23. Yuma
♪ Home in Despair - Sentenced
Louis
Nach der feucht-fröhlichen Nacht in der Bar in Hachita, hatten wir beim dortigen Sheriff übernachtet, der noch eine bequeme Couch in seinem Wohnzimmer stehen hatte. Am nächsten Morgen servierte uns seine Frau ein köstliches Frühstück, bevor wir uns verabschiedeten, um auf direktem Weg nach Yuma zu fahren.
Dort hielten wir uns nunmehr zwei Wochen auf.
Es gestaltete sich schwieriger als erwartet, nach Spuren der Mafia zu suchen. Die Stadt lag mitten in der Wüste, es gab nichts, wo man sich außerhalb hätte verstecken können und die Hinweise, denen wir nachgingen, waren mehr als spärlich.
Wir mussten uns tiefer in den Dschungel oder besser gesagt, in die Szene hineinwagen.
Nachdenklich saß ich vor meinem Laptop im klimatisierten Hotelzimmer. Die Bude war ganz annehmbar, wie es sich für ein Radisson Hotel gehörte. Unser Raum war mit zwei Queensize Betten ausgestattet, wovon wir eines zum Schlafen nutzen. Das Andere wurde stets zweckentfremdet. Entweder lagen unsere Klamotten drauf oder irgendwelche Landkarten und Straßenpläne, die wir für unsere Nachforschungen benötigten.
Aki kam gerade aus der Dusche, als ich eine E-Mail an Basil verfasste, deren Inhalt darauf zielte, dass ich tiefer in die Szene eintauchen konnte.
Mit einem Badetuch um ihren Körper gewickelt und mit nassen Haaren, trat meine Freundin hinter mich. Lächelnd legte sie ihre Hände in meinen Nacken und begann mit meinen Haaren zu spielen, was eine Gänsehaut auf meinen Armen produzierte.
„Na, Mr Tomlinson, was macht die Kunst?", fragte sie mit verführerischer Stimme.
„Hm, du kannst die Mail an Basil gerne lesen", erwiderte ich und drehte mich halb zu dir.
Akis braune Augen wurden groß und rund, als sie die Zeilen an unseren Kollegen verinnerlichte.
„Er soll dich mit Drogen versorgen?"
Langsam erhob ich mich vom Stuhl.
„Ja, es ist unsere einzige Chance, um näher ranzukommen. Ich muss verkaufen, damit man auf mich aufmerksam wird."
Mit einem besorgten Gesichtsausdruck verschränkte Aki die Arme vor ihrer Brust.
„Das wird den Kolumbianern nicht schmecken, Louis. Du dringst in ihr Revier ein."
„Es geht nicht anders", seufzte ich laut. „Nur so komme ich an sie heran."
„Und wenn sie dich abknallen?"
„Das tun sie nicht sofort. Außerdem werde ich es geschickt anstellen."
Nachdenklich schaute ich auf den gelben Teppichboden, ehe mein Blick wieder zu Aki ging.
„Es wird schon nichts passieren, vertrau mir. Das war das Erste, was ich tun musste, nachdem ich meine Ausbildung beendet hatte. Drogen verkaufen."
„Echt?" Sie riss ihre Augen auf und starrte mich an.
„Klar, die Polizei setzt immer ihre Mitarbeiter ein, um in den Ring reinzukommen."
„Hm, und welche Aufgabe fällt mir zu?", lautete ihre interessierte Frage, während sie das Handtuch zu Boden gleiten ließ, um kurz darauf frische Unterwäsche aus dem Schrank zu holen.
„Ähm, wie wäre es mit 'du beobachtest nur und hältst dich ansonsten im Hintergrund'?"
„Wie wäre es mit 'Fehlanzeige'?", bekam ich an den Kopf geworfen.
Verdammt, sie hatte genauso einen Sturkopf wie Anuun! Das hatte ich schon öfter festgestellt und leider war es auch nicht zu ändern. Seufzend fiel mein Blick auf das Bild von Anuun. Aki hatte es von zuhause mitgenommen und auf ihrem Nachttisch platziert. Er sollte nicht umsonst gestorben sein, das hatte ich mir geschworen.
„Ok, welche Rolle willst du übernehmen? Die der kokainsüchtigen Nutte oder die Bettgespielin des Drogenhändlers?", ließ ich ihr die Wahl.
„Die Nutte", kam es prompt zurück. „Das steht mir besser."
Warum nur hatte ich mir gedacht, dass es darauf hinauslaufen würde?
