Kapitel 3
Am nächsten Morgen stehe ich nach dem dritten Wecker verschlafen auf, packe schnell meine Sachen zusammen und mache mich mit Verspätung auf den Weg zur Schule. Dort wartet bereits Toni auf mich, die mich mit großen Augen ansieht. „Zum Glück wurde die Englisch-Abi Vorbereitung auf die zweite Stunde verlegt, sonst hättest du jetzt schon 10 Minuten davon verpasst.", begrüßt sie mich in einem vorwurfsvollen und gleichzeitig ironischen Unterton. „Ich habe meinen Wecker nicht gehört.", murmle ich und steuere den Kaffeeautomaten an, da ich heute morgen keine Zeit mehr hatte, mit selbst einen zu kochen. „Und?! Hast du gestern noch etwas interessantes gefunden, wo du arbeiten könntest?", löchert mich meine Freundin gleich, als würde sie schon etwas ahnen. „Ja, also ich...", „Und was hast du da eigentlich an!?", unterbricht sie mich sofort, bevor ich überhaupt einen geraden Satz zu Stande bringen kann. „Was meinst du, ich hab doch einfach nur-", entgegne ich verwirrt, bis ich an mir herunter schaue und in meinem eigenen Satz inne halte. Ich trage einfach immer noch Jude's Hoodie, den ich in der Eile heute Morgen anscheinend unbewusst angelassen hatte, ohne mich umzuziehen. „Das...ist ein Pulli von meinem Vater...meine ganzen Oberteile sind gerade in der Wäsche.", lüge ich. „Okay.", meint Toni daraufhin nur und schaut mich ungläubig an.
„Naja, jedenfalls...hatte ich tatsächlich gestern ein Vorstellungsgespräch, nachdem ich auf eine ansprechende Stellenanzeige im Internet gestoßen bin. Ich hab' dort sofort angerufen und bin am Abend noch hingefahren, allerdings ist es nicht so gut gelaufen. Es wäre eine Stelle als Haushaltshilfe gewesen, leider sind mir aber tausend peinliche Sachen passiert, weshalb ich hundertprozentig nicht genommen werde.", erkläre ich ihr, während wir zu unserem Klassenzimmer laufen. „Oh man, das tut mir Leid.", versucht Toni mich aufzumuntern. „Alles gut, so toll war es im Endeffekt auch nicht, also von daher schaue ich mich einfach weiter nach einem Nebenjob um. Irgendwann werde ich schon das Passende finden.", sage ich und setze mich auf meinen Platz. Toni lässt sich direkt neben mir nieder und kramt ihre Unterlagen aus ihrer Tasche, was ich ihr gleich tue.
„Seit wann benutzt dein Vater eigentlich so ein gutes Parfüm?", fragt sie mich daraufhin und ich schaue sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Was?", stelle ich verwirrt eine Gegenfrage. „Das Parfüm?! Von deinem Vater?! Sein Hoodie riecht wirklich sehr gut und dieser Geruch ist mir an ihm noch nie aufgefallen.", erklärt sie mir, bis ich checke, dass sie das Parfüm von Jude meint, welches immer noch an seinem Hoodie zu riechen ist. „Ja, es...riecht wirklich sehr gut.", seufze ich und ein leichtes Grinsen wandert über meine Lippen. „Und woher hat er es?", fragt meine Freundin ungeduldig weiter. „K-Keine Ahnung, Toni. Ich werde ihn heute nach der Schule mal fragen, zufrieden?", antworte ich ihr leicht gereizt. „Schon gut, es hat mich doch nur interessiert.", entgegnet meine Freundin, als unsere Mitschüler sowie die Lehrkraft den Klassenraum betreten.
Wir verbringen den ganzen Tag damit, uns auf das Englisch-Abi vorzubereiten, machen verschiedene Arbeitsblätter und führen Konversationen, was mir natürlich am wenigsten gefällt. Zwischendurch hole ich immer wieder mein Handy aus meiner Tasche, um nachzusehen, ob Denise mir schon wegen dem Job geschrieben hat. Doch auf meinem Handy befindet sich weder eine Nachricht, noch ein verpasster Anruf. Nachdem Toni und ich unseren Schultag endlich geschafft haben, fahren wir noch gemeinsam nach Dortmund rein, um dort etwas Essen und shoppen zu gehen. Wir verbringen einen schönen restlichen Tag zusammen und die Sonne ist bereits am Untergehen, als ich sie nach Hause fahre. Nachdem ich Toni abgesetzt habe, blicke ich noch einmal hoffnungsvoll auf mein Handy, jedoch hat sich Denise nach wie vor nicht gemeldet. Eigentlich wollte ich Jude seinen Hoodie wieder geben, wenn ich meinen ersten Arbeitstag in seinem Haus antrete. Da es aber wohl niemals dazu kommen wird, beschließe ich, einfach so bei den Bellinghams vorbei zu fahren und den Hoodie vor die Tür zu legen, bevor ich mich auf meinen endgültigen Heimweg mache.
Den Weg dorthin habe ich tatsächlich noch gut im Kopf und so biege ich nach einiger Zeit auch schon in das noble Wohnviertel mit den großen Häusern ein. Es ist nun mittlerweile fast dunkel, wodurch ich mich etwas wohler fühle, da mich so nicht jeder sofort sieht. Ich parke mein Auto an der Straße, etwas entfernt von der Auffahrt zu dem Haus und ziehe mir Jude's Hoodie über den Kopf. Zum Glück habe ich noch eine Fleecejacke im Auto, die ich mir schnell drüber ziehe, da ich unter dem Hoodie ja nur noch meinen BH anhabe.
