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03. Funeral


♪ See you again – Wiz Khalifa ft- Charlie Puth


Niall

Kaum hatte Louis den letzten Satz ausgesprochen, meldete sich sein Handy.

„Ja? Ich bin gleich da." Mehr sprach er nicht, sondern steckte das Telefon wieder in seine Hosentasche.

„Das war Alistair, ich werde ihn jetzt am Flughafen abholen", erklärte er, bevor er sich erhob, um sofort seinen Weg nach draußen anzutreten. „Niall, möchtest du vielleicht mitkommen?"

Obwohl mir ein wenig mulmig zumute war, schlug ich Louis' Angebot nicht aus. Es konnte nicht schaden, einen kurzen Ausflug mit dem Wagen anzutreten und dabei meine Gedanken ein wenig zu sortieren.

Gleich würde ich Alistair sehen, ihm Rede und Antwort stehen müssen, was ein ziemliches Magendrücken bei mir hervorrief.

„Na, Niall, hast du die Hosen voll?", versuchte Louis mich aufzuziehen, als wir uns auf dem Weg zum Flughafen befanden.

„Nicht voller, als ich sie bei der Mafia hatte", erwiderte ich trocken, worauf er grinste. Dieses Grinsen erfasste jedoch seine Augen nicht, zu tief saß der Schmerz um Anuuns Verlust. Trotzdem rang er sich eine lustige Bemerkung ab.

„Das ist gut, gefällt mir. Alistair wird dich schon nicht umbringen, denn das wäre nicht förderlich. Dann hätten wir unser Ziel verfehlt."

Bei den Worten Ziel und verfehlt dachte ich unweigerlich an den Deal mit der russischen Mafia. Der Prinz war ihr Ziel, doch wenn sie dieses verfehlten, würde ich zum Ziel des Prinzen werden. Das Blatt konnte sich schneller wenden, als man dachte, ein wahrhaft gruseliger Gedanke.

Inzwischen waren wir am Flughafen angekommen, wo uns ein meckernder Alistair erwartete.

„Es ist so kalt hier, dass man sich den Hintern abfriert", beschwerte er sich zunächst, entschloss sich dann jedoch, uns zu begrüßen, indem er uns kurz auf die Schultern schlug.

„Ich bin froh, dass Kieran wieder aufgetaucht ist. Ich habe die Mail im Flugzeug gelesen, aber es erschließt sich mir nicht ganz, was eigentlich los war. Würdet ihr mir das bitte erklären?", plappert er, während wir zum Wagen marschierten.

„Später", würgte Louis den laufenden Meterfünfzig eiskalt ab. „Du solltest erst die Neuigkeiten bezüglich Anuun hören."

Noch immer zuckte ich zusammen, wenn jemand den Namen unseres Freundes nannte, dessen Leichnam morgen in Barrow eintreffen würde.

Ich war für die Beerdigung zuständig. Zum ersten Mal in meinem Leben würde ich in meiner Eigenschaft als Pfarrer, eine Grabrede für einen Freund halten. Daran mochte ich überhaupt nicht denken, obwohl dies bereits übermorgen stattfinden sollte.

Aber das, was ich vorher noch zu erledigen hatte, klang nicht minder schlimm. Das anstehende Gespräch mit Alistair gehörte wohl zu den Dingen, die ich am liebsten vermeiden wollte.

Der Schnee knirschte unter unseren Füßen und als ich sah, dass Alistair vermutlich hüfthoch darin versinken würde, sobald er vom Weg abkam, musste ich innerlich schmunzeln. Dieses verging mir jedoch augenblicklich.

„Du bist so still, mein Junge", sprach Alistair mich an, worauf ich leicht zusammenzuckte.

„Ich denke dauernd an die Beerdigung", erwiderte ich.

Dies entsprach zumindest der halben Wahrheit. Die Ganze würde er in Kürze erfahren.

„Es gibt einiges zu besprechen, Alistair. Niall hat einige Überraschungen für dich."

Am liebsten hätte ich Louis für diesen Spruch eine reingehauen, doch das unterließ ich tunlichst.

„Überraschungen?" Alistair zog seine Augenbrauen ein wenig nach oben. „Da bin ich aber gespannt."

