15. Kapitel
Man kann sich an alles gewöhnen, richtig? Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und je öfter sich etwas wiederholt, umso normaler wird es. Und genau das ist mit Tim und mir geschehen.
Ich habe zu Tims Engagement 'Ja' gesagt und was ich bis jetzt sagen kann, dass es sich besser anfühlt als gedacht. Wir sind kein Paar, aber mehr als nur Freunde. Wir unternehmen viel gemeinsam, tun Dinge, die uns aussehen lassen, als wären wir ein Paar.
Jeden Morgen holt mich Tim von meinem Auto ab, begrüßt mich mit einem innigen Kuss und begleitet mich Hand in Hand in den Unterricht. Während der Schule weicht er mir kaum von der Seite und verbringt die Pausen mit mir und Thea. Wir verbringen viel Zeit zu dritt oder gar zu viert, denn Marlon zählt seid Neustem zu unserem Freundeskreis dazu.
Schön und besorgniserregend zu gleich, denn manchmal bin ich mir nicht sicher, ob Marlon wirklich so viel Zeit mit Thea, Tim und mir verbringen möchte oder ob er der Meinung ist, ich bräuchte einen Beschützer. Für ihn sieht es eindeutig aus, als wären Tim und ich ein Paar. Doch da er mich nie auf die Definition zwischen Tim und mir gefragt hat, weiß er nicht über unser genaues Verhältnis Bescheid. Für ihn muss es aussehen, als stürze ich mich direkt in die nächste Beziehung, doch so ist es nicht. Wie Tim sagte, wir haben einfach nur Spaß.
Ich habe Tim noch nicht einmal mit nach Hause gebracht, doch auf magische Art und Weise, hat meine Mutter Spitz bekommen, dass es wieder jemanden in meinem Leben gibt. Dass Marlon seine Finger im Spiel hat, darüber bin ich mir sicher.
Seitdem verhält sie sich anders. Ihre Haltung mir gegenüber ist nicht mehr misstrauisch, denn immerhin hatte sie „recht", was meine Gefühle für Nick anging. Ihrer Meinung nach, kann das, was ich für Nick empfunden habe, keine wahre Liebe gewesen sein, wenn ich mich schon jetzt wieder in eine neue Beziehung eingehe.
Das Tim und ich kein Paar sind, habe ich ihr verschwiegen. Soll sie doch denken, dass ich Nick vergessen habe. Umso beruhigter ist sie, dass es den Anschein macht, als würde ich mein Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Und auch wenn aus Tim und mir niemals etwas Ernstes entstehen wird, fühle ich mich wohl und, ist das nicht die Hauptsache?
Meinen Vater habe ich eingeweiht, denn ich war ihm ein klärendes Gespräch schuldig, was Nick angeht. Zumindest weiß er, dass das zwischen Tim und mir nichts Ernstes ist, sondern wir gerne Zeit miteinander verbringen. Seine Worte dazu waren „Solange es dir dabei gut geht, ist es für mich in Ordnung", etwas anderes habe ich von ihm nicht erwartet.
Und es geht mir wirklich gut damit. Tim tut mir gut. Nachdem was alles war, hat er es tatsächlich geschafft, dass meine innere Stimme, die mich so oft es ging, an Nick erinnert hat, für ein paar Stunden zu verstummen. Noch immer denke ich an ihn, aber nicht, wenn ich bei Tim bin. Ich musste erst lernen, nicht alles kaputt zu denken und durch Tim, das kleine Stück Glück zu akzeptieren, dass er in mein Leben gebracht hat.
Und wer hätte es gedacht, Thea ist ein riesiger Fan von Tim und mir geworden, obwohl sie als einzige von unserem Engagement Bescheid weiß. Ihr ist durchaus bewusst, dass Tim und ich nur etwas Lockeres am Laufen haben und er mir über Nick hinweg hilft. Dennoch fädelt sie ständig irgendwelche Treffen für uns ein, um uns mit Fragen zu löchern und auf der Gefühlsebene näherzubringen. So wie dieses Wochenende.
