
23. Kapitel
„Hier bitte“, lege ich eine Kühlkompresse auf Nicks blaues Auge, der sich nach meiner Aufforderung endlich auf mein Bett gelegt hat, damit ich mich um ihn kümmern kann. Mein Vater konnte meine Mutter dazu überreden, dass Nick die heutige Nacht hier verbringen kann, denn ihn alleine in seinem Hotelzimmer, hätte ich ihn nicht gelassen.
Da war das kleinere Übel für meine Mutter, dass er hier übernachtet.
„Danke“, erwidert er und stöhnt leise auf, als die Kälte seine geprellte Haut trifft. Bei seinem Anblick treibt es mir beinah Tränen in die Augen. Niemals wollte ich, dass das mit Tim so aus dem Ruder läuft und Nick verletzt wird.
„Es tut mir so leid“, schluchze ich und kuschele mich an seine Seite.
„Es ist doch nur ein blaues Auge“, tut Nick es ab, als wäre es nichts, während er mich in den Arm nimmt und seine Finger über meinen Rücken gleiten. Noch immer trage ich mein Kleid und Nick seinen Anzug.
„Aber es hätte vermieden werden können, wenn ich gar nicht erst etwas mit Tim angefangen hätte. Uns wäre eine Menge Ärger erspart geblieben“, beklage ich mich selbst und verstecke mein Gesicht in meinen Händen. Es ist mir peinlich, dass so weit gekommen ist und Nick der Leidtragende ist.
„Da hast du recht“, stimmt mir Nick zu und ich sehe von meinen Händen, ungläubig zu ihm auf. Das ist nicht gerade das, was ich von ihm hören wollte. Allerdings ändert es nichts, dass es stimmt. „Aber es ist nun mal wie es ist und in ein paar Tagen ist mein Auge schon wieder in Ordnung. Zum Glück fangen jetzt die Ferien an und ich muss so nicht unterrichten. Das gäbe sicher Gerede“, scherzt er und zieht mich wieder an sich und ich lasse mich ergebend an ihn sinken.
„Aber jetzt ist es vorbei“, flüstert Nick, legt die Kompresse von seinem Gesicht und greift nach meinem Kinn, um es in seine Richtung zu drehen, damit ich in seine wunderschönen, hypnotisierenden blauen Augen schauen muss. Im Gegensatz zu letzter Woche, sind sie nicht fahl und blass, sie haben ihren Glanz wiedergefunden. So gefallen Sie mir viel besser.
„So was von vorbei“, betone ich und bemerke, dass Nicks Augen, zwischen meinen Augen und meinen Lippen wandern.
„Dann darf ich das ja jetzt endlich tun“, haucht Nick gegen meine Lippen und rückt Stück für Stück näher zu mir, bis endlich seine auf meinen liegen.
Als stünde mein Leben davon ab, sauge ich gierig an seinen Lippen. Monatelang habe ich mich danach verzehrt und nun ist es endlich so weit. Das Warten war eine Qual, aber es hat sich gelohnt. Nicks eigener Geschmack ist noch so viel besser, als in meiner Erinnerung.
Doch das Schicksal spielt gegen uns, denn gerade als ich mich samt meinem Kleid auf Nick schwingen möchte, werden wir durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.
„Das gibt es doch nicht“, fluche ich und spüre, wie sich Nick unter mir versteift.
Abrupt stößt Nick mich von sich und fährt sich durch die Haare. Sie lagen vorher perfekt, jetzt sehen sie danach aus, als ob er es sich mehr als nur ein wenig bequem im Bett gemacht hat aus. Wenn er verhindern wollte, dass meine Eltern, die nun in der Tür stehen, das nicht denken sollen, werden sie es nun ganz sicher denken.
„Stören wir?“, ertönt die Stimme meiner Mutter und sieht mit schiefem Kopf zu uns. Nick hat sich aufgerichtet und sitzt, wie auf frischer Tat ertappt, aufrecht auf meinem Bett. Ich hingegen lehne rückwärts auf meinen beiden Armen und sehe seine Schultern sich erregt auf und ab heben.
„Nein, gar nicht“, bemerke ich ironisch und verdrehe die Augen.
„Wir wollten euch auch nur berichten, dass die Angelegenheiten während des Balls geklärt sind, ebenfalls mit dem Direktor. Er wollte jedoch wissen, ob Sie gegenüber Tim Anzeige erstatten wollen? Ich rate Ihnen aber davon ab, denn ganz offensichtlich, weiß er zu der Beziehung zu Toni Bescheid und das könnte alles andere als für Sie sprechen, falls es zu einem Prozess kommen sollte.“
„Aber wir können ihn doch nicht einfach so davon kommen lassen..“
„Ich möchte keine Anzeige erstatten“, unterbricht mich Nick und fährt sich erneut durch sein Haar. Tatsächlich behebt er so das Durcheinander auf seinem Kopf.
