III.*
Kapitel 3
Auf dem Weg von der Bushaltestelle, an der wir ausstiegen, zu der Ansammlung von Plattenbauten am Rande der Stadt, achteten Charlie und ich darauf, dass wir nicht verfolgt wurden. Da wir aber ohne weitere Komplikationen in der Gegend, in der Charlie wohnte, ankamen, ging ich davon aus, dass dem nicht so war. Was mich anstelle dessen mehr beschäftigte, war die Umgebung, in welcher wir uns befanden.
Denn wir liefen noch nicht unbedingt lange und mir waren schon zwei Männer entgegengelaufen, die wenig vertrauenswürdig ausgesehen hatten. Als Charlie und ich die Siedlung der Plattenbauten betraten, wurde mein Gefühl jedoch noch schlechter. Zwar spielten auf der einen Wiese Kinder Fangen, doch die Zustände der Häuser waren wirklich schockierend.
Die Farbe an den Wänden der Gebäude blätterte ab, wenn sie nicht bereits vollkommen verschwunden war und auch sonst würde ich nicht sagen, dass viel Geld in diese Häuser investiert wurde. Denn die Briefkästen waren gesprengt, fielen auseinander oder waren gar nicht exsistent. Die Türen waren hin und wieder ebenfalls kaputt, aber auf jeden Fall nicht sehr einbruchsicher, selbst wenn sie noch standen.
Charlie und ich liefen an einigen Häusern vorbei, bis wir schließlich an Einem Halt machten, welches ebenfalls gesprengte Briefkästen hatte. Das Haus war in einem hellen Ockerton mit leichtem Grünstich angestrichen. Wir steuern auf die Tür zu, aus der gerade ein alter Mann in Badeschuhen und zerissenen Shorts herauskam, der schrecklich hustete.
„Hallo Bernd", begrüßte Charlie ihn freundlich, als wir an dem Mann vorbeiliefen. „Wie geht's deiner Frau?" Der alte Mann blieb krächzend stehen, streckte seinen Rücken und brachte ein gezwungenes Lächeln hervor. Seine Zähne waren trotz seines Alters jedoch noch sehr gesund, wie ich feststellte.
„Sie hatte schon bessere Tage. Heute dachte sie, Lissie wäre noch am Leben. War nicht unbedingt einfach, ihr die Realität zu erklären, der arme Hund ist schon seit Jahren tot. Aber ich bleibe hoffnungsvoll. Ach ja, ich habe wieder eines dieser Pakete für dich bekommen. Komm nacher dann vorbei und hol es ab, okay?"
„Geht klar, soll ich dann irgendwas mitbringen, oder ist bei euch alles gut?", antwortete Charlie freundlich lächelnd, während er den Mann sorgvoll musterte, wobei sich eine kleine Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete. Plötzlich wirkte Charlie um einige Jahre älter.
„Ach, mein Bein macht heute sehr gut mit, ich gehe selbst zum Supermarkt, mach dir keine Sorgen. Wir sehen uns!", lehnte der Mann jedoch ab und setzte sich humpelnd in Bewegung.
„Bis dann", rief Charlie ihm noch hinterher, bevor er mich aufmunternd anlächelte und schließlich weiter in Richtung der Tür lief. Emotional betroffen folgte ich Charlie in den Eingangsbereich, in dem er gerade die Tür aufschloss.
„Du bist ja plötzlich sehr still", bemerkte Charlie und musterte mich kurz, als er die Tür öffnete und wir eintraten. Ich seufzte tief, während wir begannen, die Betontreppe hochzulaufen.
„Das sind alles sehr schockierende Eindrücke für mich", gestand ich offen, was Charlie dazu brachte, mir einen skeptischen Blick zuzuwerfen.
„Heißt das etwa, dass du so etwas wie Gefühle hast?", fragte er schließlich mit einer Trockenheit und Ernsthaftigkeit, als meinte er diese Frage ernst. Ich konnte nur hoffen, dass dem nicht so war.