Interessant und beunruhigend zu gleich, denn Tim und ich verbringen nie alleine, also so richtig alleine, Zeit zu zweit. Wir sind unterwegs. Gehen ins Kino, gehen Laufen oder eben Kaffee trinken. Aber dabei reden wir nie nie nie, über Gefühle und schon gar nicht über die Gefühle füreinander. Wir haben bisher auch noch nicht miteinander geschlafen. Über ein paar heiße Küsse, ging es nicht drüber hinaus. Zumal ich zugeben muss, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich zu diesem Schritt bereit bin. Unser erster Kuss in der Öffentlichkeit hat mich viel Überwindung gekostet.
Thea war der Überzeugung, dass es eine hervorragende Idee sei, wenn wir uns zu viert bei Marlon und mir treffen und den Whirlpool in unserem Garten einweihen. Passend zu dem Wetter könnten wir Grillen und ein paar Spiele spielen.
Zu Beginn war ich alles andere als dafür, denn Tim hat meine Eltern noch nicht kennengelernt und ich auch noch nicht seine. Denn so etwas ist das zwischen uns nicht. Es war nie die Rede davon, dass wir unsere Familien kennenlernen, dann wäre es zu offiziell. Und das ist es nicht. Zwar wissen sie von Tim und das reicht. Falls es irgendwann etwas Ernstes werden sollte, erfahren sie noch früh genug davon.
♥
Zu meinem Glück habe ich es geschafft, unsere Eltern dazu zu bewegen, denn heutigen Abend Essen zu gehen und seit Ewigkeiten ein Kino von innen zu besuchen. Denn nachdem Thea nicht von ihrer Idee abzuhalten war, dass sie Tim zu uns nach Hause einlädt, musste ich mir etwas einfallen lassen. Und was würde besser passen, als ein romantischer Abend mit guten Essen und einem Film? Zumal sie sich durch mich sehr stark distanziert haben.
Mein Vater, der meine Gefühle für Nick nicht unbedingt für gut empfindet, sie jedoch nachvollziehen kann und sie lernen kann zu akzeptieren. Auf der anderen Seite, meine Mutter, die alles dafür getan hat, dass Nick aus meinem Leben verschwindet.
„Das Grillgut, der Salat und die Getränke stehen bereit. Der Grill heizt ein und Badehandtücher für den Whirlpool liegen in Greifnähe", zähle ich auf und werfe einen letzten prüfenden Blick durch den Garten. Alles ist fertig und liegt an Ort und Stelle, nur ich muss mich noch für den Abend umziehen. Marlon liegt bereits in seiner Badehose, auf einem der Sonnenliegen und wartet auf unsere Gäste. Unser Deal ist es, dass ich alles vorbereite und er das Essen auf dem Grill zubereitet. Für mich ein fairer Deal.
Bevor Thea und Tim hier eintrudeln, laufe ich geschwind nach oben in mein Zimmer, um mich für die 'Poolparty' herzurichten. Aus meiner Kommode ziehe ich meinen weißen Bikini mit den goldenen Akzenten heraus, den ich letzten Sommer so gerne getragen habe. Schnell entledige ich mich meiner kurzen Hose und meinem Top und werfe mir den Bikini über. Doch da es mir nur im Bikini, ein wenig zu freizügig ist, gehe ich an meinen Schrank, um einen meiner luftigen Cardigan überzuziehen.
Nachdem ich meinen halben Kleiderschrank vor mir ausgeleert habe, halte ich ihn in den Händen. Nicht meinen Cardigan, sondern seinen Hoodie. Der Hoodie, den er mir nach Marlons Party, bei sich Zuhause überreicht hat. All die Monate habe ich ihn hier in meinem Schrank versteckt. Er ist in Vergessenheit geraten, denn nicht mal, an dem Tag, als ich mich von Nick verabschiedet habe, habe ich ihm den Hoodie zurückgegeben.
Wie von Zauberhand, führen meine zittrigen Hände den Pullover, nah an mein Gesicht ran, sodass der schwache Geruch, den der Hoodie noch an sich trägt, sich zu meinen Sinnen drängt. Unweigerlich kann ich eine flüchtige Träne nicht zurückhalten und sie rinnt heiß meine Wange herab.
Erinnerung für Erinnerung ploppt vor meinem inneren Auge auf und meinem Herz wird einen schmerzhaften Stich versetzt. Mehr und mehr wird mir bewusst, dass meine Wunden, die durch unsere Trennung verursacht wurde, noch lange nicht verheilt sind. Mein Herz hängt noch viel zu stark an Nick. Das Band zwischen uns ist noch immer vorhanden.