„Dann müssen wir morgen Klamotten für dich kaufen gehen, deine Röcke sind nicht kurz genug", stellte ich fest.
„Seit wann besitze ich einen Rock? Hast du mal in meinen Kleiderschrank geschaut? Da sind nur Hosen und zwei Kleider drin", empörte sich meine Freundin.
„Stimmt, ich vergaß."
Seufzend schritt ich in Richtung Balkon, zog die schweren, gelben Vorhänge zur Seite und warf einen Blick nach draußen.
Es war bereits stockdunkel, bald würde das Nachtleben in Yuma erwachen. Für eine Stadt mit nur rund hunderttausend Einwohnern gab es hier Bars in Hülle und Fülle. Da die mexikanische Grenze nur acht Kilometer in westlicher Richtung und achtundzwanzig Kilometer in südlicher von Yuma entfernt lag, trieben sich hier jede Menge Südamerikaner herum. Früher gehörte Yuma zu Mexico, was einige Bauten unschwer erkennen ließen. Auch die Küche wies auf die mexikanischen Wurzeln hin. Scharf und schmackhaft. Mein Hintern brannte regelmäßig, was mich jedoch nicht störte, denn die scharfen Gewürze töten die Bakterien gnadenlos ab.
„Wo wollen wir nachher essen gehen?", richtete ich meine Frage an Aki, die sich gerade eine Jeans anzog.
„Ich bin für das Bratwursthaus", erwiderte sie und zwinkerte mir zu.
„Ok, dagegen habe ich nichts einzuwenden."
Besagtes Restaurant gehörte einer Dame, die deutsche Wurzeln besaß und es hatte sich im Laufe unseres Aufenthaltes zu einem unserer Top-Favoriten entwickelt, was das Essen betraf. Ich war zu einem Fan der deutschen Küche mutiert. Bratwürste mit Sauerkraut, Schnitzel mit Kartoffelsalat und auch der Nachtisch erfreute meinen Gaumen. Da Aki ebenfalls begeistert davon war, gab es keine Diskussion bezüglich des Essens. Zudem verstanden wir uns mit Barbara, der Besitzerin, ziemlich gut. Aus einem unerfindlichen Grund hatte sie uns total ins Herz geschlossen, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte.
Während meine Freundin ihre Haare föhnte, zog ich mir ein T-Shirt über, schlüpfte in eine Jeans und suchte nach meinem zweiten Schuh, der irgendwie unters Bett geraten war.
Nachdem ich ihn endlich gefunden hatte, schnappte ich den Autoschlüssel, der auf meinem Nachttisch lag und sah Aki, die inzwischen aus dem Bad getreten war, auffordernd an.
„Gib mir noch eine Minute, Louis. Die Bratwürste laufen nicht weg", ließ sie grinsend verlauten.
„Das wäre ja auch ungewöhnlich, wenn die plötzlich Beine bekämen", erwiderte ich mit einem Augenzwinkern.
Aki schlüpfte in blau-weißes Top und zog eine dunkelblaue Jacke über. Abends wurde es bereits merklich kühler, doch tagsüber kletterte das Thermometer noch immer über knapp zwanzig Grad.
Langsam schlenderten wir zum Jeep, der noch immer tadellos fuhr, obwohl er den Anschein erweckte, bald auseinanderbrechen zu wollen.
Von unserem Hotel aus benötigen wir kaum fünf Minuten bis zu dem Lokal, welches sich bereits langsam füllte. Aber Platz für zwei Personen gab es immer und somit saßen Aki und ich wenige Minuten später an einem der Tische, um die Speisekarte zu studieren. Diese enthielt die deutschen Bezeichnungen, mit englischen Erklärungen, was ich durchaus für angemessen hielt. Ich hätte niemals gewusst, was sich hinter dem Begriff Rouladen oder Sauerbraten verbarg.
„Was nimmst du heute?", wollte Aki wissen, die ihre Wahl bereits getroffen zu haben schien.
„Die Rouladen mit Spätzle und Rotkraut. Und du?"
„Schnitzel mit Kartoffelsalat."
„Wer fährt nach Hause?"
„Ich, also du kannst dir ruhig ein Bier bestellen."
Aki wusste haargenau, wie sehr ich das deutsche Bier liebte und deswegen durfte ich meistens trinken, wenn wir unser Essen hier einnahmen.
„Das ist mal ein Wort", grinste ich und winkte Barbara zu, die gerade aus der Küche gelaufen kam.