„Du bist wirklich unverschämt", bemerkte ich verstört, da ich immer noch nicht verstand, wie Charlie nur so taktlos und unfreundlich sein konnte. Und das, während er eigentlich freundlich war. Ich seufzte ergeben, als ich feststellte, dass ich mir selbst widersprach.
„Ja danke, dessen bin ich mir bewusst", entgegnete Charlie grinsend, was mich zum Augenverdrehen brachte. Schließlich blieb er stehen und meinte: ,,Dritter Stock, wir sind da." Wir standen in einem Flur, der zu zwei Türen führte. Charlie steuerte die linke der Beiden an und zog seinen Schlüssel heraus, da fiel mir etwas ein.
„Warte", rief ich also, woraufhin Charlie die Hand mit dem Schlüssel wieder fallen ließ, mich genervt anguckte und zu fragte:
„Was?"
„Ich weiß, das ist dumm, aber eigentlich betretet man ja keine Wohnung von jemandem, den man nicht wirklich kennt", versuchte ich, ihm meinen Gedankengang zu erläutern. Charlie schob scheine Augenbrauen in die Höhe und guckte zweifelnd auf mich herab, was ich nur mit einem unschuldigen Schulterzucken beantwortete.
„Was erwartest du jetzt von mir? Dass ich dir meine Lebensgeschichte erzähle? Es war ein mal vor sehr langer Zeit, da wurde ein hässliches Baby geboren. Dieses wuchs zu dem schönsten Mann der Welt heran, welcher gerade vor dir steht. Zufrieden?"
Verwirrt erwiderte ich Charlies Blick. Ich schluckte überfordert, nicht wissend, was ich tun sollte. Schließlich nahm jedoch meinen Mut zusammen und fragte: „Kann ich immerhin wissen, wie alt du bist?"
Charlie schmunzelte sarkastisch. „Du willst wohl sichergehen, ob es legal ist, mit mir ins Bett zu steigen?" Geschockt riss ich meine Augen auf. Was hatte er gerade gesagt? War ihm das nicht unangenehm?
„Was nein, ich" Die Worte blieben mir im Hals stecken. Ich war vollkommen überfordert von dieser Situation.
„Ich bin 20", erklärte Charlie schließlich und ignorierte glücklicherweise mein peinliches Verhalten. „Aber ich habe in drei Monaten Geburtstag, also bin ich in meiner Vorstellung schon 21."
Vorsichtig lächelnd nickte ich und blickte peinlich berührt zu Charlie auf. Dieser legte seinen Kopf schief und fragte: „Darf ich jetzt die Wohnung öffnen, oder hast du immer noch Angst?"
Ich verdrehte die Augen und verlautete eingeschnappt: „Ich hab' keine Angst", was Charlie nur mit einem amüsierten Kopfschütteln beantwortete und schließlich die Tür aufschloss.
Wir betraten den wohl unordentlichsten Eingangsbereich, den ich jemals gesehen hatte. Denn Charlie sah wohl keinerlei Not darin, sich ein Schuhregal zuzulegen, was dazu führte, dass das Erste, was man erblickte, diverse Paar Schuhe waren, die frei herumlagen. Natürlich nicht geordnet. Einen wirklichen Eingangsbereich gab es in dieser Wohnung ebenfalls nicht, da das Wohnzimmer fast schon sofort begann. Zu sehen war eine große Couch, auf der verschiedene Bücher zu finden waren. Auf dem Couchtisch daneben befand sich ebenfalls eine Sammlung Bücher, gestapelt und kurz vorm Umfallen.
Dieses Konstrukt machte dem schiefen Turm von Pisa Konkurrenz.
Auf der rechten Seite des Sofas, also genau neben der Eingangstür, stand tatsächlich ein Regal. Dieses war jedoch mehr als überfüllt. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass Charlie so viele Bücher besitzen würde.