Ich drücke den Pullover fest an mich und nehme einen letzten tiefen Atemzug in mich auf. Jede Sekunde wird es an der Tür klingeln. Ich kann und darf mich jetzt nicht meinen Gefühlen für Nick hingeben, das würde den Abend zerstören. Und genau in dieser Sekunde ertönt der Ton unserer Türklingel. So schnell ich kann, knülle ich unordentlich den Hoodie zusammen und verstaue ihm im hinteren Teil meines Kleiderschrankes. Wo er für den heutigen Abend, hoffentlich in Vergessenheit gerät.
Als ich unten ankomme und nach draußen in den Garten trete, befinden sich Thea und Tim schon draußen im Garten und sitzen mit Marlon versammelt an unserem großen Tisch.
„Toni", ruft Thea, springt von ihrem Stuhl auf und kommt zu mir gelaufen. Sie schlingt ihre Arme um mich und drückt mich fest an sich. „Ich habe einen Plan für heute Abend", flüstert sie mir zu und zwinkert vielsagend mit dem Auge. Und ihr Blick verrät mir alles.
Ich schlucke schwer, ringe mir aber ein schwaches Lächeln ab, denn über Theas Schulter sehe ich Tim breites Lächeln, dass ich versuche zu erwidern. Egal was sie geplant hat, ich glaube kaum, dass ich dafür bereit bin. „Bitte nicht, Thea", flüstere ich zurück. Doch sie löst sich so schnell von mir, dass sie es unmöglich gehört haben kann.
Nach einem flüchtigen Kuss, zur Begrüßung, an Tim, setze ich mich neben ihn. Als wäre es selbstverständlich, findet seine Hand, meine, die auf meinem Bein ruht und mit jeder Sekunde feuchter wird. Es ist eine Berührung zwischen uns, die wir in den letzten Wochen so oft geteilt haben, aber in diesem Moment fühle ich mich dabei alles andere als gut.
Tim ist hier, ich sollte meine Gedanken ihm widmen. Tim ist hier, um mir ein gutes Gefühl zu vermitteln und mich meinen Schmerz vergessen zu lassen, aber meine Gedanken sind voll von Nick. Von wegen einfach abschütteln. Ich kann an nichts anderes denken.
Nick. Nick. Nick.
Und das während ich die Hand eines anderen halte. Das ist nicht richtig und Tim gegenüber alles andere als fair.
Und ich frage mich, warum ausgerechnet heute der Tag ist, an dem Tim meine Gedanken nicht leise stellen kann. Liegt es nur an diesem Hoodie?
„Ich habe Durst, ihr auch?", breche ich hervor, entziehe Tim meine Hand und stehe auf, um an den Tisch mit den Getränken zu flüchten.
„Sicher", erwidert Tim und ich spüre in meinem Rücken seinen intensiven Blick, der mich zu durchbohren droht. Mein plötzlich seltsames Verhalten scheint ihn zu verunsichern. Und mich auch.
Irgendwie haben wir es geschafft, das Essen hinter uns zu bringen, mit Gesprächsthemen, bei denen es mir schwerfiel, Fuß zu fassen und mitzureden.
Letztendlich haben wir uns vom Tisch erhoben und uns für den Whirlpool ausgezogen. Die Sonne ist inzwischen am Untergehen und flutet unseren Garten mit traumhaften orange, rote Farben. Wie ich das liebe. Es ist der perfekte Tag, für eine solche Poolparty.
Ich entledige mich meines Cardigan, hänge ihn über meinen Stuhl, drehe mich um und direkt vor mir steht Tim. Oben ohne. Zum ersten Mal sehe ich ihn so wenig bekleidet. Sein Oberkörper ist deutlich durchtrainiert. Eine harte Brust streckt sich mir entgegen, die in die definierten Bauchmuskeln übergehen, auf denen ich nur zu gerne meine Fingerspitzen fahren lassen würde, weiter hinab in das perfekt geformte V, das in seiner Badehose verschwindet. Ich muss schwer schlucken und Tims Räuspern, holt mich aus meinem Starren heraus und mein Blick fährt blitzartig hoch zu seinen leuchtenden Augen.