„Später", erwiderte ich im gleichen Ton, wie Louis dies vorhin getan hatte, und öffnete die Autotür für den laufenden Meterfünfzig, damit er besser einsteigen konnte.

Für einen Moment trafen sich Louis und meine Blicke und da wir uns blind verstanden, hakten wir Alistair gleichzeitig unter den Armen ein und hoben ihn hoch. Mit seinen kurzen Beinen zappelte er so lange wild in der Luft herum, bis er den Einstiegsschweller des Wagens unter seinen Füßen spürte.

„Verdammtes Pack!", pfefferte er uns ins Gesicht, grinste jedoch kurz dabei.

„Was denn? So ging es doch schneller und einfacher", meinte Louis trocken.

Man hätte meinen können, dass wir einen super lustigen Tag hinter uns gebracht hatten, doch das Gegenteil war der Fall. Und irgendwie fühlte ich, dass wir dies auf diese Art und Weise versuchten zu kompensieren. Mit lustigen Sprüchen und Lachen, obwohl uns nicht danach zumute war, aber Alistair durchschaute uns sofort.

„Ihr müsst nicht so tun, als ob es euch gut geht, Jungs. Ich weiß, dass wir alle um Anuun trauern."

Seine Worte hinterließen erneut einen Stich in meinem Herzen und erinnerten mich daran, dass wir dies den beiden Kindern noch beibringen mussten.

Es wurde still im Wagen, bis wir das Haus erreichten. Als Alistair durch die Huskys begrüßt wurde, streichelte er jeden einzelnen.

„Sie vermissen ihn", murmelte er leise, worauf sich mein Kopf nach unten senkte.

Anuuns Tod war leider nicht die einzige Sache, über die wir diskutieren würden. Während der letzten achtundvierzig Stunden wurde unser gesamtes Leben nochmals auf den Kopf gestellt, doch das hier war erst der Anfang einer Sache, deren Ende nicht absehbar war.

Mittlerweile ging es auf zwei Uhr zu, doch Briana, El und auch Liam wirkten hellwach, als ich gemeinsam mit Louis und Alistair die Küche betrat, wo alle drei saßen und starken Tee tranken.

Alistair umarmte die beiden Frauen mit einer väterlichen Geste und klopfte Liam auf die Schulter. Ohne einen Ton zu sagen, stellte Briana ihm eine Tasse Tee vor die Nase, welche der laufende Meterfünfzig dankend annahm.

Nachdem er den ersten Schluck getrunken hatte, verlangte er nach dem forensischen Gutachten des kriminaltechnischen Instituts von El Paso. Zu diesem Zweck schob Eleanor ihm den Laptop zu, dessen Datei er nun eingehend studierte.

„Die Kugel traf ihn aus nächster Nähe, das bedeutet, dass sie ihn hatten", sprach er leise.

„Das ist so schrecklich", kam es von El, die Mühe hatte, ihre Tränen zurückzuhalten.

Nun stellte ich die Frage, die mir schon mir schon die ganze Zeit auf der Zunge lag.

„Aber wenn sie ihn hatten und seine Papiere verschwunden sind, führt dann die Spur nicht unweigerlich zu uns?"

Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte sich Alistair in meine Richtung.

„Nein, mein Junge. Denn alle Netzwerkmitarbeiter arbeiten, sobald sie auf der Suche sind, Undercover. Anuun hatte andere Papiere dabei, aber das hätte dir jeder meiner Mitarbeiter auch sagen können."

Er schaute El, Briana, Liam und Louis der Reihe nach an.

„Niall hat nicht danach gefragt", entgegnete Liam wahrheitsgetreu.

„Das stimmt, denn ich hatte andere Probleme", würgte ich hervor.

„Ich weiß, Kierans Verschwinden. Und jetzt möchte ich gerne darüber aufgeklärt werden, was da genau passiert ist", fuhr Alistair fort, bevor er an seinem heißen Tee nippte.

Liam, der die beiden Schriftstücke verwahrte, holte diese aus dem Büro, drückte sie mir in die Hand und sagte: „Dein Part, Niall. Du wolltest das gerne tun, aber wir helfen dir, falls es nötig werden sollte."