„Hat dir jemand einen Stock in den Arsch geschoben, oder warum bewegst du dich nicht?", erschien plötzlich Charlies Stimme dicht an meinem Ohr, da er direkt hinter mir stand und wohl darauf wartete, dass ich mich aus dem Eingang bewegte, damit er vorbeilaufen konnte. Womöglich hatte ich ein wenig zu lange auf ein und derselben Stelle gestanden, während ich die Wohnung begutachtet hatte.
So stolperte ich zwei Schritte nach vorne, woraufhin Charlie sich an mir vorbeidrängte und den Esstisch ansteuerte, der links von der Couch stand, auf dem er seinen Schlüssel ablegte. ,,Obwohl, den Stock hast du schon im Arsch, es wird also ein anderer Grund gewesen sein", überlegte Charlie dabei.
Ohne auf seine kindische Bemerkung einzugehen, stand ich weiterhin verloren im Raum herum und wusste nicht ganz, was ich machen sollte. Wie viele seltsame Situationen musste ich denn an einem einzigen Tag ertragen? War es nicht langsam genug?
„Also Prinzessin, fühl dich bitte einfach wie zu Hause und scheu dich nicht, dich zu bewegen. Das hier ist das Bad und daneben ist mein Zimmer." Charlie deutete auf die zwei Türen links von ihm. Die Küche und das Wohnzimmer waren nicht durch Wände getrennt, stattdessen dicht aneinander.
Ich starrte Charlie doch immer noch überfordet von dieser Situation an, der schließlich seufzte und meinte: „Du wirst auf der Couch schlafen, ich lege dir heute Abend alles, was du brauchst, parat. Wenn du Hunger hast, können wir gleich etwas essen und dann zu einer Freundin gehen, die ein Programm schreiben kann, dass nach allen Suchaufträgen und Veröffentlichungen deines Namens sucht, damit wir Bescheid wissen, falls jemand weiß, wo du bist. Das besprechen wir dann alles mit ihr, sie kennt sich gut aus. Sie kann dir dann vielleicht auch ein paar Sachen ausleihen oder so und was weiß ich, die Verwirrung aus deinem Gesicht bekommen, denn ich weiß gerade wirklich nicht, wie ich mit dir umgehen soll."
„Wie viel Uhr ist es denn?", fragte ich verwundert, nachdem ich genervt die Augen auf Charlies Bemerkung hin verdreht hatte. Es war durchaus so, dass ich verwirrt war, aber man konnte es mir schließlich auch kaum übel nehem. Mein Leben hatte gerade eine Kehrtwende gemacht und ich wusste wirklich nicht, wie ich damit umgehen sollte. Mein Kopf war nur noch ein Wirrwarr verrückter Gedanken, die ich alle nicht zuordnen konnte.
Was ich in diesem Moment gebraucht hätte, wäre eine Freundin zum Reden, die ich jedoch nicht hatte, denn all meine Freundinnen waren adlig, gut erzogen und verlogen. Um es also genauer auszudrücken, sie hätten mich augenblicklich verraten. Die einzigen Personen, denen ich hätte vertrauen können, waren unsere Haushaltshilfe Magda, die sich schon seit dem ich ein Kind war um mich gekümmert hatte und mein Onkel Ludwig. Onkel Ludwig war das schawarze Schaf der Familie. Eigentlich war er der Erstgeborene, da er zwei Jahre älter als mein Vater war, doch er hatte sich dagegen entschieden, die Firmen und jegliche Familientraditionen zu übernehmen.
Er war der festen Überzeugung, dass es nichts Sinnloseres und Zurückgebliebeneres als den Adel gäbe. Aus diesem Grund währte er sich sein ganzes Leben lang gegen seine Familie, die stolz darauf war, „blaues Blut" zu haben. Ich hatte ihn schon als kleines Kind immer toll gefunden. Auch wenn mich das mit dem Adel nicht unbedingt störte, es war mehr die Art und Weise, wie meine Mutter dachte.
Wenn ich mich jedoch nicht irrte, dann war Ludwig zu diesem Zeitpunkt in Venezuela und leitete ein Waisenhaus, also war da keinerlei Chance, ihn zu kontaktieren. Und Magda war viel zu nah am Geschehen. Das Fazit war also, dass ich alleine blieb. Und damit musste ich klarkommen. Ob ich das wollte, oder nicht.