„Alles okay?", will er wissen und seine weißen Zähne, kommen zum Vorschein.
„Ja, sicher", antworte ich verlegen und fühle mich auf frischer Tat erwischt.
„Wollen wir uns abkühlen gehen?", versuche ich krampfhaft aus der Situation zu entfliehen.
Statt einer Antwort erhalte ich nur ein schelmisches Grinsen.
Alle zusammen haben wir im Whirlpool Platz gefunden und lauschen der Musik im Hintergrund und den immer wiederkehrenden Blubberblasen, die an unseren Ohren zerplatzen.
Thea, Tim und Marlon unterhalten sich angeregt über den bevorstehenden Abiball. Thea sitzt im Veranstaltungskomitee und sucht händeringend nach Leuten, die am Tag der Veranstaltung die Dekoration aufhängen, die Tische bereitstellen und natürlich die Bühne aufzubauen, auf der die Band spielen soll.
Immer zu versuche ich, dem Gespräch zu folgen und mich einzubringen, aber mein Versuch, am heutigen Abend, nicht an Nick zu denken, ist kläglich gescheitert. Zumindest muss ich nicht weinen. Etwas Positives.
„Was sagst du, Toni?", unterbricht Thea meine Gedankentirade. Zum Glück.
„Wozu?", gestehe ich verlegen und streiche mir eine locker gewordene Haarsträhne wieder hinters Ohr.
„Wir wollen nächste Woche in die Stadt fahren. Ich brauche noch ein Kleid, hast du deins schon?", wiederholt Thea zerknirscht ihre Frage, die sie scheinbar nicht zum ersten Mal stellt.
Ein Kleid. Richtig. Für den Abiball.
„Nein, ich habe noch kein Kleid."
„Perfekt, dann lass uns am Montag nach der Schule eins kaufen gehen."
„Sicher", lächle ich ihr krampfhaft zu. Ich gehe davon aus, dass Tim und ich zusammen gehen werden, aber wir haben darüber noch nicht gesprochen. Und ich werde ihn ganz sicher nicht fragen. Manchmal frage ich mich, worüber wir überhaupt reden.
„Ach und du, Tim. Dich brauche ich an Tag des Abiball! Wir brauchen noch ein paar starke Männer, die uns beim Schleppen helfen können und Toni, du, du übernimmst die Dekoration", teilt uns Thea ungefragt einfach ein, während sich Marlon ins Fäustchen lacht, da er noch ein Jahr hat, bis es bei ihm so weit ist.
„Du brauchst gar nicht so zu lachen, Herr Thaler. Wir können jede helfende Hand gebrauchen!", droht Thea ihm und zieht gespielt ernst ihre Augenbraue in die Höhe.
„Tim, ich glaube, uns hat die Playstation aus dem Wohnzimmer gerufen. Hast du das auch gehört?", übt sich Marlon in einem Ablenkungsmanöver und steigt überstürzt aus dem Whirlpool. Dabei spritzt er uns eine Menge Wasser ins Gesicht. Tim beginnt laut aufzulachen und begibt sich in Bewegung, um Marlon zu folgen. Doch diese Rechnung hat er nicht mit Thea gemacht. Demonstrativ, stellt sie sich ihm in den Weg.
„Nichts da. Du bleibst hier. Ich diskutiere das mit Marlon aus, der kann sich nicht so einfach davor drücken", verdeutlicht sie Tim, der sich langsam aber sicher, wieder zurück auf seinen Platz sinken lässt. Unterdessen zwinkert mir Thea vielsagend zu.
Jetzt weiß ich, was sie damit meinte „Ich habe einen Plan für heute Abend". Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob ihr Plan war, dass Marlon sich an den Vorbereitungen beteiligt oder dass sie Tim und mich, leicht bekleidet, in einem Whirlpool alleine lässt. Aber jetzt, wo ich so darüber nachdenke, glaube ich, dass es das zweite ist.
Noch bevor mein Hirn ihrem Plan folgen konnte und dagegen protestieren wollte, war Thea schon mit Marlon im Haus verschwunden. Und so waren Tim und ich, halb nackt, in einem angenehm kühlen Pool. Noch vor ein paar Stunden, wäre das gar kein Problem gewesen, jetzt fühle ich mich schuldig, weil meine Gedanken nicht ihm gehören. Dabei meint es Tim die letzten Wochen so gut mit mir.
