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Ich stand am Türrahmen und betrachtete Ni-ki, der immer noch in der Badewanne saß, die Blicke in den Raum umherschweifend, als hätte er noch nie in einem richtigen Zimmer einen so intimen Moment erlebt.
Es war merkwürdig, wie er sich bewegte, wie er so anders war, als alles, was ich kannte.
Nach einer Weile kam er heraus und ich gab ihm ein Handtuch, damit er sich abtrocknen kann.
Als Ni-ki aus der Badewanne trat, war er noch immer von Dampf umhüllt, der die Luft im Raum benebelte.
Der Moment, in dem er sich abtrocknete, war wie eine sanfte Entfaltung, als würde sich eine verborgene Melodie in der Stille des Zimmers abspielen.
Seine Haut war noch immer blass, aber jetzt schien sie noch weicher und fast durchscheinend im Licht der Lampe.
Sie glänzte leicht, noch feucht vom Wasser und an manchen Stellen hatte der feuchte Stoff des Handtuchs ihre Konturen betont.
Seine Arme, die so zart wirkten, als hätte niemand sie je berührt, zogen sich in einer stillen Eleganz durch den Raum.
Aber es war sein Gesicht, das meine Aufmerksamkeit fesselte.
Ein Tropfen Wasser fiel von seinem Kinn, seine Augen schimmerten still und unergründlich, als er sich einen weiteren Tropfen von der Stirn wischte.
Das nasse Haar, das noch immer an seinem Kopf klebte, hatte sich nun in eine leicht gewellte Struktur verwandelt.
Einzelne Strähnen hingen ihm in sanften Locken ins Gesicht, die er mit einer Hand beiseite schob.
Es war, als ob die Zeit in diesem Moment innehielt, als ob seine ungestüme Erscheinung, die nie so recht zu dieser Welt passte, genau in dieser Instantschönheit zur Ruhe kam.
Es war seltsam, wie sehr er mich fesselte – wie eine symphonische Melodie, die nur ich zu hören schien. Jede Bewegung, jeder Tropfen Wasser, der von seiner Haut glitt, schien eine eigene Bedeutung zu haben.
In seinen Augen war etwas Unbeschreibliches, als ob sie unendlich viele Geschichten erzählen könnten, ohne je ein Wort zu verlieren.
Er war so zerbrechlich und gleichzeitig so vollkommen.
Ein Kunstwerk in Bewegung, von dem ich nicht wusste, wie ich es jemals wirklich fassen konnte.
Ich holte tief Luft und fuhr mit den Gedanken fort.
„Komm, wir gehen ins Schlafzimmer“, sagte ich schließlich und streckte ihm die Hand entgegen.
Ein kleines Lächeln spielte auf meinen Lippen, als er mich mit diesem fragenden, aber auch neugierigen Blick ansah.
Es war immer wieder faszinierend, wie er so viele Dinge gleichzeitig nicht verstand und doch so viel wusste.
Ich führte ihn ins Schlafzimmer, wobei ich versuchte, mir keine Gedanken darüber zu machen, wie seltsam es sich anfühlte, ihn so nahe zu haben.
Der Raum war einfach und bescheiden eingerichtet – ein Bett, ein Schreibtisch, ein kleiner Stuhl und eine Kommode.
Nichts Auffälliges, aber auch nichts, das mir je zu fehlen schien.
„Hier, du kannst dir etwas anziehen“, sagte ich, als ich den Schrank öffnete und ein paar Sachen hervorholte.
Ich griff nach einer schwarzen Hose und einem grauen Sportshirt, das ich seit einiger Zeit nicht getragen hatte.
Ni-ki nahm die Kleidungsstücke und betrachtete sie mit einer Mischung aus Neugier und Erstaunen.
„Das ist… sonderbar“, sagte er schließlich und zog eine Augenbraue hoch, als er die Sachen durchging. Seine Stimme war fast amüsiert, aber gleichzeitig wirkte er, als würde er sie genau studieren, als ob er versuchte, ihre Bedeutung zu entschlüsseln.
Ich konnte nicht anders, als zu schmunzeln.
„Ja, ich weiß. Nicht wirklich das, was man als außergewöhnlich bezeichnen würde. Aber vielleicht passt es ja für den Moment“, antwortete ich, während ich ein wenig unsicher wurde.