„Was? Bitte? Er hat dich angegriffen!“, zische ich und setze mich neben ihn auf. Sein Blick ist starr auf meine Mutter gerichtet, die ihm zustimmend zunickt.
„In ihm ist die Eifersucht hochgekocht, Toni. Ich hätte sicher nicht anders reagiert.“
„Du hast anders reagiert, als ich dir von ihm erzählt habe“, verbessere ich ihn. Nick war verständnisvoll und hat nicht begonnen um sich zu schlagen.
„Tim war nicht gerade in Grifflänge“, beginnt er nun zu scherzen und zwinkert mir zu. „Und außerdem möchte ich nicht, dass es in irgendeiner Form dir oder mir schadet, wenn das bekannt wird.“
„Du hast ja recht“, gebe ich mich geschlagen und lasse mich wieder auf das Bett fallen. Warum ist Nick nur immer so vernünftig? Es ist manchmal beängstigend.
„Wir wollen euch dann mal nicht weiter stören“, merkt mein Vater an und schiebt meine Mutter aus der Tür heraus. „Aber denkt dran, die Wände sind dünn“, zwinkert er Nick zu und zieht die Tür hinter sich zu.
„Oh Gott“, erstarrt Nick und hält sich eine Hand vor den Mund.
„So dünn sind die Wände nicht“, lache ich und ziehe Nick an den Schultern zu mir aufs Bett zurück. Vorsichtig entferne ich seine Hände von seinen Augen und grinse ihn an, er ist allerdings alles andere als belustigt.
„Ich kann das nicht“, starrt er mich an, doch sein Blick geht durch mich hindurch.
„Was kannst du nicht? Mein Vater ist doch sicher nicht der Erste, der dir so etwas gesagt hat.“
„Nein, aber das letzte Mal, ist schon eine ganze Weile her, Jahre. Ich kann nicht mit dir schlafen, wenn ich weiß, deine Eltern könnten an dieser Tür vorbeilaufen und jederzeit die Tür öffnen und dann.. dann uns zuschauen.“
Ich muss noch lauter anfangen zu lachen.
„Das ist noch nie passiert“, versichere ich ihm und versuche seinen Blick einzufangen. „Und wir können, wenn du willst, die Tür abschließen, dann kommt sicher keiner rein.“
„Auf keinen Fall!“, setzt er sich auf und hält meine Hände fest, mit denen ich begonnen habe, über seine Brust zu streicheln, um die ersten Knöpfe seines Hemdes zu öffnen. Komme aber nur bis zum zweiten Knopf, bevor Nick mich davon abhält, weiterzumachen.
„Wir haben so lange gewartet, Nick. Mein Vater hat doch nur Spaß gemacht“, versuche ich die Lage zu entspannen, aber keine Chance. Seine Knöpfe hat er schon wieder zugeknöpft und schüttelt verneinend seinen Kopf.
Enttäuscht seufze ich auf und erhebe mich vom Bett. „Dann gehe ich jetzt eben alleine Duschen“, verkünde ich, greife nach dem Reißverschluss meines Kleides, denn ich diesmal alleine herunterziehen kann und schlüpfe aus meinem Kleid. Qualvoll langsam, hebe ich das Kleid vom Boden auf und hänge es an seinen Kleiderbügel auf. Das nur in meiner Unterwäsche bekleidet, husche ich aus der Tür und lasse Nick, mit weit ausgerissenen Augen sitzen. Meine Reize habe ich hoffentlich gut in Szene gesetzt.
In einem Handtuch eingewickelt tapse ich zurück in mein Zimmer. Hinter mir schließe ich die Tür und entdecke Nick nicht mehr auf meinem Bett sitzen, sondern auf meinem Schreibtischstuhl. Er lehnt mit seinen Ellenbogen auf seinen Knien vorgebeugt und mustert mich von oben bis unten. Schlussendlich bleibt sein Blick an meinen Augen hängen.
„Das war ganz schön fies, das ist dir hoffentlich klar, oder?“, entgegnet er mir und atmet hörbar schwer aus. Ich kichere in mich hinein. Das ist mir so was von klar.
Mit leichten Schritten gehe ich zu meiner Kommode, die sich neben meinem Schreibtisch befindet und fische Unterwäsche heraus, die ich demonstrativ bereitlege, bevor ich mir an dem Handtuch zu schaffen mache. Aus dem Augenwinkel kann ich erkennen, dass Nick jeder kleinsten Bewegung von mir folgt.
