dem dünnen, hellbraunen Schweif auf die DonnerClan-Seite.
Verwirrt musterte Finkenpfote die Landschaft, fand aber nichts ungewöhnliches, bis etwas braun gestreiftes, das er bisher für einen Baumstumpf im Gras gehalten hatte, vorschoss und mit dunklen Pfoten eine Maus erschlug.
"Den habe ich gar nicht gesehen.", miaute Finkenpfote beeindruckt und betrachtete den DonnerClan-Kater. Er schien noch ein Schüler zu sein, war aber eindeutig älter ls Finkenpfote. Starke Muskeln zeichneten sich unter dem braun gestreiften Fell ab.
"Das ist Spatzenpfote. Wir können ruhig näher zur Grenze und uns mit ihm unterhalten.", maunzte der hellbraune Kater leichthin und tappte auf die Grenze zu.
"Guter Fang, Spatzenpfote.", kurz vor der Grenze blieb Hasenflucht stehen und setzte sich.
Der DonnerClan-Kater zuckte etwas zusammen, setzte dann aber ein freundliches Lächeln auf.
"Danke, Hasenflucht,"
"Darf ich dir meinen Schüler vorstellen? Das ist Finkenpfote."
Schüchtern trat Finkenpfote hinter seinem Mentor hervor und blickte zu dem fremden Kater auf, der ihn um mehrere Köpfe überragte.
"Sei gegrüßt, Finkenpfote. Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen.", Spatzenpfote behielt sein Lächeln bei, und wenn Finkenpfote nicht beachtete, dass er fremd roch und mit einem einzigen Hieb einer Maus das Genick gebrochen hatte, war er gar nicht so furchteinflößend.
"Sei gegrüßt, Spatzenpfote. Es freut mich auch, dich kennenzulernen.", piepste der schwarz-weiße Schüler und fragte sich, ob seine Stimme immer so hoch war.
Nach einer langen Territoriumstour fiel Finkenpfote am Abend in sein Nest. Bleichpfote lag schon im Schülerbau und war auch wach, wich seinem Blick aber aus.
Schau mich doch an! Ich bin immernoch dein Bruder.
Aber Bleichpfote sah ihn nicht an.
Habe ich die falsche Entscheidung getroffen?
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