Schnellen Schrittes verlasse ich daraufhin mein Auto, husche den Weg zum Hauseingang nach oben und lege den Hoodie fein säuberlich gefaltet dort ab. Ich werfe nochmal einen Blick darauf und, auch wenn es schon dämmrig ist, erkenne leider sehr genau einen fetten Kaffeefleck auf der Vorderseite, den ich heute wohl darauf gekleckert haben muss.„Shit!", fluche ich und rubble mit meiner Jacke auf dem Fleck herum, um ihn irgendwie noch heraus zu bekommen. „Ich hätte den Hoodie vorher waschen sollen.", flüstere ich zu mir selbst, während ich weiter an der Entfernung des Flecks dran bin. „I said you can keep it.", meldet sich plötzlich eine Stimme hinter mir und ich erschrecke mich so sehr, dass ich von der Stufe, auf der ich stehe, herunter stolpere und voll mit meinem rechten Fuß umknicke.
Bevor ich dann komplett auf dem Boden lande, werde ich jedoch von zwei Händen festgehalten und schaffe es dadurch, auf den Beinen zu bleiben. „Careful, young lady.", flüstert der Andere, der sich tatsächlich als Jude herausstellt. „Ich...sorry, ich wollte nur, also ich...", fange ich an zu stottern und unterbreche mich dann selbst mit einem leisen Wimmern, da mein Knöchel wohl ziemlich etwas abbekommen hat. „Let's get you some ice for your ankle.", sagt Jude daraufhin nur zu mir, ohne groß etwas nachzufragen oder mich wegzuschicken. „No, no, it's okay...", winke ich jedoch ab und winde mich aus seinen stützenden Armen. Als ich dann aber fast wieder hinfalle, höre ich ein leises Lachen von dem Fußballer und spüre seine Hände erneut an meinen Hüften. „Do you really believe this?", fragt er mich belustigt, was ich grinsend mit einem Kopfschütteln beantworte und einen Arm um seine Schulter lege, um Halt zu bekommen.
„I...i only wanted to bring your hoodie back.", murmle ich, während Jude die Haustür aufschließt und mich gemeinsam mit seiner großen Sporttasche hinein bugsiert. Anscheinend kommt er gerade vom Training, so wie gestern Abend, da es ziemlich die selbe Uhrzeit ist. „Mom, i'm at home and Rebecca is with me!", brüllt Jude direkt, nachdem wir das Haus betreten haben, was mir schon fast etwas unangenehm ist. „And we need some ice, please. Her ankle is injured or something.", fügt er noch hinzu und begleitet mich anschließend ins Wohnzimmer, wo ich mich auf der Couch niederlasse. „Hi, Rebecca! What happened?", begrüßt mich Denise und kommt direkt mit einem Kühlpack aus der Küche zu mir gelaufen. „Ähm, ich...I...", fange ich an und überlege, wie ich die Situation jetzt am besten erkläre, doch Jude kommt mir zuvor. „It's not that important, i think. The main thing is, that the pain stops, right?". Ich nicke ihm dankend zu, nehme das Kühlpack entgegen und lege es auf meinen bereits angeschwollenen Knöchel.
„Do you want to take off your jacket?", fragt mich Denise weiter, da ich meine Fleecejacke ja immer noch anhabe, weil ich nichts außer meinen BH darunter trage. „No, no, i want to keep it on.", antworte ich, was zum Glück niemand hinterfragt. Danach entsteht wieder diese unangenehme Stilleim Raum, wie gestern schon und es ist wieder Denise, die diese Stille zum Glück bricht. „I'm sorry that i didn't call you today, Rebecca. But...Jude and I...we have decided for someone else to do the job. I hope it's okay for you?", erklärt sie mir, womit ich natürlich schon gerechnet habe, weshalb das jetzt auch nicht überraschend für mich kommt. „Yes, yes...sure. It's okay f-", antworte ich wie einstudiert, werde aber direkt von Jude unterbrochen.
„I haven't decided this, mom. You've decided this.", sagt er in einem vorwurfsvollen Tonfall zu seiner Mutter, die ihn daraufhin mit großen Augen ansieht. „Jude!", ermahnt Denise ihn daraufhin nur. „I have told you, that...", „Yes, mom, but i said something else. You can't claim that WE made this decision.", „But I AM your mother, i make the final deciscions, and...", angespannt verfolge ich das Wortgefecht, dass Jude und seine Mutter gerade anscheinend wegen mir führen. Die ganze Situation ist gerade wirklich maximal unangenehm für mich, weshalb ich beschließe zu gehen. „I have to go now.", versuche ich mich irgendwie einigermaßen laut mitzuteilen, was die beiden jedoch nicht mitbekommen. „I have to go now!", sage ich nochmal etwas lauter, was tatsächlich für Stille im Raum sorgt.
„Thank you for the ice, thank you Jude, for your help with my ankle and thank you Denise, for the job interview yesterday. I hope the new...housekeeper? Is this the word?...will do a great job in your house. Goodbye.", bedanke ich mich tausend Mal, weil ich nicht weiß, was ich sonst noch sagen soll und verlasse dann schnellen Schrittes das Wohnzimmer. Ich drehe mich noch einmal kurz um und sehe, wie Jude mir hinterher schaut, doch ich bleibe nicht stehen. Mein Knöchel schmerzt und pocht zwar wie sonst was, aber ich will garantiert nicht die Ursache für einen Familienstreit sein. Denise hat sich für eine andere Haushaltshilfe entschieden, wie ich es geahnt habe und damit ist dieses Kapitel wohl endgültig abgeschlossen.
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