„Toni, bitte..“, raunt er und sein Atem ist flach.
„Was denn?“, flüstere ich heiser und gehe einige Schritt auf ihn zu.
„Das weißt du ganz genau“, kommt es von ihm, noch immer hat er meine Finger, die sich am Saum des Handtuches befinden, genau im Blick. Als ich so weit bin, das Handtuch fallen zu lassen, schnappt er mich und zieht mich auf seinen Schoß.
„Lass das. Ich versuche mich hier wirklich zu beherrschen und du machst es mir mehr als nur schwer, dir zu widerstehen“, murmelt er mir ins Ohr. Durch seinen plötzlich heftig einsetzenden Atem stockt mir der Atem. Ebenso die Beule, die sich durch Handtuch und seine Anzughose, an mich schmiegt. Es heizt mich leider nur noch mehr an.
„Ich kann dich also gar nicht überzeugen?“, stoße ich hervor und reibe mich an besagter Gegend an ihm. Er legt seinen Kopf in den Nacken und stöhnt leise auf.
„Wenn du so weiter machst, ganz bestimmt, aber ich bitte wirklich, es zu lassen“, keucht er und ich kann in seiner Stimme die pure Lust nach mir hören und gleichzeitig den Zwiespalt.
Es scheint, wie verhext zu sein.
„Wie wäre es, wenn wir jetzt einfach schlafen gehen und du morgen deine Sachen packst?“
Ungläubig sehe ich in seine verträumten Augen. Wo sollen wir denn hin? „Wofür soll ich denn packen?“
„Bis zu deinem Studium sind es noch ein paar Wochen. Wie wäre es, wenn du für eine Weile mit mir nach Köln kommst? Ich denke, dort könnten wir ein wenig ungehemmter sein, als hier“, bekundet er und streicht mir die Haare auf dem Gesicht, die sich aus meinem Dutt gelöst haben.
„Das wäre großartig“, strahle ich über das ganze Gesicht. Das ist genau das, was wir jetzt gebrauchen. Ein wenig Zeit für uns und eine Stadt, in der wir ohne seltsame Blicke unterwegs sein können.
♥
Doch bevor ich mich daran mache, meinen Koffer für eine unbestimmte Zeit zu packen, müssen es meine Eltern absegnen. Ich bin guter Dinge. Meine Mutter hat mir gestern bewiesen, dass ihr mein Wohl wirklich am Herzen liegt. Sie sieht nun endlich ein, wie sehr ich Nick liebe und mit ihm zusammen sein möchte. Und wenn das nicht zieht, gibt es immer noch meinen Vater.
„Findest du nicht, Abzugshose und ein weißes Hemd sind ein wenig overdressed für ein Frühstück mit meiner Familie?“, ziehe ich Nick auf, der vor dem Spiegel steht und sich sein Hemd zuknöpft. Nicht, dass mir dieser Anblick nicht gefallen würde, denn das tut er. Und zusammen mit den verwuschelten Haaren, die in allen Richtungen abstehen, würde ich ihn am liebsten wieder ins Bett zehren.
„Meine Klamotten für ein gemütliches Frühstück an einem Sonntagmorgen, mit der Familie meiner Freundin, habe ich leider im Hotel vergessen. Mein Plan für den gestrigen Abend, sah ein klein wenig anders aus“, kontert er und versucht mir mit seinem blauen Auge zuzuzwinkern. Noch immer ist es blau und lila. Tim hat ihn ordentlich erwischt, davon wird Nick noch eine Weile was haben. Der einzige Trost ist, dass Marlon ihn das Gleiche hat spüren lassen.
„Ach, was hattest du denn geplant?“, erkundige ich mich, erhebe mich vom Bett, um meine Arme von hinten an ihn zu schließen. Die Neugierde in mir ist geweckt, obwohl ich mir nur zu gut ausmalen kann, was er für den Abend meines Abschlussballs ausgeheckt hat. Immerhin war von einem Hotelzimmer die Sprache.
„Das überlasse ich deiner Fantasie“, lacht Nick, krempelt sich die Ärmel nach oben und fährt sich gekonnt durch die Haare, damit sie ihre gewohnte Form annehmen.
Am Frühstückstisch sitzen bereits mein Vater und Marlon. Marlon in sein Handy vertieft und mein Vater in die Zeitung, in seinen Händen. Nick nimmt einen tiefen Atemzug. „Guten Morgen“, räuspert er sich und die beiden Männer am Tischen sehen auf.