Ein innerliches Frösteln überkam mich, als auf den Brief von Dimitri blickte, den ich Alistair anschließend übergab. Ich kam noch immer nicht darüber hinweg, dass wir auf ihn hereingefallen waren.

„Das ist geschehen." Die Worte kamen leise aus meinem Mund, meinen Blick hielt ich auf den Tisch gesenkt, während ich auf seine Reaktion wartete, die prompt erfolgte.

„Was zum Teufel ist das hier? Was hat das zu bedeuten? Wer ist Dimitri?"

„Unser ehemaliger Wodkalieferant", erklärte Louis, der sich nun anschickte, die Geschichte unseres Kennenlernens noch einmal zu erzählen. Mittlerweile glaubten wir nicht mehr daran, dass es sich dabei um einen Zufall handelte. Man musste uns bereits seit längerem beobachtet haben.

Schweigend hörte Alistair sich alles an, dann stellte er eine Frage. „Du hast ihn überprüft Louis?"

Mein Freund nickte und erwiderte seufzend: „Ja, ich habe seine Lizenz überprüft und auch seinen Namen durch den Computer gejagt. Doch dieser spuckte nichts Verdächtiges aus. Keine Meldung in der internationalen Fahndungsliste."

Alistair hob kurz seine Augenbrauen und griff sich ans Kinn, was man als Zeichen des Überlegens werten konnte.

„Ihr wisst inzwischen, wer er ist, nehme ich an?"

Mein Einsatz war gefragt und erfolgte prompt.

„Ja, er gehört der russischen Mafia an."

Für einen Moment herrscht eine unglaubliche Stille, sodass man das Fallen einer Stecknadel hätte hören können. Wie hypnotisiert blickte Alistair in meine Augen und einem automatischen Mechanismus gleich, überreichte ich ihm den Vertrag.

Mir war kotzübel, denn ich konnte wesentlich besser damit umgehen, wenn man mir ins Gesicht sagte, dass ich Scheiße gebaut hatte, als mich total zu ignorieren. Denn das tat Alistair zunächst, indem er sich an Louis wandte.

„Kannst du mir bitte erklären, wie es geschehen konnte, dass man Kieran entführt hat? Wo habt ihr euch aufgehalten?"

Der Älteste des Teams setzte zu seiner Erklärung an. „Ich war bei Aki, als es passierte, habe die Nacht dort verbracht."

Alistairs Blick wendet sich zu Liam, der nun antwortete: „Ich saß mit Eleanor im Büro, wir haben gearbeitet und bevor zu weiterfragst, Briana hat unser Essen gekocht, damit wir nicht verhungern."

„Wo war Sienna?"

„Sie hatte sich kurz hingelegt, da sie unter Kopfschmerzen litt", klärte ich ihn auf.

„Gut, und wo warst du?"

„Ich habe an meiner Predigt gearbeitet. Von dem Fenster in meinem Büro aus, kann ich ihn nicht sehen. Wir haben ihm eingeschärft, auf dem Grundstück zu bleiben, was er ansonsten immer gemacht hat. Aber dann kam Dimitri und lockte ihn mit dem Versprechen, eine Reise in seinem Wasserflugzeug zu unternehmen."

Als Alistairs Faust auf den Tisch knallte, zuckten wir alle zusammen.

„Verdammt, das hätte nicht passieren dürfen!", blökte er los, um dann eine Nuance leiser zu werden. „Sicher kann man Kinder nicht rund um die Uhr überwachen, doch er hätte auch einfach so weglaufen und in der Kälte erfrieren können. Barrow ist kein Kinderspielplatz, sondern eine verflucht gefährliche Eiswüste!"

Schnaufend erhob sich der laufende Meterfünfzig und begann in der Küche auf und ab zu gehen, den Vertrag hielt er dabei in seiner Hand, allerdings ohne einen Blick darauf zu werfen.

„Ok, Kieran hat sich bisher stets an eure Anweisungen gehalten", sinnierte er. „Dann kam dieser Dimitri und nahm ihn ohne Probleme mit, da der Junge ihn, genau wie ihr, für einen Freund hielt. Ist er schon öfter in einem Wasserflugzeug mitgeflogen?"