„Victoria?", fragte nun Charlie nach, der mich verstört anguckte, während er sich an einem Stuhl des Esstisches anlehnte. Anscheinend war ich wieder in Gedanken gewesen. Ich sollte das wirklich in den Griff bekommen.
„Was ist?", wollte ich peinlich berührt wissen, während ich endlich meine Boots auszog, diese in die Ecke neben der Tür stellte und Charlie entgegen kam. Ich bemerkte dabei, dass Charlie zwar keinen Sinn für Ordnung hatte, seine Wohnung aber sehr sauber war.
„Ich habe dir mitgeteilt, dass es viertel nach drei ist, was du jedoch nicht beantwortet hast, also gehe ich mal davon aus, dass du es nicht gehört hast. Jedenfalls werde ich jetzt essen, hast du auch Hunger?"
Ich kam nun vor Charlie zum Stehen und lächelte, während ich ihm antwortete: „Ja, ich habe den ganzen Tag noch nichts gegessen. Es ist schon so spät?"
„Ja tatsächlich, das hat mich auch verwundert. Du hast all meine Pläne durchkreuzt, ist dir das bewusst? Jetzt war ich vollkommen umsonst in dieser Gasse", bemerkte Charlie, während er sich vom Tisch abstieß und in Richtung der kleinen Küche lief, die zwar ein wenig zusammengewürfelt, jedoch sehr ordentlich aussah.
„Was hast du dort überhaupt gemacht?"
„Das meine Liebe", meinte Charlie überfreundlich lächelnd, als er den Kühlschrank öffnete, jeodch weiterhin zu mir guckte. „Bleibt wohl für immer mein Geheimnis." Schließlich drehte er sich um und begutachtete den Inhalt seines Kühlschranks. Ich verdrehte daraufhin meine Augen und folgte Charlie in die Küche, der inzwischen eine Packung Fertig-Tortellini herausgenommen hatte und sich einen Topf nahm. „Sag mal, wieso hast du deinen Ehemann eigentlich nicht früher verlassen, sondern ausgerechnet heute?"
Ich spürte, sobald Charlie das sagte, einen Stich in meinem Herzen. Zwar sollte ich nicht so sensibel reagieren, doch die Erinnerungen waren noch so frisch, ich konnte nicht andres. „Er wurde nie mein Ehemann, das-" Schließlich seufzte ich und atme zittrig ein. „Ich muss auf die Toilette gehen."
Verwirrt drehte sich Charlie wieder zu mir und musterte mich aufmerksam. ,,Okay", meinte er schließlich zögernd und wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Essen zu. ,,Die linke Tür, sonst landest du in meinem Zimmer." Ohne weiter abzuwarten, stürmte ich in Richtung besagter Tür und schloss mich sofort im Badezimmern ein, was jedoch mehr Zeit als erwartet in Anspruch nahm, da der Schlüssel ein wenig klemmte.
Als sich Tränen in meinen Augen bildeten, ließ ich mich an der Tür auf den Boden sinken, während mein Atem immer unregelmäßiger wurde. Es waren Tränen der Verzweiflung und der Wut, die meine Augen herunter strömten und nicht aufhörten. Doch auch eine andere Emotion keimte in mir auf, die eindeutig unerwarteter war. Eine Emotion, die ich beim besten Willen nicht in diesem Kontext erwartet hätte.
Es war Trauer.
Ich weiß nicht, wieso, doch alleine der Gedanke an Jannis ließ mich vor Trauer aufschreien wollen. Ich war so verdammt enttäuscht von ihm! Wie konnte er mir das überhaupt antun? Wie hatte ich nicht gesehen, was mit ihm falsch lief? Wie hatte ich ihn nur für eine Sekund lang lieben könnnen?