„Guten Morgen, ihr beiden. Gut geschlafen?“, erkundigt sich mein Vater, mit einem speziellen Grinsen auf den Lippen, dass dazu führt, dass Nick ein panisches Gesicht macht und mir einen Hilfe suchenden Blick zuwirft.
„Wir haben hervorragend geschlafen“, antworte ich meinem Vater und ziehe Nick zum Tisch. „Danke der Nachfrage“, rolle ich mit den Augen und wir nehmen Platz.
Der Tisch ist wie früher immer voll gedeckt. Das dieses Schuljahr ein seltener Anblick war. Entweder war ich bei Nick, bin früher in die Schule gefahren oder habe es nicht aus dem Bett geschafft.
„Kaffee?“, fragt mein Vater und sieht zwischen mir und Nick her.
„Was für eine Frage“, entgegne ich meinen Vater.
„Gerne“, antwortet Nick.
Mein Vater zeigt einen Daumen nach oben, steht auf und geht in die Küche.
„Also ich habe wirklich nichts gegen Sie, aber mit meinem Lehrer am Frühstückstisch zu sitzen, fühlt sich trotzdem komisch an, Herr Engel“, bekundet Marlon und legt sein Handy zur Seite, um sich den letzten Pfannkuchen zu nehmen.
„Ich bin nicht mehr dein Lehrer, fangen wir vielleicht mal damit an, dass du mich nicht mehr Herr Engel nennst, sondern Nick“, erläutert Nick ihm.
„Was?“, platzt es aus mir heraus. „Wie kannst du ihm das anbieten? Vielleicht wirst du wieder sein Lehrer. Es wird schwer für ihn, wenn er dich hier Nick nennt und dort Herr Engel. Nicht, dass ihm einmal dein Name herausrutscht“, halte ich an Nick, der mich entsetzt anschaut.
„Weißt du, ich..“
„Hier, eure Kaffees“, kommt mein Vater durch die Tür herein und reicht uns beiden die Tassen und setzt sich zu uns.
„Danke“, nickt ihm Nick zu.
„Was habt ihr heute geplant?“, erkundigt sich mein Vater bei uns und macht sich an sein Essen, das auf seinem Teller vor ihm liegt. Im selben Moment kommt meine Mutter durch die Tür, mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und setzt sich mit einem Teller voll dampfender Pfannkuchen zu uns.
„Nun“, setzt Nick an und die Anspannung steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Ich würde Toni gerne mit nach Köln nehmen, für die nächsten Wochen. Bis zum Beginn ihres Studiums sind es noch ein paar Wochen und ich habe ebenfalls ein paar unterrichtsfreie Wochen.“
Vor uns finden wir zwei bleich werdende Gesichter.
„Ich bin 18, Mama, vergiss das nicht und die Schule ist vorbei“, argumentiere ich und bin bereit noch mehr Argumente auf den Tisch zu bringen, falls sie ihre Meinung Nick und meinem Glück geändert haben sollte.
„Du kannst die Krallen wieder einfahren, Toni“, stellt meine Mutter klar und nimmt ihr entspanntes Gesicht wieder ein. „Das ist eine tolle Idee. Nach dieser aufregenden Zeit, tut es euch sicher gut, wenn ihr ein wenig Zeit zu zweit genießt, bevor die Zeit des Studiums anfängt.“
Mir fällt die Kinnlade runter. Noch immer kann ich nicht fassen, dass meine Mutter sich in den letzten 24 Stunden um 180° gedreht hat. Sie hat mir allen Ernstes erlaubt, mit meinem Lehrer für die nächsten Wochen nach Köln zu fahren? Nein, Stopp. Mit meinem Freund. Gott, fühlt sich das gut an. Mein Freund. Das gefällt mir. Sehr.
„Dein Ernst?“, frage ich verwirrt.
„Sicher“, erwidert sie und nimmt einen großen Schluck Kaffee. Mein Blick führt zu meinem Vater, der mal wieder nur seinen Daumen nach oben zeigt und somit seine Zustimmung vermittelt.
„Danke“, krächze ich, noch immer unsicher und beginne mir das Frühstück schmecken zu lassen, bevor sie ihre Meinung ändert.
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Hallo Leute :)
Endlich haben es die beiden geschafft. Die Schule ist vorbei und sie sind mit einem blauen Auge davon gekommen.
Und jetzt, geht es auch noch für die nächsten Wochen nach Köln.
Was meint ihr, wie wird es den beiden gut tun? Ich denke schon. Und wer weiß, was dort noch alles passiert :)
Ich hoffe, ihr habt bemerkt, dass es keinen fiesen cliffhanger gab :P
Eure Liarie ♡
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