„Einmal, mit Dimitri, und er fand es klasse", erwiderte ich ein wenig betreten.

Wie so oft raufte sich Alistair die nicht verbliebenen Haare, während er noch immer auf und ab ging. Als er plötzlich stehenblieb, schaute er zu seinen Mitarbeitern.

„Er hat euch also eingewickelt und getäuscht, zudem besaß er ganz sicher gefälschte Papiere. Damit arbeitet die Mafia recht gerne."

Louis räusperte sich, bevor zu reden begann.

„Es war mein Fehler, das gebe ich zu. Er heißt mit Sicherheit nicht Dimitri, aber wir haben noch ein anderes Problem. Schau dir diesen Vertrag an, den du in deinen Händen hältst."

Stirnrunzelnd begann Alistair zu lesen, währenddessen sprach er kein einziges Wort. Nicht einmal seine Augenlider zuckten, er schien sich buchstäblich in das Schriftstück hineinzufressen. Der Angstschweiß saß erneut in meinem Nacken und nicht nur dort. Meine Hände fühlten sich total glitschig an, sodass die Teetasse beinahe aus meinen Fingern glitt. Nervös stellte ich den Pott auf dem Tisch ab, während ich wartete, dass endlich eine Reaktion von Alistair erfolgen würde.

Und diese kam.

„Niall, wie um Himmels Willen konnte das geschehen, verdammt?", herrschte er mich an.

„Ich bin alleine dorthin gegangen".

Er sollte wissen, dass keiner seiner Mitarbeiter die Schuld an meiner Dummheit trug, denn dafür war ich selbst verantwortlich.

„Auch das noch! Es wird ja immer schlimmer." Hektisch zog er ein Taschentuch hervor und tupfte sich damit die Stirn ab, auf der sich bereits etliche Schweißtropfen gebildet hatten.

„Lasst mich bitte mit Niall alleine", forderte er seine Mitarbeiter auf, die daraufhin die Küche verließen.

Nachdem der Letzte, Louis, die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte Alistair sich ohne Umschweife an mich.

„Du steckst mindestens knietief in der Scheiße, ich hoffe, das ist dir klar, mein Junge?"

Als Zeichen des Verstehens schluckte ich kurz und nickte.

„Gut, dann erzähl mir alles, jede Kleinigkeit an die du dich erinnerst."

Ich begann damit, dass man mich in die Kirche gelockt hatte und endete mit der Szene, als ich mit Kieran den Flughafen verließ. Alistair nickte zwischendurch und stellte erst am Schluss seine Fragen.

„Du weißt nicht, wie die drei Männer heißen?"

„Nein, sie sprachen sich nicht mit Namen an."

„Gut, das kriegen wir so oder so irgendwann heraus. Die russische Mafia ist ja kein unbeschriebenes Blatt."

„Sie haben gesagt, sie würden sich wieder mit mir in Verbindung setzen, allerdings weiß ich nicht, wie das geschehen soll", nuschelte ich.

„Ähm, sie haben deinen gefakten Namen, deine Telefonnummer und wissen wo du wohnst. Nichts ist einfacher als das", ließ Alistair verlauten.

Resigniert ließ ich die Schultern hängen, doch mein Ziehvater versuchte mich zu beruhigen.

„Die Mafia wird dich nicht vollends in ihre Klauen bekommen, mein Junge. Dafür werden wir sorgen. Sie wollen dich in New York, gut, das sollen sie haben. Auch das Apartment und den Job, darum dürfen sie sich kümmern, doch wir werden dich nicht aus den Augen lassen, keine Minute. Ich kann nicht das ganze Team mitschicken, aber irgendwer wird daran glauben müssen."

Er machte eine kurze Pause, bevor er erneut redete. „Hier steht, dass Kieran einen privaten Kindergarten besuchen wird. Ich gehe davon aus, dass dieser Eigentum der Mafia ist. Auf diese Art und Weise wollen sie sichergehen, dass er in ihren Händen bleibt. Ohnehin haben wir keine Möglichkeit, ihn außer Landes zu schaffen. Es wäre viel zu gefährlich und wir wollen nichts riskieren."