Ohne Umschweife ging sie auf uns zu, um uns zu begrüßen.
„Na, ihr beiden Hübschen, was kann ich euch heute Gutes tun?"
„Wir haben Hunger", antwortete ich.
„Das dachte ich mir schon." Sie zwinkerte mir zu.
Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben hatten, lehnte ich mich entspannt zurück und wartete auf das köstliche Bier, welche innerhalb der nächsten Minuten servierte wurde. Aki prostete mir mit ihrer Cola zu und nachdem ich den ersten Schluck des kühlen Getränks zu mir genommen hatte, fühlte ich mich gleich besser.
Dieser Moment war jedoch nur von kurzer Dauer, denn kaum stellte ich das Glas mit dem Henkel ab, meldete sich mein Telefon.
„Das ist Basil, ich muss mal kurz rausgehen", wisperte ich meiner Partnerin zu, die verständnisvoll nickte.
„Hallo Kumpel, was gibt es denn?"
Während ich nach draußen ging, lauschte ich seinen Worten.
„Ich habe gerade deine E-Mail gelesen. Die Lieferung erfolgt morgen, gegen drei Uhr nachmittags. Halte dich bereit."
„Coole Sache und super, dass es so schnell geht. Wo treffen wir uns?"
„In eurem Hotel."
„Fein, wir werden da sein."
Als ich erneut das Lokal betrat, wurde gerade unser Essen serviert. Bei Rouladen, Spätzle und Rotkraut erklärte ich Aki, dass wir morgen zunächst shoppen gehen, und dann auf Basil warten würden.
„Das klingt gut, dann kann ich den Fitnessraum zwischendurch aufsuchen", meinte sie, um im nächsten Augenblick genießerisch ihre Augen zu verdrehen.
„Der Kartoffelsalat schmeckt einfach spitze."
Sofort mopste ich mit meiner Gabel eine Miniportion davon. Natürlich nur, um mitreden zu können.
„Stimmt, er ist sehr lecker."
Es endete damit, dass Aki einen Teil der Spätzle verdrückte, während ich dem Kartoffelsalat zusprach. Wir teilten eben alles, Freud und Leid und auch das Essen.
Zum Schluss des Abends kehrten wir noch in eine Bar ein, hielten uns jedoch nicht allzu lange dort auf. Der morgige Tag würde anstrengend genug werden, denn ich hatte vor, bereits am Abend auf die Rolle zu gehen, um die von Basil gelieferten Drogen an den Mann zu bringen. Erst dann würde ich voll im Geschäft sein und der Mafia näher kommen.
Der nächste Tag begann mit einem schnellen Frühstück sowie das Aufsuchen einer Shopping Mall, in der wir geeignete Kleidung für Aki auftrieben. Einen superkurzen, schwarzen Lederrock, Netzstrümpfe, Pumps mit fünfzehn Zentimeter hohen Absätzen, ein Top, dessen Ausschnitt tief blicken ließ, sowie billige, goldene Ketten und Armreifen.
„Damit siehst du aus, wie ein billig geschmückter Christbaum", ließ ich grinsend verlauten, als sie in voller Montur vor mir stand.
„Das passt doch", kam es zurück. „Weihnachten ist ja nicht mehr weit entfernt."
Wehmütig dachte ich an Freddie. Wie gerne hätte ich die Feiertage mit ihm zusammen verbracht. Er musste sich verlassen von mir vorkommen, obwohl Briana ihm immer wieder erzählen würde, dass ich geschäftlich unterwegs sei und mich nicht melden konnte. Aber Kinder in seinem Alter verstanden das noch nicht.
Immerhin war mir von Harry zugetragen worden, dass Briana, Freddie und Eleanor über Weihnachten nach New York fliegen wollten, um gemeinsam mit Sienna, Niall, Kieran, Sophia und Liam zu feiern. Vor allem Kierans Anwesenheit würde für Freddie eine willkommene Abwechslung sein.
Nachdem wir die Einkäufe abgewickelt hatten, ging es wieder zurück ins Hotel. Unterwegs stoppen wir bei einer Burger Kette und nutzen den Drive-In Service, um an etwas Essbares zu gelangen, das wir im Hotel vertilgten.
Wir hatten noch gut zwei Stunden Zeit bis Basil hier auftauchte und deshalb folgte ich Akis Vorschlag, den Fitnessraum aufzusuchen. Eine Stunde Krafttraining konnte nicht schaden.