„Wie wäre es, wenn ich mit euch die Kleider aussuchen komme?", fragt Tim plötzlich und rückt auf den Platz neben mich. Obwohl wir uns nicht berühren, fühlt es sich durch das sich bewegende Wasser so an, als hätte er mich gestreichelt.
„Willst du dir das wirklich antun?", frage ich verwirrt und lege meine Stirn in Falten. Warum sollte er das wollen? Welcher Typ geht denn gerne Kleider Shoppen? Bruno fand es grauenhaft, mit mir in die Stadt zu fahren. Selbst, wenn ich mir neue Unterwäsche gekauft habe.
„Ja na klar."
„Warum?", lache ich nun und kann noch immer nicht seinen Worten Glauben schenken. Er will mich doch für dumm verkaufen.
Nicht sofort kommt eine Antwort von Tim, erst nimmt er einen tiefen Atemzug, schließt seine Augen, bevor er mich mit seinen funkeln Augen anschaut.
„Ich habe noch keine Fliege für meinen Anzug und würde sie gerne auf dein Kleid abstimmen."
„War das gerade deine verdrehte Art zu fragen, ob ich deine Begleitung für den Ball bin?", platzt es aus mir heraus und ich beiße mir auf die Lippen, weil mich seine Unsicherheit verblüfft. So habe ich Tim schon lange nicht mehr erlebt. Oder vielleicht noch nie? In meinen Gedanken habe ich immer wieder Szenarien im Kopf, wie er auf Tinas Party mit seinem one-night-stand prahlt.
„Nun ja, ich dachte, wir verbringen sowieso so viel Zeit zusammen, dass das dann nicht ganz so abwegig wäre, wenn wir zusammen hingehen würde?", horcht er nach und schließt die Distanz zwischen uns, indem er seinen Arm um mich legt.
„Da stimme ich dir zu", erwidere ich und lächele schwach.
„Hey! Das erste Lächeln, das ich heute an dir sehe", bemerkt er und drückt mich an sich, sodass ich meinen Kopf an seiner Schulter ablege. Es ist ihm also aufgefallen, dass ich heute nicht ganz bei der Sache bin. Und so schnell das schwache Lächeln kam, ist es auch schon wieder verschwunden und verwandelt sich in ein schlechtes Gewissen. Was mache ich hier nur?
„Was ist los, Toni? Ich sehe doch, dass dich etwas den letzten Nerv kostet", stellt er fest und streicht über meine Schulter und vermittelt mir so das Gefühl, dass ich mich ihm anvertrauen kann. Und gerne würde ich dieses Angebot annehmen, aber das kann ich Tim nicht erzählen. Es würde ihn verletzten und das will ich nicht. Auch wenn das, was zwischen uns keine Beziehung ist, bedeutet er mir etwas und ich bin mir sicher, dass ich ihm auch etwas bedeute.
„Du hast recht, es bedrückt mich tatsächlich etwas, aber damit möchte ich dich nicht belasten", gebe ich ihm zu verstehen und balle meine Hände, denn ich weiß nicht, wohin damit. Sie auf meine Beine zu legen, wirkt zu steif und sie auf seinen Knien, fühlt sich falsch an.
„Daher weht also der Wind", sagt Tim und zieht scharf die Luft ein. „Es geht um ihn." Dass ihn betont er so, dass wir beide genau raushören, dass er damit meinen Exfreund meint. Es ist seit langem das erste Mal, dass er ihn anspricht. Das Thema umgehen wir in der Regel auch. Und deshalb wird mir in diesem Moment zunehmend unbehaglicher.
Statt einer Antwort nicke ich lediglich. Es zu verleugnen, auch wenn ich nicht darüber sprechen möchte, scheint mir lächerlich zu sein.
„War er hier?", will er wissen und ich spüre an der Stelle seiner Schulter, auf der noch immer mein Kopf ruht, dass er sein ganzer Körper sich anspannt. Was ist das für ein Verhalten?
„Nein", antworte ich leise, doch in Wirklichkeit, würde ich es gerne bejahen.