Zwar liebte ich ihn nicht mehr in letzter Zeit und auch nicht mehr, nachdem ich die Wahrheit über ihn erfahren hatte, dennoch steckte die pure Enttäuschung tief in mir fest. Enttäuschung und Schock. Denn für eine kurze Zeit hatte ich ihn wirklich geliebt. Für eine kurze Zeit dachte ich tatsächlich, er wäre der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollen würde.
Ich erinnerte mich noch so gut daran, wie wir uns zum ersten Mal richtig auf der Beerdigung unterhalten hatten, wie er mich zum ersten Mal eingeladen hatte und wir in einem seiner Lieblingsrestaurants waren. Ich war so entzückt von seinem Charme, dass ich fast übersehen hätte, was hinter all dem steckte. Ich hatte mich blenden lassen, von seinen perfekt weißen Zähnen und den perfekt sitzenden Anzügen. Von seiner anziehenden Art und diesen wunderschönen, hellbraunen Haaren.
Alleine bei dem Gedanken daran schluchzte ich erneut auf, presste meine Lippen aufeinander und versuchte, durch Schnappatmung Sauerstoff in meine Lunge gelangen zu lassen. Denn regulär zu atmen, war in diesem Moment keineswegs möglich.
Ob Mutter und Vater von Jannis Bescheid wussten? Ich konnte es mir nicht vorstellen. Ich konnte nicht glauben, dass sie mir erlaubt hätten, ihn zu heiraten, hätten sie gehört, was ich gehört hatte. Dennoch konnte ich ihnen nicht vertrauen. Vielleicht wurde sie von ihm erpresst, beschattet oder waren freiwillig auf seiner Seite. Auch wenn das logisch gesehen fast unmöglich war, falls sie die Wahrheit wussten.
Mich langsam beruhigend, stand ich schließlich auf und ging auf den Spiegel zu, der über dem kleinen Waschbecken hing. Mein Gesicht war vollkommen zerstört. Mein Augen-make-up war verschmiert, meine Wangen geschwollen und im Generellen sah ich aus, als wäre ich Jahre lang gefoltert worden. Ich seufzte zittrig und schloss meine Augen, woraufhin ich tief durchatmete.
Schließlich versuchte ich, mich mit Wasser und Seife abzuschminken, was nicht so gut funktionierte, wie erwartet. Als ich endlich zufrieden mit dem Ergebnis war, mustere ich mich ein weiteres Mal. Ich war es nicht gewohnt, in der Öffentlichkeit ungeschminkt zu sein. Man sah so, dass meine Wimpern sehr hell und kurz waren und deswegen war ich der Meinung, dass meine blauen Augen dadurch nicht stark genug scheinen. Hinzukam, dass ich kein großer Fan von den kleinen Sommersprossen auf meiner schmalen Nase war.
Doch Charlie würde damit schon zurechtkommen.
Ich wurde durch ein Klopfen an der Tür in meinem Gedankengang unterbrochen, was mich aufschrecken ließ. „Victoria?", erschien Charlies fragende Stimme von draußen. Ich seufzte daraufhin und lief in Richtung der Tür, während Charlie fragte: „Du bist da schon ziemlich lange drin, ist alles gut?"
„Ja, alles ist gut, ich habe mich nur...abgeschminkt", erklärte ich zögernd, als ich den Schlüssel versuchte, zu drehen, was nicht wirklich funktionierte. Verwirrt runzelte ich meine Stirn und wand mehr Kraft an, doch der Schlüssel blieb so, wie er war.
„Bitte, sag mir nicht, dass du abgeschlossen hast", bemerkte Charlie frustriert, woraufhin ich unschuldig einatmete und meine Zähne zusammenpresste. Der Schlüssel hatte vorhin geklemmt, dabei hätte ich es wirklich lassen sollen!
„Nun ja, womöglich habe ich genau das getan", gestand ich zögerlich, während ich weiterhin den Schlüssel versuchte, irgendwie zu bewegen, doch es war hoffnungslos. Das schien Charlie auch zu wissen, denn er bemerkte resigniert:
„Oh fuck!" Im Ernst, das war alles, was er dazu sagen konnte? Vielen Dank auch! Doch nach einer kurzen Pause fuhr Charlie fort: „Das Schloss ist kaputt, diese Tür ist uralt. Man sollte den Schlüssel am Besten überhaupt nicht berühren!"