Die Dusche danach bewirkte, dass ich mich blendend fühlte und als Basils Wagen um Punkt drei Uhr auf den Parkplatz des Hotels rollte (ich konnte das von unserem Balkon aus beobachten), begab ich mich direkt in die Lobby.
Dort wartete ich allerdings, bis er eingecheckt hatte und betrat gemeinsam mit ihm den Fahrstuhl. Da wir uns alleine darin befanden, starteten wir unsere Konversation.
„Es ist alles in meinem Koffer", sagte er ruhig.
„Super, unser Zimmer liegt im dritten Stock."
„Meins auch, das trifft sich gut."
Basil sparte sich den Weg zu seinem Zimmer und begleitete mich stattdessen gleich zu unserer Bude.
„Ich will den Mist loswerden", meinte er grinsend. „Nicht, dass ich noch wegen illegalen Drogenbesitz eingesperrt werde."
„Dann holt Alistair dich wieder aus dem Knast", sprach ich ihm Mut zu.
„Das will ich schwer hoffen", brummte Basil, bevor er sich anschickte, seinen Koffer zu öffnen.
Als ich das Päckchen mit der weißen Substanz erblickte, begannen meine Augen zu leuchten.
„Hier, du Dealer!" Gekonnt warf Basil den Stoff, aus dem die Träume gemacht wurden, in meine Richtung.
Mühelos fing ich die wertvolle Fracht auf, um diese anschließend auf dem Bett niederzulegen.
„Darf ich kosten?"
„Klar. Ist astrein, das Zeug."
Vorsichtig öffnete ich die Verpackung, um anschließend meinen Zeigfingern kurz in das weiße Pulver zu tauchen. Einmal ablecken und ich hatte das erste Urteil gefällt. Der Stoff wirkte klasse. Damit würde ich die Mafia neidisch machen, denn das Koks konnte vermutlich gestreckt werden und man würde immer noch ordentlich Kohle damit einfahren.
„Ich wusste gar nicht, dass man uns neuerdings so gute Ware liefert", stellte ich erstaunt fest.
„Darf ich auch mal?"
Als Aki ihren Finger in die Tüte steckte, wurde mir etwas mulmig zumute.
„Kennst du dich mit dem Zeug aus?", fragte ich verwundert.
„Nein, aber ich wollte mal testen, wie es schmeckt."
„Bitter", sagte ich trocken und packte die Tüte in den Safe, der sich im Zimmer befand.
Dort würde sie bis zum heutigen Abend verweilen.
„Wie lange bleibst du hier?", erkundigte ich mich bei Basil mit einem Blick auf seinen großen Koffer.
„So lange, bis wir eine weitere Spur entdeckt haben", gab er zur Antwort.
„Das kann dauern, ich muss die Mafia erst anfüttern."
„Macht nichts, ich bin Kummer gewöhnt."
Basil hob die Hand zum Gruß, bevor er das Zimmer verließ.
„Also, Süße, bist du bereit für heute Abend?"
Als ich zu Aki schaute, nickte sie ruhig.
„So bereit, wie noch nie."
Natürlich hatten wir innerhalb der letzten zwei Wochen herausgefunden, in welcher Bar mit Drogen gedealt oder besser gesagt, die Kontakte dafür geknüpft wurden. Und genau in dieses Etablissement begaben wir uns nun. Aki in ihrem Nutten-Outfit und ich als abgebrühter Dealer.
Es war nicht das erste Mal in meiner beruflichen Laufbahn, dass ich Drogen verkaufte und demnach wusste ich, wie man die Sache anging. Ein selbstsicheres Auftreten war dabei ebenso unerlässlich wie die Antwort auf die Frage, woher man seinen Stoff bezog.
Mit einer kleinen Tüte in der Innentasche meines Sakkos, und Aki im Schlepptau, betrat ich gegen halb elf am Abend die Bar, in welcher die Post abging. Sowohl in musikalischer, als auch in konsumtechnischer Hinsicht, was Drogen anging. Ich sah es in ihren Gesichtern, an den Augen, an den Bewegungen. Die Droge war allseits gegenwärtig.
An der Theke ließ ich mir zwei Drinks geben, einen für Aki und einen für mich, wobei meiner keinen Alkohol enthielt. Heute musste ich einen klaren Kopf bewahren.
Nachdem ich mich ein wenig umgeschaut hatte, wurde ich auf zwei Männer aufmerksam, die wie Geschäftsleute wirkten. Vermutlich waren sie das auch. Voll im Drogengeschäft.