Ich wollte nicht, dass er sich unwohl fühlte, aber es war das Einzige, was ich hatte, das ihm irgendwie passen würde.
„Vielleicht könnten wir morgen etwas Passenderes für dich besorgen“, fügte ich hinzu.
Ni-ki nickte nur, als ob er damit einverstanden war, und begann, sich langsam umzuziehen.
In diesem Moment konnte ich nicht anders, als die Situation zu beobachten – die Tatsache, dass er einfach da war, so aus einer anderen Welt, und doch in meinem Raum, mit mir.
Diese Verbindung, die wir hatten, schien sich mit jeder Sekunde zu verstärken.
„Weißt du…“, begann ich, während er sich umzog,
„es fühlt sich seltsam an, dich hier zu haben. Du bist so anders. Und trotzdem bist du hier, als wäre es das Natürlichste der Welt.“
Ni-ki sah auf und schien meine Worte zu verarbeiten, als ob er sich darüber Gedanken machte, was sie bedeuteten.
„Es ist nicht schwer, hier zu sein“, sagte er leise.
„Du bist der Einzige, der mich nicht mit Furcht behandelt.“
„Das ist… vielleicht auch nur, weil ich es nicht anders kenne“, murmelte ich, als ich ihn ansah.
Irgendwie war es, als ob ich in diesen Momenten mehr über mich selbst erfuhr, als ich es je erwartet hätte. „Weil es… für mich nicht so schwer ist, zu verstehen.“
Es war merkwürdig, wie schnell man sich an jemanden gewöhnt, selbst wenn er aus einer völlig anderen Welt kam.
Nachdem Ni-ki sich schließlich angezogen hatte, drehte ich mich um und zeigte auf mein Bett.
„Du kannst dort schlafen“, sagte ich, wobei ich versuchte, ruhig zu klingen. „Ich werde auf der Couch schlafen.“
Ni-ki sah mich erneut mit diesem durchdringenden Blick an, als ob er etwas von mir erwartete, aber gleichzeitig unsicher war, wie er reagieren sollte.
Schließlich nickte er, aber seine Augen suchten meinen Blick.
„Schlafen… das tun Vampire auch?“
„Ja, wir schlafen“, antwortete Ni-ki ruhig, als ob er diese Frage schon oft gehört hatte.
„Es ist nicht der gleiche Schlaf wie bei euch, aber wir brauchen Ruhe.“
Seine Stimme war so ruhig, fast meditativ, während er weiter sprach. „Aber es ist anders. Der Schlaf ist nicht tief, nicht wie bei Menschen. Es ist mehr eine Art Erholung.“
Ich nickte, als ich seine Worte aufnahm.
Das war eine Information, die ich nicht erwartet hatte.
Ich dachte immer, Vampire wären durchgehend aktiv, nie in der Lage, wirklich zu schlafen.
Aber es war beruhigend zu hören, dass auch er irgendwie Ruhe brauchte, so wie jeder andere auch.
„Also, du kannst hier schlafen, und ich werde mich auf die Couch legen“, wiederholte ich, wobei ich versuchte, es so einfach wie möglich zu machen. Ich wollte nicht, dass er sich unwohl fühlte oder dachte, ich würde ihn von mir wegstoßen.
Ni-ki sah mich für einen Moment lange an, als ob er versuchte, den wahren Grund für meine Entscheidung zu ergründen.
Dann zuckte er mit den Schultern und ging langsam zum Bett.
„Ich verstehe“, sagte er leise.
Ich atmete tief durch, als er sich auf das Bett legte.
Der Raum war so ruhig, und obwohl wir uns beide nicht wirklich kannten, war ich mir irgendwie sicher, dass dies der richtige Weg war.
Wir waren beide in einer seltsamen Situation, und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass wir uns auf einem Weg befanden, den niemand von uns geplant hatte.
Doch für den Moment war es das Einzige, was zählte.
Ich ging zur Couch und ließ mich darauf nieder, den Kopf auf das Kissen sinken.
Doch bevor ich die Augen schloss, konnte ich Ni-ki noch hören, wie er sich im Bett umdrehte, sich in die Decke wickelte und in der Dunkelheit verschwand.
Wir beide waren in einer Welt, die so seltsam und unerforscht war, aber es fühlte sich irgendwie richtig an, mit ihm in diesem Raum zu sein.
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