„Sienna darf nichts davon erfahren", brachte ich hervor. „Ich möchte nicht, dass sie rund um die Uhr in Angst und Schrecken lebt, denn eigentlich wird es für mich nur in dem Moment gefährlich, in dem ich den Lockvogel spiele."

Alistair nickte, wenngleich auch nicht begeistert. „Ich verstehe deine Beweggründe, mein Junge. Das kriegen wir hin. Wir lassen es so aussehen, dass nur wir hinter dem Umzug stecken. Sie wird keinen Verdacht schöpfen, also so lange du dich nicht verplapperst, sollte das klappen, Niall."

Mein schlechtes Gewissen machte mir jetzt schon zu schaffen, dabei war es noch keine vierundzwanzig Stunden her, seit ich den Vertrag unterschrieben hatte.

„Die Mafia wollte auch einen Job für sie besorgen, aber das möchte ich nicht", stellte ich klar.

„Auch das kann ich nachvollziehen. Wir werden uns zum gegebenen Zeitpunkt selbst darum kümmern, Niall."

Es schien alles gesagt zu sein, doch der laufende Meterfünfzig fügte noch einige Sätze hinzu, die alles abrundeten.

„Eigentlich sollte ich dich verprügeln, doch da ich selbst Vater bin, weiß ich, wie du dich gefühlt haben musst. Du hattest keine andere Wahl, es ging um Kierans Leben. Und jetzt müssen wir das Beste aus dieser Situation machen."

Besser hätte er es wohl kaum ausdrücken können.

Am nächsten Tag traf Anuuns Leichnam, der unter den strengsten Sicherheitsvorkehrungen transportiert wurde, in Barrow ein. Louis und Alistair fuhren zum Flughafen, um die Formalitäten zu erledigen. Anschließend wurden seine sterblichen Überreste zur Leichenhalle gebracht, welche direkt neben dem kleinen Friedhof stand. Ich hatte den Kaplan angewiesen, sich um alles zu kümmern, da ich mit der Zeremonie der eigentlichen Beisetzung sowie der Grabrede beschäftigt war.

Doch bevor ich diese zu Ende schreiben konnte, kamen wir nicht umhin, Kieran und Freddie zu erklären, dass sie Anuun niemals wiedersehen würden.

Beide saßen am Esstisch und malten, als ich mit Sienna die Küche betrat. Freddie hob den Kopf, Briana und Louis, die bereits anwesend waren, nickten uns stumm zu und Kieran ließ sich rein gar nicht stören. Erst als Sienna sich zu ihm gesellte, registrierte er unsere Anwesenheit.

„Hört mal, ihr beiden, wir möchten euch gerne etwas erklären", begann ich schweren Herzens.

„Was denn?" Zwei Augenpaare richteten sich sofort auf mich.

„Ihr wisst doch, dass der liebe Gott die Menschen zu sich holt, wenn er einen Platz für sie an seiner Seite geschaffen hat."

Beide nickten synchron, während ich mich innerlich sammelte.

„Er hat Anuun zu sich geholt."

Für eine Sekunde herrschte Stille.

„Dann ist er jetzt im Himmel", sagte Freddie erstaunt.

„Ja, er ist jetzt im Himmel."

Nur mit allergrößter Mühe gelang es mir, meine Tränen zurückzuhalten. Es tat so verdammt weh, daran zu denken.

„Papi?" Kieran schaute mich an. „Was bedeutet das?"

Wie erklärte man einem fast Fünfjährigen die Bedeutung des Wortes sterben? Lange hatte ich darüber nachgedacht und nun versuchte ich, die Worte so zu formulieren, dass er diese einigermaßen verstand.

„Jeder Mensch besitzt einen Körper und eine Seele. Wenn man stirbt, hört das Herz auf zu schlagen, der Körper ist tot. Aber die Seele lebt weiter. Sie fährt in den Himmel zum lieben Gott. Anuuns Seele ist jetzt dort. Aber wir müssen seinen Körper, der gestorben ist, morgen der Erde übergeben."

„Kommt er dann nicht mehr hierher?", fragte Kieran weinerlich.

„Nein, Kieran, aber seine Seele wird immer auf dich aufpassen. Sie ist immer bei uns."

Augenblickich wurden seine blauen Augen feucht. „Aber ich will mit Anuun einen Schneemann bauen", schluchzte er.