Ohne mit der Wimper zu zucken und mit dem Drink in meiner Hand, schlenderte ich scheinbar gelangweilt auf die beiden zu.
„Guten Abend, Jungs. Was liegt an?"
Ich nippte an meinem Drink, ohne sie aus den Augen zu lassen.
Der Kleinere von beiden wirkte etwas hektisch, als er antwortete: „Alles paletti und bei dir?"
„Alles klar soweit. Ich suche nur einen Geschäftspartner."
Die Augen des Größeren musterten mich neugierig.
„Ach ja, was hast du anzubieten?"
„Was Astreines. Du kannst es gerne testen, wenn du mir nicht glaubst."
Die beiden Männer schauten sich an und der Kleinere nickte mit dem Kopf.
„Lass uns nach hinten gehen."
Man führte mich auf direktem Weg aus dem Geschehen heraus, in ein kleines Zimmer, in dem ein Tisch und vier Stühle standen.
„Bitt nimm Platz", forderte mich der größere der beiden Männer auf.
„Ich bin übrigens Ray", stellte er sich vor.
„Freut mich, ich bin Axel." So lautete mein Fake-Name.
„Abkürzung von Alexander?", wollte der Kleine wissen.
„Ja."
„Fein, ich heiße Curt."
Nach der raschen und unkomplizierten Vorstellung packte ich meine Ware auf den Tisch.
„Hier, ihr könnt es testen. Ist gutes Zeug, kann noch gestreckt werden."
„Woher?"
„Venezuela."
„Klingt gut. Was willst du dafür haben?"
Die eingängigen Preise auf dem Markt waren mir durchaus bekannt und so sagte ich nonchalant: „Sagen wir fünfhundertfünfzig Dollar pro Pfund."
„Fünfhundert und der Deal steht", kam es von Ray.
„Das Zeug ist so rein, dass ihr es noch strecken könnt. Fünfhundertdreißig ist mein letztes Wort."
„Kannst du uns eine Probe dalassen?", fragte Curt.
„Klar, ist kein Problem."
Sie hatten angebissen. Ich wusste genau, wie es nun weitergehen würde. Es gab spezielle Minilabore mit deren Hilfe man den Reinheitsgrad der Drogen bestimmte. Und das würden sie nun organisieren.
„Bis wann gebt ihr mir Bescheid?"
„Komm' morgen Abend um die gleiche Uhrzeit wieder."
„Das klingt gut."
Der erste Schritt war geschafft. Wenn man mir die Ware abnahm, würden die Kolumbianer nicht lange auf sich warten lassen, um mir die Hölle heiß zu machen. Dann war ich mitten im Drogensumpf angekommen; beste Voraussetzungen, um dem Prinz auf die Schliche zu kommen.
Wie zu erwarten, klappte am darauffolgenden Abend alles wie am Schnürchen. Ich verkaufte meine Ware, sackte das Geld ein, welches ich sogleich auf Echtheit überprüfte und versprach, in der kommenden Woche eine größere Menge des Stoffs zu liefern, der bestimmt wie eine Bombe einschlagen würde.
Ich sollte mich nicht getäuscht haben.
Curt und Ray bekamen meine Telefonnummer des zweiten Handys, welches ich genau für solche Zwecke angeschafft hatte und setzten sich brav mit mir in Verbindung, um eine Nachbestellung aufzugeben.
Jetzt hieß es warten bis die Mafia aus ihren Löchern gekrochen kam.
Währenddessen waren wir jedoch nicht untätig. Wir suchten weiterhin nach Hinweisen, wo der Prinz sich versteckt halten könnte. Ich bezweifelte zwar stark, dass er und seine Gefolgschaft sich noch in Yuma aufhielten, dennoch würde es uns vielleicht helfen, wenn wir seine ehemalige Bleibe fanden. Niemand von uns konnte ahnen, dass wir ausgerechnet von einem Hotelangestellten, mexikanischer Abstammung, einen lapidaren Hinweis erhielten, der uns auf die Spur brachte.
Dieser säuberte gerade unser Zimmer, als wir aus dem Fitnessstudio zurückkamen und wie so oft hielten wir ein Schwätzchen.
„Ich muss mich beeilen heute", ließ er uns wissen.
„Warum denn das? Hast du noch was Schönes vor?", fragte ich verschmitzt grinsend.
„Na ja, ich muss noch die Hacienda meiner Cousine auf Vordermann bringen. Sie vermietet diese, da sie nur einmal im Jahr für zwei Monate hierher kommt."