„Und woher hätte ich das bittesehr wissen sollen?!", wollte ich verzweifelt wissen, wobei ich immer ungeduldiger an dem Schlüssel hantierte.
„Womöglich habe ich vergessen, dich darüber zu informieren", gestand Charlie kleinlaut, was mich zum Seufzen brachte.
„Wow. Das hilft mir jetzt ungeheuer weiter. Wie soll ich diese verdammte Tür jetzt öffnen?" Ich rüttelte aggressiv an der Tür, was meinen Worten einen verzweifelten Unterton verlieh. Wieso funktionierte das bitte nicht?
„Warte, hast du gerade etwa geflucht?", ertönte es erstaunt von Charlie. Ich konnte mir perfekt vorstellen, wie er in diesem Moment schmunzelte und seine bescheuerten Grübchen herausstanden, was mich irgendwie aggressiv machte.
„Und wenn schon, das hilft dir jetzt auch nicht weiter!"
„Naja, ich müsste dich erstmal eine Zeit lang nicht sehen, wenn du die Tür nicht aufbekommst, also hilft mir das tatsächlich weiter", meinte Charlie sarkastisch, woraufhin ich genervt durchatmete.
„Du bist wirklich der unfreundlichste Mensch, dem ich jemals begegnet bin, Charlie", seufzte ich schließlich meine Zähne zusammenkneifend und gab es auf, an der Tür zu rütteln.
„Und du bist der arroganteste Mensch, dem ich je begegnet bin", äffte Charlie mich daraufhin nach, was mich noch wütender machte. Meine Stimme war nicht so hoch!
„Wirst du mir jetzt helfen oder nicht?", rief ich schließlich aus und raufte mir durch die Haare, die offen auf meine Schultern fielen.
„Ist ja gut, Prinzessin. Versuch mal, den Schlüssel rauszuziehen und unter der Tür durchzuschieben", meinte Charlie, woraufhin ich genau seine Anweisung befolgte, wobei er leider nicht still war: „Sag mal, hast du vorhin geweint? Es hat sich nämlich echt so angehört."
„Taktvoll zu sein ist nicht so ganz dein Ding, oder?", wollte ich kopfschüttelnd wissen, als ich es gerade schaffte, den Schlüssel mit Gewalt aus dem Loch zu ziehen. Schließlich bückte ich mich und schob ihn unter der Tür hindurch.
Ich hörte Charlie den Schlüssel aufheben, während er meinte: „Ich sage eben gerne, was ich denke. Wenn andere Menschen damit nicht klarkommen, ist das nicht mein Problem."
„Wie rücksichtsvoll", schnaubte ich daraufhin und wich von der Tür, da Charlie an dieser rüttelte. Eine kurze Zeit später öffnete sich besagte Tür. Das Erste, was ich zu sehen bekam, war ein selbstgefällig grinsender Charlie, der gerade sein Ego noch höher gepuscht hatte. „Dankeschön", verlautete ich knapp und grinste ihn falsch an.
Charlie lachte daraufhin kurz auf und lief in Richtung der Küche. Während er an einen der Schränke ging und zwei Teller herausholte, meinte er grinsend: „Ich würde mal sagen, dass der Schlüssel nicht mehr dort bleibt. Es gibt jetzt einfach eine Regel. Ähm, wenn die Tür zu ist, ist jemand drin und wenn sie geöffnet ist, kann man rein gehen."
Ich folgte Charlie und lehnte mich an einem der Esstischstühle an, als ich fragte: „Und was ist, wenn jamand von uns das vergisst und reinplatzt, wenn der andere sich gerade umzieht?"
Charlie drehte sich daraufhin zu mir um und grinste dreckig. „Tja, diese Frage wird sich wohl erst beantworten, wenn es so weit ist."
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