„Hat er dich kontaktiert? Hat er dich belästigt oder will er dich wieder zurück?" Tims Stimme ist so hart und kurz angebunden, dass ich mich frage, ob er meine Nähe unangenehm findet, doch noch immer, streicht er vorsichtig über meinen Arm.
„Nein, nein und nein. Nichts von all dem. Ich hatte heute nur einen kleinen Rückfall, das ist alles", erkläre ich mich und klopfe mir selbst auf die Schulter, denn das ist die reine Wahrheit.
„Gut", sagt Tim und langsam entspannt er sich wieder und seufzt laut auf.
Marlon und Thea sind noch immer nicht zurück aus dem Haus und Tim und ich beobachten, noch in unsere Handtücher eingepackt, liegen wir auf den Sonnenliegen, die Sterne am klaren Nachthimmel. Die Stimmung zwischen uns ist deutlich besser geworden und Tim und ich konnten wieder über alles Mögliche reden. Wie zum Beispiel über die Sommerferien, die schon bald anstehen werden. Er möchte mit ein paar Freunden ans Meer fliegen und hätte mich und Thea gerne dabei. Seine Eltern haben ein Strandhaus in Kroatien, dass genügend Platz für bestimmt acht Leute hat.
Und tatsächlich bin ich von der Idee sehr angetan, bevor das Jurastudium anfängt, nochmal richtig Urlaub zu machen. Zu feiern und zu entspannen.
Noch eine ganze Weile liegen wir einfach da und Tim verschränkt unsere Hände miteinander. Behutsam streicht er mit dem Daumen über meinen Handrücken. Ich genieße seine Berührung.
„Darf ich dich etwas fragen?", fängt Tim plötzlich an und ich drehe meinen Kopf zu ihm um.
„Natürlich", erwidere ich leise und lächele ihn an. Seine Gesichtszüge sind ernst.
„Antwortest du mir auch ganz ehrlich?", bohrt er nach und ich bekomme das Bedürfnis meine Hand aus seiner zu entziehen, doch Tim verschränkt sie stärker mit meiner.
„Kommt auf die Frage an", erwidere ich unsicher und das Lächeln auf meinen Lippen verschwindet.
„Hmm.. Damit habe ich gerechnet", sagt er mehr zu sich selbst, als zu mit uns richtet seinen Blick von mir auf, nach oben in den Sternenhimmel. „Du hast mir bis heute noch nicht verraten, wer derjenige ist, der dir so sehr das Herz gebrochen hat."
Mir stockt der Atem. Ich bin nicht überrascht, damit habe ich gerechnet, aber dennoch ist es eine überfordernde Frage, die mich tief trifft.
„Das ist egal", tue ich ab und versuche erneut meine Hand aus seiner zu ziehen, diesmal mit Erfolg.
„Für mich nicht", kontert Tim und richtet sein Gesicht wieder zu mir, aber diesmal weiche ich seinem Blick aus.
„Sollte es aber", bocke ich sichtlich verärgert und verschränke meine Arme vor der Brust, wie ein stures Kind. Ich habe Nick versprochen, dass das zwischen uns ein Geheimnis bleibt, da werde ich es jetzt nicht preisgeben, auch wenn er nun nicht mehr dafür belangt werden kann.
„Soll ich mal raten?", fordert er mich auf und ich spüre seinen intensiven Blick auf mir ruhen, doch ich weigere mich, ihn anzusehen.
„Nein."
„Toni, ich kann eins und eins zusammen zählen. Dass er älter war, der Zeitpunkt der Trennung, der plötzliche Wechsel,.."
„Bitte lass das. Ich weiß, dass du deine Vermutungen hast, aber bitte behalte sie für dich. Ich würde sie nur abstreiten."
„Na gut", gibt sich Tim geschlagen und dreht sich wieder auf den Rücken. Endlich gibt er sich geschlagen.
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Hallo Leute,
Bei Toni und Tim scheint es ganz gut zu laufen, bis auf das ein oder andere Thema.. :P
Aber ich finde, Tim ist ein sehr aufmerksamer "nicht Freund" oder was sagt ihr? Ich hoffe, ihr gebt ihm eine Chance.
Und Thea scheint es Faust dick hinter den Ohren zu haben. Sie wird bei den beiden nicht locker lassen.
Was meint ihr, wird Toni ein Kleid finden?
Ein schönes Wochenende!
Eure Liarie ♡
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