Tränen rannen über seine Wangen, als Sienna ihn an sich drückte und über seinen Kopf streichelte.

„Das kannst du nicht mehr, mein Schatz", flüsterte sie, ebenfalls unter Tränen.

„Es ist so, wie bei meinem Kaninchen, das letztes Jahr gestorben ist", wisperte Freddie, bevor auch er zu weinen begann. „Er ist für immer weg."

Fest klammerte er sich an Briana, die ihren Sohn in ihre Arme schloss.

Es war ein sehr trauriger Augenblick, ein Moment, den wir niemals wieder vergessen würden. Zum ersten Mal in seinem Leben wurde Kieran mit dem Tod konfrontiert, er begriff es noch immer nicht richtig, denn einige Minuten später fragte er mit tränenverschmiertem Gesicht: „Und er kommt wirklich nie wieder hierher?"

„Nein, Kieran, nie wieder."

Die Endgültigkeit lag schwer im Raum, die Trauer umfasste uns in einer Stärke, wie ich sie selten gespürt hatte. Zum letzten Mal, als Nelly starb, was eine Ewigkeit zurücklag.

Als mein Blick zu Sienna glitt, wurde mein Herz jedoch von einem Schwall voller Wärme und Liebe erfasst. Sie tröstete unseren Sohn, wie es nur eine Mutter zu tun vermochte. Was für eine Frau hatte ich da an meiner Seite? Ihre Stärke in solchen Momenten imponierte mir mehr als alles andere. Sie und Kieran waren die beiden Menschen für die ich lebte und kämpfte. Und das würde ich bis zu meinem letzten Atemzug tun.

Bis zwei Uhr früh saß ich an der Predigt sowie der Grabrede, die ich für Anuun verfasst hatte. Meine Augen fielen bald zu und ich schaffte es gerade noch so ins Bett, wo Sienna bereits tief und fest vor sich hinschlummerte. Der Mondschein fiel auf ihr langes, rotes Haar, das wie Seide glänzte. Ihre helle Haut wirkte fast wie Porzellan, so fein und zart und ihre ebenmäßigen Gesichtszüge sahen friedlich aus.

Vorsichtig beugte ich mich hinab, um einen sanften Kuss auf ihre Stirn zu hauchen.

„Ich werde alles dafür tun, um dich und Kieran zu beschützen, Baby", flüsterte ich – mehr zu mir selbst als zu ihr.

Es war ein Versprechen, das ich mir in dieser Nacht selbst gab und niemals wollte ich dieses brechen.

Winzige Schneeflocken tanzten in der Luft, als ich am nächsten Tag den schweren Gang zur Kirche antrat. Direkt gegenüber befand sich das Leichenhaus, doch Anuuns Körper lag bereits in einem schweren Eichensarg, der nun neben dem Altar aufgebahrt war. Ein Blumenmeer begrüßte mich, als ich eintrat. Alles in Weiß und Rot, Anuuns Lieblingsfarben. Aki und Desna hatten die Blumen für den Kranz, der den Sarg zierte, selbst ausgesucht. Ein weiterer Kranz befand sich daneben. Anhand der Worte auf der Schleife ließ sich leicht erkennen, dass dieser von Alistairs Team, Sienna und mich eingeschlossen, stammte.

Langsam strich ich mit meinen Fingern über den Sarg und murmelte: „Es tut mir so leid, mein Freund. Du bist für mich und meine Familie gestorben, ich stehe tief in deiner Schuld, Anuun."

Die sonst so erleichternde Stille, die mich im Gotteshaus empfing, lag heute schwer auf meiner Seele. Es würde ein harter Tag werden.

Während ich mich in die Sakristei zurückzog, um mein liturgisches Gewand überzustreifen, hörte ich, wie die Kirche sich langsam füllte. Anuun war in Barrow überall bekannt und sehr beliebt gewesen. Allerdings wurde den Leuten erzählt, dass er an den Folgen eines Unfalls gestorben sei. Niemand außer uns kannte den wahren Grund, keiner wusste, dass er als Mitarbeiter eines speziellen Netzwerks tätig gewesen war.