„Ah, verstehe. Die Gäste sind gestern abgereist und du musst nun Ordnung schaffen."
„Nein, nein, nicht gestern, schon vor einigen Wochen. Aber die haben einen unglaublichen Saustall hinterlassen. Überall lagen Reste von weißem Pulver und ich fand sogar eine leere Patronenhülse eines Gewehrs. Dabei machten sie so einen guten Eindruck. Auch das Geld wurde im Voraus bezahlt."
Sofort wurde ich hellhörig. Aki und ich tauschten Blicke aus und dann war es klar.
„Sag mal, Juan, wie lange musst du heute arbeiten?", erkundigte ich mich beiläufig.
„Bis um sieben heute Abend und meine Cousine steht morgen früh vor der Tür."
„Das schaffst du nie", meinte Aki.
„Ich befürchte es auch", seufzte er. „Sie wird mir den Kopf abreißen."
Langsam ging ich auf Juan zu.
„Vertraust du uns? Dann gib uns den Schlüssel und wir fangen schon mal an."
Mit großen Augen schaute er abwechselnd zu mir und Aki, die ihm aufmunternd zulächelte.
„Na ja, also ich vertraue euch schon. Ich müsste euch nur erklären, wo sich die Hacienda befindet, dann stoße ich später dazu."
„Ja, das wäre super."
„Aber eigentlich seid ihr doch zum Urlaub machen hier." Scheinbar plagte ihn sein Gewissen, was ich jedoch schnell abzustellen wusste. Vor einigen Tagen hatte er uns erzählt, dass er gerne kochen würde und dies nutzte ich nun.
„Du lädst uns einfach mal zum Essen ein, ok? Meine Freundin und ich lieben mexikanischen Essen."
„Wenn es weiter nichts ist."
Sobald ich den Schlüssel und die Adresse in den Händen hielt, dampften Aki und ich ab. Es war uns egal, dass wir noch unsere Sportklamotten trugen, und als Juan im Bad verschwand, nahmen wir die beiden Pistolen an uns.
Binnen kürzester Zeit saßen wir im Jeep, dessen Reifen die staubigen Straßen aufwirbelten.
Die Hacienda war schnell gefunden und als ich die Tür öffnete, schlug mir ein komischer Duft entgegen. Vielleicht stand die Mafia neuerdings auf Räucherstäbchen, zumindest roch es danach.
Wie von Juan beschrieben, lagen überall leere, durchsichtige Plastikbeutel, deren Innenseiten noch mit Resten aus weißem Pulver benetzt waren. Als ich davon kostete, stellte ich fest, dass es sich dabei um Kokain handelte. Auch die leere Patronenhülse stach mir ins Auge. Diese befand sich auf dem Boden, unter dem Wohnzimmertisch.
„Ich geh mal nach oben, bleib du hier", wies ich Aki an, die mir zunickte.
Langsam pirschte ich mich die Treppe nach oben und als ich vor der Tür zum ersten Zimmer stand, legte ich die Hand an meine Waffe. Ein Knacksen ließ mich augenblicklich herumfahren, doch es war nichts zu sehen.
Wie in Zeitlupe öffnete ich die Tür und betrat den Raum, bei dem es sich um ein Schlafzimmer handelte. Auch hier herrschte Unordnung, genau wie im unteren Bereich.
Als ich den nächsten Schritt vorwärts machte, erlebte ich allerdings die Überraschung meines Lebens. Ich starrte direkt in den Lauf einer Pistole.
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Nächster Cliffhanger! Und ja, diese Idee hatte ich bereits, als ich das letzte Kapitel zu Ende geschrieben habe. Ich wollte dieses aus Louis' Sicht schreiben, damit euch nicht langweilig wird. Es passt gerade alles so schön, Chaos hoch drei und ihr seid jetzt sicher gespannt, wie es sowohl mit Niall, als auch mit Louis weitergeht. Für einen von beiden kommt im nächsten Kapitel die Auflösung, das verspreche ich euch.
Oh und ganz wichtig: Ich habe mal wieder gegoogelt. Es gibt in Yuma tatsächlich dieses Restaurant mit deutscher Küche. Ich dachte, ich breche zusammen, als ich das herausgefunden habe. Arizona, mitten in der Wüste und man kann Bratwurst essen.
Danke für eure tollen Kommentare zum letzten Kapitel. Ich hoffe, ihr lasst euch auch dieses Mal gründlich über den Cliffhanger aus. :D
Das nächste Update kommt am Mittwoch.
LG, Ambi xxx
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