Einige Minuten blieben mir noch, um mich zu sammeln, bevor ich vor die Trauernden treten musste, und diese nutzte ich auch. Mit geschlossenen Augen faltete ich meine Hände und schickte ein kurzes Stoßgebet gen Himmel. Alles was ich erbat, war die Kraft, um die nächsten Stunden durchzustehen. Nach einem tiefen Ausatmen öffnete ich meine Augen wieder und verließ die Sakristei.

Wie zu erwarten, platzte die Kirche beinahe aus den Nähten, sie war voll, bis auf den letzten Platz. Mit klopfendem Herzen schritt ich zum Altar und begann meine Worte an die Menschen zu richten, die gekommen waren, um von Anuun Abschied zu nehmen.

Letztendlich wusste ich nicht, wie ich es geschafft hatte, die Trauerfeier in der Kirche hinter mich zu bringen, doch nun stand ein weiterer, schwerer Akt bevor; die Grabrede.

Vier Sargträger ließen den schweren Totenschrein in die Erde hinab und dann begann ich zu sprechen.

Jeder Satz, jedes Wort erfüllte mich mit Trauer, aber auch mit der Gewissheit, dass er nicht umsonst gestorben sein sollte. Die gute Seite würde eines Tages Rache nehmen, auch wenn die Religion dies nicht vorsah.

„Wir nehmen Abschied von einem Mann, der uns allen ein treuer Freund, liebevoller Vater, Bruder und Onkel war. Möge Gott seiner Seele gnädig sein und ihn bei sich aufnehmen. Wir werden dich immer in Erinnerung behalten, Anuun."

Diese letzten Sätze ließen Aki laut aufschluchzen, mir brach es fast das Herz. Doch ich zeigte mich stark, drückte ihre Hand, als sie als Erste zum geöffneten Grab schritt, um dieses mit Erde und einer roten Rose zu bedecken.

Einer nach dem anderen folgte, bis niemand mehr auf dem Friedhof stand. Meine Arbeit in dieser Hinsicht war getan, bald würde ein neues Kapitel in einem Buch beginnen, das noch nicht geschrieben war: Der Deal mit der russischen Mafia.

Der Leichenschmaus nach Anuuns Begräbnis fand im Gemeindezentrum statt. Wie bei solchen Veranstaltungen üblich, wurden Kaffee und Kuchen gereicht. Ich bekam kaum ein Stück hinunter, mein Magen schien sich dagegen zu wehren und jedwede Bemerkung, wie toll meine Grabrede und der Gottesdienst gewesen seien, brachte mich der inneren Verzweiflung näher. Das alles hätte nicht passieren dürfen.

Im Anschluss an das Totenmahl fuhren wir direkt nach Hause, wo Alistair sich den beiden Jungs annahm; nicht nur, um sie zu trösten, sondern auch, damit ich mit Sienna reden konnte. Die Zeit drängte, denn die russische Mafia würde sich sicher in Kürze mit mir in Verbindung setzen. Es wurde allerhöchste Eisenbahn, ihr zu erklären, dass unser Leben sich schon sehr bald grundlegend ändern würde. Und ich nutzte meine Chance.

Hand in Hand liefen wir zu unserem Schlafzimmer, wo wir uns auf dem Bett niederließen. Liebevoll drückte ich ihr einen Kuss auf die Wange, den sie erwiderte.

„Baby, ich muss dir etwas sagen", begann ich.

„Was denn?"

Mit großen Augen schaute Sienna mich an und dann platzte ich heraus: „Wir werden nach New York ziehen."

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Nachdem ich euch jetzt mit 3 Kapiteln aus Nialls Sicht gequält habe, wird das nächste wie zu erwarten, aus Siennas Sicht geschrieben sein. Aber diese 3 Kapitel mussten sein, denn es sind Aufbaukapitel.

Die Szene, als Niall Kieran und Freddie Anuuns Tod erklärt, war einfach mega hart zu schreiben.

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen und ihr seid gespannt, wie es weitergeht. Freut ihr euch schon auf New York? Ich tue das auf jeden Fall :)

Dankeschön für eure Unterstützung in Form von Votes, Reads und Kommentaren.

Das nächste Update kommt am Sonntag.

LG, Ambi xxx

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